Der Bergdoktor 1923 (eBook)
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-6562-7 (ISBN)
Zu schön, um wahr zu sein - Kann Leonie den Worten des feschen Knechts vertrauen?
In drei Tagen soll ihre Hochzeit stattfinden, und eigentlich sollte es die schönste Zeit in ihrem Leben sein, aber irgendwie fühlt es sich weder für Leonie noch für Magnus so an. Leonie muss beruflich noch einmal zu einem wichtigen Treffen nach Hamburg, und Magnus hat kein Verständnis dafür. Kann Leonie den Termin nicht absagen? Sollte eine Braut die Tage vor der Hochzeit nicht bei ihrem Bräutigam verbringen?
Leonie wiederum fühlt sich unverstanden. Was hat Magnus denn nur? Sie liebt ihn doch! Aber soll sie nur, weil sie bald eine verheiratete Frau sein wird, ihren Beruf aufgeben?
Sie tritt die Reise an - und muss zu ihrem Entsetzen feststellen, dass am Tag ihrer geplanten Rückreise alle Flüge nach Bayern und Österreich wegen eines Unwetters gestrichen wurden. Nun ist guter Rat teuer! Ihr muss dringend etwas einfallen, wenn sie nicht ihre eigene Hochzeit verpassen will.
Als sie noch am Flughafen dem feschen Knecht Johann begegnet, scheint die Lösung gefunden: Er wird sie im Auto mit nach St. Christoph nehmen. Doch leider ist eine gemeinsame Autofahrt nicht alles, was sich Johann von Leonie erhofft ...
»Tu das net, Liebling!«
Magnus trat hinter Leonie, schlang ihr die Arme um die Taille und schnupperte an ihrem Hals.
»Hm, du riechst so gut.« Er seufzte. »Warum stellst du den Koffer net zurück auf den Schrank und wir beide verbringen den restlichen Nachmittag damit, für unsere Hochzeitsnacht zu üben?«
»Das würde ich gern, aber es geht leider net.« Leonie drehte sich um und strich ihrem Verlobten bedauernd durch die sommerblonden Haare.
Er arbeitete den größten Teil des Tages im Freien, deshalb war seine Haut sonnengebräunt, und seine breiten Schultern verrieten, dass er keine Anstrengung scheute. Die Berührung fühlte sich so vertraut an, dass ihr Herz einen glücklichen Hüpfer machte.
Bald! Bald würden sie Mann und Frau sein, für immer verbunden. Manchmal kam es ihr immer noch vor wie ein schöner Traum. Dabei waren es nur noch wenige Tage …
Die Jalousien vor den Schlafzimmerfenstern waren geschlossen, um die sommerliche Hitze auszusperren. Draußen heizte die Sonne die Luft auf dreißig Grad und mehr.
Leonies Rollkoffer lag geöffnet auf dem Bett.
»Ich muss fertig packen«, seufzte sie, während ihr Verlobter seine Hände über ihren Körper wandern ließ.
Er knabberte an ihrem Ohrläppchen und tupfte zärtliche Küsse auf ihre empfindliche Halsbeuge. Er wusste genau, wo er sie berühren musste, damit sie dahinschmolz.
»Das ist net fair«, protestierte sie. »Wie soll ich mich konzentrieren, wenn du … wenn … oooh!«
Ihre Knie knickten unter ihr ein, und sie sank gegen die Brust ihres Verlobten.
»Flieg net nach Hamburg«, raunte er und ließ ihre blonden Haare sanft zwischen seinen Fingern hindurchfließen.
»Mir bleibt leider nichts anderes übrig. Der Termin ist wichtig.«
»Dann schick jemand anderen. Bleib hier bei mir.«
»Das geht net. Ich bin für die Verhandlungen zuständig. Der Fabrikant bietet großartige Mäher und Mähaufbereiter an. Damit lassen sich auch steile Bergwiesen bearbeiten. Und seine Kreiselschwader …«
»Ich weiß schon: Die arbeiten doppelt so schnell wie herkömmliche Maschinen. Ich habe die Prospekte in deinem Büro gesehen.«
»Dann weißt du ja, dass die Produkte wirklich gut sind. Ich möchte den Vermittlungsauftrag unbedingt, und dazu muss ich nach Hamburg fliegen.« Leonie legte eine Hand an seine Wange und hoffte, er würde sie verstehen.
Als Vertreterin für Landmaschinen war sie häufig beruflich unterwegs, seit ihrer Beförderung zur Bereichsleiterin sogar noch öfter als vorher. Ihr tägliches Geschäft waren Traktoren, Heuwender, Mulcher und alles, was auf einem Bauernhof an Technik gebraucht wurde. Und da gab es einiges! Leonie liebte ihre Arbeit, weil sie dabei mit Menschen zusammenkam und immer noch etwas Neues lernen konnte.
»Wie kannst du nur nach Hamburg fliegen, wenn wir in drei Tagen heiraten wollen?« Magnus trat einen Schritt zurück und sah sie vorwurfsvoll an. »In drei Tagen schon, Leonie!«
»Bis dahin bin ich längst zurück.«
»Mir wäre es wirklich lieber, du würdest nicht fliegen.«
»Mir auch, aber was soll ich machen?«
»Kündigen«, kam es prompt zurück.
»Was? Dann hätte ich mich ja ganz umsonst durch mein Studium gebissen.« Leonie schüttelte lebhaft den Kopf.
»Auf dem Hof gibt es Arbeit genug. Du könntest deine Kenntnisse auch hier einsetzen.«
»Ihr braucht mich net. Deine Eltern und du, ihr seid ein eingespieltes Team. Ich wäre auf dem Hof kaum mehr als ein Handlanger, eine Saisonkraft. Das reicht mir aber net.«
»Du könntest auch hier Verantwortung übernehmen.«
»Net so wie in der Firma.« Leonie wusste, dass ihr Schatz es lieber gesehen hätte, wenn sie auf dem Hof seiner Familie mitarbeiten würde, aber das kam für sie nicht infrage. Sie liebte ihren Beruf, und sie war gut darin.
Anfangs war es kaum mehr als eine Neckerei zwischen Magnus und ihr gewesen, als er vorgeschlagen hatte, ihre Arbeit aufzugeben. Doch inzwischen kam sein Wunsch drängender.
Das stürzte sie in eine Zwickmühle. Ihre Vorstellungen von der gemeinsamen Zukunft schienen sich immer weniger mit seinen zu decken. Manchmal wünschte sie sich, ihr Hochzeitstermin würde nicht unerbittlich näher rücken. Brauchten sie nicht noch mehr Zeit, um sich über einige Dinge klar zu werden?
»Leonie …« Magnus nahm ihre Hand und wollte sie mit sich zum Bett ziehen, aber sie schüttelte den Kopf.
»Ich kann wirklich net. Ich muss noch die Unterlagen für die Besprechung morgen durchgehen und meinen Koffer fertig packen. Im Moment habe ich den Kopf voll mit geschäftlichen Dingen. Es tut mir leid.«
»Mir auch.« Magnus ließ sie los und verließ mit hängenden Schultern das Schlafzimmer. Seine Enttäuschung war beinahe greifbar.
Bestürzt sah Leonie ihm nach. Oh, verflixt noch mal, das hier hätten die schönsten Tage ihres Lebens sein sollen. Sie wollten bald heiraten! Warum nur fühlte es sich überhaupt nicht schön an?
Sie fasste nach ihrem Hals und nestelte am Kragen ihrer ärmellosen Bluse, weil er ihr plötzlich zu eng erschien. Beklommen wandte sie sich wieder ihrem Koffer zu.
Der Hofkater war inzwischen unbemerkt ins Zimmer gehuscht und hatte es sich auf ihrem Gepäck bequem gemacht. Maunzend schlug er mit dem Schwanz auf den Koffer, und er war nicht gewillt, seinen weichen Platz widerstandslos zu räumen.
»Du also auch, mein Brutus?« Leonie seufzte. »Ich bin doch übermorgen wieder da. Versprochen.«
Sie legte ihr Reise-Kopfkissen, ihren Reader und eine Schachtel Ohropax bereit. Nach zahlreichen Geschäftsreisen wusste sie, was ihr im Hotel nützlich sein konnte.
Auch eine Schlafbrille nahm sie mit. Seit sie einmal eine flackernde Leuchtreklame vor dem Fenster gehabt hatte, reiste sie nicht mehr ohne die Brille.
Sie hängte das veilchenblaue Kostüm an den Schrank, das sie bei der Besprechung anziehen wollte. Dann ging sie hinunter in die Küche. Auf dem Fensterbrett grünten Kräuter in Keramikgefäßen, und hinter dem offenen Fenster zeichneten sich die schroffen Gipfel der Zillertaler Alpen ab.
Leonies Herz wurde weit. Sie liebte die Berge und hätte nirgendwo anders leben wollen.
Der Hof der Familie Patscheider stand auf einer Anhöhe über St. Christoph, einem hochgelegenen Bergdorf. Wenige weiße Wolken trieben über das Tal hinweg. Eine Idylle wie von einer Postkarte!
Sie lebten hier, wo andere Menschen Urlaub machten, und trotzdem trieb es Leonie häufig fort. Manchmal verstand sie sich selbst nicht.
Leonie lebte seit vier Monaten mit ihrem Verlobten zusammen. Sie hatten sich das Austragshäusel hergerichtet, das lange Zeit leer gestanden hatte. Frisch renoviert und mit einem neuen Dach versehen, war es ein gemütliches Zuhause geworden.
Links und rechts von der Haustür blühten bunte Sommerblumen. Das Bauernhaus von Magnus’ Eltern stand ein Stück weiter den Hang hinunter, der Stall lag weiter hinten.
Leonie öffnete den Kühlschrank und nahm sich eine Flasche mit Eistee heraus. Oben hing ihr Brautkleid bereit, eine Folie schützte es vor Blicken und Staub.
Ihr Herz klopfte unwillkürlich schneller. In drei Tagen würde sie nicht mehr Leonie Kössler sein, sondern Leonie Patscheider. Dann waren Magnus und sie endlich eine Familie. Und das war etwas, nach dem sie sich schon lange sehnte.
Sie hatte ihre Eltern früh verloren. Beide waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als Leonie gerade neunzehn gewesen war.
Seitdem war sie auf sich allein gestellt. Sie hatte sich mit zahllosen Jobs durch ihr Studium gehangelt und verbissen an ihrem Ziel festgehalten: einen guten Abschluss zu machen.
Während eines Winterurlaubs in den Bergen hatte sie Magnus kennengelernt. Sie waren sich auf Anhieb sympathisch gewesen und hatten sich ineinander verliebt. Damals waren die Weichen ihres Lebens neu gestellt worden …
Leonie war ins Zillertal gezogen und hatte ihre neue Heimat fest ins Herz geschlossen. Sie mochte die Dorfbewohner, die auf ihre Art granteln konnten, aber immer füreinander da waren. Hier oben schienen die Uhren ein wenig langsamer zu ticken als anderswo, und auch das gefiel Leonie.
Die Haustür klapperte. Dann kam Elke Patscheider herein und stellte eine Schale auf der Anrichte ab.
»Ich habe euch einen Auflauf gemacht. Du hast ja sicherlich wieder keine Zeit zum Kochen.« Ihre zukünftige Schwiegermutter kräuselte die Lippen.
Leonie nahm die Spitze hin und bedankte sich. »Den kann Magnus morgen essen. Für heute habe ich uns einen bunten Sommersalat vorbereitet und Brot gebacken.«
»Salat? Der Bub schuftet den ganzen Tag auf dem Feld und im Stall. Er braucht abends etwas Ordentliches zu essen.«
»Das bekommt er auch.« Leonie stellte die Schale in den Kühlschrank.
»Magnus hat abgenommen«, tadelte Elke. »Der Bub wird mir noch vom Fleisch fallen bei deiner sogenannten Kost.«
Leonie versteifte sich. Was sollte sie darauf erwidern?
»Hey, ihr!« Eine junge Frau spähte zur Tür herein. Ihre Wangen waren gerötet. Sie trug Shorts, Laufschuhe und ein Shirt, unter dem ein MP3-Player an ihrem Oberarm hervorblitzte. Ihre blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden. »Redet ihr etwa über meinen Bruder? Der Magnus fällt doch net vom Fleisch!«
»Magnus arbeitet hart.« Die Bäuerin zog missbilligend eine Braue hoch. »Er braucht etwas...
| Erscheint lt. Verlag | 5.6.2018 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Der Bergdoktor | Der Bergdoktor |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • alfred-bekker • Alpen • Alpen-Krimi • alpen-roman • anna-martach • Arzt • Arztroman • Arztromane • Bastei • Bergdoktor • Berge • Bergpfarrer • Bergroman • Bestseller • Bianca • christof-hallberg • Cora • Daniel • Deutsch • dieter-adam • Doktor • Dr. • DR • dr daniel • dr laurin • dr-laurin • dr norden • dr-norden • Dr Stefan Frank • eBook • E-Book • eBooks • Familiensaga • Fortsetzungsroman • Frauen • friebel • für • Großdruck • große-schrift • hans-ernst • Hans Ernst • Heimat • Heimatbuch • Heimatkinder • Heimatromane • hermann-broch • Julia • Kelter • kelter-verlag • Kindle • Landarzt • Liebe • Liebesromane • Magd • martin-Kelter • Medizin • Mira • Modern • morland • Patient • peter-steingruber • Roman-Heft • romantisch • schicksalsromane • Schwarzwald • Serie • Sonnenwinkel • Stefan-Frank • steingruber • Toni-Hüttenwirt • Verlag • waidacher • wilde-kaiser |
| ISBN-10 | 3-7325-6562-9 / 3732565629 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-6562-7 / 9783732565627 |
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