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Flöten und Dolche (eBook)

Novellen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 3., Überarbeitete Fassung
115 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-831-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Flöten und Dolche - Heinrich Mann
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Vier Novellen von Heinrich Mann: - Pippo Spano - Fulvia - Drei-Minuten-Roman - Ein Gang vors Tor Null Papier Verlag

Luiz Heinrich Mann (27.03.1871-11.03.1950) war ein deutscher Schriftsteller aus der Familie Mann. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann. Seine Erzählkunst war vom französischen Roman des 19. Jahrhunderts geprägt. Sein erzählerisches Werk steht neben einer ebenso reichen Betätigung als Essayist und Publizist. Als früher Gegner der Nationalsozialisten wurde er bereits 1933 mit Sanktionen belegt. Mann stand auf der ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933, er befand sich dort in illusterer Gemeinschaft mit Lion Feuchtwanger, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und Philipp Scheidemann. Mann emigrierte nach Frankreich und später in die USA, wo er er zahlreiche Arbeiten, darunter viele antifaschistische Texte, verfasste.

Luiz Heinrich Mann (27.03.1871–11.03.1950) war ein deutscher Schriftsteller aus der Familie Mann. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann. Seine Erzählkunst war vom französischen Roman des 19. Jahrhunderts geprägt. Sein erzählerisches Werk steht neben einer ebenso reichen Betätigung als Essayist und Publizist. Als früher Gegner der Nationalsozialisten wurde er bereits 1933 mit Sanktionen belegt. Mann stand auf der ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933, er befand sich dort in illusterer Gemeinschaft mit Lion Feuchtwanger, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und Philipp Scheidemann. Mann emigrierte nach Frankreich und später in die USA, wo er er zahlreiche Arbeiten, darunter viele antifaschistische Texte, verfasste.

Pippo Spano
I. Die Komödie
II. Das Wunder
III. Der Glaube
IV. Die Tat
Fulvia
Drei-Minuten-Roman
Ein Gang vors Tor

I. Die Komödie


»Und ver­ra­tet mich nicht«, sag­te Ma­rio Mal­vol­to zu sei­nen zwei Freun­den. »Lasst sie glau­ben, ich käme zu­rück.«

»Du kommst nicht?«

»Ich muss nach Hau­se. Ich habe Kopf­schmer­zen … Nein, ich will euch ge­ste­hen, ich muss al­lein sein.«

»Dei­nen Tri­umph über­den­ken. Gute Nacht, glück­li­cher Dich­ter.«

»Schla­fen wirst du kaum.«

»Wer weiß. Gute Nacht.«

Die an­de­ren gin­gen hin­ein. Ma­rio Mal­vol­to stand noch einen Au­gen­blick oben an der Trep­pe. Hin­ter ihm ver­hall­te das Ban­kett zu sei­nen Ehren. Links und rechts neig­ten sich tief zwei La­kai­en voll gol­de­ner Schnü­re. Er hielt sei­ne schmäch­ti­ge Ge­stalt ganz steif und schritt hin­ab, über den blas­sen, di­cken Tep­pich, zwi­schen den ver­gol­de­ten Ge­län­dern.

»Die­se Ei­tel­keit muss aus­ge­kos­tet wer­den«, dach­te er da­bei. »Drin­nen ar­bei­te­te ich zu sehr an mei­ner Rol­le. Jetzt be­herr­sche ich das Er­leb­nis.«

»Wo­hin fah­ren wir, Herr Mal­vol­to?« frag­te der Kut­scher.

»Nach Set­ti­gna­no.«

»Wa­rum frag­te denn der. Mein­te er, ich fah­re jetzt noch zu Mimi? O Mimi, du hin­und­her­we­hen­des Sei­den­fähn­chen! Bald flat­tert es dem um den Hals, bald je­nem. Ich hab’ es ge­küsst, so oft an mir die Rei­he war, habe so­gar Aben­teu­er hin­ein­ge­stickt. Ja, Mimi, klei­ne Ko­kot­te mit flüch­ti­gen Im­pul­sen, aber ohne Spur von Grö­ße in dei­ner Sinn­lich­keit, ich habe dir Lei­den­schaf­ten an­ge­dich­tet, habe sie zu mei­ner ei­ge­nen Ge­nug­tu­ung, aus Ei­tel­keit, aus Sehn­sucht, dei­nen gan­zen Le­bens­lauf ent­lang auf­ge­stellt, wie Pup­pen, die große Ge­bär­den schleu­dern. Du warst nur ein Mä­del. Adieu, Mimi.

Wir wün­schen mehr, wün­schen Stär­ke­res. So et­was wie Mimi lässt sich noch ne­ben ei­ner Tra­gö­die her lie­ben. Es nimmt so we­nig Herz ein. Mei­ne Tra­gö­die hat heu­te Abend ge­siegt. Ja, ich wer­de stark. Aber es heißt von den klei­nen Ge­nug­tu­un­gen ganz frei blei­ben, die schwach er­hal­ten, und die Der ver­bie­tet, der in mei­nem Zim­mer über sei­ne ei­ser­ne Schul­ter hin­weg mich her­aus­for­dert!«

Nahm die­ses enge Flo­renz kein Ende? Es ver­lang­te ihn auf ein­mal hef­tig nach der Luft von sei­nen Hü­geln, nach der von Öl­laub durch­schim­mer­ten, von Lor­beer ge­würz­ten Luft, die ihn bit­ter und sanft auf den Mund küss­te. Die Gas­sen lie­ßen noch im­mer ihr nächt­li­ches Echo klap­pern. Der Schat­ten von Pferd und Kut­scher stieg die Mau­ern hin­auf und hin­ab. Dann lich­te­ten sich die Vor­stadt­häu­ser. In die ers­ten Gär­ten tauch­te das Mond­licht.

»Ich habe den Hü­gel dort hin­ten er­obert, der mein Haus trägt. Und nicht bloß ihn – alle die­se Hü­gel hab’ ich er­obert.«

Sei­ne Hand form­te in der Luft einen Halb­kreis; sie glitt über das ent­fern­te Bild ei­nes Hü­gels, wie über eine Frau­en­brust.

»Dies gan­ze Land, alle sei­ne Städ­te, je­des Haus, bis auf das letz­te, hab’ ich er­obern müs­sen. Denn mir ge­hör­te kei­nes. Kein heim­li­cher Feld­weg in kei­nem Win­kel des Lan­des kennt mich von mei­nem An­fang an. Be­den­ke das heu­te. Du bist auf dem Meer ge­bo­ren, von ei­ner Mut­ter aus frem­dem Volk. Dei­ne tra­gi­sche Kunst hat um die­ses Land, um jede sei­ner Acker­fur­chen ge­wor­ben, wie ein sehn­süch­ti­ger Pil­ger im Ket­ten­hemd, der aus In­brunst Blut ver­gießt.

Jetzt hab’ ich Fuß ge­fasst. Je­der in Ita­li­en weiß, in wel­chem Dorf und auf wel­chem Tisch das Blatt Pa­pier liegt, das ich mit Zei­chen be­de­cke. Heu­te Nacht sind die Be­sieg­ten an mir vor­über­ge­zo­gen, ein gan­zer Thea­ter­saal, von mir un­ter­wor­fen. Was habe ich zu ver­mer­ken? Elf Her­vor­ru­fe. Die Wor­te der Kö­ni­gin. Den Hän­de­druck des Gra­fen von Tu­rin. Dann das Ban­kett. Die bei­den De­pu­tier­ten, das Te­le­gramm des Mi­nis­ters. Der Bür­ger­meis­ter re­det. Die Kol­le­gen hel­fen sich mit Iro­nie. Was noch? Nichts; kei­ne Frau­en beim Ban­kett. Kei­ne Frau­en – was bleibt von al­lem also üb­rig.«

Aus dem Wa­gen ge­lehnt, das Kinn in der Hand, sah Ma­rio Mal­vol­to zu, wie die Blü­ten­bäu­me weit­hin in blei­chem Lich­te schwam­men. Vor Pon­te a Men­so­la mein­te er einen Au­gen­blick einen zwei­ten Wa­gen zu ent­de­cken, dem sei­ni­gen vor­aus, in der Höhe. Er war gleich wie­der ver­schwun­den. Das Ver­deck war auf­ge­stellt ge­we­sen. Der Kut­scher hat­te nichts ge­se­hen, und wer soll­te die Nacht auf der Land­stra­ße ver­brin­gen.

»Ob sie’s ei­gent­lich wis­sen, die Frau­en, dass al­les im Grun­de nur für sie ge­schieht? Man­che tun, als ob sie an den Geist glaub­ten – an den Geist, das hilflo­se Kind, das ohne un­se­re Sin­ne nicht ste­hen und ge­hen kann. Wir ha­ben nur un­se­re Sinn­lich­keit; und wem gilt die, wie heißt ihr höchs­ter Preis? O, eine Sit­zung am Schreib­tisch ist ver­schwen­de­tes Wer­ben um die Frau, eine durch­dich­te­te Nacht ist eine frucht­lo­se Lie­bes­nacht. Ob sie’s wis­sen? Was frag’ ich. Ihr Miss­trau­en ge­gen das Ta­lent lehrt mich ge­nug, und ihre Vor­lie­be für den Dumm­kopf, der nur ih­nen ge­hört, und nicht dem Buch. Die Frau und das Buch, das sind Fein­de.

Ein Dich­ter von zwan­zig Jah­ren, ich kann mich ent­sin­nen, hat ih­nen zu viel zu sa­gen – dar­um schweigt er lin­kisch; sucht zu viel Lei­den­schaft – das ist den We­sen un­be­quem, die kei­nen Rausch ken­nen als den der Ei­tel­keit. Ich habe da­mals von je­der ein­zel­nen ge­träumt, so vie­le in ei­nem Sa­lon sa­ßen, oder in den Wa­gen beim Kor­so. Mit fa­na­ti­scher Ent­schlos­sen­heit und fürs Le­ben hät­te ich mich der zu Fü­ßen ge­wor­fen, die mich er­kannt hät­te. Sie sind nicht so dumm. Kei­ne ein­zi­ge fühlt sich be­ru­fen, un­se­re neur­asthe­ni­schen Über­reizt­hei­ten zu trös­ten. Sie ge­sel­len sich nie­mals un­sern ein­sa­men Ver­fei­ne­run­gen, son­dern un­fehl­bar dem wohl­ge­lun­ge­nen Ty­pus. Den er­hal­ten sie, das ist ihre Be­stim­mung. Sie las­sen es, un­wis­send über ihre Funk­ti­on, ge­sche­hen, dass wir schö­nen Krank­haf­tig­kei­ten uns an ih­nen zu­grun­de rich­ten. Sie aber sind von der Mensch­heit das Un­ver­wüst­li­che. Und ich bete sie an, weil ich die Kraft an­be­te!

Mit­ten aus mei­nen Schüch­tern­hei­ten her­aus ent­führ­te ich mich da­mals plötz­lich – mich, und die klei­ne Prin­zes­sin Nora. Was für eine Über­ra­schung! Ein Haus­leh­rer von un­be­deu­ten­der Ge­stalt, dem die Da­men nicht ein­mal ein Pa­ket zu tra­gen ga­ben! … Ich hat­te sie durch eine Tat der Verzweif­lung alle auf ein­mal er­nied­rigt. Eine ent­führ­te Prin­zes­sin Gal­li­po­li – wer war die, vor der ich noch die Li­der zu sen­ken brauch­te. Ach, ich be­hielt trotz­dem im­mer die Nei­gung, zu Bo­den zu se­hen. Jede Frech­heit bei Frau­en ist mir seit­her ge­lun­gen; aber zu je­der habe ich mich zwin­gen müs­sen.

Man wirft mir Unz­art­hei­ten vor, et­was Schlim­me­res als Frech­hei­ten. Ein Klub­mann hat sich ge­wei­gert, sich mit mir zu schla­gen, und ein Ehren­rat hat ihm recht ge­ge­ben. Die To­ren, wie könn­ten sie ah­nen, dass mei­ne Unz­art­hei­ten aus mei­ner Furcht vor der ei­ge­nen Zart­heit stam­men. Ich lei­de an zu viel Ver­ste­hen, zu viel Be­den­ken, zu viel Voraus­sicht des Jam­mers der an­de­ren. Ich habe ganz das Zeug, als Be­sieg­ter zu en­den. Wel­che...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2025
Verlagsort Neuss
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Der Blaue Engel • Der Untertan • Diktatur • Kadavergehorsam • Kaiserreich • Kaiser Wilhelm • Marlene Dietrich • Thomas Mann • Weltkrieg
ISBN-10 3-96281-831-6 / 3962818316
ISBN-13 978-3-96281-831-9 / 9783962818319
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