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Letzter Ausstieg Thüringen (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
304 Seiten
Emons Verlag
978-3-96041-612-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Letzter Ausstieg Thüringen -  Julia Bruns
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Thüringens bekannteste Krimiautorin legt nach. Zwei Mitarbeiterinnen der Oberweißbacher Bergbahn, eine der beliebtesten Touristenattraktionen der Region, werden ermordet an der Talsperre Leibis-Lichte gefunden. Hat es hier jemand auf das traditionsreiche Bahnunternehmen abgesehen? Bernsen und Kohlschuetter lernen bei ihren Ermittlungen die berühmte Sommerfrische im Schwarzatal kennen, treffen auf militante Eisenbahnliebhaber, geheimnisvolle Kräuterfrauen und den angeblichen Geist des 'Schwarzen Doktors', der noch sehr lebendig ist ...

Julia Bruns, in einem kleinen Dorf mitten in Thüringen geboren, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie an der Universität Jena. Nach ihrer Promotion im Fach Politikwissenschaft arbeitete sie viele Jahre als Redenschreiberin und in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute schreibt sie als freie Autorin. Bruns lebt mit ihrer Familie, zu der auch ein Harzer Fuchs gehört, im Landkreis Sömmerda.

Julia Bruns, in einem kleinen Dorf mitten in Thüringen geboren, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie an der Universität Jena. Nach ihrer Promotion im Fach Politikwissenschaft arbeitete sie viele Jahre als Redenschreiberin und in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute schreibt sie als freie Autorin. Bruns lebt mit ihrer Familie, zu der auch ein Harzer Fuchs gehört, im Landkreis Sömmerda.

EINS


August 2020, Erfurt

»Aber selbstverständlich hat die Gästetoilette ein Fenster.« Der Mann im beigen Leinenanzug echauffierte sich auf gekünstelte Weise. »Gnädige Frau, wir reden hier über hundertundfünfundsechzig Quadratmeter reinsten Luxus über den Dächern der Landeshauptstadt. Allein der Blick zum Dom«, er seufzte, »unbezahlbar.«

Die Rotfeder rutschte aufgeregt auf ihrem Stuhl hin und her, fasste nach Bernsens Oberschenkel und drückte ihm ihre Finger fest ins Fleisch. »Siehst du, Friedhelm, sogar mit Blick auf den Dom.«

»Ich bin Protestant. Die katholischen Hütten interessieren mich nicht«, maulte er mit widerwillig vor der Brust verschränkten Armen und betont abweisender Mimik.

»Du bist gar nichts«, zischte sie, woraufhin sie dem Makler ihr freundlichstes Lächeln schenkte.

»Das Loft, wie ich die Wohnung nenne, hat sogar zwei miteinander verbundene Balkone, also quasi umlaufend, wenn Sie verstehen. Sie wandern einfach mit der Sonne mit, wenn Sie draußen sitzen und Ihren Kaffee genießen oder wie in Ihrem Fall Tee, wie ich meinen würde. Alle Damen mit Stil trinken Tee.« Er zwinkerte der Rotfeder aufdringlich zu.

»Nein, wie herrlich«, entgegnete sie mit schriller Stimme und kicherte.

»Alle Damen mit Stil trinken Tee«, äffte Bernsen den Makler nach.

Die Rotfeder verpasste ihm unter dem Tisch einen Tritt.

Er zuckte nicht einmal.

»Und damit Sie Ihren Tee auch angemessen zubereiten können, verfügt das Loft über eine Einbauküche, natürlich mit allem Schnick und Schnack.« Er wischte mit wachsweicher Hand durch die Luft. »Die ist im Preis enthalten, wir haben ja schließlich eine Berufsehre zu verlieren.«

»Mit allem Schnick und Schnack«, wiederholte die Rotfeder angetan.

Alle Damen mit Stil trinken Tee, dachte Bernsen, allein der Satz kostet schon einen Hunderter extra. Solche Typen kannte er zur Genüge. Maulhelden, die ihren Mitmenschen das sauer verdiente Geld aus der Tasche ziehen wollten. In diesem Fall sein Geld, das machte es noch schlimmer. Abgesehen davon hasste die Rotfeder jegliche Art von Tee. Aber diesem Kalfakter der Immobilienfirma widersprach sie natürlich nicht.

»Und wie ist das mit einem Fahrstuhl, also ich bin ja noch fit«, die Rotfeder wandte Bernsen leicht den Kopf zu, »aber wir …«

»Teuerste, ich verkaufe Ihnen doch kein Loft«, er spitzte die Lippen, »ohne einen Fahrstuhl. Das ist absoluter Standard in der gehobenen Klasse.« Die flache Hand auf seine Brust gelegt, drückte er das Kinn nach unten und machte ein betroffenes Gesicht. »Da können Sie uneingeschränkt auf mich vertrauen.«

Verkaufen? Wieso verkaufen? Bernsen runzelte irritiert die Stirn. Er musste irgendetwas nicht mitbekommen haben. Bisher war immer nur die Rede von einer kleinen Mietwohnung gewesen, in der die Rotfeder ihn auch mal besuchen könnte, ohne dass sie sich gleich zu sehr auf die Pelle rückten. Seit sie auf Sylt zur Kur gewesen war, wollte die Rotfeder, dass sie an ihrer Beziehung arbeiteten. Dafür müssten sie sich auch öfter sehen, hatte sie festgelegt. Die Zeiten seiner glücklichen Wochenendehe sollten damit dem Ende entgegengehen.

Bernsen hatte an dieser Offenbarung eine ganze Weile zu knabbern gehabt, immerhin ging es hier um seine Freiheit als Ehemann. Spätestens mit seiner Pensionierung käme diese »Wir-sind-immer-zusammen-und-glücklich-Zeit«, wie die Lebensberatungstante seiner Frau, die fiese Klimakterium-Tussi, es betitelte, jedoch ohnehin auf ihn zu. Da war so ein bisschen Eingewöhnungszeit möglicherweise gar nicht schlecht, quasi ein sanfter Einstieg in die gnadenlose Unterjochung.

Abgesehen davon hatte er in Erfurt ja noch einiges selbst in der Hand. So könnte es schon einmal vorkommen, dass er abends länger Dienst schieben oder auch einfach nur bei Andras in seiner Lieblingspizzeria abhängen musste. Ein Herausschieben seines Ruhestandes wäre auch nicht ausgeschlossen. Die Kollegen brauchten ihn dringend. Vor allem Kohlschuetter, der Jungspund, war ohne ihn doch absolut aufgeschmissen. Momentan machte er daher gute Miene zum bösen Spiel und hoffte, dass die Rotfeder die Lust an diesem Beziehungsauffrischungsquatsch wieder verlieren würde. Thüringen war nichts für seine Bremer Deern. Wenn sie erst mal ein paar Tage hier war, würde sie schon von selbst darauf kommen. Dann kehrte wieder Ruhe ein, und Bernsen konnte zu seinem geschätzten Trott zurückkehren. Ihm genügte seine vierzig Quadratmeter große möblierte Einraumwohnung unter der Woche voll und ganz. Es hatte zwar ein bisschen etwas von betreutem Wohnen mit der Marwitz, seiner Putzfrau, und der Vollverpflegung durch den von Andras im Erdgeschoss geführten Pizzadienst, aber das war ja nicht unbedingt etwas Schlechtes. Ganz im Gegenteil, wenn er sich manchmal abends keine Pizza holte, kam Andras rauf und schaute nach dem Rechten. Die Fürsorge war in den acht Euro fünfzig für die Tonno inbegriffen. Und immer donnerstags sorgte die Marwitz dafür, dass er keine Salmonellen oder Schlimmeres bekam, indem sie die Reste seines Essens entsorgte. Da konnte dieser schmierige Gockel hier mit seinem uneingeschränkt vertrauensvollen Service nicht mithalten.

»Wir haben für all unsere Objekte eine Art Concierge-Dienst. Putzen, Bügeln, kleine Handwerksarbeiten und sogar eine Seniorenbetreuung oder einen Hunde-Gassi-Service können Sie bei uns buchen.« Er schnalzte angeberisch mit der Zunge.

Die Rotfeder schlug sich begeistert die Hand vor den Mund. »Also wirklich, das ist ja toll.«

»Brauchen wir nix von«, kommentierte Bernsen. »Wie wir auch die ganzen hundertfünfundsechzig Quadratmeter der Schickimicki-Bude nicht brauchen. Haben Sie nicht etwas Kleines in der Erfurter Nordstadt? Vielleicht in der Nähe von ›Andras Pizza und Co.‹. Ich möchte keine langen Laufwege.« Was meinte dieser schmierige Glühweinverkäufer eigentlich, was ein Thüringer Polizeibeamter verdiente, noch dazu, wenn dessen Ehefrau den Großteil der Kohle jeden Monat beim Hundefriseur ließ?

Der Makler beugte sich leicht zurück, blähte die Nasenflügel auf und schaute Bernsen an, als ob dieser ihm eine Ohrfeige verpasst hätte. »Wie meinen?«

»Friedhelm!«, fauchte die Rotfeder. »Wir ziehen natürlich nach Weimar.«

Mit einer zackigen Bewegung wandte sich der Makler wieder der Rotfeder zu und wackelte hektisch hin und her. In seinen Augen stand Entsetzen. »Verehrteste … Weimar«, haspelte er. »Aber der Dom steht in Erfurt, also von wegen des Tees auf der Sonnenterrasse.« Während er das sagte, gewann er seine arrogante Gelassenheit zurück.

Bernsen grinste frech. »Da kann gern irgendjemand anderes mit seinem Pfeffibeutel in der Tasse auf den Turm glotzen und sich über sein verschwendetes Vermögen ärgern.«

Die Rotfeder war nun ebenfalls etwas aus dem Konzept. »Kein Dom? Aber im Fernsehen haben sie gesagt, dass Weimar die Stadt ist, in der gut betuchte Senioren ihren Lebensabend verbringen. Dort bauen sie sogar schon ebenerdige Ladeneingänge, in der ganzen Fußgängerzone. Und die Restaurants und Cafés sollen vorwiegend Seniorenteller anbieten, von den halben Preisen für das Theater und die Museen mal ganz abgesehen.«

Bernsen steckte sich seinen Zeigefinger ins Ohr und versuchte durch intensives Wackeln, den Hörsturz, den er offenkundig zu haben schien, zu beseitigen. Gut betuchte Senioren?

»Auf Sylt haben alle von Weimar geschwärmt. Die Frau des Fabrikanten«, sie schaute auf Bernsen, »von der habe ich dir erzählt. Die hat sich ein Haus am Park bauen lassen. Direkt in der Innenstadt. In Weimar soll alles fußläufig zu erreichen sein. Du wolltest doch kurze Wege, Friedhelm. Und Bernd mag Parks so gern. Da kann er dann mit Mutti …« Sie stockte.

Bernsen befummelte sein anderes Ohr. Nichts veränderte sich.

»Verehrteste«, flötete der Makler und tänzelte dabei hinter seinem Schreibtisch hervor. »Sie haben absolut recht. Weimar ist noch viel besser als Erfurt. Wir haben ein zauberhaftes Objekt mit Blick auf das Theater, eigener Dachterrasse, Loggia und zwei nebeneinanderliegenden Schlafzimmern. Dann sind Sie immer gleich zur Stelle, wenn mit Ihrer lieben Mutter etwas sein sollte.«

Die Rotfeder wurde nervös und wiegelte ab. »Das weiß ich noch nicht, also … mal sehen.«

Bernsen saß steif da und starrte den Makler an.

»Lassen Sie sich nicht allzu viel Zeit, gnädige Frau. Die Luxuswohnungen in Weimar sind heiß begehrt. Die Silver High Society, wenn Sie wissen, was ich meine«, er lachte schmierig, »überrennt unsere Stadt der Dichter und Denker quasi.«

Sie nickte eilig. »Wir bleiben bis Mittwoch in der Stadt. Mutti ist schon ganz aufgeregt. Bis dahin haben wir einen schönen Altersruhesitz in Thüringen für uns gefunden, nicht wahr, Friedhelm?«

Bernsen hatte nicht zugehört. Die Passanten, die am Maklerbüro vorbeiliefen, waren interessanter. Und der Duft, der ihm soeben in die Nase gestiegen war. Irgendwo musste es frischen Backfisch geben. Es wurde Zeit für ein zweites Frühstück.

***

Und noch ein Herzchen.

Das Piepen des Handys signalisierte, dass die Nachricht rausgegangen war. Verflixt, Kohlschuetter hatte den Kussmund vergessen. Flink huschte sein Daumen über das Display. Zack, und fort war das nächste Liebes-Emoticon. Er starrte eine Weile auf sein Mobiltelefon und wartete.

Vierzehn Nachrichten hatte er Anni, seit sie sich gestern Morgen verabschiedet hatten, bereits geschickt. Keine davon hatte sie gelesen, geschweige denn beantwortet. Womöglich hatte sie wieder ihr Handy verlegt. Das war in den vier Wochen, die sie sich inzwischen kannten, häufiger vorgekommen. Na ja, heute war Freitag, und sie waren sowieso...

Erscheint lt. Verlag 12.3.2020
Reihe/Serie Kommissar Bernsen und Kohlschuetter
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte authentisch • Bergbahnkrimi • Bernsen und Kohlschuetter • humorvoll • spannend • Thüringen • Thüringen Kommissare • Thüringen Krimi
ISBN-10 3-96041-612-1 / 3960416121
ISBN-13 978-3-96041-612-8 / 9783960416128
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