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Zwischen den Rassen (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 3., Überarbeitete Fassung
585 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-839-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwischen den Rassen - Heinrich Mann
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Lola stammt von einer brasilianischen Mutter und einem deutschen Vater ab, sie steht heimatlos zwischen den Rassen, gleich wie das südliche Blut der Mutter und die vom Vater ererbte Gewissenhaftigkeit Konflikte in ihr verursachen, die sie nicht auflösen kann. Mithin hieße der Roman besser 'Zwischen den Temperamenten'. Thomas Mann schrieb in einem Brief, dass sein Bruder Heinrich 'nie so viel Hingabe gezeigt habe' und es 'das gerechteste, erfahrenste, mildeste und freieste seiner Werke sei.' Null Papier Verlag

Luiz Heinrich Mann (27.03.1871-11.03.1950) war ein deutscher Schriftsteller aus der Familie Mann. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann. Seine Erzählkunst war vom französischen Roman des 19. Jahrhunderts geprägt. Sein erzählerisches Werk steht neben einer ebenso reichen Betätigung als Essayist und Publizist. Als früher Gegner der Nationalsozialisten wurde er bereits 1933 mit Sanktionen belegt. Mann stand auf der ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933, er befand sich dort in illusterer Gemeinschaft mit Lion Feuchtwanger, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und Philipp Scheidemann. Mann emigrierte nach Frankreich und später in die USA, wo er er zahlreiche Arbeiten, darunter viele antifaschistische Texte, verfasste.

Luiz Heinrich Mann (27.03.1871–11.03.1950) war ein deutscher Schriftsteller aus der Familie Mann. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann. Seine Erzählkunst war vom französischen Roman des 19. Jahrhunderts geprägt. Sein erzählerisches Werk steht neben einer ebenso reichen Betätigung als Essayist und Publizist. Als früher Gegner der Nationalsozialisten wurde er bereits 1933 mit Sanktionen belegt. Mann stand auf der ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933, er befand sich dort in illusterer Gemeinschaft mit Lion Feuchtwanger, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und Philipp Scheidemann. Mann emigrierte nach Frankreich und später in die USA, wo er er zahlreiche Arbeiten, darunter viele antifaschistische Texte, verfasste.

Anmerkungen zur Bearbeitung
Erster Teil
I
II
III
Zweiter Teil
I
II
III
IV
V
Dritter Teil
I
II
III
IV
V

II


An Bord des großen Dampf­schif­fes, auf das Lola ge­bracht ward, stan­den Pai und die schwar­ze Anna. Welch Wie­der­se­hen! Dann:

»Pai, ist es wahr, dass wir ganz weg­fah­ren? Und Mai? Und Nene? Und wo­hin fah­ren wir denn?«

Herr Gu­stav Ga­bri­el fuhr mit sei­ner klei­nen Toch­ter nach Hau­se, weil sie eine Deut­sche wer­den soll­te.

Mit neun­zehn Jah­ren war er her­über­ge­kom­men und hat­te sich be­geis­tert ein­ge­lebt. Bis zu sei­nem drei­ßigs­ten Jah­re be­rühr­te ihn nie­mals Sehn­sucht nach sei­nem Va­ter­land. Er dach­te sei­ner wie an et­was Klein­li­ches und Be­drück­tes, mach­te ihm auf ei­ner Eu­ro­parei­se einen spöt­ti­schen Be­such, fühl­te sich mit Stolz als Bra­si­lia­ner … Ei­nes Ta­ges be­kam er zu spü­ren, dass er’s nicht sei. Er hat­te ge­schäft­li­che Ein­bu­ßen er­lit­ten, was zu De­mü­ti­gun­gen führ­te von Sei­ten sei­ner Freun­de und der Fa­mi­lie sei­ner Frau. Er sah sich plötz­lich al­lein und ihm ge­gen­über eine gan­ze Ras­se, de­ren für im­mer un­zu­gäng­li­che Fremd­heit er auf ein­mal be­griff. Nun fing er an, auf das Land sei­ner Her­kunft als auf eine Macht zu po­chen, sich selbst als Er­zeug­nis ei­ner Kul­tur zu füh­len, von de­ren Höhe sei­ne Um­ge­bung nichts ahn­te. Bei der Um­schau nach Bun­des­ge­nos­sen be­geg­ne­te er den Bli­cken sei­ner Kin­der. Auch die­se soll­ten in Sit­ten und Spra­che ei­nes nied­ri­ge­ren Vol­kes er­wach­sen? Sei­ne Fein­de wer­den? Die Lau­te, die ihm in herz­li­chen Stun­den ka­men, die er von sei­ner Mut­ter er­lernt hat­te, sie soll­ten sie nie ver­ste­hen? Er hat­te sie, wenn er ih­nen deut­sche Ko­sen­a­men gab, sich an­bli­cken und lä­cheln ge­se­hen … Das soll­te an­ders wer­den! Ihr Va­ter­land war nicht die­ses, und er woll­te sie ihm zu­rück­ge­ben! Mit dem Jun­gen wür­de es viel­leicht schwer ge­hen: die Nach­fol­ge im hie­si­gen Ge­schäft ward ihm be­rei­tet – aber sei­ne Toch­ter! Er er­blick­te sich schon mit ihr in dem Gar­ten, worin sein El­tern­haus stand. Dort woll­te er einst en­den. Er sah sich den Weg zum Tor des Städt­chens ge­hen, und an sei­ner Sei­te ein blon­des jun­ges Mäd­chen: sei­ne Toch­ter. Sie war blond; sie war sein Kind und eine Deut­sche. Er nahm sie für sich al­lein; moch­te sei­ne Frau – wie fremd sie ihm ei­gent­lich ge­blie­ben war! – sich an dem Jun­gen schad­los hal­ten, sei­ne Toch­ter soll­te ihn ver­ste­hen ler­nen, soll­te in sol­cher Rein­heit und Ge­die­gen­heit le­ben, wie man nur zu Hau­se leb­te. Sie soll­te nach Haus.

Nie war Pai so zärt­lich ge­we­sen mit Lola! Üb­ri­gens soll­te sie bald zu­rück; und Mai und Nene wür­den sie be­su­chen, dort, wo­hin sie fuh­ren. Sol­che Fahrt war lus­tig: sie soll­te se­hen.

Vor­läu­fig ward ihr sehr übel; es dau­er­te drei Tage; aber Pai selbst pfleg­te sie; er selbst tat al­les, was Anna hät­te tun müs­sen. Zwi­schen ih­ren Kri­sen lag Lola in al­ler Er­schöp­fung ganz glück­lich da; und wenn sie ihre Hand in Pais schob, war ih­r’s, als sei sie selbst ganz in Pais Hand ge­schlüpft.

Dann konn­te sie auf­ste­hen und zu­se­hen, wie die Ma­tro­sen Fi­sche her­auf­zo­gen: einen Fisch so­gar mit ei­nem lan­gen Sä­bel an der Nase!

Da aber nah­te je­mand mit ei­nem Was­ser­schlauch und be­spritz­te alle Kin­der. Man moch­te sich hin­ter dem Schorn­stein ver­ste­cken oder in ei­ner Tau­rol­le: über­all trieb der Strahl einen wie­der her­vor, es war ein angst­vol­les Ver­gnü­gen. Die durch­näss­ten klei­nen Mäd­chen kreisch­ten, und die Da­men und Her­ren freu­ten sich laut, dass sie tro­cken wa­ren. Über­haupt war es zum Er­stau­nen, wie lus­tig alle wa­ren, wie freund­lich mit­ein­an­der und mit Lola. Es schi­en, sie hat­ten nichts an­de­res zu den­ken, als wen sie jetzt er­freu­en woll­ten. Nie hat­te Lola so vie­le lie­be Men­schen ge­se­hen. Ei­ner war da, der al­len Kin­dern Scho­ko­la­de schenk­te und or­dent­lich fleh­te, bis man sie nahm. Selbst Pai war sel­ten mehr ernst. Und Meer und Him­mel strahl­ten un­aus­lösch­lich.

Den­noch ge­riet man noch­mals in grau­es Was­ser mit Wol­ken dar­über und ward arg ge­schau­kelt. Doch Lola focht das nicht mehr an; und Pais Man­tel, un­ter dem sie auf Deck lag, war, wenn sie mit ih­ren Kni­en ein Dach mach­te, so gut wie ein ei­ge­nes Haus; die Sturz­wel­len moch­ten dar­über hin­ge­hen. Auch ward bald aus­ge­stie­gen – alle wa­ren viel erns­ter ge­wor­den – und Lola fand sich mit Pai und Anna in ei­ner großen, nicht schö­nen Stadt, in de­ren Stra­ßen man sich müde lief. Im­mer­hin gab es Spiel­sa­chen, wie sie da­heim nie wel­che ge­se­hen hat­te, und Pai kauf­te ihr so vie­le, dass sie sich wun­der­te. Ei­nes Mor­gens dann eine Fahrt mit der Bahn: und da wa­ren sie in ei­nem selt­sa­men Städt­chen mit höck­ri­gen Häu­sern und mit Gas­sen, die über Ber­ge klet­ter­ten und rutsch­ten – und ge­lang­ten in ei­nem rie­si­gen schau­keln­den Wa­gen vors Tor und an ein Haus, dar­aus sprang hur­tig eine klei­ne alte Frau her­vor, lief auf Pai zu und hüpf­te ihm an den Hals. Lola war er­schro­cken, denn Pai wein­te. Wie war das mög­lich? Da griff aber die alte Frau ihr selbst un­ters Kinn und zog Lo­las Ge­sicht ganz dicht zu ih­rem, bis in das Wim­pern­fä­cheln ih­rer Au­gen, die sehr gü­tig blick­ten. Aber was woll­te sie? Sie re­de­te so viel Un­ver­ständ­li­ches. Lola sah fra­gend auf Pai; und in­des sie ins Haus gin­gen, er­klär­te Pai ihr, dies sei sei­ne Mama, und heu­te feie­re sie ih­ren Ge­burts­tag, und er brin­ge ihr Lola zum Ge­schenk.

Im Hau­se roch es nach Ku­chen und Blu­men; Pais Brü­der wa­ren da und um­arm­ten ihn. Sie ga­ben Lola die Hand; ei­ner ließ sich von Pai et­was ins Ohr sa­gen, und dann wünsch­te er Lola in ih­rer Spra­che Will­kom­men. Sie lach­te über ihn. Al­les wäre gut ge­we­sen, da aber kam die neue Groß­ma­ma aus lau­ter Herz­lich­keit auf den Ge­dan­ken, die Arme um Lo­las Hüf­ten zu le­gen und vor ihr auf die Knie zu fal­len. Lola hat­te plötz­lich ein zum Wei­nen ver­zerr­tes Ge­sicht. Alle stie­ßen Fra­gen aus, und Pai über­setz­te:

»Was ist dir?«

»Nichts, Pai.«

Lä­chelnd und stam­melnd:

»Ich dach­te an et­was.«

Gra­de so hat­te, am letz­ten Tage, die schö­ne Mai vor Lola ge­le­gen, aber in Trä­nen und Jam­mer. Lola dach­te: »Ist es wahr, dass ich bald zu ihr zu­rück darf?«

Ei­ner der On­kel hei­ter­te sie auf: er klatsch­te in die Hän­de, und sie muss­te vor ihm da­von­lau­fen. Sie tat es aus Ge­fäl­lig­keit und lä­chel­te höf­lich, wie er sie fing. Nun spiel­ten alle mit und woll­ten sich ver­ste­cken, und der lus­ti­ge On­kel soll­te sie su­chen. Man zeig­te Lola ein sehr gu­tes Ver­steck: hin­ter ei­nem klei­nen Gar­ten­hau­se und un­ter ei­nem dun­keln Baum. Da stand sie lan­ge, und nie­mand fand sie. Kein Geräusch im Gar­ten. »Soll­ten sie mich ver­ges­sen ha­ben?« Eine has­ti­ge Angst über­fiel sie: »Pai ist fort, Anna ist fort; sie ha­ben mich al­lein ge­las­sen!« Sie senk­te be­täubt den Kopf und leg­te die Hän­de vors Ge­sicht. Ganz al­lein! Da ka­men Schrit­te her­bei; Lola nahm sich zu­sam­men und gab einen klei­nen hel­len Vo­gel­laut von sich. Es dau­er­te et­was; sie lausch­te atem­los, zwit­scher­te noch­mals, und dann fand man sie.

»Da­mit du mich nicht zu lan­ge su­chen soll­test«, er­klär­te sie, ob­wohl der On­kel doch nichts ver­stand.

Beim Abendes­sen ward sie leb­haft und sang so­gar ein Lied, nä­selnd wie die Schwar­zen, von...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2025
Verlagsort Neuss
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Der Blaue Engel • Der Untertan • Diktatur • Kadavergehorsam • Kaiserreich • Kaiser Wilhelm • Marlene Dietrich • Thomas Mann • Weltkrieg
ISBN-10 3-96281-839-1 / 3962818391
ISBN-13 978-3-96281-839-5 / 9783962818395
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