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Das Pegasosgen -  Eve Grass

Das Pegasosgen (eBook)

Alte Himmelsrechte

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
496 Seiten
Shadodex-Verlag der Schatten
978-3-946381-81-5 (ISBN)
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'Pegasos ist zurück! Und er wird sich das nehmen, was wir ihm über Jahrhunderte genommen haben, seinen Lebensraum!' (Doña Helena-Maria) Werden die fliegenden Pferde ihre alten Himmelsrechte wieder einfordern? Und gab es im Eozän tatsächlich schon das geflügelte Eohippus, von dem die Wissenschaftler bisher nichts ahnen? Die Zeit der Wesen des Himmels und der Sonne, die ihrer Flügel beraubt auf einsamen Höfen oder abgelegenen Inseln lebten, gehört der Vergangenheit an. Velludo, der sich in der Coto de Doñana mit dort lebenden Stuten alter Rassen paarte, erweckte das Pegasosgen wieder zum Leben. Als beim alljährlichen Stutentrieb in El Rocío ein Fohlen mit Flügeln gesichtet wird, bricht eine Massenpanik unter den Menschen aus und das Drama nimmt seinen Lauf. Die Hüter des Pegasos haben keine Chance mehr, seine Existenz weiterhin zu verheimlichen. Band 3 der erfolgreichen Roman-Reihe 'Das Pegasosgen' von Eve Grass entwickelt nicht nur ein für die Menschheit dystopisches Szenario, sondern gräbt auch sechzig Millionen Jahre alte Versteinerungen aus, die es vielleicht sogar gibt, aber noch nicht entdeckt wurden. Könnte Pegasos also wirklich irgendwann auferstehen? 'Wir Menschen mischen uns seit Jahrhunderten in die Belange der Flora und Fauna ein. Wir betreiben Artenschutz, schützen eine Spezies, ohne darüber nachzudenken, ob wir damit eine andere schädigen.' (Abdai bin Nuhr)

Teil 1

 

Sommer 2016, Matalascañas an der Atlantikküste

 

 

»Adios Carina«, rief eine Frauenstimme über den Bartresen des Hotels, während ihre Kollegin die schwarze Schürze mit dem orangefarbenen Aufdruck »Hoteles Atlánticos« auszog. Das noble Haus direkt an der Küste des Lichts, wie die Spanier liebevoll diesen Landstrich betitelten, war besonders beliebt bei den Touristen aus England. Dadurch genoss die blonde Carina, die in Wirklichkeit Rike Bauer hieß, eine gewisse Anonymität. Spanisch und Englisch sprach sie inzwischen nahezu perfekt. Damit war sie im Vorteil gegenüber ihren einheimischen Kolleginnen, die sich mit Fremdsprachen nicht so leicht anfreunden konnten. Sie hatte keinerlei Probleme gehabt, hier, nahe der Coto de Doñana, eine Anstellung zu finden, obwohl sie sich eigentlich geschworen hatte, nie mehr als Angestellte in einem Betrieb zu arbeiten. Zu tief saß noch der Schock, als sie mit gerade einmal fünfzig Jahren ihren Job am Flughafen Nürnberg verloren hatte. Damals war die Firma von einem großen Konzern aufgekauft und zerschlagen worden. Rike hatte keine Chance gehabt, übernommen zu werden. Dies war auch der Grund gewesen, warum sie mit ihrem Ehemann Hannes nach Spanien ausgewandert war und ihrem Heimatland enttäuscht den Rücken gekehrt hatte. Wie riesig waren die Hoffnungen, im sonnigen Süden ein behütetes und ruhiges Leben zu führen, gewesen. … Es war anders gekommen. Andalusien hatte vieles auf den Kopf gestellt. Rike und ihr Mann, von dem sie sich im Februar getrennt hatte, weil er offensichtlich fremdging, waren in einen Strudel aus real gewordenen Märchen geraten. Seither glich ihr Leben einem Fantasyroman ohne Happy End. Mit klopfendem Herzen erinnerte sie sich an jenen Tag im Februar, als sie auf dem Rücken ihres geliebten fliegenden Pferdes Velludo von der gemeinsamen Finca in Gaidovar verschwunden war.

Rike seufzte, als sie die Schürze des Hotels säuberlich zusammenlegte. Hannes hatte ihr extrem wehgetan, dennoch vermisste sie ihren Mann und war des Öfteren nahe dran, ihm jegliche Untreue zu verzeihen. Trotzdem zog sie es vor, hier an der Küste des Lichts zu verbleiben, denn sie wusste, dass Hannes mit den Hütern in Kontakt stand, jenen Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die fliegenden Pferde vor der Öffentlichkeit zu schützen. Vor einem Jahr noch hätte sich Rike selbst als Hüterin bezeichnet. Aber dann hatte sie es gewagt, tiefer in die Welt dieser außergewöhnlichen Tiere einzudringen. Sie hatte Velludo trainiert und festgestellt, dass er mit ihr in einer bisher unbekannten Körpersprache kommunizieren konnte. Schließlich hatte sie sogar das Unmögliche gewagt und begonnen, ihn zu reiten. Die Erinnerung an den ersten Flug auf dem Pferd ließ sie noch heute wohlig erschaudern. Sämtliche Hüter, insbesondere der alte marokkanische Tierarzt Abdai bin Nuhr, hatten sie gewarnt vor einem Ritt durch die Wolken. Alle waren der Meinung gewesen, sie würde ihr Leben aufs Spiel setzen im Umgang mit dem beinahe zwei Meter hohen Velludo, der sich zu einem Urvater seiner Rasse entwickelte. Doch Rike war nichts geschehen. Der Rappe hatte ihr nach und nach seine geheime Sprache gelehrt. Sie konnte sich mit ihm perfekt verständigen. Aufgrund dieser Tatsache war sie von der jahrhundertealten Meinung der Hüter abgekommen. Rike war inzwischen fest davon überzeugt, dass solch intelligente, königliche Wesen in Freiheit leben sollten. Die Welt böte genügend Platz für Mensch und Tier. Leider teilten die Hüter diese Meinung nicht, denn sie kannten die Einstellung der Menschheit. Man würde sich zugunsten von Tieren nicht einschränken. Das war ihr jedoch zu jenem Zeitpunkt noch nicht klar.

Sie ließ die Schürze aus edler Baumwolle in ihren Rucksack gleiten, winkte den Kolleginnen zu und verließ das Hotel. Als sich die ausladenden Glastüren hinter ihr schlossen, traf sie die Hitze des andalusischen Sommers mit voller Wucht. Temperaturen um die vierzig Grad Celsius im Schatten waren um diese Jahreszeit normal. Besonders die Wildtiere in der Coto de Doñana litten unter der sengenden Sonne, die die Sanddünen beinahe zum Glühen brachte.

Rike lief zügig zum Personalparkplatz. Ihr klappriger Pick-up Truck, den ihr der alte José vererbt hatte, verfügte über keine Klimaanlage. Sie öffnete die knarrende Tür des Vehikels, stieg ein und kurbelte die Seitenscheiben bis zum Anschlag hinunter. Dann ließ sie den Motor an und drehte das Radio auf volle Lautstärke. Die betagten Boxen des Autos plärrten südliche Sommerhits durch die flimmernde Luft, während Rike das Gefährt Richtung El Rocío steuerte. Immer wieder wanderte ihr Blick zum Rückspiegel, aber kein Wagen folgte ihr. Die staubige Landstraße schien völlig verlassen zu sein. Um diese Uhrzeit tummelten sich die ausländischen Touristen lieber am Strand von Matalascañas, wo sie im flachen Wasser der Sommerhitze zu entfliehen versuchten.

Rike parkte den Pick-up am Straßenrand. Das angerostete Fahrzeug wirkte, als habe es den Geist aufgegeben. Niemand würde sich beim Vorbeifahren darüber wundern. Ein letzter Blick in den Rückspiegel, dann ergriff Rike das alte Halfter, welches neben ihr auf dem Beifahrersitz lag, und huschte hinaus. Blitzschnell verschwand sie zwischen ein paar vertrockneten Büschen, die den durchlöcherten Drahtzaun verbargen, der das Naturschutzgebiet vor dem Zutritt der Sommertouristen schützen sollte. Das Betreten des riesigen Nationalparks war nur über die Station El Acebuche nahe Matalascañas möglich. Von dort aus konnten Naturliebhaber Touren mit Unimogs buchen, die von erfahrenen Rangern begleitet wurden. Rike musste die Zeit zwischen den Ausflügen nutzen, um nicht von den Guides entdeckt zu werden. Nahe dem maroden Zaun hatte der Wind den glühend heißen Sand zu einer Düne aufgehäuft, hinter der Rike sich verstecken konnte. Schweiß lief ihr die Wangen hinab. Sie wischte sich fahrig mit den Händen über die Stirn, als ihr Handy piepte. Der kleine Bildschirm verkündete ihr, dass eine SMS eingegangen war.

 

Ich liebe dich noch immer, mein Engel. Den Pferden geht es prächtig. Carlos hat sie nicht geholt. Ich versorge alle Tiere hier in Gaidovar. Rike, denk dran, dass El Rocío ein Wallfahrtsort ist. Velludo wäre dort nicht erwünscht. Pass auf dich auf, tapfere Pilotin, und du weißt ja … ;-) … zu Hause bist du jederzeit herzlich willkommen, dein H.

 

Rike schloss die Nachricht und steckte das Handy in die Hosentasche. Sie konnte den eigenen Herzschlag in ihren Schläfen wahrnehmen. Hannes wusste also, wo sie nun wohnte, sonst hätte er den kleinen Wallfahrtsort am Rande des Naturschutzgebietes nicht erwähnt. Widerstreitende Gefühle kribbelten in ihrem Bauch. Irgendwie fühlte sich die Erkenntnis beruhigend an, dass es da einen Mann gab, der an sie dachte und sie im Notfall auch finden würde. Auf der anderen Seite hatte sie lernen müssen, Verantwortung für sich selbst und das fliegende Pferd zu übernehmen. Dinge, die ihr mit Hannes schwergefallen waren, erledigte sie nun mit Leichtigkeit. Ihr Selbstbewusstsein war um hundert Prozent gestiegen. Rike hatte die Finanzen gut im Griff, engagierte sich in ihrem Hoteljob und kümmerte sich um das Wohlergehen des fliegenden Pferdes. Man hätte ihr Leben beinahe als perfekt bezeichnen können, wäre da nicht die Sehnsucht nach ihrem Ehemann.

Dass ihr das Schicksal sehr bald weitere Steine in den Weg werfen würde, ahnte sie noch nicht.

Entschlossen schob sie sämtliche Gedanken an ihre Ehe zur Seite und hastete tiefer in das sandige, mit niedrigen Büschen und Bäumen bewachsene Gebiet. Ausgedörrte Pampasgrasbüschel streckten ihre Halme wie Schwerter in die heiße Luft und bremsten Rikes Lauf. Sie hatte nur drei Stunden Zeit, dann würden die Wildhüter wieder die Route kontrollieren.

Zwei Reiher flogen nicht weit von ihr entfernt entsetzt auf und krächzten alarmiert. Ein Schmunzeln legte sich auf Rikes Lippen. Sie konnte die Unruhe der Vögel verstehen und ging in die Hocke. Dann stieß ihr Mund einen schrillen Ruf aus. Sie lauschte in die flirrende Luft, und einen Augenblick lang hätte man meinen können, die Natur halte den Atem an. Drei Sekunden verstrichen, in denen nicht einmal mehr die Zikaden ihr Konzert zum Besten gaben, dann stoben rings um sie herum Dutzende von Vögeln in die Luft. Stieglitze und Ammern verließen ihr Versteck in den Büschen und schwangen sich in den Himmel hinauf. Selbst die pfeilschnellen schwarzen Milane mit ihren glänzenden Schnäbeln schienen es eilig zu haben, von hier zu verschwinden.

Rike griff in die Tasche ihrer Jeans und holte einige zerbrochene trockene Mehlwürmer hervor. Sie musste kein zweites Mal rufen. Sein ruhiger, tiefer Atem verriet ihn sofort, und wenige Momente später erschien der monströse Rappe zwischen den Sandhügeln. Immer noch war Rike von dieser imposanten Erscheinung beeindruckt. Das Pferd überragte mit über zwei Metern Widerristhöhe bei Weitem jedes spanische Hauspferd. Sein mächtiger Schädel mit der lockigen Mähne wirkte wie der Kopf eines Urtieres aus lang vergangenen Zeiten. Doch das alles verblasste, als das Wesen die Flügel zu öffnen begann.

Starke Oberarme, die aus den Schultern ragten, spreizten mit ihren Muskeln Unterarm und Finger aus, zwischen denen sich eine dunkle, schillernde Haut spannte, die so stabil war, dass sie ein Pferd von enormem Gewicht in der Luft halten konnte. Im Laufe der Zeit hatte sich Velludos Flughaut dunkelviolett verfärbt und gab ihm ein dämonisches Aussehen.

»Na, mein Liebling?«, säuselte Rike entzückt und hielt dem Riesen ihre offene Handfläche mit den Mehlwürmern entgegen. »Wie geht es dir heute?«

Velludos Verhalten spottete seinem eigentlich Furcht...

Erscheint lt. Verlag 2.3.2020
Reihe/Serie Das Pegasosgen
Verlagsort Kressberg-Mariäkappel
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Fliegende Pferde • Geheimnis • Mythos • Pegasos • PEGASUS • Spanien
ISBN-10 3-946381-81-2 / 3946381812
ISBN-13 978-3-946381-81-5 / 9783946381815
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