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Frau Morgenstern und der Verrat (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
320 Seiten
Grafit Verlag
9783894257576 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frau Morgenstern und der Verrat -  Marcel Huwyler
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Bissiger Humor, abgedrehte Charaktere, aberwitzige Twists - Marcel Huwyler in Hochform Violetta Morgenstern hat eine ganz eigene Vorstellung von Gut und Böse - und die kann sie in ihrem Job als Auftragsmörderin im Namen des Staates ungestraft in die Tat umsetzen. Ihr neuester Auftrag ist jedoch ungewöhnlich: Gemeinsam mit Ex-Söldner Miguel Schlunegger soll Violetta den Anschlag auf eine beliebte Politikerin aufklären. Felicitas Saminada wurde vor laufender Kamera angeschossen - ein Querschläger tötete ihre kleine Tochter. Das Ermittlerduo kommt einer Verschwörung auf die Spur, die die nationale Sicherheit gefährdet. Mysteriöse Beweise tauchen auf, Mitwisser sterben, neue Anschläge geschehen. Während Schlunegger selbst ins Schussfeld des Komplotts gerät, erfährt Morgenstern ein Familiengeheimnis, das sie fast um den Verstand bringt.

Marcel Huwyler wurde 1968 in Merenschwand/Schweiz geboren. Als Journalist und Autor schreibt er Reportagen über seine Heimat und Geschichten aus der ganzen Welt. Er lebt in der Zentralschweiz.

Marcel Huwyler wurde 1968 in Merenschwand/Schweiz geboren. Als Journalist und Autor schreibt er Reportagen über seine Heimat und Geschichten aus der ganzen Welt. Er lebt in der Zentralschweiz.

1

Sie hatte gerufen und alle waren gekommen.

Felicitas Saminada stieg aus dem Fond der schwarzen Limousine und wurde augenblicklich von Kameras, Mikrofonen und Handys im Diktiermodus belagert. Reflexartig machte sie den Journalisten gegenüber eine anmutige Geste, als würde sie einem heranstürmenden Hund »Platz!« befehlen. Sehr bestimmt, keine Widerrede duldend, aber mit einem warmen Lächeln serviert. Kurzes Geraune der Meute, doch keiner rebellierte.

Die Medien mochten Felicitas Saminada. Sie wertete den Inlandsteil der Tageszeitungen auf, bereicherte jeden TV-Talk und war auf dem Cover smarter Frauenzeitschriften ein Verkaufsgarant. Von ihr bekam man alleweil ein kurzes, knackiges und dennoch intelligentes Zitat, das schlagzeilentauglich war, in der Politwelt Staub aufwirbelte und sich tagelang medial bewirtschaften ließ. Manch einem Journalisten hatte sie heimlich und exklusiv Storys aus der Parteienlandschaft, dem Parlament oder gar Interna aus Bundesbern zugesteckt und dafür als Gegenleistung mediale Präsenz und wohlwollende Berichterstattung erhalten.

Saminada war eine der populärsten Berufspolitikerinnen des Landes. Beliebt wie umstritten – aber prominent und höchst erfolgreich. Und eine der Jüngsten. Sie war eben vierunddreißig geworden. Sie hatte Schneid, Witz und Verstand und sah auf ihre eigene Weise gut aus. Die kleine, zierliche Statur, die Staunaugen, der gebräunte Teint und ihr wuscheliger pfefferbrauner Bob, der stets hauchfeucht schimmerte, als käme sie direkt von einem Nachmittag am Strand, verliehen ihr etwas Mädchenhaftes. Sie wirkte zerbrechlich. Man wollte sie instinktiv beschützen.

Mann sowieso.

Doch hinter der zarten Fassade verbarg sie ihren furiosen Kampfgeist. So mancher männliche Kollege im nationalen Parlament war schon in ihre Falle getappt, hatte sie unterschätzt, war während einer Debatte zu zaghaft vorgegangen und prompt und gnadenlos von Saminada abgetrocknet worden.

Dank ihrer leutseligen Art und dem kantigen Dialekt aus ihrer Heimat Graubünden, der stets ein wenig Skiferien-Stimmung versprühte, verhielt sich ein Großteil der Journalisten ihr gegenüber nicht ganz so neutral und kritisch, wie es deren Berufsethos eigentlich verlangte.

Saminada schaute in die Runde der Medienschaffenden, ohne dabei den Anschein zu erwecken, als suche sie jemanden. Mehr wie eine Feldherrin. Im Geiste hakte sie ihre Liste der wichtigsten Medien ab, machte Freunde aus, ein paar Feinde auch. Aber alle anwesend, die Relevantesten und die Populärsten waren vor Ort. Auch das jetzt in ihr kurz aufflammende Gefühl von Einfluss und Machtfülle ließ sie sich nicht anmerken.

Sie würde heute Großes verkünden.

Sie war sich sicher, dass ihr Auftritt die Top-Story der TV-Abendnachrichten sein würde. Und ihr Gesicht wäre morgen auf der Titelseite jeder Zeitung. Im Verlaufe der Woche kämen dann vertiefende Interviews in den renommiertesten Blättern dazu, TV-Talkrunden zur besten Sendezeit und erste Porträts in Familienmagazinen. Die Menschen im Land liebten Felicitas Saminada. Bald würden sie sie verehren.

Und sie würde ihre Anführerin sein.

So war der Plan.

Noch immer stand sie vor der hinteren, halb offenen Tür der Limousine. Es war ein heißer, klebriger Julitag. Auf Schweizerdeutsch tüppig. Keine Wolke, keine Brise, kein Schatten. Keine Gnade. Saminada trug einen Hosenanzug aus lindengrünem Leinen, der mit ihrer dezent mediterranen Ausstrahlung, dieser Italianità der Südbündner, hervorragend kontrastierte. Die ersten Fragen prasselten auf sie ein, Kameraleuchten gingen an, das Gerangel begann erneut.

An Saminadas Stelle sprach Benedict Engel, ihr persönlicher Berater und langjähriger Weggefährte. Er war auf der abgewandten Seite der Limousine ausgestiegen und baute sich jetzt vor den Medienmenschen auf. Kinn nach vorn, die Lippen ein dünner Strich, Brust raus, als posiere er für ein Managermagazin oder stehe vor einem Erschießungskommando.

»Später, meine Damen und Herren, später. Sie bekommen Ihre Interviews und Fotos schon noch. Frau Nationalrätin Saminada wird sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern. Warten Sie ihre Rede ab. Und bleiben Sie bis zum Schluss. Es wird sich für Sie lohnen, glauben Sie mir.« Er bedachte die Presse mit einem eigenartigen Grinsen, etwas zwischen gönnerhaft und geringschätzig wie ein Römerkaiser, der den Gladiatoren Glück wünschte. Die Medienleute lachten konditioniert zurück. Wollte man etwas von Saminada, kam man an ihrem Engel nicht vorbei.

Was würde die Politikerin heute verkünden? Es herrschte eine erwartungsfrohe Stimmung wie bei einer Preisverleihung. Natürlich gab es Gerüchte. Eines davon lautete, Saminada gebe heute bekannt, sie wolle das Präsidium ihrer angeschlagenen Partei übernehmen. Ein anderes besagte, sie setze sich für eine Fusion mit den Gründemokraten ein. Oder hatte es am Ende gar – was doch sehr verwegen von ihr wäre – etwas mit dem frei werdenden Ministerposten zu tun? Einer der sieben Bundesräte, ein ergrauter, ernüchterter Parteikollege Saminadas, hatte unlängst bekannt gegeben, er werde sich im Herbst aus der Landesregierung zurückziehen.

Wollte Saminada ihn beerben? Und dies heute verkünden? Besaß sie die Impertinenz, sich selbst für dieses hohe Amt zu empfehlen? Das allerdings käme bei der Schweizer Bevölkerung gar nicht gut an. Zu viel Selbstsicherheit wurde einem hierzulande schnell als Arroganz ausgelegt und mutiges Vorpreschen als Hochmut. Was im Endeffekt politischen Selbstmord bedeutete. Wer seine Wahlchancen steigern wollte, zelebrierte Bescheidenheit, selbst wenn diese geheuchelt war.

Zugegeben, die Frau hatte einen beeindruckenden Lebenslauf und strebte in der Politik stets nach noch Höherem. Was jedoch mit einer Partei im Rücken, die kontinuierlich Wähleranteile verlor und damit auch die Legitimation mitzuregieren, nicht einfach werden dürfte.

Und dann war da noch das größte Hindernis.

Saminadas Alter.

Vierunddreißig. Geradezu respektlos jung für so ein Würdenamt. Wie ein Professor mit Akne. Ein Weihbischof mit Zahnspange. In den späten neunziger Jahren hatte die Schweiz eine Fünfunddreißigjährige als Bundesrätin bekommen, die dann, nach nur vier Jahren, aus ihrem Amt gefegt worden war. Seither ließ man in Bundesbern die Finger von jungen, flotten Ehrgeizlern.

Offiziell ging es beim heutigen Anlass um die Eröffnung einer Straßenbrücke, die zwei Stadtteile miteinander verband. Eines der zahlreichen Projekte, das Saminada als Politikerin vorangetrieben und dessen Finanzierung sie mit Staatsgeldern sowie Sponsoren aus der Privatwirtschaft abgesichert hatte. Einer ihrer vielen Erfolge. Greifbar, bodenständig, nachvollziehbar für den Wähler und Steuerzahler. Solche Politiker wurden geschätzt. Und wiedergewählt.

In der Einladung zum Brückenfest wurde kryptisch angedeutet, Frau Nationalrätin Saminada werde zudem eine wichtige Ankündigung in einer persönlichen Angelegenheit machen. Also waren sie alle gekommen. Um ihre Schlagzeilen abzuholen. Und ein erstes Appetithäppchen wurde dem Medientross schon mal zugeworfen.

Felicitas Saminada hatte ihre Tochter mitgebracht.

Das hatte sie noch nie zuvor getan. Zwar war bekannt, dass die Politikerin alleinerziehend war, ihr Kind hatte sie bisher aber stets vor der Öffentlichkeit abgeschirmt.

»Komm, mein Schatz, steig aus. Und keine Angst vor all diesen reizenden Menschen, die machen nur Fotos von uns beiden.«

Die Kleine – in einem knöchellangen blauen Kleidchen mit Schmetterlingsmuster und mit einem grünen Seidenband im langen pechschwarzen Wuschelhaar – schien einer Jane-Austen-Verfilmung zu entstammen oder tatsächlich der viktorianischen Zeit. Etwas tapsig kletterte sie aus dem Fond des Wagens.

Saminada nahm sie an der Hand und augenblicklich ging ein Blitzlichtgewitter los. Das Kind machte doch tatsächlich andeutungsweise einen Knicks und senkte schamhaft den Kopf. Es hatte die exotische Bündner-Erscheinung seiner Mutter geerbt. Und deren Talent, die ganze Welt zu bezirzen. Die Medienleute waren hingerissen.

»Darf ich vorstellen: Das ist meine Tochter Zalina. Sie wird bald neun.« Augenblicklich wurde es still, als Saminada zu sprechen begann, sogar die Fotografen hielten inne, nur die TV-Kameras drehten weiter.

»Wenn Sie mich kennen, wissen Sie, dass es nicht meine Art ist, Politik und Privatleben zu vermischen. Aber was ich heute bekannt geben werde, betrifft auch meine Familie, mein Kind ganz besonders. Darum ist es nur richtig, wenn Zalina jetzt an meiner Seite ist. Ich danke Ihnen.«

Die Augenbrauen der Journalisten schossen hoch. Also doch die Kandidatur zur Bundesrätin? Die anwesenden Onlinemedien tickerten schon mal los. Vage andeutend. Hinter jede Schlagzeile ein Fragezeichen setzend. Hauptsache, die Ersten sein.

Online first.

Später würde man die News immer noch korrigieren können. Oder relativieren. Oder löschen.

Online worst.

Saminada schritt mit ihrer Tochter davon. Die Kleine an ihrer Hand machte übermütige Hüpfer, als spiele sie auf dem Schulhof Himmel und Hölle. Mutter und Kind in ihren luftigen Roben schienen über das heiße Straßenpflaster zu schweben, erhaben und gelassen wie Elfen. Weder Gluthitze noch Schwüle noch der penetrant stechende Bitumengeruch der erst vor Kurzem fertig asphaltierten Brückenstraße schienen ihnen etwas anhaben zu können. Der Pressetross trottete schwitzend hinterher. Benedict Engel diktierte einigen Reportern, wie man den Namen Zalina richtig buchstabierte. Sie löcherten ihn, was das denn für ein fremdländisch klingender Mädchenname sei! Woher er stamme. Was er bedeute....

Erscheint lt. Verlag 24.9.2020
Reihe/Serie Frau Morgenstern
Frau Morgenstern
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Attentat • Auftragskillerin • Ermittlerduo • Frech • Gletscherleiche • humorvoll • Mitreissend • Mordanschlag • Morgenstern & • Morgenstern &amp • Politik • Schlunegger • Schwarzer Humor • Schweiz • Verschwörung
ISBN-13 9783894257576 / 9783894257576
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