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Die Kur (eBook)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
175 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7485-5821-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Kur -  Jeannette Hoffmann
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Camilla fährt zur Kur, wo sie sich mit Theresa anfreundet. Ein Kurschatten findet sich auch. Eines Nachts wird Theresa als Notfall in eine Klinik eingeliefert, wo sie nach wenigen Tagen stirbt. Camilla glaubt nicht an einen natürlichen Tod. Was zuerst wie ein Erholungsaufenthalt aussieht, wird eine abenteuerliche Mischung aus einer beginnenden großen Liebe und eines Todesfalles. Camilla lernt während ihrer Kur Axel kennen, sie kommen sich näher. Nach Theresas Tod im Krankenhaus fallen Camilla einige Unregelmäßigkeiten im Krankenhaus auf; sie versucht, zusammen mit Axel herauszufinden, ob ihr Tod durch Pfusch des Krankenhauspersonals verursacht wurde...

Jeannette Hoffmann wurde 1953 in Hamburg geboren. Neben ihrer Arbeit in der Universität Hamburg widmete sie sich der Schriftstellerei seit 1994. Ihre Hobbies neben dem Schreiben sind Reisen, Kunst, Fotografie. Sie lebt mit ihrem Mann in Hamburg und Büsum.

KAPITEL 1



Ich gehe durch ein französisches Dorf, sehe graue Häuser, schmiedeeiserne Balustraden, bunte Blumen in Terrakotta-Töpfen in menschenleeren Straßen. Durch ein Tor geht es in einen unordentlichen Hinterhof, ich sehe eine hölzerne, schief in den Angeln hängende Holztür, die es mir erlaubt, in die dahinterliegende Scheune zu gehen. Die Wände sind mit alten, sepiafarbenen Tapeten beklebt. Darauf wimmelt es von kleinen, farblosen, runden Tierchen. Mir ist unheimlich; andererseits freue ich mich über diese seltsamen Lebewesen. Sie spüren meine Gegenwart und flüchten in ein für mich nicht sichtbares Loch in der Tapete. Mir kommt der Gedanke, dass ich sie mit Feuer dort herauslocken könnte. Alles ist trocken und müsste gut brennen. Ich zünde die Tapete an, sie brennt lichterloh. Plötzlich tun mir die Tierchen leid – ich will das Feuer löschen, aber da ist kein Wasser, kein Eimer, nichts, womit man einen Brand löschen kann. Ich bin verzweifelt, renne hin und her, stelle mir vor, wie die Tierchen leiden müssen, habe entsetzliche Schuldgefühle, fange an zu schreien…


Langsam kam ich an die Oberfläche meines Bewusstseins, tauchte langsam und schmerzvoll auf, kaum fähig zu atmen. Ich schnappte nach Luft, sah die vertraute Umgebung meines Schlafzimmers, das einfallende Licht der Straßenlaternen. Gott sei Dank, nur ein Traum.


Der vierte Albtraum dieser Woche. Ich lag im Dunkeln, schleppte mich zur Toilette, saß dort schlaftrunken und überlegte, was zu tun sei. So ging es nicht weiter. Gut, ich hatte eine Menge Stress, aber den hatte ich immer gehabt, das brachte mein Beruf so mit sich. Ich hatte keine Sorgen, Geldnot, Krankheiten - im Grunde war alles in Butter, bis auf die Albträume, die mich vor allem durch ihre Häufigkeit immer mehr beschäftigten. Ich ging in die Küche und kochte mir eine Tasse Milch. Damit ging ich zurück ins Bett, schaltete das Licht ein, an Schlaf war fürs erste nicht zu denken. Nachdenklich starrte ich an die Decke. Der Weg zum Neurologen war unumgänglich. Wieder stand ich auf, schnappte mir das Branchenbuch, setzte mich aufs Bett und suchte mir einen Arzt aus, der nicht so weit von meiner Arbeitsstelle entfernt war. Ich notierte mir die Nummer und las eine Zeitschrift, bis es Zeit war, aufzustehen.


Punkt neun Uhr rief ich in der betreffenden Praxis an. Man war sehr freundlich und bot mir einen Termin für den späten Nachmittag an. Ich verließ mein Büro, ging den Korridor entlang, immer dem Lärm nach, und betrat den Aerobic-Raum unseres Fitness-Studios. Dort, vor einem großen Spiegel, zappelte Georg nach ohrenbetäubender Rock-Musik, hinter ihm all die vom Schlankheits-, Fitness- und Midlife-Wahn betroffenen Hausfrauen und Studentinnen und all jene, die eben vormittags Zeit hatten. Ich betrachtete ihn: Ein größerer, athletisch gebauter, gut aussehender, dunkelhaarig gelockter Mann, dem die noch nicht völlig verlorene Kindheit mit schelmischen Zügen ins Gesicht geschrieben war. Ohne Sport hätte er schlaksig ausgesehen.


Georg brüllte: „Weitermachen!“ und kam zu mir an die Tür.

„Was ist?“

„Ich habe heute Nachmittag einen Arzttermin, um fünf Uhr muss ich da sein. Wie lange es dauert, weiß ich nicht, richte dich bitte darauf ein.“

„Bist du krank?“ fragte er entsetzt. Kranksein war für uns gleichbedeutend mit Geldverlust, ganz abgesehen von dem schlechten Image, in einem Fitness-Studio unfit zu sein.

„Nein, ich muss zum Neurologen. Bei mir ist eine Schraube locker“, sagte ich brutal.

„Ich weiß, aber deshalb brauchst du doch nicht zum Arzt zu gehen.“

„Sehr witzig“. Ich ließ ihn stehen, schloss die Tür hinter mir und ging in meinen Umkleideraum – Relax-Stuhl, große Bilder von Palmenstränden, integrierte Dusche, Kühlschrank, gefüllt mit Gatorade, Cola Light und Sekt, um mich für meine Vormittagsbrigade vorzubereiten. Sie bestand hauptsächlich aus Studenten, Arbeitslosen (denen wir Preisermäßigungen gaben) und Selbständigen, die die etwas ruhigeren Vormittagsstunden für ihre Körperertüchtigung nutzten. Ich leitete hauptsächlich die Bodybuilding-Stunden. Da ich früher ein paar Semester Medizin studiert hatte, war ich einigermaßen in der Lage, den Kunden etwas vom Muskelaufbau, der Notwendigkeit des warming-up und dem gezielten Muskeltraining zu erzählen. Das Körperliche, nämlich die Vorturnerei bei Aerobic, überließ ich Georg, dem früher arbeitslosen Sportlehrer.

Wir hatten uns im Arbeitsamt kennengelernt, beide auf der Suche nach einem Job. Wir hatten unsere Nummern zwei dankbaren Arbeitslosen gegeben und uns in ein Café gesetzt, um uns zu beschnuppern. Dabei kam der Gedanke auf, dass wir uns selbständig machen könnten, in der jetzt florierenden Form eines Fitness-Studios.

Menschlich standen wir uns sehr nahe, sexuell nicht, das hatte sich aufgrund der vielen Arbeit nicht ergeben. Wir vermissten es auch nicht, zumal wir instinktiv wussten, dass eine privatere Beziehung wegen unserer unterschiedlichen Charaktere zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Er, der sportliche, auf seine Gesundheit achtende, nicht rauchende oder trinkende, athletische Sportsmann und ich, ungelenkig, der Genusssucht nicht abhold, zwar muskulös, aber sonst ziemlich unsportlich.

Ich hatte vom vielen Training gut entwickelte Bein- und Armmuskeln, die ich aus Geschäftsgründen herzuzeigen pflegte; die Spuren, die Essenseinladungen, Kneipenbesuche und Weinproben hinterlassen hatten, kaschierte ich stets mit einem Sweatshirt, das ich um die Taille knotete. So vermittelte ich den Eindruck einer sehnigen, durchtrainierten, vor Muskeln strotzenden Bodybuilderin, an der sich unsere Kunden gern ein Beispiel nahmen.


In der Mittagspause schlug ich Georg vor, die Fünfuhr-Aerobic- und Bodybuilding-Kurse zusammenzulegen (keine Gruppe durfte unbeaufsichtigt bleiben); erst sollten sie warm-ups und Gymnastik machen, dann sollten alle an die Geräte. Da die eine Gruppe hauptsächlich aus Damen und die andere aus Herren bestand, wäre das sicher für beide ein interessantes Zusammentreffen.

So ging ich denn kurz vor siebzehn Uhr zu meinem auserwählten Neurologen.


Er rief mich persönlich auf, führte mich in sein Sprechzimmer und bot mir einen Stuhl an. Ich musterte ihn: Ein älterer, freundlich aussehender Mann mit weißen Haaren, Brille, untersetzt und leicht gebräunter Haut.

„Was kann ich für Sie tun?“ fragte er.

„Ich leide seit einiger Zeit unter Albträumen. Früher traten sie höchstens einmal pro Woche auf, jetzt immer öfter, bis zu viermal. Ich wache schweißgebadet auf, kann selten wieder einschlafen und sie verfolgen mich den ganzen Tag. Früher habe ich mich vor ihnen gefürchtet, das ist jetzt nicht mehr der Fall; aber ich empfinde sie als erheblich störend, da sie mir auch einen großen Teil Schlaf rauben, den ich nicht wieder nachholen kann.“

„Erzählen Sie mir von Ihrem Beruf, Ihrem Privatleben, Ihren Sorgen und Ängsten. Keine Angst, nicht alles während dieses Termins. Ich muss Sie darauf vorbereiten, dass Sie öfter herkommen müssen. Ich werde auch ein paar Tests durchführen, mit einem EEG fangen wir heute schon an. Natürlich muss ich zunächst ausschließen, dass Ihnen körperlich etwas fehlt.“


Ich folgte ihm in ein Nebenzimmer, in dem ein EEG-Gerät stand. Eine Helferin befestigte mit einem Riemen 26 Elektroden an meinem Kopf, die sich oben vereinigten. Dann ging es los: Kommandos wie Augen öffnen, schließen, schnell atmen, langsam atmen; nach 20 Minuten war es geschafft und hatte zum Glück nicht wehgetan.

„Ihre Gehirnströme sind ohne pathologischen Befund, keine Theta-Wellen. Nun machen wir noch den Assoziationstest und einen Rorschach-Test, und dann erzählen Sie etwas über sich.“


Er nannte bestimmte Begriffe, zu denen ich, was mir spontan dazu einfiel, antworten musste, und legte mir schmetterlingsähnliche Tintenzeichnungen vor, die ich zu interpretieren hatte. Danach erzählte ich ihm meinen beruflichen Werdegang, den Abbruch meines Medizinstudiums (konnte die Tierversuche nicht ertragen), meine zahlreichen Jobs danach und dann das schicksalsschwere Zusammentreffen mit Georg.


„Ich fühle mich ausgefüllt und wohl“, sagte ich. „Wir haben viel zu tun, aber der Job macht Spaß.“


Er schrieb einen kurzen Brief, den ich einem Röntgenologen zwecks Schädel-Röntgens übergeben sollte und brachte mich zur Tür. „Ich spiele mit dem Gedanken, Sie zu einer Kur zu schicken.“

„Völlig unmöglich.“

„Denken Sie darüber nach. Wenn die Untersuchungen nichts ergeben, wäre ein solches Ausspannen in Kombination mit Gruppen- und anderen Therapien das einzige, was ich Ihnen empfehlen kann.“


Ich ging. Auf dem Weg zum Studio dachte ich darüber nach. So unmöglich wäre eine Kur nicht; es gab genug arbeitslose Krankengymnasten und Sportlehrer, die man aushilfsweise anheuern könnte. Das wäre zwar ein herber Einkommensverlust für mich, aber vielleicht könnte man das mit meiner Krankenhaustagegeldversicherung auffangen. Ich musste mich einmal mit meinem Versicherungsvertreter in Verbindung setzen.


„Na? Was hat er gemacht? Musstest du dich auf die Couch legen?“

„Nein, Georg. Er hat sich auf die Couch gelegt und ist friedlich eingeschlafen, als ich ihm von meinen Träumen erzählt habe. Nein, im Ernst, er hat mir eine Kur angedroht. Könntest du vier Wochen ohne mich auskommen?“

Wir saßen in seinem Büro, zwischen uns eine Pikkoloflasche Sekt und zwei Dosen Isostar. Wer was trank,...

Erscheint lt. Verlag 12.8.2019
Reihe/Serie Camilla
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Krimi • Kur • Mord
ISBN-10 3-7485-5821-X / 374855821X
ISBN-13 978-3-7485-5821-7 / 9783748558217
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