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Jerry Cotton Sonder-Edition 86 (eBook)

Sein Name war Capello

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Aufl. 2018
80 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-6813-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Jerry Cotton Sonder-Edition 86 - Jerry Cotton
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Wir sollten Frank Capello festnehmen, einen seit Monaten gesuchten Verbrecher. Er stand in den Fahndungslisten von acht Staaten und war in einem kleinen Nest am Long Island Sund gesehen worden. Routinefall, dachten wir, mein Freund Phil Decker und ich. Aber wir hatten nicht mit dem Hurrikan gerechnet. Capello allerdings auch nicht. Einer der Meteorologen taufte den Hurrikan auf Agatha. Ein harmloser, etwas altmodisch klingender Name. Doch in diesem Fall bedeutete Agatha Tod ...

1

Die Morgensonne knallte auf das Dach des schwarzen Packard. Die drei Männer in dem Wagen schwitzten. Der Packard stand an der Gabelung der Straße, die von Willow’s Point zur Fischfabrik hinaufführte. Nach links machte die schmale Asphaltstraße einen leichten Bogen und endete etwa zweihundert Yards weiter unten am Hafen. Eine hölzerne Mole aus massiven Stämmen führte weit ins Wasser hinaus. Auf der rechten Seite schaukelten abgedeckte Motorboote und schlanke Segeljachten auf der Innenseite der Wellenbrecherstege in den sanften Wellen. Die Poller auf der linken Seite des Anlegers waren frei. Daran würden am späten Abend die Kutter der Hummerfischer festmachen.

Die drei Männer im Wagen waren Frank Capello, Dave Frazer und Paul »Dix« Hawthorn. Sie starrten zu dem Tor der Fischfabrik hinauf, schätzten die Entfernung zur Gabelung und zum Dorf. Der Weg zu dem kleinen Hafen interessierte sie weniger. Frank Capello umriss mit klaren, präzisen Worten seinen Plan. Die anderen hörten stumm zu. Sie hatten die Seitenfenster des Wagens geöffnet, aber kein Luftzug strich durch den Innenraum.

Dave Frazers mächtige Fäuste lagen auf dem Steuerrad. Der Mann hatte helle Augen, rötliches Haar und farblose Wimpern. Eine Zigarette verglimmte zwischen den schmalen Lippen. Der blaue Rauch stieg kerzengerade auf, zerflatterte und trieb träge in Frazers Auge. Frazer kniff das Auge zu. Aus dem anderen starrte er zu dem geschlossenen Tor der Fabrik hoch.

Neben Frazer saß Frank Capello. Capello hatte ein schmales, fast schön zu nennendes Gesicht mit tief liegenden dunklen Augen unter schmalen, pechschwarzen Brauen. Seine Gesichtshaut war hell und blass, die Nase gerade, das Kinn kantig und tief eingekerbt. Er trug einen eleganten dunkelblauen Anzug, trotz der Hitze zog er das Jackett nicht aus. Die feinen Schweißperlen auf der Oberlippe und der Stirn schienen ihn nicht zu stören. Seine Augen wanderten langsam umher und nahmen die Umgebung auf. Ihnen entging keine Einzelheit, die für seinen Plan wichtig zu sein schien.

Frank Capello war fünfundvierzig Jahre alt. Siebzehn Jahre seines Lebens hatte er bei den Ledernacken verbracht, die letzten neun Jahre als Sergeant. Noch gegen Ende seiner Dienstzeit war er auf die Idee gekommen, für sein Alter vorzusorgen. Er begann, die Tresore der PX-Läden der Army zu plündern. Das war gar nicht so schwer, denn alle Tresore stammten von derselben Lieferfirma, und wer den Dreh erst mal raushatte, knackte die Dinger wie Konservendosen, ob sie nun in Tunis standen oder auf Okinawa. Aber schließlich erwischte ihn die Militärpolizei doch. Nach sieben Jahren Leavenworth, dem Gefängnis der Streitkräfte, besaß Capello immer noch das respekteinflößende Auftreten des berufsmäßigen Schleifers.

Der Mann auf der Rückbank war da ganz anders. Paul Hawthorn, genannt Dix, war ein langer Lümmel mit dümmlichem Gesichtsausdruck und fahrigen Bewegungen.

Dix Hawthorn war vierundzwanzig Jahre alt. Mit neunzehn war er bei der Armee desertiert, hatte auf der Flucht vor der Militärpolizei einige Raubüberfälle verübt und war dann ebenfalls in Leavenworth gelandet. Dort hatte er Frank Capello kennengelernt. Frank hatte einige freundliche Worte mit Dix gewechselt, und seitdem lief Dix dem älteren Sergeant nach wie ein kleiner Hund seinem Herrn.

Frank Capello schnippte eine Zigarette aus der Schachtel, die im Handschuhfach gelegen hatte, und hielt das glühende Ende des elektrischen Anzünders daran. Langsam atmete er den Rauch ein, hielt ihn genussvoll in der Lunge und blies dann einen dünnen blauen Strahl gegen die Windschutzscheibe.

Nichts rührte sich auf der Straße. Capello wusste, dass es gegen drei Uhr lebendig werden würde, wenn die Frühschicht zu Ende sein und die zweite Schicht die Arbeit aufnehmen würde. Aber bis dahin wollte er seinen Job erledigt haben. Der Transporter würde zwischen Viertel vor zwei und zwei eintreffen, wie an jedem Freitag. Wenn Shingler nicht gelogen hatte. Aber das würden sie bald wissen. In spätestens sechs Stunden.

Capello sog noch einmal an seiner Zigarette und warf sie dann aus dem Fenster. »Ab«, sagte er in das Schweigen hinein.

Dave Frazer drehte den Zündschlüssel. Die Maschine sprang sofort an, sie schnurrte leise und gleichmäßig. Als die Kupplung packte, zog der Motor kraftvoll an. Frazer verzog die Lippen zu einem zufriedenen Grinsen. In dieser alten Mühle würde niemand eine liebevoll gepflegte Hochleistungsmaschine vermuten. Autos waren Dave Frazers einzige Leidenschaft.

Frazer wendete und steuerte den großen Wagen nach Willow’s Point hinunter.

Capello sog die Luft ein, schien ihren Geruch schmecken zu wollen und blickte prüfend zum Himmel empor, der ein strahlendes Blau zeigte. Frank Capello fühlte sich etwas unbehaglich. Aber einen Grund für dieses Gefühl hätte er nicht angeben können.

In langen Windungen führte die Straße bergab. In einer Haltebucht stand ein blau-weißer Wagen mit einer dünnen Dachantenne. Dix Hawthorn ließ blitzschnell seinen Colt unter der Jacke verschwinden. Frazer sah starr geradeaus. Capello erspähte den Mann in dem hellen Anzug, der an dem Wagen lehnte und nachdenklich über den Sound blickte. Ein breitrandiger Hut überschattete ein faltiges Gesicht, aus dem eine klobige Nase wie ein Felsbrocken aus dem Sand hervorsprang. Als der Mann den näherkommenden Wagen hörte, drehte er sich langsam um, und Capello bemerkte den hell blinkenden Stern auf der breiten Brust.

»Das ist der Sheriff«, schrie Dix aufgebracht. »Der Sheriff!«

»Halt den Schnabel«, sagte Frazer ruhig.

»Der Sheriff! Er sieht uns! Soll ich ihn umlegen?«

»Schnauze«, zischte Capello nur. Er dachte an die offen stehenden Seitenfenster. Dann waren sie vorbei. »Behalt die Nerven, Kleiner«, fügte Capello gelassen hinzu. »Der wird uns nicht gefährlich.«

»Wie sollte er auch«, bemerkte Frazer. »Ein Dorfpolizist!« Er schnaufte verächtlich.

***

John D. High, Chef des FBI New York, sah von einer Akte auf, als wir sein Office betraten. Phil und ich zogen uns Stühle heran und nahmen Platz.

Es war Freitagvormittag an einem warmen, sonnigen Tag Ende August. Nicht zu warm, die Klimaanlage schaffte es gerade noch, eine angenehme Temperatur im Distriktgebäude zu halten. Man konnte sich wohlfühlen. Nur für das Wochenende sah ich schwarz, wenn der Chef uns zu sich zitierte. Mr High lehnte sich zurück und sah uns nacheinander an.

»Frank Capello ist Ihnen entwischt?«, fragte er. Ohne eine Antwort abzuwarten, denn diese Tatsache war ihm bekannt, fuhr er fort: »Irgendwelche Spuren?«

»Keine«, berichtete ich. »Capello wohnte seit zwei Wochen in dem Apartment. Niemand hat ihn je mit anderen gesehen, er hatte offenbar keinen Wagen in der Nähe, nichts. Wir haben die umliegenden Geschäfte abgeklappert, die Parkhäuser, alles umsonst.«

Mr High nickte bedächtig. »Aber wir müssen ihn haben. Capello läuft lange genug frei herum.«

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie mein Freund resignierend die Augenbrauen hochzog. Auf unserem Dienstplan stand ein freies Wochenende …

Mr High lächelte jetzt. »Was haben Sie sich fürs Wochenende vorgenommen?«

Konnte unser Chef Gedanken lesen? »Ausschlafen«, antwortete ich. »Nur schlafen, sonst nichts.«

»Ich habe eine Hütte am Oriental Beach gemietet«, sagte Phil. »Ein bisschen Schwimmen, zum Fischen rausfahren und so. Aber sonst nichts Besonderes.«

»Da weiß ich ein schöneres Plätzchen für Sie.« Mr High lächelte immer noch. Ich sah meinen Chef misstrauisch an. Er war zwar immer wie ein Vater zu uns, aber um unsere Freizeitgestaltung hatte er sich nie besonders gekümmert. »Ein schönes Wochenende auf Staatskosten am Long Island Sound.«

Das durfte doch nicht wahr sein! Der Haken musste doch kommen. Und er kam prompt.

»Es gibt da ein stilles Nest, einige Meilen südwestlich von New London. Willow’s Point heißt es. Sehen Sie sich dort etwas um. So bis Sonntag oder Montag, von mir aus. Der Sheriff will einen Mann gesehen haben, den wir seit Langem suchen.«

Doch nicht noch einen, dachte ich und hatte dabei Frank Capello im Sinn. Aber ich atmete trotzdem vorsichtig auf. Das hörte sich ja ganz gut an. Phil und ich hatten schwere Tage hinter uns. Im Stillen dankte ich unserem Chef dafür, dass er uns zur Abwechslung einmal einen erholsamen Job verschaffen wollte.

»Und wie soll der Bösewicht heißen, der das Seebad Willow’s Point unsicher macht?«, fragte Phil. Eine gute Frage, dachte ich. In meiner Begeisterung hätte ich sie beinahe vergessen.

»Frank Capello«, antwortete Mr High harmlos.

Ich hätte es ja wissen müssen, aber ich fuhr trotzdem leicht zusammen. Wie ein ahnungsloses Baby war ich meinem Chef in die Falle getappt. Erholsamer Job, dachte ich erbittert. Schönes Wochenende! Wenn Capello in Willow’s Point war, konnte es dort interessant werden, spannend und abwechslungsreich. Aber nicht erholsam.

Phil und ich waren dem Gangster zwar noch nicht begegnet, wir kannten jedoch seine Akte sehr genau. Capellos Name tauchte seit Monaten in den Fahndungslisten mehrerer FBI-Dienststellen auf. Der Gangster plante blitzschnelle Raubüberfälle auf Geldboten, kleine Bankfilialen und die wohlgefüllten Kassen von Supermärkten. Er verstand es meisterhaft, diese Überfälle bei kürzester Vorbereitung mit militärischer Präzision ablaufen zu lassen. Meistens arbeitete er mit einem Komplizen, manchmal auch mit zweien, nie mit mehr Leuten.

Mr High reichte uns die Notiz herüber, auf der der Anruf des Sheriffs von Willow’s Point festgehalten war. »Seien Sie...

Erscheint lt. Verlag 28.8.2018
Reihe/Serie Jerry Cotton Sonder-Edition
Jerry Cotton Sonder-Edition
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erste fälle • erste-fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Horst-Bosetzky • international • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Krimis • krimis&thriller • letzte fälle • martin-barkawitz • morland • nick-carter • Polizeiroman • Reihe • Roman-Heft • schwerste fälle • schwerste-fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • Spannungsroman • stefan-wollschläger • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • uksak • Urlaub • Wegner
ISBN-10 3-7325-6813-X / 373256813X
ISBN-13 978-3-7325-6813-0 / 9783732568130
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