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Paradies Amerika (eBook)

eBook Download: EPUB
2025 | 3., Überarbeitete Fassung
483 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-669-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Paradies Amerika - Egon Erwin Kisch
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Fassung in aktueller Rechtschreibung Mit 193 Fußnoten und einem Vorwort von Kurt Tucholsky Kisch liefert in seiner umfangreichen Reportagesammlung, für die er als unerwünschter Kommunist inkognito recherchieren musste, eine unterhaltsame, aber auch ungeschönte Beschreibung des amerikanischen Alltags am Anfang des 20. Jahrhunderts. Es werden die Entrechteten gezeigt und die Ausgebeuteten - die, die den amerikanischen Traum immer hinterjagen; und die erschöpften Seeleute, die Fließbandarbeiter bei Ford oder die Gefängnisinsassen ohne Hoffnung, weil sie der Todesstrafe entgegensehen. Kischs vom Zynismus geschärfter Blick zeigt uns die Spekulanten der Wall Street und die 'wild gewordenen' Immobilienmakler, Menschen also, die mit der Arbeit anderer und durch einen Federstrich mehr verdienen, als sie je in ihrem Leben ausgeben können. Der Autor führt uns auch mit viel Humor durch den Wilden Westen und in das Hollywood Chaplins. Zu guter Letzt darf der Leser auch noch die Bekanntschaft machen mit der Amerikanischten aller Sportarten: dem Football, das aber in den Augen des Verfassers nicht wirklich gegen das 'richtige' Fußball, also das Europäische ankommen mag. Ist Amerika das Paradies? Ja, aber - wie Tucholsky in seiner Besprechung anführt - letztlich nur für die Unternehmer. Ein Buch, das auch heute geschrieben worden sein könnte und das Kischs einzigartiges Können unter Beweis stellt. Null Papier Verlag

Egon Erwin Kisch (eigentlich Egon Kisch; 1885-1948) war ein deutschsprachiger Schriftsteller, Journalist und Reporter. Er gilt als einer der bedeutendsten Reporter in der Geschichte des Journalismus. Nach dem Titel eines seiner Reportagebände ist er auch als 'der Rasende Reporter' bekannt.

Egon Erwin Kisch (eigentlich Egon Kisch; 1885-1948) war ein deutschsprachiger Schriftsteller, Journalist und Reporter. Er gilt als einer der bedeutendsten Reporter in der Geschichte des Journalismus. Nach dem Titel eines seiner Reportagebände ist er auch als "der Rasende Reporter" bekannt.

Vowort
Der Doktor Becker vor den Pforten des Paradieses
Vorabend, Tag und Nacht der Präsidentenwahl
Käfige in Käfigen, die in Käfigen stecken
Kapitol und Kapitale
Tagebuch vom New Yorker Hafen
I. Eisenbahnen auf dem Wasser
II. Hafenarbeiter
III. Die Katastrophe des Schwesterschiffs
IV. Las señoras invitadas
V. Heller Tag vor Weihnachten
VI. Der westliche Rand des Hafens
VII. Das Ufer im Osten
VIII. Seemannsheime
IX. Gestrandete Seefahrer
X. Warum fehlt hier der Ruf zur Marine?
Harlem – Fegefeuer der Neger
Erstes Gespräch mit Upton Sinclair
Gefängnisse auf einer Insel im East River
Als Leichtmatrose nach Kalifornien
Fauler Zauber
I. Wild-West
II. Die gute ehrliche Perspektive
Individualität, erzeugt am laufenden Band
Hilfe! Grundstücke sind verrückt geworden
Sechstausend Mal: ›Nothing in!‹
Baggermaschinen baggern Gold
Kriminalistik in Washington
Seine Majestät der Kaugummi
Nächtliches Gericht
Mutterseelenallein in Philadelphia
Menschenhandel in Hollywood
Über Konfektionsarbeiter
Friedhof reicher Hunde
Bilderbogen: Tiefstes Chicago
I. Der Menschenmarkt
II. Floptown
III. Die Kuh der Frau O'Leary
IV. Die Bombe
V. Die Straßenkreuzung der Blutrache
VI. Der Trödelmarkt
VII. Wer kennt die Völker
VIII. Revolution der Deutschen
Eine Bank in Wall Street
Henkersmahlzeit, verabreicht von Mister Stein
Filmkostüme
Mummenschanz und Quäkerstadt
Sein Liedchen bläst der Postillon
In einem Theater, das erschossen wurde
Technische Wunderwerke der Wunderstadt Chicago
Die Ballade von Sutter's Fort
Arbeit mit Charlie Chaplin
Mit den Schwarzfahrern der Ozeane
Getreidebörse
In jedem Schubfach eine Leiche
Hollywoods Natur, Kultur und Skulptur
Bei Ford in Detroit
Und das nennt sich Fußball!
I. Vor der Abfahrt zum Wettspiel
II. Am Rand des Spielfeldes
III. Starr vor Staunen im Stadion
IV. Präludium des Spiels
V. Die Einpeitscher der Ekstase
VI. Der Ball
VII. Naturgeschichte des Spiels
VIII. Der Spielverlauf
IX. Wie wird angeworfen?
X. Der rein symbolische Ball
XI. 45.000 Stehaufmännchen
XII. Kritische Betrachtungen des Doktor Becker
XIII. Resultat und Skalp
Vierzehn Dinge in Sing Sing
Eine Stadt macht nichts als Hüte: Danbury
»Tolle Kiste«
Erlebt zwischen Hollywood und San Francisco

Der Doktor Becker vor den Pforten des Paradieses


Der Dok­tor Be­cker,1 so sei un­ser Mann ge­nannt, ist mit schwan­ken­den Ge­füh­len an Bord des eng­li­schen Pas­sa­gier­damp­fers.

Nicht des­halb schwan­ken sei­ne Ge­füh­le, weil das Schiff stampft und stößt, nicht des­halb, weil des Dok­tor Be­cker Schlaf­stel­le ge­ra­de über der Schrau­ben­wel­le liegt, und nicht des­halb, weil das Spei­se- so­wie das Rauch­zim­mer sei­ner Klas­se in­fol­ge der Ma­schi­nen­be­we­gung wi­der­lich vi­brie­ren.

Mitt­schiffs2 woh­nend, spü­ren die Pas­sa­gie­re der zwei­ten und gar die der ers­ten Klas­se das Stamp­fen und Sto­ßen des Damp­fers be­deu­tend we­ni­ger, den Gang der Schrau­be über­haupt nicht. Über­dies sind sie ab­ge­lenkt durch Spa­zier­gän­ge auf ei­nem hun­dert Me­ter lan­gen ge­boh­ner­ten Pro­me­na­den­deck und durch Dar­bie­tun­gen von Jazz­band und Sän­gern, de­ren klang­li­che Rei­ze ein Laut­spre­cher zu den Pas­sa­gie­ren der min­der­be­mit­tel­ten Klas­sen leut­se­lig wei­ter­lei­tet.

Die min­der­be­mit­tel­ten Klas­sen, zu de­nen der Dok­tor Be­cker ge­hört, hau­sen im Zwi­schen­deck, aber sie hei­ßen bei­lei­be nicht »Zwi­schen­deck­pas­sa­gie­re«; wenn eine In­sti­tu­ti­on öf­fent­lich kom­pro­mit­tiert ist, än­dert man kur­zer­hand ih­ren Na­men. Das Zwi­schen­deck ist also ab­ge­schafft wor­den, in­dem man es hal­bier­te und je­der Hälf­te eine an­de­re Be­nen­nung gab: »Tou­ris­ten­klas­se« hin­ten und »Drit­te Klas­se« vor­ne. Die­se bei­den Sub­spe­zi­es un­ter­schei­den sich von­ein­an­der haupt­säch­lich durch den Fahr­preis, durch den Rei­se­zweck der Pas­sa­gie­re (die der drit­ten Klas­se sind zu­meist Aus­wan­de­rer mit vie­len Kin­dern) und durch die Be­hand­lung. So zum Bei­spiel tra­gen die Ab­or­te der Tou­ris­ten­klas­se die Auf­schrif­ten »Gent­le­men’s La­va­to­ry« und »La­dies’ La­va­to­ry«, wäh­rend auf je­nen der drit­ten Klas­se nur »For Men« be­zie­hungs­wei­se »For Wo­men« steht, noch dazu in al­len eu­ro­päi­schen Spra­chen, weil man bei solch arm­se­li­gem Pack die Kennt­nis des Eng­li­schen nicht vor­aus­setzt.

Der Dok­tor Be­cker hät­te auf die Ta­fel »Gent­le­men’s La­va­to­ry« gern ver­zich­tet, wenn er da­für sei­ne zwi­schen ei­ser­ne Wan­ten und Trä­ger ge­dräng­te Ka­bi­ne nicht mit drei Schlaf­ge­nos­sen tei­len müss­te, ob­wohl er von ih­nen et­was ler­nen könn­te: von dem einen, wie man vor dem Schla­fen­ge­hen sei­ne Hä­mor­rhoi­den kunst­ge­recht be­han­delt, von dem an­de­ren, wie man sich die Nä­gel der Ze­hen schnei­det, ohne da­bei die St­rümp­fe aus­zu­zie­hen.

Wie­der­holt blickt der Dok­tor Be­cker in die Ge­fil­de der obe­ren Klas­sen, wo we­ni­ger Be­gab­te sei­ner Be­rufs­ge­nos­sen oft­mals die Fahrt über den Gro­ßen Teich un­ter­neh­men, sol­che, die in den ru­hi­gen Wo­gen ei­ner ge­neh­men Wel­t­an­schau­ung, ohne zu stamp­fen und zu sto­ßen, erst­klas­sig die Welt durch­strei­fen dür­fen. Er be­nei­det sie nicht um ihre ei­ge­ne Ka­jü­te,3 ob­wohl der Dok­tor Be­cker sich mit der schwarz­äu­gi­gen un­ga­ri­schen Tischnach­ba­rin zwei­fel­los bes­ser an­ge­freun­det hät­te, wenn er nicht zu viert in sei­ner Ka­bi­ne und sie nicht zu viert in ih­rer Ka­bi­ne steck­te. Der Dok­tor Be­cker be­nei­det sei­ne be­güns­tig­ten Vor­fah­ren und Nach­fah­ren auch nicht dar­um, dass auf dem Pro­me­na­den­deck die Fel­der des »Shuffle­board«-Spie­les mit Lack für im­mer auf­ge­malt sind, die­weil sie auf dem Zwi­schen­deck täg­lich mit Krei­de auf­ge­zeich­net wer­den müs­sen. Er be­nei­det sie auch nicht dar­um, dass ih­nen der An­schau­ungs­un­ter­richt er­spart wird, wie man vor dem Zu­bett­ge­hen sei­ne Hä­mor­rhoi­den kunst­ge­recht be­han­delt und wie man sich die Nä­gel der Ze­hen schnei­det, ohne die (al­ler­dings in ei­ner dazu ge­eig­ne­ten Wei­se zer­ris­se­nen) St­rümp­fe aus­zu­zie­hen.

Nein. Er be­nei­det sie – wenn an­ders er sie über­haupt be­nei­det – nur dar­um, dass sie die wei­te Fahrt nicht mit so ge­misch­ten Ge­füh­len zu­rück­le­gen müs­sen wie er.

Wa­rum aber, sag an, sind die­se Ge­füh­le des Dok­tor Be­cker ge­mischt? Die Ge­füh­le des Dok­tor Be­cker sind ge­mischt aus Freu­de und Be­fürch­tung.

Die Freu­de des Dok­tor Be­cker, all­ge­mei­ner Na­tur und leicht er­klär­lich, ist die Freu­de, einen neu­en Welt­teil zu se­hen, Ame­ri­ka, das Land, das un­vor­stell­ba­re, am un­vor­stell­bars­ten nach den Rei­se­schil­de­run­gen. Sei­ne Freu­de wird von der si­che­ren Er­war­tung be­stimmt, dass Ame­ri­ka, das kein Al­ter­tum und kein Mit­tel­al­ter be­sitzt, so­zu­sa­gen der Kas­par Hau­ser4 un­ter den Welt­tei­len, sich un­mög­lich in sei­ner Ent­wick­lung dar­auf be­schränkt ha­ben kann, die Ent­wick­lung der Al­ten Welt ein­zu­ho­len oder zu über­ho­len, also Kra­wat­ten und Wes­ten und Ho­sen­trä­ger und Re­li­gio­nen und Schmin­ken und Bank­häu­ser und Po­li­zei­spit­zel und Bör­sen­ge­schäf­te und Kitsch­fil­me zu er­fin­den und zu ver­voll­komm­nen.

Was aber die Be­fürch­tung un­se­res Freun­des an­langt, so ist sie schon mehr per­sön­li­cher Na­tur. Sie lau­tet: Wer­de ich, der Dok­tor Be­cker, denn über­haupt die­ses Ame­ri­ka zu se­hen be­kom­men? Wer­den sich die für die Rei­se ver­aus­gab­ten Geld- und Zeit­mit­tel nicht als her­aus­ge­wor­fen er­wei­sen, in­dem man mich, den Dok­tor Be­cker, gar nicht das Land be­tre­ten lässt, son­dern ent­we­der zum nächs­ten nach Eu­ro­pa zu­rück­fah­ren­den Schiff bringt oder aber auf der Aus­wan­de­r­er­sta­ti­on El­lis Is­land zu­rück­be­hält, bis sich mein, des Dok­tor Be­cker, Cha­rak­ter als Schwind­ler und Fäl­scher her­aus­ge­stellt hat und mei­ne, des Dok­tor Be­cker, Trans­por­tie­rung nach Sing Sing ge­wiss ist?

Ja, un­ser Freund – sol­len wir ihn denn über­haupt noch so nen­nen? – ist in ame­ri­ka­ni­schem Sin­ne durch­aus übel. Be­reits drei­mal hat man ihm das Ein­rei­se­vi­sum ver­wei­gert. Ein­mal, weil sein Pass durch rus­si­sche Sicht­ver­mer­ke stig­ma­ti­siert war, we­gen welch ver­däch­ti­gen Um­stan­des man er­klär­te, erst im Pres­se­de­par­te­ment Er­kun­di­gun­gen ein­ho­len zu müs­sen; dar­auf ließ es der Dok­tor Be­cker nicht erst an­kom­men. Und als er ein an­de­res Mal, in ei­ner an­de­ren Stadt mit ei­nem an­de­ren Pass, um Ein­rei­se­be­wil­li­gung vor­stel­lig wur­de, be­durf­te es kei­ner Er­kun­di­gung beim Pres­se­de­par­te­ment mehr, um ihm zu sa­gen, dass er sich durch die öf­fent­li­che Be­haup­tung, an Sac­co und Van­zet­ti5 wer­de ein bar­ba­ri­scher Jus­tiz­mord ver­übt, für jetzt und ewi­ge Zei­ten das Recht ver­scherzt habe, Got­tes ei­ge­nes Land zu be­tre­ten. Das drit­te Mal, als der Dok­tor Be­cker über sei­ne Schuld Gras ge­wach­sen glaub­te, er­ging es ihm eben­so.

Sei­ne Freun­de rie­ten ihm nun, er möge bei der...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2025
Reihe/Serie Kisch bei Null Papier
Kisch bei Null Papier
Verlagsort Neuss
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Amerika • Bericht • Journalismus • Kurt • New York • Reportage • Reporter • USA
ISBN-10 3-96281-669-0 / 3962816690
ISBN-13 978-3-96281-669-8 / 9783962816698
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