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Jerry Cotton Sonder-Edition 115 (eBook)

Engel der Rache

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Aufl. 2019
80 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-8707-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jerry Cotton Sonder-Edition 115 - Jerry Cotton
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Engel der Rache

Es schien die Tat eines Wahnsinnigen zu sein! Er hatte einen Staudamm gesprengt, Menschen waren zu Tode gekommen, viele andere hatten Hab und Gut verloren. Verwüstung und Trauer waren die Folge. Und der skrupellose Verbrecher drohte, noch einen weiteren Damm zu sprengen, wenn ihm das FBI New York nicht eine Million Dollar zahlte!
Phil und ich nahmen die Jagd nach ihm auf, arbeiteten jedoch getrennt. Mir zur Seite stand eine junge, begehrenswerte Frau, die mir sogar das Leben rettete. Doch ganz zum Schluss stellte sich mir die Frage, ob sie mir nicht nur half, um eiskalte Vergeltung zu üben, ob sie nicht in Wirklichkeit ein Engel der Rache war ...

Margie O’Connor verschloss die Tür des Hühnerstalls und steckte den Schlüssel in die Tasche ihrer Jeans. Sie strich sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn und hielt die Hand über die Augen.

An den Hängen des schmalen Tals standen die Fichten schon im tiefen Schatten; die Abendsonne schien nur noch auf die Wiesen am Talgrund. Weit hinten, wo die hohe Staumauer einen Abschluss bildete und ihre Krone eine gerade Linie vor den fahlblauen Himmel zog, war die Sonne untergegangen.

Margie schauerte unwillkürlich. Seit sie in diesem Tal bei den alten Pettingotes lebte, in einer paradiesischen Landschaft mit mildem, herrlichem Klima, hatte diese hohe Mauer etwas Unheimliches für sie. Die Millionen Kubikmeter Wasser, die dort hoch über ihr standen, schienen sie körperlich zu bedrohen.

Pettingote hatte sie ausgelacht, als sie einmal davon gesprochen hatte. Er war selbst beim Bau der großen Mauer dabei gewesen.

»Mädchen«, hatte er gesagt, »was wir da alles aufgeschüttet haben, das hält. Das kehrt uns keiner mit dem Besen weg!«

Aber als sie sich dem Bann des mächtigen Bauwerks immer noch nicht entziehen konnte, war er eines Tages mit ihr hinaufgefahren, hatte sie über die Dammkrone geführt und ihr gezeigt, wie die Quadern seitlich im Fels verankert waren. Er hatte ihr auf einer Schemazeichnung erklärt, wie sich die Sohle der Mauer unten weit in den See hineinzog und so den Druck der gestauten Wassermassen auffing.

Mit geringem Verständnis hatte sie seinen Erklärungen zugehört. Was sie bedrückte, war nichts, das man mit Physik und Berechnungen wegdiskutieren konnte. An jedem Abend, wenn sie ihre Arbeit auf der Geflügelfarm getan hatte, stand sie hier und richtete den Blick wie unter einem Zwang auf die Mauer. Das Gefüge der dunklen Steinblöcke schien sie zu hypnotisieren, mehr noch aber die Vorstellung der grünlich-dämmerigen Tiefen, die sich dahinter erstreckten …

Sie kniff die Augen zusammen, wandte sich um und riss sie wieder auf. Mit festen Schritten ging sie zum Farmhaus.

»Petty«, rief sie, »komm zum Abendessen!«

Ein dreijähriger, flachsblonder Junge kam aus der grünen Wildnis der Stangenbohnen im Garten herausgekugelt.

»Wo sind Mom und Dad?«, fragte er mit hoher Stimme und hängte sich an sie.

»Drinnen, Petty! Komm, es wird spät!« Sie zog ihn mit sich, warf noch einen Blick auf die lang gestreckten Gebäude der Geflügelhäuser, hinter deren Fenstern die matte Nachtbeleuchtung brannte, und verschwand mit dem Jungen im Farmhaus.

Die Sonne war nun ganz untergegangen. Die Konturen der Staumauer waren mit denen des Waldes zu ihren beiden Seiten verschmolzen, und der Himmel überzog sich mit federig-hellen Nachtwolken.

Ein schwarzer Vogel strich mit weiten Schwingen vorüber, und es raschelte im Holz. Die große Wasserfläche des Stausees war glatt wie ein Spiegel. Zuweilen sprang ein Fisch, und dann breiteten sich kreisförmige Wellen aus, die sich bald verliefen. Am Pegel, einer schwarz-weiß markierten Holzlatte, stand das Wasser dicht unter der oberen Marke.

Wenn es in der Nacht Regen gab, würde es noch ein paar Zentimeter steigen. Am Morgen schoss dann das Wasser durch den seitlichen Überlauf, schäumte über die steinernen Stufen in das kleine Auffangbecken im Tal und floss durch den kanalisierten Flusslauf ab. Ein, zwei Tage lang war dann ein stetes Rauschen im Tal, und eine Wolke von Wasserstaub stand zwischen den Kiefern und Erlen.

An der Talseite der Staumauer rann das Wasser aus mehreren feinen Spalten. Das war schon immer so gewesen und gab keinen Grund zur Besorgnis. Die Kontrollbeamten, die ein paar Mal im Jahr mit dem Jeep über die schmalen Wege heraufgefahren kamen, machten ihre Witze darüber, registrierten aber trotzdem die kleinste Veränderung und nahmen ihre Messwerte für ein Zeichen, dass alles in Ordnung war. Das Mauerwerk hatte sich an den Stellen schwarzgefärbt, und grünes Moos wuchs in den Ritzen.

In dieser Nacht aber geschah etwas, was niemand hatte vorhersehen können außer einem einzigen Menschen. Aber der hütete sich wohlweislich, sein Geheimnis zu verraten.

Gegen elf Uhr abends durchfuhr ein Ruck das ganze Bauwerk. Über den spiegelnden See lief eine Welle, die sich erst weit hinten in den Buchten brach. Auf der Dammkrone flog ein Kanaldeckel in die Luft, klatschte ins Wasser und versank.

Eines der steten, kleinen Rinnsale wurde plötzlich stärker. Es war, als hätte man eine Leitung aufgedreht. Moosflocken wurden mitgerissen und wirbelten hinab. Aus dem Sickerwasser perlten Luftblasen, dünne Wasserstrahlen brachen hervor und zischten in die Nachtluft. Mörtelbrocken polterten die Mauer hinunter, prallten aufschlagend ab und sprangen in die Tiefe. Ein großer Stein löste sich von seinem Platz, und hinter ihm brach ein meterdicker Wasserschwall aus dem Wall.

Das Leck befand sich ungefähr auf halber Höhe der Mauer. Entsprechend stark war der Wasserdruck dahinter, der gegen die Ränder der Mauerlücke drückte und weitere Stücke herausbrach. Seinerzeit war sie aus Gründen der Ersparnis nicht massiv ausgeführt worden; man hatte zur Wasserseite hin einfach aufgeschüttet, was beim Baggern angefallen war: Kies, Sand und Lehm.

Diese Füllung wurde nun durch die plötzlich entstandene Maueröffnung gepresst, die wie eine Düse wirkte. Sie vergrößerte sich in Minutenschnelle. Mit Urgewalt schoss das Wasser hervor und in weitem Bogen hinaus in die Dunkelheit. Brausen erfüllte die Luft, und aus dem Tal wehte das Poltern der losgerissenen Bruchstücke herauf.

Nun lösten sich auch oberhalb der Bruchstelle die Steine. Nach beiden Seiten fraß sich der Riss. Er erreichte die Krone. Es war fast ein Viertel der ganzen Mauer, das einen Augenblick noch in der Schwebe zu stehen schien und dann mit ohrenbetäubendem Getöse in die Tiefe rutschte.

Der Donner brach sich an den Talwänden und wogte mehrfach als Echo hin und her. Eine kompakte Wasserwand quoll durch die breite Lücke und stürzte sich überschlagend zu Tal. Fontänen von Wasserstaub schossen hoch in die Luft. Eine Druckwelle peitschte die alten Bäume an den Abhängen des Tals, ließ Äste brechen und ein paar uralte Erlen mitsamt ihren Wurzelballen aufquirlend in den Strudeln davontreiben.

Das stille Tal war vom Lärm eines Weltuntergangs erfüllt.

***

Margie O’Connor erwachte vom steten Rauschen und hielt es zunächst für Regen. Aber es wurde immer stärker, und fremde Geräusche mischten sich hinein – Poltern und Stoßen.

Sie schwang sich mit einem Ruck aus dem Bett und lief zum Fenster. Was sie sah, ließ sie zwinkern. Das ganze Tal schien in Bewegung zu sein. Die Wiesen, der Garten, die Wege – alles war eine strudelnde, graue Fläche.

Sie öffnete das Fenster. Jetzt wurde das Rauschen zum Tosen. Hinter den Wolken kam für einen Moment der Mond hervor und sandte einen fahlen Schein auf das Chaos. Ein Baum kam herangetrieben und stieß mit einem dumpfen Laut gegen die Hauswand. Das ganze Gebäude erzitterte. Margie fuhr herum, hastete zur Tür und riss sie auf. Wasser stürzte ihr entgegen und riss sie fast von den Füßen.

»Smyrna!«, rief sie gellend. »Al! Der Damm ist gebrochen!« Mit der Faust donnerte sie gegen die Tür zum Schlafzimmer der Pettingotes.

Al Pettingote war wohl schon wach gewesen. Er erschien in einem hastig übergezogenen Overall, mit wirrem Haar. Seine Hand tastete zum Lichtschalter, aber es gab schon keinen Strom mehr. Vermutlich hatte es die Lichtmasten umgerissen …

»Der Damm ist gebrochen!«, wiederholte Margie O’Connor. »Wir müssen hier weg!«

Smyrna Pettingote erschien hinter ihrem Mann, den kleinen Jungen auf dem Arm. Entsetzen hatte ihre Augen geweitet, und sie presste das Kind fest an sich.

»Der Damm?«, stotterte Al ungläubig. Dann blickte er auf seine Füße, die schon im Wasser standen. »Aber es hat doch gar nicht geregnet die letzten Tage!«

Er bahnte sich an ihnen vorbei einen Weg nach draußen. Die Haustür war nur schwer aufzubekommen, so sehr drückte die Flut dagegen. Margie fand die Handlampe, die sie manchmal benutzte, wenn sie nachts draußen nach den Tieren sah, und knipste sie an. Der Schein fiel hinaus auf den Hof, auf eine trübe, heftig kreiselnde Wasserfläche. Zwischen losgerissenen Grasbüscheln und Sträuchern trieben die ersten toten Hühner mit ausgebreiteten Flügeln und nassem Gefieder.

Mit bleichem Gesicht wandte sich Al Pettingote um.

»Da kommen wir nicht mehr durch, Mädchen. Wir müssen aufs Dach! Los, Smyrna, nimm den Jungen mit hinauf! Ich will sehen, dass ich ein paar Decken finde und Lebensmittel!«

»Aber wenn es die Hühnerställe schon eingerissen hat, sind wir auf dem Dach nicht sicher!«, wandte Margie hastig ein.

»Auf dem Weg auch nicht«, entgegnete Al. »Wir kommen nicht durch die kleine Senke vor der Brücke!« Er hielt den Hörer des Wandtelefons in der Hand und horchte hinein. Kein Freizeichen kam. Er entglitt seinen Händen und blieb baumelnd an der Schnur hängen.

»Ich nehme den Jeep und versuche es!«, rief Margie entschlossen. »Vielleicht komme ich durch und finde Hilfe! Sie müssen einen Hubschrauber schicken!« Sie sprang in ihre Jeans und streifte sich einen Pullover über. »Wenn es gar nicht mehr geht, versuche ich zu schwimmen!«

»Mädchen, bleib hier!«, rief Al. »Du kannst es nicht schaffen!« Er hatte die Arme voller Wolldecken und stand auf der Treppe.

Aber Margie war schon auf dem Hof. Barfuß watete sie durch das Wasser und geriet mehr als einmal in Gefahr, von den Füßen gerissen zu werden. Sie erreichte den Jeep und...

Erscheint lt. Verlag 8.10.2019
Reihe/Serie Jerry Cotton Sonder-Edition
Jerry Cotton Sonder-Edition
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner
ISBN-10 3-7325-8707-X / 373258707X
ISBN-13 978-3-7325-8707-0 / 9783732587070
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