Dorian Hunter 19 (eBook)
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-8060-6 (ISBN)
Es war ihre Hochzeitsreise, doch es wurde eine Fahrt in die Hölle.
Begonnen hatte alles mit einem Autounfall auf der E 25, der Verbindung zwischen Sevilla und Cordoba. Drei ineinander verkeilte Autos blockierten die Straße. Aus einem der Wracks wurde ein Toter geborgen, dem beide Beine abgerissen worden waren.
Wie in Trance fuhren Lester und seine Frau Tina weiter - und hätten die alte Frau auf der einsamen Straße fast zu spät bemerkt. Sie blitzte nur kurz im Licht der Scheinwerfer auf, schrie etwas ... Dann war sie auch schon wieder verschwunden.
'Hast du verstanden, was sie gesagt hat?', fragte Lester.
Tina nickte. 'Sie sagte, dass wir unserem Schicksal nicht entrinnen könnten. Einen von uns beiden erwarte das Fegefeuer, den anderen der Tod ...'
1. Kapitel
Am Himmel brauten sich dunkle Gewitterwolken zusammen. Urplötzlich brach die Nacht herein. Für einige Sekunden herrschte eine fast unheimliche Stille. Die Welt schien den Atem anzuhalten. Und dann ging es los. Blitze zuckten über das Firmament. Der Donner rollte über das Land und ließ die Erde erbeben. Die Schleusen des Himmels öffneten sich wie am Jüngsten Tag. Es goss in Strömen.
Tina schrie auf und klammerte sich an Lesters Arm. Er wollte sie abschütteln, bekam seinen Arm aber nur gerade so lange frei, um die Scheibenwischer einzuschalten. Plötzlich schrie sie. Es war ein Entsetzensschrei, wie Lester ihn vorher von ihr noch nie gehört hatte. Beinahe hätte er die Herrschaft über den Wagen verloren, konnte das Lenkrad aber gerade noch herumreißen. Tina hing an ihm, als ginge es um ihr Leben.
»Halt den Mund!«, brüllte er außer sich vor Zorn. »Zum Teufel, lass mich los! Oder willst du, dass wir im Straßengraben landen?«
Tinas Schrei erstarb in einem Schluchzer. Sie klammerte sich noch immer an ihn und bohrte ihm ihre Nägel in den Oberarm.
»Ruf nicht den Teufel an!«, flehte sie mit schriller, unnatürlicher Stimme. »Er kommt sonst zu uns. Er lauert uns bereits auf. Sieh nur seine Spuren auf der Straße!«
Lester verlor die Beherrschung. Er riss sich mit aller Kraft von ihr los und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Der Wagen rumpelte über Schlaglöcher. Lester trat instinktiv auf die Bremse. Tina wurde nach vorne geschleudert und schlug mit dem Kopf krachend gegen die Windschutzscheibe.
Er wollte sich fürsorglich um sie kümmern, doch sie schlug nach ihm. Dann flehte sie ihn schweratmend an: »Fahr weiter! Halt nicht an! Bitte, Lester, bring mich fort von hier! Siehst du nicht die Spur des Teufels?«
Das Mitleid, das er für sie empfunden hatte, war sofort wieder weggewischt. Er hatte gute Lust, ihr noch eine runterzuhauen. Aber plötzlich stutzte er. Sein Blick fiel auf die Straße. Er sah Vertiefungen im Asphalt, die er zuerst für Schlaglöcher gehalten hatte. Die Umrisse waren zu regelmäßig. Es handelte sich tatsächlich um Fußabdrücke und Abdrücke von Pferdehufen. Sie waren überdimensional groß und so angeordnet, als stammten sie von jemandem, der mit einem normalen Fuß und einem Pferdehuf herumlief.
»So fahr doch weiter!«, flehte Tina schluchzend.
Lester zwinkerte mit den Augen und fuhr langsam wieder an. Der Regen trommelte auf das Wagendach. Das Trommeln wurde lauter.
»Fahr schneller!«, bat Tina, die ihn sonst eher zu langsamem Fahren anhielt.
»Ich fahre fünfzig. Mehr ist bei dieser schlechten Sicht nicht drin.«
Die Scheibenwischer wurden der Wasserfluten kaum Herr. Als der Regen einen Atemzug lang etwas nachließ, stellte Lester erleichtert fest, dass im Asphalt keine Fußspuren mehr zu sehen waren. Alles nur Einbildung, sagte er sich. Er war von der langen Fahrt übermüdet, und Tinas Hysterie und abergläubische Furcht taten ihr Übriges. Wenn das Unwetter anhielt, würde er nicht mehr bis Cordoba, Tinas Geburtsstadt, durchfahren, sondern bei der nächsten Absteige übernachten.
»Was ist das, Lester?«, erkundigte sich Tina zitternd.
Das Trommeln des Regens war zu einem ohrenbetäubenden Stakkato angeschwollen; es hörte sich so an, als würden Steine aufs Wagendach prasseln.
»Es hagelt!«, stellte Lester verblüfft fest. Und das mitten im September in Südspanien! Aber jeder Zweifel war ausgeschlossen. Lester sah ganz deutlich durch die Windschutzscheibe, wie die Hagelkörner auf der Kühlerhaube des Wagens tanzten. Manche waren so groß wie Taubeneier. Die Straße war mit einer weißen, glitzernden Schicht bedeckt. Das Licht der Scheinwerfer brach sich in den Eiskristallen. Und es hagelte immer stärker. Die Körner, von denen manche nun schon die Größe einer Männerfaust hatten, sausten wie Geschosse auf den Wagen herunter.
»Ich halte es nicht mehr aus!«, kreischte Tina und hielt sich die Ohren zu.
Lester konnte sie sogar verstehen. Der Wagen ließ sich kaum noch steuern. Trotz des ohrenbetäubenden Lärms glaubte er das Knirschen der von den Rädern zermalmten Hagelkörner zu hören. Es hörte sich so an, als ob jemandem die Knochen gebrochen würden.
Hier ging es nicht weiter. Lester ließ den Wagen ausrollen. Kaum stand er still, hörte der Hagel so abrupt auf, wie er eingesetzt hatte. Tina saß völlig apathisch da. In diesem Augenblick sah sie wie eine Schwachsinnige aus. Als Lester sich jedoch anschickte, die Wagentür zu öffnen und auszusteigen, warf sie sich auf ihn und versuchte ihn zurückzuhalten.
»Wo willst du hin? Bleib bei mir!«
Er stieß sie fort. »Sei nicht närrisch! Ich will mich nur einmal umsehen.« Er stieg aus und versank bis zu den Knöcheln in den knirschenden Eiskörnern. Die Karosserie seines Wagens war völlig verbeult. Das Blech sah aus, als hätte man es mit dem Vorschlaghammer bearbeitet.
»Lester!«
Er wirbelte herum, als er Tinas Aufschrei hörte, eine passende Zurechtweisung auf der Zunge; sein Ärger verrauchte aber sofort, als er in die Richtung ihrer ausgestreckten Hand blickte. Im Licht der Scheinwerfer war eine undeutlich zu erkennende Gestalt aufgetaucht. Lester konnte nur feststellen, dass sie in einen schwarzen Umhang gehüllt war.
»He, Sie da!«, rief er in seinem gebrochenen Spanisch. »Können Sie uns sagen, wo wir hier sind?«
Die Gestalt wich einige Schritte zurück. Dann ertönte ein schrilles Lachen, und eine krächzende Stimme sagte irgendetwas, das Lester nicht verstand.
»Lester!«, rief Tina mit weinerlicher Stimme. »Komm, fahren wir schnell weiter, bevor …«
Er griff blitzschnell durch die offene Tür in den Wagen und schaltete das Fernlicht ein, sah aber nur noch, wie die Gestalt mit wehendem Umhang feldeinwärts rannte. Er war nun sicher, dass es sich um eine Frau handelte.
»Komische Alte«, murmelte er, während er sich wieder hinter das Lenkrad klemmte. »Was hat sie uns denn zugerufen? Hast du sie verstanden?«
Tina fröstelte und sagte: »Versprich mir, dass du bis Cordoba durchfährst, Lester! Halte nicht mehr an, was auch passiert! Ich werde erst aufatmen, wenn wir bei meinen Eltern sind.«
Er fuhr wieder an. Einen Kilometer weiter war die Straße frei von Hagelkörnern. »Willst du mir nicht endlich verraten, was die Alte gesagt hat?«
Tina hatte die Lippen fest zusammengepresst. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie ihm antwortete, und ihre Stimme klang fremd, als sie sagte: »Sie hat uns prophezeit, dass wir unserem Schicksal nicht entrinnen könnten. Einen von uns beiden erwarte das Fegefeuer, den anderen der Tod.«
Lester lachte auf und schüttelte den Kopf. »So ein Unsinn!«
Ein Blick in Tinas Gesicht zeigte ihm, dass sie nicht seiner Meinung war.
Zehn Kilometer weiter ging es bergab. Unten war die Straße überschwemmt. Ein Pferdefuhrwerk und ein Lastwagen standen quer. Der Kutscher und der Lastwagenfahrer diskutierten erregt miteinander. Als Lester den Morris wenige Schritte vor ihnen anhielt, gestikulierten sie temperamentvoll in seine Richtung. Aus ihren Handbewegungen schloss er, dass es hier nicht weiterging und er besser umkehren solle.
»Erkundige dich einmal, wo wir hier sind und was der kürzeste Weg nach Cordoba ist«, bat er seine Frau und stieg aus.
Tina blieb im Wagen sitzen und unterhielt sich durch das heruntergekurbelte Fenster mit den beiden Männern.
»Was sagen sie?«, erkundigte sich Lester schließlich ungehalten, der kaum ein Wort verstanden hatte.
»Wir sind in der Nähe von El Rubio, gut zwanzig Kilometer von der E 25 entfernt«, sagte Tina. »Die beiden meinen, dass wir am sichersten nach Cordoba kämen, wenn wir über Estapa und Puente Genil führen.«
»Gibt es denn keinen kürzeren Weg?«
»Doch«, sagte Tina und biss sich auf die Lippe. »Es gibt eine Abkürzung, aber die beiden meinen, sie sei gefährlich.«
»Inwiefern gefährlich?«
»Ich weiß es nicht – und möchte es auch gar nicht wissen«, sagte Tina fröstelnd. »Mir genügt es, dass sich der Kutscher bekreuzigte, als der Lastwagenfahrer die Abkürzung erwähnte. Sie sind sich jedenfalls beide einig, dass sie lieber meilenweit gehen würden, als die Abkürzung zu nehmen.«
»Und den Grund dafür haben sie nicht genannt?«
Tina wandte sich noch einmal an die beiden Einheimischen. Diesmal bekreuzigten sich beide und gestikulierten beschwörend.
»Was ist?«, fragte Lester.
»Sie drücken sich nicht klar aus«, meinte Tina unsicher. »Aber in dem Gebiet, durch das die Abkürzung führt, passieren anscheinend unheimliche Dinge. Menschen sollen dort spurlos verschwunden sein und, und … Ich habe Angst, Lester. Wir wollen doch besser den Umweg über Puente Genil nehmen.«
»Du glaubst doch nicht, dass ich etwas auf dieses Geschwätz gebe«, sagte er abfällig. »Du willst so schnell wie möglich zu deinen Eltern – also nehmen wir die Abkürzung. Und kein Wort mehr darüber!«
»Das ist keine Straße, sondern ein Eselspfad«, murmelte Lester.
Tina schwieg. Sie hatte kein Wort mehr gesprochen, seit sie von der überschwemmten Straße in diesen Feldweg abgebogen waren.
Lester ließ sie schmollen. Er war ebenfalls zu stur, um den Versuch einer Versöhnung zu machen. In der Hochzeitsnacht würde schon alles wieder ins Lot kommen.
Links und rechts des Weges standen jetzt Bäume. Lester fuhr in eine Kurve und plötzlich tauchte völlig überraschend ein Gebäude vor ihm auf. Er bremste abrupt und ließ den Wagen vor dem Haus...
| Erscheint lt. Verlag | 21.5.2019 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Dorian Hunter - Horror-Serie | Dorian Hunter - Horror-Serie |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
| ISBN-10 | 3-7325-8060-1 / 3732580601 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-8060-6 / 9783732580606 |
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