E-Book 81-90 (eBook)
640 Seiten
Blattwerk Handel GmbH (Verlag)
978-3-7409-4124-6 (ISBN)
Sie sucht nicht das Rampenlicht der Öffentlichkeit, aber ihre schriftstellerische Arbeit hat längst ihren verdienten Ertrag gefunden. Große Emotionen zeichnen ihre so beliebten Adelsromane und Familienromane aus. Von ihnen hat Aliza Korten in stiller, geduldiger Manier 311 Titel geschaffen, die immer erfolgreicher geworden sind. Als eine der wichtigsten Autorinnen der berühmten Serie Sophienlust werden die von ihr verfassten Romane dieser Art besonders häufig nachgefragt. Sie hat eine Romanwelt entwickelt, die eigene Züge trägt. Dabei ist Aliza Korten eine exzellente Beobachterin der Gesellschaft, sowohl der bürgerlichen als auch der adligen Kreise. Ihre zahlreichen Bewunderer lieben ihren Stil und ihre Aussagekraft.
Sie sucht nicht das Rampenlicht der Öffentlichkeit, aber ihre schriftstellerische Arbeit hat längst ihren verdienten Ertrag gefunden. Große Emotionen zeichnen ihre so beliebten Adelsromane und Familienromane aus. Von ihnen hat Aliza Korten in stiller, geduldiger Manier 311 Titel geschaffen, die immer erfolgreicher geworden sind. Als eine der wichtigsten Autorinnen der berühmten Serie Sophienlust werden die von ihr verfassten Romane dieser Art besonders häufig nachgefragt. Sie hat eine Romanwelt entwickelt, die eigene Züge trägt. Dabei ist Aliza Korten eine exzellente Beobachterin der Gesellschaft, sowohl der bürgerlichen als auch der adligen Kreise. Ihre zahlreichen Bewunderer lieben ihren Stil und ihre Aussagekraft.
»Leider kann ich nichts für Ihr Töchterchen tun, Frau Ullrich.« Der Professor sagte noch mehr. Aber alle seine Worte verhallten für Ingeborg Ullrich nun ungehört.
Keine Rettung! Das war alles, was die junge Frau noch denken konnte. Alle Hoffnung war vergeblich gewesen. Früher hatte man ihr stets gesagt, dass Ragna mit sechs oder sieben Jahren operiert werden könne.
»Der Fall liegt bei Ihrem Töchterchen besonders unglücklich, liebe gnädige Frau«, fuhr der Professor fort, und Ingeborg Ullrich konnte ihm jetzt wieder folgen. »Unsere moderne Chirurgie vermag viel. Aber leider sind uns Grenzen gesetzt. Der Eingriff wäre bei Ragna zu gewagt. Die Chancen sind gleich Null. Ich könnte es vor meinem Gewissen nicht verantworten, einen solchen Versuch zu unternehmen.«
Ingeborg Ullrich, schlank, mit weißblondem Haar und tiefdunklen Augen, presste die Hände gegeneinander. Doch die Frage, die ihr auf der Seele brannte, wollte nicht über ihre zitternden Lippen.
»Wie lange noch?«
»Sie sollten Ragna so bald wie möglich aus der Klinik abholen, gnädige Frau. Sie fühlt sich etwas einsam hier.«
Ingeborg Ullrich nickte. »Gewiss, sie wird sich freuen. Aber wir hatten uns beide darauf eingestellt, dass sie operiert und dann gesund sein würde.«
Der Professor hob die Schultern. »Ich weiß, was meine Antwort für Sie bedeutet. Doch ich darf Ihnen keine leeren Versprechungen machen. Es ist bitter und tragisch, nicht nur für Sie als Mutter, sondern auch für mich als Arzt.«
Ingeborg Ullrich wusste, er meinte es aufrichtig. Das war für sie trotz allem so etwas wie ein armseliger Trost.
Sie reichte dem berühmten Professor die Hand und ging stumm hinaus. Ihre Seele war wie ausgebrannt. Einige Menschen grüßten sie, als sie durch den langen Korridor ging. Sie nickte mechanisch zurück, ohne die Leute anzusehen. Sie hatte in diesen drei Wochen die meisten Ärzte und Schwestern der Klinik kennengelernt, denn Ragnas Fall hatte Aufsehen erregt und war mit besonderer Sorgfalt geprüft worden.
Die junge Frau hatte im Augenblick nicht die Kraft, ihr Kind zu sehen. Mit schleppendem Schritt verließ sie das Krankenhaus und wartete an der Ecke auf den Bus. Als er in voller Fahrt heranbrauste, widerstand sie dem schrecklichen Impuls, sich auf die Straße zu stürzen, um allem, was sie seit Jahren quälte, ein Ende zu machen. Doch die Versuchung dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde.
Ragna braucht mich! Ich darf nicht verzweifeln, dachte sie. Jetzt darf ich es noch nicht tun. Erst später. Ach, sie wagte es nicht, an das Später zu denken.
»Ist Ihnen nicht gut?«, fragte eine junge Frau, die ihr im Bus gegenübersaß.
»Danke, ich fühle mich ganz wohl«, behauptete Ingeborg Ullrich. Doch die Blicke der jungen Frau ließen sie trotzdem nicht los.
Carola Rennert betrachtete die totenblasse Mitfahrerin mit Sorge. Als diese sich erhob, um auszusteigen, folgte sie einem inneren Antrieb und stand gleichfalls auf. Hinter ihr verließ sie den Bus. Ein wenig zögernd ging sie dann hinter der blonden Frau her, die vor einem Mietshaus stehen blieb und den Schlüssel aus ihrer Tasche zog. Carola Rennert sah, dass die Unbekannte am Ende ihrer Kräfte war und schwankte. Rasch schob sie ihren Arm stützend unter den Ellenbogen der anderen, um zu verhindern, dass diese zu Boden sank. Dann nahm sie den Schlüssel aus den zitternden Händen der blonden Frau und schloss die Haustür auf. »Da, im Erdgeschoss«, stieß die schwankende Frau flüsternd hervor.
Carola Rennert fasste sie fester unter. An der Wohnungstür kämpfte sie ein wenig mit dem Schlüssel, öffnete aber schließlich die Tür zu einer kleinen, gemütlich eingerichteten Diele.
Carola geleitete die ihr völlig fremde Frau durch die offen stehende Tür ins Wohnzimmer und drückte sie in einen tiefen Sessel, der in der Nähe des Fensters stand.
»Danke, es ist schon besser«, murmelte die andere.
»Kann ich Ihnen einen Kaffee machen? Das wäre jetzt vielleicht richtig. Ich heiße Carola Rennert und bin nur auf der Durchreise hier. Aber ich hatte das Gefühl, dass Ihnen etwas passieren könnte. Deshalb bin ich mit Ihnen aus dem Bus gestiegen. Hoffentlich sind Sie mir nicht böse deswegen.«
»Aber nein. Ich danke Ihnen. Ich bin Ingeborg Ullrich.«
»Ist die Küche da drüben?«, erkundigte sich Carola, indem sie ihre Kappe vom Kopf nahm und zusammen mit der Handtasche in der Diele deponierte.
»Ja. Kaffee steht rechts im Hängeschrank. Ich glaube, eine Tasse wäre wirklich gut für mich.«
Carola fand sich sofort zurecht. Als sie mit dem Kaffee ins Zimmer zurückkehrte, sah Ingeborg Ullrich schon etwas besser aus.
»Sind Sie krank? Dürfen Sie überhaupt Kaffee trinken?«, vergewisserte sich Carola Rennert lächelnd.
Ingeborg Ullrich schüttelte traurig den Kopf. »Ich selbst bin nicht krank. Aber meine kleine Ragna ist krank. Ihretwegen bin ich so verzweifelt. Ich weiß gar nicht, was ich nun tun soll.«
Carola Rennert hielt den Atem an. Sie war hierhergereist, um zwei Bilder zu verkaufen, was ihr auf Anhieb gelungen war. Obwohl sie mit ihrer Malerei wachsenden Erfolg hatte, kam es ihr jedesmal wie ein Wunder vor, wenn sie tatsächlich ein Werk verkaufte. Vielleicht war es die Dankbarkeit, die sie deshalb empfand, die sie vorhin im Bus auf Ingeborg Ullrich aufmerksam gemacht hatte.
»Ihr Töchterchen ist krank?«, forschte sie behutsam. »Was fehlt ihm denn? Ich habe selbst zwei Kinder, Zwillinge, und kann mir vorstellen, dass Sie sich Sorgen machen. Haben Sie einen guten Arzt?«
»Er ist der beste Arzt, den man sich denken kann«, flüsterte Ingeborg Ullrich mit zuckenden Lippen. »Aber er hat mir vor einer halben Stunde eröffnet, dass er meine Tochter nicht operieren wird, weil ich … weil ihr nicht mehr zu helfen ist.« Nun rannen die Tränen unaufhaltsam über das schöne blasse Gesicht.
Carola Rennert war selbst dem Weinen nahe. »Was fehlt der Kleinen?«, fragte sie noch einmal bang.
»Es ist ein angeborener Herzfehler. Bislang ist mir immer gesagt worden, dass die Sache zu operieren sei, wenn Ragna ungefähr sechs Jahre alt sein würde. Damit haben wir uns beide getröstet. Es war schwer genug für das arme Kind, weil es niemals mit den anderen draußen herumtollen durfte, sondern immer liegen und sich schonen musste. Jetzt weiß ich gar nicht, was ich Ragna sagen soll. Vor allem … ich … ich muss mich damit abfinden, dass … dass Ragna nicht … nicht mehr lange zu leben hat.«
Carola Rennert hielt der unglücklichen Mutter die Tasse hin, da Ingeborg Ullrich von dem Kaffee erst einen Schluck genommen hatte. »Trinken Sie erst einmal, Frau Ullrich. Wissen Sie, vielleicht fällt uns irgendetwas ein. Ich sage das nicht nur so ins Blaue hinein. Ich lebe mit meinem Mann und den Zwillingen in Sophienlust, einem Heim für in Not geratene Kinder. Meinen Sie nicht, dass Ragna ein Aufenthalt auf dem Lande guttun würde?«
Ingeborg Ullrich schüttelte müde den Kopf. »Das wäre zu anstrengend für sie und vor allem zu teuer für mich. Mein Mann lebt nicht mehr. Er war Schauspieler. Ich selbst bin Tänzerin, aber ich arbeite nur in einem Nachtlokal. Auf diese Weise konnte ich tagsüber immer zu Hause sein und mich um Ragna kümmern. Ein paar wirklich gute Angebote von Bühne und Film habe ich ausgeschlagen, weil ich für Ragna sorgen musste. Das ist meine einzige Lebensaufgabe gewesen – immer mit dem Gedanken, dass eines Tages alles leichter und besser sein würde. Aber heute habe ich erfahren, dass es aus ist und dass ich keine Hoffnung mehr haben kann.«
Carola Rennert faltete die Hände und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass Gott ihr jetzt die rechten Worte eingeben möge.
»Manchmal geschehen Wunder, Frau Ullrich«, brachte sie leise über die Lippen. »Ich selbst habe schon viele erlebt in Sophienlust. Wenn doch Frau von Schoenecker jetzt an meiner Stelle hier bei Ihnen sein könnte! Sie würde gleich einen Rat wissen. Sehen Sie, dieses Kinderheim wurde gegründet, um in Not geratenen Kindern eine Heimstatt zu geben. Die Kosten trägt eine Stiftung. Zu teuer wäre ein Aufenthalt in Sophienlust also für Ihre Ragna gewiss nicht. Er würde keinen Cent kosten.«
»Das klingt wie ein Märchen. Ich kann nicht glauben, dass es so etwas gibt. Wir sind in keiner Versicherung.«
»Es hat auch nichts mit einer Versicherung zu tun. Sophienlust ist ein Landgut mit einem schönen Herrenhaus, in dem das Heim untergebracht ist. Dominik von Wellentin-Schoenecker hat es von seiner Urgroßmutter geerbt. Solange er noch zur Schule geht, verwaltet seine Mutter, Denise von Schoenecker, das Heim, während der Gutsbetrieb unter der Oberaufsicht ihres Mannes steht, der außerdem sein eigenes Gut bewirtschaftet, das Schoeneich heißt. Die Stiftung steht allen Kindern ohne Geldmittel zur Verfügung. Ich bin sicher, dass Ragna in Sophienlust aufgenommen werden kann, sofern der Arzt damit einverstanden ist.«
»Ich … ich müsste den Professor fragen«, gab Ingeborg Ullrich zögernd zurück. »Sehen Sie, ich könnte mit einer Varieté-Truppe auf Tournee gehen und dabei ziemlich gut verdienen. Dann könnte ich wenigstens die Rechnungen für Ragnas letzten Klinikaufenthalt bezahlen.« Ein vager Schimmer von Hoffnung und Lebensmut erwachte in dem abgehärmten jungen Gesicht.
»Bitte, Frau Ullrich, bitte, erkundigen Sie sich bei dem Arzt«, schmiedete Carola das Eisen weiter. »Ich werde noch heute nach Sophienlust zurückfahren, denn ich kann meinen Mann, der dort Haus- und Musiklehrer ist, und die beiden Kleinen nicht über Nacht allein lassen. Ich gebe Ihnen die Anschrift und die Telefonnummer und notiere mir Ihre Adresse. Dann bleiben wir auf jeden Fall in...
| Erscheint lt. Verlag | 29.1.2019 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Sophienlust | Sophienlust Staffel |
| Verlagsort | Hamburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | Bundle • Familiengeschichte • Familienroman • Familiensaga • Familienzwist • Heimatroman • Liebesgeschichte • Mami • Martin Kelter Verlag • Patricia Vandenberg • Sonnenwinkel • Sophienlust |
| ISBN-10 | 3-7409-4124-3 / 3740941243 |
| ISBN-13 | 978-3-7409-4124-6 / 9783740941246 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich