Zum Hauptinhalt springen
Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Entdeckungen in Mexiko (eBook)

eBook Download: EPUB
2025 | 4., Überarbeitete Fassung
519 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-705-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Entdeckungen in Mexiko - Egon Erwin Kisch
Systemvoraussetzungen
1,99 inkl. MwSt
(CHF 1,90)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Fassung in aktueller Rechtschreibung Lesen Sie hier 48 seiner gelungensten Reportagen und Essays aus Mexiko. Kisch, der 1939 nach Mexiko ins Exil floh, berichtet anschaulich und unterhaltsam, wie nur er es konnte, über Land und Leute. Seiner Zeit und seinen persönlichen Erfahrungen geschuldet, hat er dabei immer ein Auge auf die Ausgebeuteten und Verlorenen, derer es auch in Mexiko nicht mangelt. Er schreibt über Entwicklungen im Gesundheitswesen genauso wie über Reformen in der Landwirtschaft, aber auch über Vulkane, Kakteen und Erdbeben. Kurz: Der 'rasende Reporter' ist wieder einmal in seinem Element. 'Reportage ist eine sehr ernste, sehr schwierige, ungemein anstrengende Arbeit, die einen ganzen Kerl erfordert. Kisch ist so einer.' [Kurt Tucholsky] Mit 107 Fußnoten Null Papier Verlag

Egon Erwin Kisch (eigentlich Egon Kisch; 1885-1948) war ein deutschsprachiger Schriftsteller, Journalist und Reporter. Er gilt als einer der bedeutendsten Reporter in der Geschichte des Journalismus. Nach dem Titel eines seiner Reportagebände ist er auch als 'der Rasende Reporter' bekannt.

Egon Erwin Kisch (eigentlich Egon Kisch; 1885-1948) war ein deutschsprachiger Schriftsteller, Journalist und Reporter. Er gilt als einer der bedeutendsten Reporter in der Geschichte des Journalismus. Nach dem Titel eines seiner Reportagebände ist er auch als "der Rasende Reporter" bekannt.

Geschichten mit dem Mais
Ein Vulkan bricht aus
Kolleg: Kulturgeschichte des Kaktus
I. Heraldik
II. Bildende Kunst
III. Literatur
IV. Geschichte
V. Manufakturwesen
VI. Revolutionsgeschichte
VII. Industrie
VIII. Pharmakologie
IX. Ethnografie
X. Gastronomie
XI. Hydrologie
XII. Dialektik
Der Nibelungenhort von Mexiko
I. Wie man den Schatz fand
II. Das Gold flüchtet
III. Das große Suchen
Interview mit den Pyramiden
I
II
III
IV
V
VI
VII
»Nicht jedem Volke ward solches getan …«
Das verteilte Baumwolland
Maximilian von Habsburg und Karl Marx
Landschaft, geschaffen um des Silbers willen
Liebe und Lepra
Mineral der motorisierten Menschheit
Agavenhain in der Kaschemme
I
II
Fragen, nichts als Fragen auf dem Monte Albán
An der Kräuterbude
Der Mensch im Kampf der Hähne
Geschäftsreise
Indiodorf unter dem Davidstern
Mexikoforschung bei den Nazis
Verwirrung einer Kaiserin
Zum Geburtstag des feuerspeienden Bergs
Bonanza oder die Prinzen der glücklichen Strähne
Wirtschaftliches Feuilleton über Torreón
Was immer der Peyote sei …
Der Hafen der Seeräuber
Der Kaugummi, erzählt vom Ende bis zum Anfang
Die fetten und die mageren Jahre der Stricke
Die Vanille-Indianer
Die Petroleumleitung
I
II
Der Kaspar Hauser unter den Nationen
Versuch einer Beschreibung von Chichen Itza
Sportbetrieb bei den alten Mayas
Teoberto Maler, ein Mann in verzauberter Stadt
Marktnotierungen
Erlebnisse beim Erdbeben

Geschichten mit dem Mais


Der me­xi­ka­ni­schen Erde ver­dankt die Welt den Mais, ih­ren großen Er­näh­rer. (Nur der Reis ist ein noch grö­ße­rer.)

Der Mais ist ei­nes der Kron­in­si­gni­en von Me­xi­ko; Kro­ne ist die Aga­ve, Zep­ter ist der Or­gel­kak­tus, und der gol­den er­strah­len­de Reichs­ap­fel ist der Mais­kol­ben.

Nir­gends tritt eine Acker­frucht in Städ­ten so sicht­bar­lich in Er­schei­nung wie der Mais in Me­xi­ko. Das ers­te, was auf­fällt, sind die Tor­til­lerías, Bä­cke­rei­en und Bäcker­lä­den zu­gleich und doch auch kei­nes von bei­den. Schau­fens­ter und Tü­ren feh­len, so zwar, dass das Lo­kal zu ei­ner of­fe­nen Ni­sche der Stra­ße wird. Ein Teil der Ar­beit voll­zieht sich so­gar auf dem Bür­ger­steig: das Scheu­ern der stei­ner­nen Rei­be »Me­ta­te«, die Rei­ni­gung des ei­ser­nen Herds und am Abend das Kne­ten der aus­ge­brann­ten Holz­koh­le zu ei­ner Art Bri­ketts.

Das In­ne­re aber, wenn man bei ei­nem so weit ge­öff­ne­ten Raum von ei­nem In­nern spre­chen kann, ist kei­ne Bäcker­werk­statt mit Back­ofenglut und schwit­zen­den Ge­sel­len und schü­ren­den Lehr­lin­gen, mit lan­gen Feu­er­zan­gen, sar­g­ähn­li­chen Trö­gen und viel­stö­cki­gen Brot­re­ga­len.

In den Tor­til­lerías sind nur Frau­en am Werk. Vo­rerst kne­ten sie den aus Kalk und ge­mah­le­nem Mais be­ste­hen­den Teig, die Masa. Es ist der Kalk, der die Schmack­haf­tig­keit und die be­lieb­te Hel­le der Tor­til­la aus­macht und den Es­ser vor Ra­chi­tis schützt; auf Schritt und Tritt sieht man, dass die Tor­til­la den Zäh­nen gut tut, – selbst die äl­tes­ten Me­xi­ka­ner flet­schen ein lücken­lo­ses wei­ßes Ge­biss mit­samt ro­sa­ro­tem Zahn­fleisch, wie es bei Brot­fres­sern nur dann er­strahlt, wenn es vom Den­tis­ten stammt.

Ist der Teig durch­ge­k­ne­tet und ge­schmei­dig, dann nimmt die Tor­til­le­ra … Ehe wir weiter­schrei­ben, müs­sen wir den Le­ser war­nen, das Wort Tor­til­le­ra etwa in Spa­ni­en so ohne wei­te­res an­zu­wen­den. In Spa­ni­en macht und isst man kei­ne Tor­til­las, aber es gibt Tor­til­ler­as. So hei­ßen näm­lich dort die les­bi­schen Frau­en. (Als ein Schiff mit spa­ni­schen Flücht­lin­gen in Vera­cruz lan­de­te und me­xi­ka­ni­sche Zei­tun­gen an Bord ka­men, starr­ten die Pas­sa­gie­re ver­blüfft auf die Über­schrift »Streik der Tor­til­ler­as«. Welch selt­sa­mes Land, sag­ten die Neu­an­kömm­lin­ge, wo sol­che Frau­en strei­ken. Ver­lan­gen sie kür­ze­re Ar­beits­zeit, hö­he­re Löh­ne, Kol­lek­tiv­ver­trag?)

Aber wir sind bei den nor­ma­len me­xi­ka­ni­schen Tor­til­ler­as, wäh­rend sie von der Teig­mas­se einen klei­nen Klum­pen zwi­schen die Hand­flä­chen neh­men. Nun be­ginnt ein weit­hin hör­ba­rer Ar­beits­gang. Der Klum­pen wird zu ei­ner run­den und dün­nen Plat­te ge­patscht, die, um noch kreis­runder und noch dün­ner zu wer­den, un­zäh­li­ge Male und in ho­hem Bo­gen blitz­schnell aus der einen Hand­flä­che in die an­de­re fliegt. Die Tschi­nel­len­schlä­ger der se­li­gen Wie­ner Burg­mu­sik wer­den von den Tor­til­ler­as ge­ra­de­zu an die Wand ge­klatscht, – was Wun­der, jonglie­ren doch die Me­xi­ka­ne­rin­nen schon seit Ur­zei­ten ihr täg­li­ches Brot auf die­se Art und Wei­se, wie soll­ten sie’s da nicht bes­ser kön­nen als ein Sol­dat mit be­schränk­ter Dienst­zeit!

Kun­din­nen fül­len den La­den, be­glei­ten das Klat­schen mit ih­rem Klatsch, die­weil die Dis­ken die Luft durch­flie­gen. Von Zeit zu Zeit taucht die Tor­til­le­ra ihre Hän­de in war­mes Was­ser, um haf­ten­ge­blie­be­ne Teig­stück­chen ab­zu­spü­len. Schließ­lich hat der Fla­den eine fast arith­me­ti­sche Kreis­rund­heit er­reicht. Auf den Co­mal, die hei­ße Herd­plat­te, kommt nun ein we­nig Fett, da­mit die Tor­til­la nicht kle­ben blei­be, wenn sie dar­auf­ge­legt wird, und sie wird dar­auf­ge­legt. Leicht an­ge­ba­cken, mit ei­nem schwar­zen Fleck auf gel­bem Fond, frisch und warm, ist sie ein Eier­ku­chen ohne Ei, ohne Salz und ohne Zu­cker. Die Tor­til­la ist das Brot von Mil­lio­nen, und dient auch als Ga­bel, Löf­fel und Tel­ler für jene, die zu die­sem Brot noch et­was an­de­res zu es­sen ha­ben.

Der täg­li­che Markt­be­such wird mit dem Ein­kauf der Tor­til­las be­schlos­sen, und aus der Tor­til­lería läuft die Käu­fe­rin ge­ra­den­wegs nach Hau­se, um die Tor­til­las noch warm auf den Tisch zu brin­gen. Dort, wo das Ba­cken im Haus ge­schieht, ge­schieht es wäh­rend der Tisch­zeit, und un­un­ter­bro­chen wer­den aus der Kü­che neue Tor­til­las her­an­ge­tra­gen, auf dass sie so heiß ge­ges­sen wer­den, wie sie ge­kocht sind.

In den Dör­fern re­giert nicht die Tor­til­lería das Stra­ßen­bild, son­dern der Mo­li­no de Nix­ta­mal, die Mais­müh­le. Kein Dorf, das nicht min­des­tens einen La­den mit die­ser Auf­schrift und ei­ner klei­nen Müh­le mit Ga­so­lin­mo­tor hat. »Nix­ta­mal« ist ein in­dia­ni­sches Wort, das sich in die heu­ti­ge Zeit Me­xi­kos hin­über­ge­ret­tet hat. (Auch das Wort »Tla­pa­lería« stammt von ei­nem az­te­ki­schen Sub­stan­tiv, aber da es in der Az­te­ken­zeit kaum Farb­wa­ren­ge­schäf­te gab, muss es erst spä­ter in Ge­schäfts­ge­brauch ge­kom­men sein. Nix­ta­mal wur­de je­doch schon in der prä­hi­spa­ni­schen Zeit zer­mah­len.)

Die Frau­en der Pro­vinz brin­gen ih­ren ei­ge­nen Mais in den Mo­li­no de Nix­ta­mal. Et­was Mais hat auf dem Lan­de je­der­mann, zu­min­dest ein paar Stau­den, die rings um die Hüt­te auf­schie­ßen. In den Hö­fen steht – Wahr­zei­chen des me­xi­ka­ni­schen Dor­fes – ein vier­e­cki­ges, schlan­kes Türm­chen, aus Maiss­troh ge­floch­ten: der Cin­co­lo­te, Spei­cher für Mais­kol­ben. Ein Dach schützt ihn ge­gen Re­gen, und er steht hoch auf höl­zer­nen Fü­ßen, da­mit die Rat­ten nicht hin­auf­krie­chen kön­nen.

Dem Cin­co­lo­te ent­stam­men die Kör­ner, wel­che die Haus­frau im Mo­li­no de Nix­ta­mal mit Kalk zur Masa ver­mah­len lässt. Zu Hau­se – je­der Kü­chen­herd eine Tor­til­lería – bäckt sie die Tor­til­las für ihre Fa­mi­lie. Oder auch für den Ver­kauf. Die Tor­til­las auf den Markt zu tra­gen ist Al­ten­teil der Urah­ne. Bar­fü­ßig, auf den Ze­hen­spit­zen, mit ge­beug­ten Kni­en und schnel­len kur­z­en Schrit­ten, den Korb auf dem Kopf ba­lan­cie­rend, trabt sie seit tau­send Jah­ren ih­ren Markt­weg, oft mei­len­weit. Ein mit­lei­di­ges Auto will sie mit­neh­men. Ant­wort­los, ver­ständ­nis­los trabt sie wei­ter, dem Mark­te zu. Dort hockt sie seit dem ers­ten je­ner tau­send Jah­re un­be­weg­lich mit­ten im sto­ßen­den Ge­wühl vor dem glei­chen Korb mit den glei­chen Tor­til­las an der glei­chen Stel­le. Wenn das letz­te Stück sei­nen Käu­fer ge­fun­den hat, trabt sie nach Hau­se, wie sie ge­kom­men.

Die Mo­li­nos de Nix­ta­mal in den großen Städ­ten sind Fa­bri­ken, elek­trisch be­trie­ben, Ak­ti­en- oder Kom­man­dit­ge­sell­schaf­ten ge­hö­rig. Ge­gen sie und ge­gen ihre Mais­lie­fe­ran­ten rich­ten sich die Vor­wür­fe der Be­völ­ke­rung, wenn der Preis der Tor­til­la steigt. Denn der Preis der Tor­til­la be­stimmt das Le­ben der Mas­sen.

Bei der...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2025
Reihe/Serie Kisch bei Null Papier
Kisch bei Null Papier
Verlagsort Neuss
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Amerika • Bericht • Erich Maria Remarque • Ernest Hemingways • Im Westen nichts Neues • In einem anderen Land • Journalismus • Kurt • New York • Reportage • Reporter • USA
ISBN-10 3-96281-705-0 / 3962817050
ISBN-13 978-3-96281-705-3 / 9783962817053
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Iris Wolff

eBook Download (2024)
Klett-Cotta (Verlag)
CHF 9,75
Radiosendungen nach Deutschland | Neuausgabe mit einem Vorwort und …

von Thomas Mann

eBook Download (2025)
Fischer E-Books (Verlag)
CHF 18,55