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Der schlechtgefesselte Prometheus - André Gide

Der schlechtgefesselte Prometheus

(Autor)

Buch | Hardcover
80 Seiten
2025
Dielmann, Axel (Verlag)
978-3-933974-01-3 (ISBN)
CHF 27,95 inkl. MwSt
André Gide hat seinen »Prométhée mal enchainé« lange vor seinem Nobelpreis im Jahr 1899 geschrieben, Franz Blei, der damals schon sehr berühmte Autor des »Großen Literarischen Bestiariums«, übersetzte die surreal-mythische Erzählung 1905/06 als Freundschaftsdienst – und heraus kam ein literarisches Feuerwerk. Als der damals eben zu Ruhm kommende Maler Pierre Bonnard 6 herrliche Lithographien zu der hinreißenden Erzählung beisteuerte, legte der legendäre Verleger Hans von Weber in München 1909 eine winzige Auflage von Franz Bleis Übersetzung auf. Diese ging leider alsbald unter und mit ihr nicht nur die schöne Übersetzung von Blei, sondern auch die Illustrationen – und noch mehr:
Gide hatte der Erzählung ursprünglich 33 Thesen beigegeben, er hatte sie aus seinen Journalen ab 1896 kompiliert, und in dieser Zusammenstellung und mit der Erzählung vom Prometheus ergaben sie eine Art von frühem surrealistischem Manifest. Es geht um den »Acte graduit«, die zwecklose, die freie, »die Autochthon-Tat« … Auch dieser große kühne Anhang ging völlig unter, wurde wieder zerpflückt und in die Tagebücher Gides eingeordnet; weg war er.

»Bei dieser Gelegenheit eine Anekdote«, würde Blei André Gides Prometheus uns nun sagen lassen: 1988 gelang es mir beinahe, Renate Gerhardt mit ihrem in den 60ern bedeutenden Gerhardt-Verlag (in seinen Buchausstattungen von Braun-Designer Dieter Rams und den herrlichen amerikanischen modernen Dichtern des Black Mountains College) dafür zu begeisten, den Prometheus in editorische Fesseln zu schlagen und ins Buch zu packen – aber der Verlag war endgültig falliert. Hier und da konnte ich Literaturbegeisterte und Institutionen für Lesungen gewinnen, kleine Inszenierungen, wie es dem Feuerwerk dieser Erzählung angemessen ist, mit Plüschadler, Wunderkerzen, freizügigen Autoren-Fotos, die der Text nahelegt – in Dirnfellners Literarischem Nachthimmel in Höchst kam das zustande (HIER eine niedliche Besprechung der FNP von 2000), im Schauspiel Frankfurt, im Goethe-Institut Tbilissi in Georgien im Kaukasus, keine Adlerflugstunde von jenem Gebirge entfernt, in dem Prometheus dem Vogel »seine schmerzhafte Portion Leber« mythisch-einst anbot …

Genug! Hier endlich sind alle vier, André Gide, Franz Blei, Pierre Bonnard und die 33 Thesen, erstmals zusammen zwischen zwei Buchdeckeln zu bekommen. Auf tritt der »Hersteller von Zündhölzern ohne obrigkeitliche Erlaubnis« – lassen Sie den Adler kreisen!

Ein Nobelpreisträger und Größen der Moderne: André Gide
Einer der großartigen Übersetzer der Moderne: Franz Blei
Eine der Lieblingsfiguren aus der Antike: Prometheus
Dazu ein Klassiker der modernen Malerei: Pierre Bonnard
Das kennt man: Gast bekommt Ärger mit dem Kellner
Eine Sensation: »Müllionär« entpuppt sich als Gott – lesen Sie selbst!
Herrliche Locations: Kaukasus, Paris, der Boulevard, der von der Madeleine zur Oper führt …
Hochspannung: Melibeus entführt Angéle – wie bitte, wer? – Wen?
Gefahr: Prometheus handelt mit Zündhölzern und gefräßigen Adlern HILFE: der Adler – kreist!
Und viel Entspannung: Tityr schlummert unterm selbstgepflanzten Bäumchen. Mehr zu Buch und Autorin auf der Verlagswebsite unter:
http://www.dielmann-verlag.de/de/content/gide-andre/~nm.18~nc.57/Gesamtliste.html#x Der Verleger bietet szenische Lesungen / Performances zum Buch an, die kurz sein können (1 Stunde) oder abendfüllend (2 Teile zu je 70 Minuten, mit Pause). Mehr dazu hier:
http://www.dielmann-verlag.de/de/termine/detail/~id.591~nm.14/Der-schlechtgefesselte-Prometheus.html Anfang der Erzählung:
August des Jahres 189., nachmittags um zwei Uhr, ereignete sich dieser sonderbare Vorfall:
Auf dem Boulevard, der von der Madeleine zur Oper führt, wurde ein dicker Herr mittleren Alters, durch nichts sonst merkwürdig als durch seine ungewöhnliche Korpulenz, von einem mageren Herrn angehalten, der ihm lächelnd und jedenfalls, glaube ich, ohne an was Böses zu denken, ein Taschentuch übergab, das der Dicke hatte fallen lassen. Dieser dankte ohne viel ­Redensarten und wollte seinen Weg fortsetzen, als er sich plötzlich zu dem ­Magern neigte, wie um eine Auskunft bittend, die dieser ihm ­geben sollte, denn der dicke Herr zog sofort Tintenfass und Feder aus der Tasche und reichte beides mit einem Briefumschlag, den er bishin in der Hand gehalten hatte, dem Magern. Die Vorüber­gehenden konnten sehen, wie dieser alsbald eine Adresse auf den Umschlag schrieb. — Hier aber beginnt das Sonderbare der Geschichte, das gleichwohl keine Zeitung gebracht hat: Der ­magere Herr, der Feder und Tinte zurückgab, hatte noch nicht Zeit für ein lächelndes Adieu gehabt, als der Dicke ihm zum Zeichen des ­Dankes eine Ohrfeige versetzte. Worauf er in einen Wagen stieg und verschwand, bevor auch nur einer der Zuschauer (darunter ich selbst) sich von der Überraschung erholt hatte, noch einem eingefallen wäre, den Menschen festzuhalten.
Ich weiß seit dem, dass es Zeus, der Bankier, war.
Der magere Herr war durch die Aufmerksamkeit der Menge sichtlich geniert und beteuerte, dass er die Ohrfeige kaum gespürt ­hätte – dabei lief ihm das Blut aus den Nasenlöchern und von ­einer zerrissenen Lippe. Er bat, man möchte ihn in Ruhe lassen, um alles nur in Ruhe lassen, worauf die Spaziergänger sich zer­streuten. Der Leser möge erlauben, dass wir uns jetzt nicht weiter mit einem beschäftigen, den er in der Folge noch genügend oft wiedersehen wird.

André Gide (1869-1951) wurde streng puritanisch erzogen und setzte sich später rückhaltlos für die Freiheit des Individuums gegenüber Kirche, Konvention und Moral ein. Das Gesamtwerk des Nobelpreisträgers von 1947 steht neben dem der großen literarischen Innovatoren des 20.Jahrhunderts wie Proust, Musil und Joyce.

Erscheint lt. Verlag 8.12.2025
Illustrationen Pierre Bonnard
Mitarbeit Designer: Urs van der Leyn
Übersetzer Franz Blei
Zusatzinfo Zeichnungen von Pierre Bonnard
Sprache deutsch
Maße 215 x 170 mm
Gewicht 200 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Schlagworte acte graduit • Adler • Boulevard • Damokles • Gefängnis • Genesis • Hardcover, Softcover / Belletristik/Hauptwerk vor 1945 • HC/Belletristik/Hauptwerk vor 1945 • Ideengeschichte • Idiosynkrasie • Kaukasus • Kellner • Kokles • Madelaine Paris • Melibeus • Menalkes • Müllionär • Pariser Oper • Reversibel • Tityr • Zeus • Zündhölzer
ISBN-10 3-933974-01-1 / 3933974011
ISBN-13 978-3-933974-01-3 / 9783933974013
Zustand Neuware
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