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CHOR AUS DER DUNKELHEIT (eBook)

Ein dystopischer Horror-Roman
eBook Download: EPUB
2020
CCCXLII Seiten
BookRix (Verlag)
978-3-7487-3184-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

CHOR AUS DER DUNKELHEIT - Philip Dingeldey
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Europa im 22. Jahrhundert: Großkonzerne haben die Regierung übernommen und beherrschen ein neo-feudales System im Ausnahmezustand. Doch beherrscht werden nicht nur Menschen, sondern auch Vampire. Letztere arbeiten - nachdem ein Friedensvertrag zwischen ihnen und dem geeinten Europa geschlossen wurde - für die Regierung und erhalten im Gegenzug Menschenopfer aus Konzentrationslagern. Als es jedoch der Lageraufseher George zulässt, dass die Vampirin Livia eines ihrer Opfer in den Untoten Septimus verwandelt und ihn in die demokratische Gesellschaft der Vampire aufnimmt, gefährdet dies den brüchigen Frieden. Ein ungleicher Kampf auf Leben und Tod beginnt. Und schon bald erweckt der Konflikt das Interesse verschiedenster ominöser Gruppen... Mit Chor aus der Dunkelheit präsentiert Philip Dingeldey einen mitreißenden und höchst originellen Hybriden aus Science-Fiction- und Horror-Roman. Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Roman in seiner Reihe APEX HORROR.

  Erster Teil: Die Verwandlung


 

 

 

 

Eins: Septimus

 

 

Als 7836GS2 eines Nachts erwachte, fand er sich auf einem Steinpult liegend wieder, zu einem ungeheuren Wesen verwandelt. Er erwachte aus seiner ein Leben lang andauernden Ohnmacht. 7836GS2 lag auf einem buckligen Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen grauen harten Bauch und matte, verschmutzte Lendenshorts.

Was war geschehen? Er sollte doch eigentlich tot sein. So hatten es ihm die Wachen gesagt. Er war doch nur geboren worden, um schließlich getötet zu werden. Wieso war er noch hier?

Tot konnte er wohl nicht sein. Er fand sich zwar in einer düsteren Gruft wieder, doch arbeiteten seine Sinne noch, ja, vielleicht sogar besser als zuvor. Das Jenseits hatte er sich immer abstrakter vorgestellt, abseits von sinnlichem Leid. Das hier musste das Diesseits sein. Damit war jede Hoffnung auf ein Jenseits verloren. Er vernahm allerlei Irdisches: Trotz der Dunkelheit konnte er neben sich einige Holzsärge und die ornamental-barocken Verzierungen an Decke und Wänden erblicken. 7836GS2 spürte auch den kalten Stein unter seinem Leib. Er konnte den Moder und den Schimmel riechen, der in der feuchten Luft lag. Er hörte sogar das leise Scharren und Quieken des Ungeziefers am Boden. Und er schmeckte Blut auf seiner Zunge.

Wessen Blut war das in seinem Mund? Sein Körper sollte blutleer sein! Das war die Vorgabe gewesen! Die Wärter sollten ihn zu den Ungeheuern bringen, die ihn daraufhin als die ihnen rechtmäßig zustehende Nahrung aussaugen und damit töten sollten. Das, so haben ihm die Wärter gesagt, würde mit ihm in dieser Nacht geschehen, als sie ihm, kurz vor Sonnenuntergang, beim Abendappell eine schwarze Kapuze, die nach Erbrochenem gestunken hat, über den Kopf gezogen, mit einer Injektion betäubt und mit einer Reihe anderer Internierter auf den Transportgleiter gehievt haben. Das war der einzige Sinn seines ansonsten sinnlosen Seins gewesen: quasi eine Existenz ohne Dasein, pure Biomasse. Und doch war er hier. Gab es ein Jenseits, das so war, oder war seine Hölle sein Fortbestand im Diesseits?

Der ehemalige Häftling mit der Internierungsnummer 7836GS2 wippte mit seinem sich unförmig anfühlenden Körper hin und her – denn mit dem Buckel oder der Geschwulst, die er am Rücken trug, konnte er sich nicht einfach so erheben wie noch heute morgen – und fiel an der rechten Seite vom Pult. Er krachte auf den nackten harten Boden. Erstaunlicherweise schmerzte es nicht allzu sehr. Er sah sich um. Vor ihm hockte eine Ratte und nagte an irgendetwas herum, doch als sie ihn erblickte, quietschte das Tier auf und rannte verängstigt in die Dunkelheit. Sogar die Ratten hatten Angst vor ihm. Was für ein verschreckendes Antlitz er abgeben musste! Die Ratten im Lager waren weniger zimperlich gewesen und hatten oft Häftlinge angegriffen, wenn diese halbtot vor Erschöpfung in den Dreck gefallen waren. Da sah 7836GS2, woran das Tier geknabbert hatte: ein blutiger Fingerknochen. Das Menschenfleisch war fast komplett abgenagt.

Dem Mann, der eigentlich tot sein sollte, wurde speiübel. Was geschah mit ihm? Wo war er? Er übergab sich auf den Boden. Er kotzte Blut und Galle, Essen befand sich nicht mehr in seinem Magen. Der bleierne Nachgeschmack des Blutes vermischte sich in seinem Mund mit den bitteren Tönen der Galle. Und von dem Anblick wurde ihm bereits wieder so übel, dass ihm das Bedürfnis überkam, seine Organe auszuspeien, doch er brachte nur noch ein Würgen hervor. Er fühlte sich elend, hilflos und jämmerlich.

Warum war die Tortur, die sein ganzes nacktes Leben darstellte, nicht einmal vorbei? Er hatte jahrelang auf den Augenblick gewartet, an dem er an diese Monster verfüttert werden würde, der Moment, in dem all die Schinderei im Lager endlich vorbei sein, ja, wenn all die Pein endlich der Vergangenheit angehören würde. Und schließlich war der Tag mit der tödlichen Aura da gewesen, als er alt genug war. Die Wärter hatten ihm gesagt, er sei jetzt 29 Jahre alt. Dies sei das beste Alter, um als Futter zu dienen, obgleich sich 7836GS2 an die Jahre seiner Kindheit  nicht erinnern konnte.

Doch seine nicht vorhandene Jugend war dem ehemaligen Häftling gerade vollkommen egal. Was jetzt zählte, war nur: Herauskommen aus dieser Gruft! Herausfinden, wo er sich eigentlich befand! Fliehen! 

Der Mann erhob sich. Dabei fiel ihm auf, dass sich auch seine ganze körperliche Statur verändert hatte: Er war jetzt viel muskulöser. Sein Fleisch unter nun grauer Haut war ausgesprochen fest. Vielleicht war er sogar ein wenig größer, aber durch den Buckel ging er etwas gekrümmt. Und seine Finger kamen ihm länger vor als früher, und, oh nein: Etwas in seinem Mund fühlte sich seltsam an. Er zögerte erst, doch dann griff mit den Fingern an seine Zähne...  Doch! Seine Eckzähne waren ebenso gewachsen.

War er eines dieser Monster geworden? War etwas bei seiner Opferung schief gelaufen, oder erlaubten sich die Aufseher nur einen boshaften Scherz mit ihm? Zutrauen würde er es ihnen ja, denn solcherlei sadistische Aktionen waren die einzige Unterhaltung, die sich ihnen in dem stupiden Arbeitsalltag bot. Aber vermutlich würde es zu viel Geld verschlucken, wenn der Zweck dessen lediglich der Spaß war. Es wäre nicht effizient, und Effizienz war etwas sehr Wichtiges im Lager.

Da waren eine kleine, steinige Treppe und eine Türe. Soweit 7836GS2 sehen konnte, war dies der einzige Ausgang aus der beengten Gruft. Mit unsicheren Schritten stieg er die wenigen Stufen hinauf – er rutschte einmal auf dem glatten Boden aus – und drückte sich gegen die Tür. Sie war aus Stein und sehr schwer, viel zu schwer für nur einen gewöhnlichen Menschen, um sie einfach so zu öffnen, vermutete 7836GS2. Doch als er all seine Kraft aufwendete, ging sie sich mit einem lauten Dröhnen auf.

Er trat hinaus ins Freie. Die frische Nachtluft umwehte seine krumme Nase. Eine solche unschuldige Luft war nicht nur wohltuend gegenüber dem modrigen Geruch der Verwesung, sondern der ehemalige Internierte hatte noch nie eine so saubere und reine Luft gerochen, die frei war von Industriestaub, von Abgasen, von Schweiß und Exkrementen. Er atmete tief ein. Ein kurzer Moment des Genusses, der aber von seiner Angst überfrachtet wurde.

Der Mann fand sich – wie konnte es anders sein, trat er doch aus einer Gruft heraus?! – auf einem alten Friedhof wieder. Es gab also noch Friedhöfe. Er hatte gedacht, solche Parkanlagen gäbe es schon lange nicht mehr und alle wären abgeholzt worden, für wesentlich lukrativere Bauten, wie Einkaufszentren oder Arbeitslager. Und dennoch war er auf einem alten Friedhof. Die Bäume wehten und rauschten im Wind. Hier und da war ein Hügel. Dazwischen befanden sich zahlreiche efeuumwachsene Gräber, in Reih und Glied.

Selbst im Tod mussten sich diese Menschen noch einordnen.

Das Einzige, was nicht so recht in das Bild dieses antiquierten Totenparks und seiner düster-romantischen Atmosphäre passte, war das Eingangstor: Es sah modern, steril aus und leuchtete Weiß im Dunklen. Dahinter konnte er, wohl in zig Kilometern Entfernung, die Lichter einer Stadt entdecken. War er so weit ab der Zivilisation? 7836GS2 dachte, der gesamte Erdball wäre bevölkert und bebaut, aber hier war es menschenleer, Natur und altmodische, verspielte Architektur ergänzten sich scheinbar harmonisch, ganz anders als im Lager.

»Du bist also der Neue, nicht?«, hörte der ehemalige Häftling eine Stimme.

Er blickte sich um. Links hinter ihm, im Gras saß ein furchteinflößendes Wesen. Wie 7836GS2 selbst hatte es graue fahle Haut, lange Finger, wirkte muskulös und hatte einen Buckel. Jedoch war das Ungetüm weiblich und hatte langes, zerzaustes aschblondes Haar. Ihre Augen waren rot, sie glühten fast, und aus ihrem Mund blitzen vier lange Fangzähne. Ihre anderen Zähne waren alle ausgefallen. Anders als er, trug sie einen schwarzen Overall, der ihren Körper bedeckte, wo 7836GS2 nur Shorts trug. In Anbetracht seiner geringen Bekleidung durchströmte ihm Scham gegenüber diesem weiblichen Monster. Das und seine Furcht weckten seinen Fluchttrieb.

»Oh Gott, du bist ein Vampir!«, stieß er aus und wandte sich ab, bereit, eine hoffnungslose Flucht anzutreten.

»Ja, genauso wie du«, antwortete sie gelassen und zuckte mit den Schultern.

Er hielt inne. Was zur Hölle?! Sollte er heulen oder wegrennen? Überfordert brach er zusammen und schluchzte.

»Ich sollte doch tot sein!«

»Hat man dir das gesagt?«

»Ja, das haben die Aufseher gesagt«, erwiderte 7836GS2.

»Nun ja, vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen«, setzte sie abermals nach einer kleinen Pause an, »mein Name ist Silvia, und ich werde dir nichts tun, denn wir sind gleich. Wir sind beide Vampire.«

Ihre Stimme wirkte fast kindlich. Überhaupt hatte diese Untote den Hauch von etwas Jugendlich-Unschuldigem an sich, etwas, was in keinster Weise zu ihrem Dasein als dämonischer Blutsauger passte.

»Wir sind nicht gleich. Ich bin ein interniertes Subjekt, zum Tod freigegeben. Und du bist ein Monster«, sagte er.

»Weißt du, die Menschen bringen uns jede Nacht ein paar von ihnen und ein paar Schweine, deren Blut wir dann trinken dürfen. Dafür arbeiten wir für die Menschen. Wir übernehmen Aufgaben, die sie nicht übernehmen können oder wollen. Zum Beispiel arbeiten wir in Kraftwerken oder so. So ist es ausgemacht zwischen uns. Und einer dieser Menschen, die uns geliefert werden, warst eben du«, sagte Silvia.

»Das weiß ich doch!«

»Gut. Die Vampirin, die dich ausgesaugt hatte, und die dich dem Plan zufolge danach hätte sterben lassen sollen,...

Erscheint lt. Verlag 12.3.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • anspruchsvoll • Anti-Utopie • Apex-Verlag • Blutsauger • Cyborg • Cyborgs • düster • Dystopie • Erotik • Horror • Roman • Science Fiction • Sci-fi • SciFi • SF • Vampir • Vampire • Vampir-Romane • Zukunft
ISBN-10 3-7487-3184-1 / 3748731841
ISBN-13 978-3-7487-3184-9 / 9783748731849
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