Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Die Briefe des Ikarus (Goethe und Schiller ermitteln) (eBook)

Goethe und Schiller ermitteln - Criminalroman
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
200 Seiten
Tropen (Verlag)
978-3-608-11570-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Briefe des Ikarus (Goethe und Schiller ermitteln) -  Stefan Lehnberg
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Während sich ganz Weimar auf die anstehende Hochzeit des Fürstensohnes vorbereitet, verschwinden Siegel und Briefpapier aus dem fürstlichen Schreibzimmer. Können Goethe und Schiller einen Scandal verhindern und den Dieb stellen? Eine abenteuerliche Verfolgungsjagd durch halb Europa beginnt ... Am Weimarer Fürstenhof herrscht große Aufregung. Bevor die Hochzeit zwischen der Schwester des russischen Zaren und dem Sohn des Weimarer Fürsten Carl August stattfinden kann, muss der Fürstenhof dem kritischen Blick einer russischen Delegation standhalten. Zunächst läuft alles nach Plan, doch dann werden ein Briefentwurf und das fürstliche Siegel aus dem Schreibzimmer Carl Augusts entwendet. Goethe und Schiller erkennen die Gefahr sofort: Der Dieb ist nun in der Lage, gefälschte Briefe auf den Weg zu bringen und die anstehende Hochzeit zu gefährden. Umgehend machen sie sich zur Abreise bereit: Sie müssen den raffinierten Dieb schnappen, bevor dieser Schaden anrichten kann. Ein gnadenloser Wettlauf nimmt seinen Anfang...

Stefan Lehnberg ist Autor und männlicher Hauptdarsteller der täglichen Radiocomedy 'Küss mich, Kanzler!', die seit 2008 ununterbrochen auf mehreren Sendern läuft. Er war als Schauspieler und Regisseur an verschiedenen deutschen Theatern tätig, ist seit Jahren in der Berliner Comedyszene aktiv und hat Texte für Harald Schmidt, Anke Engelke, Titanic, Satirikon, u.v.a geschrieben. Sein satirischer Roman 'Mein Meisterwerk' wurde mit dem Ephraim-Kishon-Literaturpreis ausgezeichnet. Weitere Veröffentlichungen: 'Das persönliche Tagebuch von Wladimir Putin', sowie die beiden Goethekrimis 'Durch Nacht und Wind' und 'Die Affäre Carambol'.

Stefan Lehnberg ist Autor und männlicher Hauptdarsteller der täglichen Radiocomedy "Küss mich, Kanzler!", die seit 2008 ununterbrochen auf mehreren Sendern läuft. Er war als Schauspieler und Regisseur an verschiedenen deutschen Theatern tätig, ist seit Jahren in der Berliner Comedyszene aktiv und hat Texte für Harald Schmidt, Anke Engelke, Titanic, Satirikon, u.v.a geschrieben. Sein satirischer Roman "Mein Meisterwerk" wurde mit dem Ephraim-Kishon-Literaturpreis ausgezeichnet. Weitere Veröffentlichungen: "Das persönliche Tagebuch von Wladimir Putin", sowie die beiden Goethekrimis "Durch Nacht und Wind" und "Die Affäre Carambol".

Fünftes Kapitel
Ein winziger Tropfen


Die hierauf folgenden Minuten, in welchen der Herzog und ich allein im Raume standen, zählen zu den längsten und peinvollsten meines Lebens. Waren wir doch beide von tiefster Ratlosigkeit erfüllt. Nun ist es für einen Dichter nichts Schlimmes, ratlos zu sein. In diesem Zustand befinden wir uns immer, wenn wir an einem neuen Werk arbeiten. Vor jedem Satz, welchen wir schließlich zu Papiere bringen, sind wir zunächst vollständig ratlos. Dann – nach einigem Nachdenken, Grübeln und Erwägen – finden wir schließlich eine Lösung, welche wir niederschreiben, nur um gleich darauf in die nächste Ratlosigkeit zu verfallen und immer so fort. Ich glaube, ohne Übertreibung sagen zu dürfen, dass der Zustand der Ratlosigkeit neun Zehntel des Dichtens ausmacht. Hochgestellte Persönlichkeiten hingegen – Herzöge beispielsweise – vermögen diesem Zustande recht wenig abzugewinnen, insbesondere dann, wenn diese Ratlosigkeit vor den Augen von Untertanen stattfindet, so wie es in diesem Moment der Fall war. Niemand von uns sagte etwas, es gab nichts zu sagen. Der Herzog litt sichtlich daran, von Goethe wie ein dummer Junge stehen gelassen worden zu sein, und ich litt, weil ich durch meine Anwesenheit seine Demütigung noch vergrößerte und er mich zweyfellos dafür hasste. Die Stille war furchtbar. Mir kam der Gedanke, ein wenig zu husten, also hustete ich ein wenig, aber nach nicht mal einer viertel Minute war ich damit fertig und nun erschien mir die Stille im Raum gar noch stiller als zuvor. Liebend gern hätte ich mich aus dem Fenster gestürzt, welches Goethe ja bereits – wenn vielleicht auch nicht zu diesem Zwecke – geöffnet hatte.

Nachdem wir eine kleine Ewigkeit wie die Hornochsen im Zimmer herumgestanden hatten, wandte sich der Herzog, irgendetwas Unverständliches brummend, ab und zündete äußerst umständlich seine Pfeife an, während ich mich darein rettete, das aufgebrochene Thürschloss zu untersuchen. Ich betrachtet es genau von beiden Seiten, aber das einzige, was mir auffiel, war, dass es aufgebrochen war. Ich trat ans Fenster. Vielleicht würde ich entdecken können, wonach Goethe Ausschau gehalten hatte. Zu meiner Überraschung war das, was ich entdeckte, Goethe selbst, welcher langsam, nach vorne gebeugt wie ein lebendiger rechter Winkel, unter dem Fenster auf und ab ging; offenbar auf der Suche nach etwas. Alle Augenblicke schien er etwas aufzuheben, doch ich war zu weit entfernt, um erkennen zu können, worum es sich handelte. Ich machte den Herzog auf Goethens Tun aufmerksam, aber just als dieser ans Fenster trat, beendete Goethe sein Suchen und strebte nun eiligen Schrittes wieder dem Schlosstore zu. Bald darauf trat er etwas außer Atem zu uns ins Zimmer. »Das fand ich direkt unter dem Fenster im Gras.« Mit ausgestrecktem Arme hielt er uns seine offene Hand hin, in welcher sich etwas Glitzerndes befand. Wir traten näher, um es genauer in Augenschein zu nehmen, und erblickten eine Anzahl kleiner Splitter aus sehr dünnem Glase sowie einen fein ziselierten flachen Gegenstand aus Gold. Erst auf den zweiten Blick wurde ich gewahr, um was es sich handelte, es war ein Uhrzeiger.

»Da soll mich doch der Teufel holen!« Mit dem Ausdruck unerhörter Verwirrung blickte der Herzog zu Goethe auf.

»Unten ist ein Loch in der Grasnarbe, verdeckt mit einigen Blättern, die zweyfellos eilig von einem Busche abgerissen worden sind. Offenbar hat der Eindringling die Uhr hier aus dem Fenster geworfen und dann unten im Schutze der Dunkelheit fortgeschafft.«

»Warum? Warum denn nur?!« Der Herzog ließ sich auf seinen Stuhl sinken – ein Bild des Jammers. Fassungslos schüttelte er den Kopf: »Die Uhr muss vollständig zerstört worden sein, sie ist keinen Heller mehr wert. Und selbst wenn man berücksichtigt, dass sie zum Teil aus Gold ist – wir haben bereits festgestellt, dass es im Schlosse genug anderes von Wert gibt, das ungleich einfacher zu stehlen wäre. Ist das ein übler Scherz? Welchem Schuft würde denn so etwas einfallen?«

Sich einen solchen Teufel in Menschengestalt vorzustellen, schien weit über die Grenzen der Phantasie des Herzogs hinaus zu gehen.

Ich selbst hingegen fand dies weit weniger schwierig, kannte ich doch gleich mehrere Personen, die zumindest in jüngeren Jahren zu solchen und weit übleren Scherzen fähig gewesen waren, und just in diesem Augenblicke befand ich mich in ihrer Gesellschaft. Unvergessen die von hinten beleuchteten hölzernen Teufelsfratzen auf langen Stangen, mit welchen die beiden »Schrecken des Philisterpacks«, wie sie sich in jenen Tagen selbst nannten, des nachts von draußen an Bürgerhausfenstern im ersten Stock klopften, auf dass die aufgescheuchten Bewohner vor Entsetzen fast der Schlag rührte oder auch ihr Besuch auf einer Hochzeit, wo die beiden es für angeraten hielten, die kostbaren Seidentapeten des Bräutigams von den Wänden zu reißen, bis diesen nicht nur beinahe, sondern tatsächlich der Schlag traf. Zumindest im Gegensatz zu dem letztgenannten Scherze, schien mir doch der Streich mit der Uhr geradezu von erlesenstem Esprit zu sein. Eine Meinung, die ich wohlweislich für mich behielt, stattdessen seufzte ich mitfühlend.

Goethe trat mit kühler Miene an den Tisch heran. »Ich fürchte, die Sache ist sogar noch ernster, als wir bis jetzt befürchteten. Es handelt sich weder um einen Ulk noch um einen Test und schon gar nicht um einen Diebstahl. Es geht auch nicht im mindesten um die Uhr, ja, ich würde mich keineswegs wundern, wenn diese schon vor Stunden in der Ilm versunken wäre.«

»Was, wie –?« Der Herzog war blass geworden, bemühte sich aber um Haltung.

»Die Ilm ist gerade mal fünfzig Schritte entfernt, und eine Spur im Gras führt zumindest in diese Richtung«, erklärte Goethe ungeduldig, verärgert darüber, in seinem Gedankengang unterbrochen worden zu sein. »Nein, die Uhr wurde aus einem völlig anderen Grunde gestohlen, oder genauer gesagt: entfernt.«

»Aus welchem? Nun red’ er doch endlich!« Der Herzog schien nun endgültig seine Beherrschung zu verlieren.

Goethe sammelte sich erneut, dann fuhr er mit größter Ruhe fort. »Nun, um eine nachvollziehbare Erklärung dafür zu schaffen, warum die Thüre zum Arbeitszimmer aufgebrochen wurde. Offenbar hat der Eindringling hier etwas ganz anderes gewollt. Und da Ihr ja bereits sagtet, dass in diesem Raume sonst keine Gegenstände von Wert waren, stellt sich uns nun die überaus interessante Frage: was mag dieses andere gewesen sein?«

Der Herzog sah zu mir hinüber, sein verwirrter Gesichtsausdruck entsprach sehr genau dem Gefühl in meinem Kopfe.

»Was mag das gewesen sein?«, wiederholte er hilflos.

»Bitte seht Euch genau im Zimmer um. Irgendetwas fehlt. Oder ist zumindest verändert worden.«

Goethe hatte sich lauernd wie ein Geier zum Herzog hinuntergebeugt. In seinen Augen sah ich die Flammen des Wissensdurstes auflodern, wie stets, wenn ihn der Forschungsdrang gepackt hatte.

Zögernd tat der Herzog wie ihm geheißen. Er öffnete die Schubladen seines Tisches und kramte verdrossen darin herum. Enttäuscht schloss er sie wieder. Etwas schien ihm im Kopfe herumzugehen. »Da war etwas, irgendetwas war tatsächlich anders, ich habe es gesehen; allein, es will mir einfach nicht in den Sinn kommen.« Langsam stand er auf und ging zur Thüre, dann begab er sich wieder zu seinem Tisch, setzte sich, griff zur Feder und tauchte sie ins Tintenfass, als wollte er sich noch einmal die Ereignisse einige Stunden zuvor bewusst machen. Mitten in der Bewegung erstarrte er. »Der Brief!« Wo ist der Brief?« Er packte einen Stapel Papiere, welcher auf dem Tische lag, und blätterte ihn eilig durch, dann durchwühlte er ein 2tes Mal die Schublade. Schließlich wandte er sich mit einer Mischung aus Erstaunen und Triumph wieder zu uns: »Ich hatte angefangen, einen Brief zu schreiben, als ich unterbrochen wurde, und nun ist er verschwunden.«

»Das ist äußerst bedeutsam.« Aus Goethes Stimme klang unverhohlenes Jagdfieber.

Der Herzog kratzte sich am Kopf. »Überdies wäre es möglich, dass einige leere Briefbögen fehlen, aber da kann ich mich auch täuschen, inzwischen weiß ich kaum noch, was Wahrheit und was Einbildung ist.«

»Befassen wir uns zunächst mit dem verschwundenen Brief. Ist es erlaubt zu fragen, was darin gestanden hat?«

Der Herzog zuckte mit den Achseln. »Nichts von Wichtigkeit, einige Anweisungen für die Gärtner in Belvedere. Für niemanden sonst von Bedeutung und auch keineswegs vertraulich.«

»Und Ihr seid Euch gewiss, dass er verschwunden ist? Habt Ihr ihn vielleicht stattdessen nur eingesteckt?«

»Natürlich nicht!«, herrschte der Herzog meinen Freund an, sah dann aber doch in seinen Rocktaschen nach, freilich ohne das Gesuchte zu finden.

»Vergessen wir den Brief einstweilen«, lenkte mein Freund ein. »Gibt es denn sonst nichts, was Euch auffällt?«

»Tod und Hölle, Nein!« Wütend hieb der Herzog mit der Faust auf den Tisch. Dann verengten sich seine Augen. »Das Buch.« Er deutete auf eine in Leder gebundene Plutarch-Ausgabe, welche neben ihm auf dem Tische lag. »Als ich das Zimmer verließ, war das Buch aufgeschlagen, jemand hat es geschlossen.« Der Herzog schlug das Buch auf und blätterte nach der verlorenen Seite. Plötzlich sah ich, wie er nach Luft schnappte.« Was zum –?« Erregt hielt er uns das aufgeschlagene Buch entgegen. Ich musste zweimal hinsehen, um zu erkennen, worauf er abzielte. An den unteren Rändern beider Seiten befand sich je ein winziger roter Fleck. Jemand hatte auf der einen Seite einen Tropfen Siegellack...

Erscheint lt. Verlag 22.10.2019
Reihe/Serie Goethe und Schiller ermitteln
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Carl August • Ermittlerduo • Frankfurt • Goethe • Krimi • Kriminalroman • Schiller • Sherlock Holmes • Weimar • Zar
ISBN-10 3-608-11570-6 / 3608115706
ISBN-13 978-3-608-11570-3 / 9783608115703
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
CHF 14,65
Roman. Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson

von Hallgrímur Helgason

eBook Download (2011)
Tropen (Verlag)
CHF 9,75
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
CHF 9,25