Die Geliebte des Nachtwächters (eBook)
329 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7325-8297-6 (ISBN)
Das Emsland zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs: Martha ist die Tochter des Bürgermeisters im kleinen Städtchen Schüttorf und damit eine gute Partie. Doch auch wenn sie jung ist, weiß sie, was sie will: Ein selbstbestimmtes Leben - und Jost, den Nachtwächter. Doch heiraten soll sie Valentin, den Sohn eines Ratsherren. Und Valentin drängt auf eine rasche Hochzeit, denn katholische Söldnertruppen rücken vor, um die Stadt einzunehmen - will er womöglich der nächste Bürgermeister werden? Martha misstraut Valentin zutiefst und muss feststellen, dass dieser nicht nur machtgierig und eitel ist, sondern auch fest entschlossen, ihre Liebe zu Jost endgültig zu zerstören. Kann Martha ihn aufhalten?
Eine bezaubernde Liebe, Intrigen und Spannung in unruhigen Zeiten - das ist pures Lesevergnügen!
eBooks von beHEARBEAT - Herzklopfen garantiert.
<p>Claudia Schirdewan lebt mit ihrer Familie im Münsterland. Nach dem Abitur absolvierte sie eine kaufmännische und eine fremdsprachliche Ausbildung, später studierte sie nebenberuflich Kulturmanagement. Sie schreibt Geschichten, seit sie alle Buchstaben kennt und liebt es, ihre Figuren auf abenteuerliche Reisen durch die Vergangenheit zu schicken.<br><br></p>
Claudia Schirdewan lebt mit ihrer Familie im Münsterland. Nach dem Abitur absolvierte sie eine kaufmännische und eine fremdsprachliche Ausbildung, später studierte sie nebenberuflich Kulturmanagement. Sie schreibt Geschichten, seit sie alle Buchstaben kennt und liebt es, ihre Figuren auf abenteuerliche Reisen durch die Vergangenheit zu schicken.
2
Auf Zehenspitzen näherte Martha sich der Haustür. Was für eine seltsame Nacht. Der schreckliche Angriff. Jost. Wie konnte es sein, dass sie ihn nie zuvor gesehen hatte? Wie konnte es sein, dass er seit Monaten jeden Abend unter Marthas Stube vorbeilief und doch so weit weg von ihr war?
Mit klopfendem Herzen stieß sie die Tür einen Spalt weit auf und lauschte. Leises Schnarchen war aus der Kammer der Eltern zu hören. Martha huschte die Treppe hoch und vermied geschickt diejenigen Stufen, die sie durch ihr Knarzen verraten hätten. Endlich erreichte sie ihre Kammer, zog vorsichtig die Tür hinter sich zu und entzündete eine Kerze. Sie eilte zum Fenster und starrte in die Nacht. Wo mochte Jost jetzt sein? Ob er auf seinem Rundgang noch einmal am Haus der Wartlands vorbeikommen würde?
Mit fahrigen Händen entkleidete Martha sich. Den Mantel versteckte sie unten in der Kleidertruhe. Rosa, die Magd der Familie, die so alt war wie Martha, hatte einen Krug Wasser und ein sauberes Leinentuch bereitgelegt. Dankbar griff Martha nach dem Lappen und säuberte Gesicht und Hände. Das getrocknete Blut, das sie von ihrem Hals abwischte, färbte das Wasser rosa. Martha griff nach einem Tiegel und verteilte Salbe auf der Wunde. Ihrer Mutter würde sie erzählen, dass sie sich an einem Splitter geritzt hätte. Martha schlüpfte in ein sauberes Hemd und legte sich unter die Decke. Im Kamin knisterten die Reste des Feuers, das Rosa an jedem kalten Abend für sie bereitete. Jost hatte in seiner Hütte bestimmt kein Feuer. Sonst wäre sein Vater doch nicht so krank.
Martha wälzte sich in dieser Nacht lange hin und her und konnte nicht in den Schlaf finden. Die Männer in der Gasse … Valentin Schreiwer … die Begegnung mit Jost … der Sternenhimmel. Und über allem das Wissen, dass sich irgendetwas für immer verändert hatte.
»Jungfer Martha? Guten Morgen!«
Rosa schob die Vorhänge beiseite. Martha kniff die Augen fest zu. Sie war doch gerade erst eingeschlafen. Mit einem Seufzer drehte sie sich auf die andere Seite.
»Jungfer Martha, es tut mir leid. Ihre Mutter wünscht, dass Sie zu Tisch kommen. Die Morgensuppe ist bereitet, und sie möchte mit Ihnen reden.«
Rosa trat einen Schritt näher und blieb neben Marthas Bett stehen.
»Geht es Ihnen nicht gut?«
»Ich bin nur müde.«
Martha gähnte und setzte sich auf. Sie strich sich die zerzausten blonden Haare aus der Stirn.
»Um Himmels willen! Was ist mit Ihrer Wange?«
Jetzt erst fiel Martha die Verletzung wieder ein. Letzte Nacht. Die Schufte in der Gasse. Mit zitternden Fingern tastete sie über ihr Gesicht und holte zischend Luft, als sie die Wunde berührte und ein scharfer Schmerz sie durchfuhr.
»Ach das.«
Sie setzte ein Lächeln auf. »Das ist nichts. Nur ein Kratzer. Irgendwo an meinem Schrank steht ein Splitter vor.«
»Mhm.« Rosa sah wenig überzeugt aus, ging aber nicht weiter darauf ein. »Ich habe Wasser mitgebracht. Mit ein bisschen Puder können wir den Kratzer nach dem Waschen bestimmt überschminken.«
»Gut.«
Martha setzte sich auf und ließ die Beine von der Bettkante baumeln. Ihr Blick glitt zum Fenster. Ein grauer Oktobertag. Nebel und Nieselregen hingen über der Stadt. Ob Jost jetzt schlief? Bei dem Gedanken an ihn huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Irgendwo dort draußen war er. Sie stand auf und ließ sich von Rosa beim Waschen und Ankleiden helfen. Die Magd flocht ihr mit geschickten Fingern einen Zopf, und unter dem Puder verschwand der Kratzer tatsächlich fast vollständig. Zuletzt half Rosa ihr, in die Schuhe zu schlüpfen, dann hielt das Mädchen die Tür für Martha auf.
»Gehen Sie nur. Ich mache derweil die Kammer zurecht.«
Mit einem Dank ging Martha die Treppe hinunter in die Stube. Rosa hatte gesagt, dass Mutter mit ihr reden wollte. Natürlich würde es um Valentin gehen. Ihr Verschwinden in der letzten Nacht hatte niemand bemerkt, sonst hätte es längst ein Donnerwetter gegeben. Martha schluckte. Vielleicht ließen sich die Eltern doch umstimmen?
Sie klopfte an die Eichentür und wartete das »Herein« ihrer Mutter ab, ehe sie eintrat.
»Guten Morgen, Mutter.«
Martha ging zu ihrem Platz und setzte sich auf den Lehnstuhl. Anna Wartland löffelte bereits die Morgensuppe, und auch auf Martha wartete ein dampfender Teller. Hans’ Platz war leer. Wie in der jüngsten Zeit üblich, schien er sich auch heute früh auf den Weg ins Rathaus gemacht zu haben. Martha griff nach dem Löffel und tauchte ihn in die Gerstensuppe. Ohne ihn zum Mund geführt zu haben, ließ sie ihn wieder sinken. Ihr Magen war wie zugeschnürt.
Anna tupfte mit einem Tuch ihre Lippen ab, dann seufzte sie. Martha fiel auf, dass die Hände der Mutter zitterten.
»Ich möchte mit dir reden.«
»Natürlich, Mutter.«
»Dein Verhalten gestern war sehr ungehörig. Du bist kein Kind mehr, sondern eine Frau. Ich bin äußerst betrübt, weil ich dachte, ich hätte dich zu mehr Besonnenheit erzogen. Du weißt, wie sehr mich meine Kopfschmerzen in den letzten Tagen gequält haben, und gestern konnte ich gar nicht in den Schlaf finden.«
Du Arme. Erstaunlich, dass du dann gar nicht gemerkt hast, dass ich weg war, dachte Martha, doch sie hielt den Kopf gesenkt und schwieg.
»Wie dem auch sei. Wir, dein Vater und ich, bleiben bei unserem Entschluss. Schüttorf steuert auf große Gefahren zu, und wir möchten dich versorgt und in sicheren Händen wissen. Der Valentin ist aus ehrenhaftem Haus und …«
Ehrenhaft! Martha schnaubte. Was sollte das schon bedeuten? Jost war unehrenhaft, nur weil er Nachtwächter war? Und Valentin durfte sich aufführen, wie immer er wollte, nur weil sein Vater einen Sitz im Rat hatte? Funktionierte so die Welt?
»Das ist Unfug«, entfuhr es ihr.
»Martha! Noch ein Wort, und dein Vater wird dir mit dem Gürtel Verstand einbläuen.«
Annas Lippen bebten. Sie war es nicht gewohnt, Konflikte auszutragen. Aber hier ging es um eine Frauenangelegenheit. Um die Ehe. Deshalb hatte Hans Wartland seiner Gattin das Feld überlassen.
Martha biss sich auf die Unterlippe. »Verzeihung.«
Sie würde zuhören, die Tirade über sich ergehen lassen. Nichts sagen. Umso schneller würde Mutter ihr gestatten, vom Tisch aufzustehen.
»Vater wird die Eheleute Schreiwer zusammen mit ihrem Sohn Valentin zu uns einladen. Wir hoffen, dass sie in den nächsten Tagen zum Essen zu uns kommen. Du wirst dich nicht nur tadellos benehmen, du wirst eine zuvorkommende Gastgeberin sein. Du musst dich beweisen, verstehst du? Wenn der Abend gut verläuft, können wir in Kürze die Verlobung verkünden. Du darfst uns keinesfalls blamieren.«
»Natürlich nicht, Mutter«, entgegnete Martha mit leiser Stimme. »Darf ich jetzt gehen?«
»Aber du hast ja gar nichts von deiner Morgensuppe gegessen.«
»Ich möchte auf den Markt gehen. Barbara und Ida werden dort sein.«
»Nun gut. Nur eines noch. Martha, ich weiß, dass eine Verlobung für dich ein großer Schritt ist. Aber vertrau uns. Wir wollen nur dein Bestes, und manchmal wissen Eltern viel früher als die Kinder, was das ist.«
Ja. Manchmal vielleicht. Martha schob den Stuhl zurück und zog ihren Rock glatt. Ohne ein weiteres Wort holte sie einen Umhang, hängte das lederne Säckchen, in dem sie ihre Münzen verwahrte, an den Gürtel und verließ das Haus.
Eigentlich stand ihr der Sinn nicht danach, Zeit mit den anderen Mädchen zu verbringen. Ihre Gedanken kreisten noch immer um die letzte Nacht. Um das, was ihr beinahe widerfahren war. Wo mochten die Burschen jetzt sein? Waren die zwei bei Tag ganz normale Bürger? Nein, das glaubte sie nicht. So heruntergekommen, wie sie gewesen waren. Die würden bei Tageslicht schlafen, um sich bei Sonnenuntergang wieder zu betrinken. Martha ballte die Fäuste. Sie hätte nachts nicht aus dem Haus gehen dürfen. Nie wieder würde ihr so etwas passieren, schwor sie sich. Wenn Jost nicht gewesen wäre …
»Martha! Hier sind wir!«
Barbara Hansen saß am Rand des Brunnens und winkte Martha zu. Neben ihr saß Ida Schulze und biss in ein Stück Früchtebrot. Sie brach etwas für Martha ab und reichte es ihr mit einem Lächeln.
»Danke.« Martha schob sich das Gebäck in den Mund. Die Süße der getrockneten Äpfel und Birnen umschmeichelte ihren Gaumen.
»Das ist schon mein zweites Stück«, kicherte Ida.
»Man sieht, wie es dir mundet«, sagte Barbara spitz und warf einen Blick auf Idas Leibesfülle, die sie unter ihrem lindgrünen Wollkleid verbarg. Ida errötete.
Martha schluckte und wischte sich mit der Hand ein paar Krümel von den Lippen. Barbara und Ida gehörten zu den wenigen Gleichaltrigen, mit denen sie verkehren durfte, weil ihre Väter ebenfalls Ratsherren waren. Mit den Töchtern der einfachen Leute duldeten Hans und Anna Wartland keinen Umgang.
Barbara war ein dürres Mädchen. Ihre schmale Nase erinnerte Martha an eine Spitzmaus, und trotz ihrer jungen Jahre hatte sich zwischen ihren Augenbrauen schon eine tiefe Falte gebildet. Martha vermutete, dass dies der mürrischen Stimmung zuzuschreiben war, in der Barbara sich zumeist befand.
Ida hingegen war gutmütig, aber einfältig. Sie tratschte gern, aus reiner Neugierde. Böse Unterstellungen oder das Streuen von Gerüchten lagen Ida fern. Eine Weile saßen die drei Mädchen schweigend nebeneinander und beobachteten das Treiben auf dem Marktplatz. Ein Bauer trieb gelassen eine Herde Ziegen mitten durch die Leute. Eine Bürgersfrau sprang mit einem Aufschrei beiseite, als ein Jungtier neugierig auf diese zulief. Die Mädchen lachten.
»Ungehobelter Kerl«, rief die Frau dem Bauern nach, der sich nicht einmal umsah. »Überall stinkt es...
| Erscheint lt. Verlag | 20.12.2019 |
|---|---|
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Claudia Schirdewahn • Deana Zinßmeister • Dreißigjähriger Krieg • Glaubenskrieg • Hexen • Hexenverbrennung • Hexer • Historische Romane • Iny Lorentz • Katholisch • Landsknecht • Sabine Weiß • Ursula Neeb |
| ISBN-10 | 3-7325-8297-3 / 3732582973 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-8297-6 / 9783732582976 |
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