Professor Zamorra 1163 (eBook)
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-7461-2 (ISBN)
Weihnachten auf Château Montagne! Professor Zamorra und Nicole Duval feiern mit alten Freunden und Kampfgefährten ... und erinnern sich in einer stillen Stunde an ein ganz besonderes Weihnachtsfest, das sie vor Jahren auf einer sturmumtosten Insel vor der amerikanischen Ostküste verbrachten ...
Nicoles Studienfreundin Audrey lud sie damals ein auf den Stammsitz ihrer Familie, nach Cavendish Hall, wo plötzlich die Geister der Vergangenheit erwachten und unheilvolle Wahrheiten ans Licht drängten, die man viel zu lange totgeschwiegen hatte ...
Der Heilige Abend neigte sich seinem Ende zu.
Begonnen hatte er im Dorf unterhalb von Château Montagne, mit der Messe de Minut im altehrwürdigen Kirchlein Saint-Cyriac. Pater Ralph hatte eine bewegende und nachdenklich stimmende Predigt gehalten, Kinder des Dorfes führten ein Krippenspiel mit moderner Note auf, und der Kirchenchor hatte die Gemeinde mit »Nuit de Paix« in die stille Nacht entlassen.
Zamorra hatte schon im Voraus zum Réveillon, dem gemeinsamen Weihnachtsschmaus, mit anschließender Feier aufs Schloss eingeladen. Obgleich vor allem Familien mit Kindern dem Professor zwar herzlich gedankt, es aber dennoch vorgezogen hatten, nach Hause zu gehen, um den restlichen Abend und den morgigen eigentlichen Feiertag traditionell zu begehen, waren doch viele der Einladung gefolgt. Und so war der Heiligabend auf Château Montagne wunderschön und fröhlich geworden. Zamorra und Nicole hatten ihre Rolle als Gastgeber mit Perfektion und Freude erfüllt und genossen – aber jetzt stahlen sie sich einen Augenblick, den sie nur einander schenkten.
Sie hatten sich ins Arbeitszimmer im zweiten Stock des Nordturms zurückgezogen. Durch dessen von der Decke bis zum Boden reichendes Panoramafenster hatte man die schönste Aussicht über die Loire und auf das kleine Dorf im Tal. Der Schein von Mond und Sternen ließ die leicht verschneite Landschaft aus Mischwald und Weiden wie mit Silberstaub bepudert wirken. Und wie ein vor dem Weihnachtsbaum zu Boden gefallenes Geschenkband wand sich die zum Schloss heraufführende Serpentinenstraße hindurch.
Sie hatten beide schon die ganze Welt gesehen – mehr noch, sie hatten diese Welt und viele andere gesehen. Aber …
»Nirgends ist es so schön wie zu Haus«, flüsterte Nicole und schmiegte sich in den Arm, den Zamorra um sie legte und mit dem er sie an seine Schulter zog. Sie genoss die von ihm ausstrahlende Wärme, die über das Körperliche hinausging, genau wie seine Stärke.
Manchmal, in Momenten wie diesen, badete Nicole regelrecht in dem wunderbaren Gefühl, einmal nicht die Assistentin und Kampfgefährtin jenes Parapsychologen zu sein, den Freund und Feind den Meister des Übersinnlichen nannten, sondern einfach nur die Geliebte eines französischen Schlossherrn, der nicht vergessen hatte, wie man den schönen Seiten des Lebens zusprach.
Allenfalls wünschte sie sich, sie würden sich ein bisschen öfter auch daran erinnern, dass sie diesen Aspekt des Erdendaseins nicht vergessen hatten. Und dass ihnen der Rest des Lebens etwas mehr Zeit dafür ließe – denn jener Rest des Lebens war leider dessen sehr viel größerer Teil …
»Ich kann spüren, was du denkst«, raunte Zamorra mit warmem Atem in ihr Haar.
Sie seufzte. »Ich weiß.«
»Vielleicht ein Vorsatz fürs neue Jahr …«, begann er.
»Nicht«, unterbrach sie ihn. »Sag nichts. Die Zukunft liegt nicht in unserer Hand. Und speziell über unsere Pläne für morgen lacht nicht nur der liebe Gott.«
»Nun, dass die Zukunft nicht in unserer Hand liegt, stimmt ja nicht ganz. Ich sag nur: Zeitring.«
»Lass es«, gab Nicole zurück. »Mach den Moment nicht kaputt, chéri . Bitte.«
»Verzeih.«
»Schon gut.«
Er zog sie fester an sich, und sie schmiegte sich dichter an ihn.
Über den duftenden Dampf, der aus ihren warmen Glühweinbechern stieg, blickten sie aus dem dunklen Zimmer hinaus in die helle Winternacht.
Ein bunt und festlich dekoriertes Schiff fuhr langsam die Loire hinab. Im Dorf am Fuß des Hangs, auf dessen halber Höhe Château Montagne thronte, glitzerte weihnachtlicher Schmuck an Häusern und in Gärten, als wäre der Ort ein Spiegel, der den gestirnten Himmel reflektierte. Im weiteren Umkreis blinkten einsam die Lichter verstreut liegender Aussiedlerhöfe.
»Ein Bild wie gemalt«, meinte Nicole.
Zamorra nickte. »Wie man es schöner nicht malen könnte.«
Dann verzogen beide synchron das Gesicht, und er ergänzte: »Aber schöner singen könnte man.«
Anderswo im Schloss hatte sich spontan ein Chor zusammengefunden, dessen Mitglieder nicht alle mit begnadeten, dafür aber überreichlich lauten Stimmen gesegnet waren. Jemand hämmerte mit mehr Freude als Können auf die Tasten eines Flügels ein, und dann stimmte auch noch eine Katze mit ein, die sich erst nach genauerem Hinhören als kratzig gestrichene Fiedel zu erkennen gab. Es wurde mit selbst über die Distanz hinweg deutlichem französischen Zungenschlag »Rudolph the Red-Nosed Reindeer« zum Besten gegeben – oder zu jenem Besten eben, das in den stimmlichen Kräften dieser Truppe stand.
»Och«, befand Nicole, als der erste Refrain erreicht war, »klingt doch eigentlich ganz schön.«
»Schön schräg jedenfalls«, konterte Zamorra und berührte mit der Zungenspitze prüfend einen Backenzahn, der ihm plötzlich wehtat. Aber vielleicht war es auch nur sein Ohr, das bis in den Kiefer schmerzte …
»Ich glaube, ich höre Mostache heraus«, sagte Nicole.
Der Dorfwirt hatte seine Kneipe heute Abend zugesperrt, ein Ereignis von hohem Seltenheitswert.
»Dem sing ich nächstens auch die Ohren voll, wenn’s am Stammtisch wieder mal spät wird«, schwor Zamorra.
»Ich fürchte, das hast du in der Vergangenheit schon zur Genüge getan, und das hier ist jetzt seine Rache.«
»Meine Rache wird fürchterlicher sein.«
»Das kann ich mir leider fürchterlich gut vorstellen.«
Nicole nippte von ihrem gewürzten Wein, der allmählich abkühlte.
»Ich wüsste gern, was Madame Claire da alles hineingibt. Es sind jedenfalls mehr als die üblichen Gewürze wie Zimt, Nelken und Sternanis.«
Sie trank noch einen kleinen Schluck und behielt ihn ein wenig im Mund, um den Geschmack zu erforschen.
»Ich wünschte, die gute Seele hätte unser Angebot angenommen, die Feier heute Abend von einem Catering-Service ausrichten zu lassen. Ich hätte ihr die viele Arbeit mit dem Réveillon gern erspart«, sagte Zamorra.
Das mit Lichtern geschmückte Schiff auf der Loire hatte die nächste Biegung unterdessen fast erreicht.
»Das hätte sie uns nie verziehen«, erwiderte Nicole. »Ihr das Kochen zu verbieten, das wäre, als …« Sie seufzte wieder. »Mir fällt gar nicht ein, wie schlimm das für Madame Claire wäre.«
»So schlimm, als würde man dir mich verbieten?«, half Zamorra aus.
»Schlimmer.«
»Oh. So schlimm dann doch?«
»O ja.«
»Na, immerhin hat sie sich auf den Kompromiss eingelassen, ihr ein paar professionelle Helfer für die niederen Dienste zur Seite zu stellen.«
»Ja, immerhin.« Nicole nickte und trank ihren Becher aus. »Mischen wir uns wieder unters Volk?« Sie sah zu ihm auf.
»Noch nicht.« Zamorra schaute dem um die Flussbiegung verschwindenden Schiff nach. »Es ist so …«, er suchte nach einem großen Wort und beließ es dann bei: »… einfach nur schön.«
Nicole spürte, wie er die Schultern hob. Diese Schultern, die so straff und kräftig waren. Die wie alles in und an ihm nicht dem Bild entsprachen, das man von einem Mann vor Augen haben mochte, von dem man nur hörte, er sei ein Professor und Parapsychologe. Wer dachte da nicht wie im Reflex an einen alten Herrn mit wirrem weißen Haar und knarrenden Gelenken, der insgesamt von eher klappriger Statur war und bei jedem Schritt staubte?
»Die anderen werden uns vermissen«, gab Nicole zu bedenken.
»Aber taktvoll genug sein, uns nicht zu suchen.« Zamorra zwinkerte ihrem Spiegelbild, das sich durchscheinend wie ein Geist auf der Scheibe abzeichnete, lächelnd zu.
»Du willst … hier?«, fing sie an zu fragen, doch er schüttelte sacht den Kopf.
»Nein.«
»Nein?«
»Nicht jetzt. Später. Vielleicht.«
»Nur vielleicht?«
»Später.«
»Bestimmt?«
»Versprochen.«
Das Lied, in das immer mehr mit eingefallen waren, ging zu Ende. Applaus wurde laut und hallte durchs Schloss. Jemand stimmte ein neues an.
»Klingt wie Gryf«, sagte Nicole.
»Ja«, bestätigte Zamorra. »Und die zweite Stimme wie Teris.«
Nicht nur Leute aus dem Dorf – die Lafittes etwa, der Posthalter Trenet und der Schmied Goudon – sowie die meisten Pächter der umliegenden Weinberge und Anbauflächen, die zu Château Montagne gehörten, hatten sich heute Abend auf dem Schloss eingefunden. Natürlich waren auch alte Kampfgefährten der Einladung gefolgt, darunter eben auch die Silbermond-Druiden Gryf ap Landrysgryf und Teri Rheken. Eigentlich war aus dieser Riege nur Ted Ewigk, der in jungen Jahren als Geisterreporter bekannt geworden war, nicht mit von der Partie. Er lebte in Rom und war von Freunden, die er dort hatte, bereits lange im Voraus eingeladen gewesen.
Aber selbst Freunde, die Zamorra und Nicole schon lange nicht mehr gesehen hatten, waren gekommen – April Hedgeson zum Beispiel, die am Gardasee residierende Chefin der Grym-Werft, und der Sachbuchautor Brik Simon, ein gebürtiger Engländer, den die Liebe ins deutsche Sauerland verschlagen hatte, wo das Schicksal ihn bis heute festhielt. Über seine Zusage hatten sich Zamorra und Nicole besonders gefreut. Ein paar ihrer Freunde, darunter der gute Brik, würden auch den Jahreswechsel mit ihnen auf Château Montagne feiern, und in den Tagen bis dahin würden sie hoffentlich noch viel Zeit haben, um sich zu...
| Erscheint lt. Verlag | 22.12.2018 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Professor Zamorra | Professor Zamorra |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead |
| ISBN-10 | 3-7325-7461-X / 373257461X |
| ISBN-13 | 978-3-7325-7461-2 / 9783732574612 |
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