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Helle Tage, helle Nächte (eBook)

Roman

****

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
352 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490415-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Helle Tage, helle Nächte -  Hiltrud Baier
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Zwei ungleiche Frauen, eine alles für immer verändernde Entscheidung und die große Weite der Natur. Ein besonderes Leseerlebnis von Bestsellerautorin Hiltrud Baier Die Kirschbäume blühen, als Anna Albinger in ihrem Haus am Fuß der Schwäbischen Alb einen Entschluss fasst: Sie möchte die größte Lüge ihres Lebens nicht länger verheimlichen. Schweren Herzens schreibt sie einen langen Brief, den ihre Nichte Frederike für sie nach Lappland bringen soll. Doch als Frederike im menschenleeren Norden ankommt, scheint der Mann, an den Annas Brief adressiert ist, verschwunden zu sein. Allein auf sich gestellt in der stillen Bergwelt Lapplands merkt Frederike, dass man manchmal auch am falschen Ort das Richtige finden kann.

Hiltrud Baier hat eine so authentische deutsch-schwedische Familiengeschichte geschrieben, wie es nur eine Frau kann, die selbst in Süddeutschland geboren und dann nach Lappland ausgewandert ist. An Nordschweden liebt Hiltrud Baier vor allem die spektakuläre Natur und, dass man stundenlang unterwegs sein kann, ohne eine Menschenseele zu treffen. Die Minustemperaturen im Winter und die lange Dunkelheit mag sie nicht so sehr. Aber sie hat ein gutes Alternativprogramm entwickelt: prasselndes Holzfeuer, samische Musik und viel heißen Tee. Die Autorin lebt mit ihrem Mann im schwedischen Lappland, in Jokkmokk, und hat zwei Töchter.

Hiltrud Baier hat eine so authentische deutsch-schwedische Familiengeschichte geschrieben, wie es nur eine Frau kann, die selbst in Süddeutschland geboren und dann nach Lappland ausgewandert ist. An Nordschweden liebt Hiltrud Baier vor allem die spektakuläre Natur und, dass man stundenlang unterwegs sein kann, ohne eine Menschenseele zu treffen. Die Minustemperaturen im Winter und die lange Dunkelheit mag sie nicht so sehr. Aber sie hat ein gutes Alternativprogramm entwickelt: prasselndes Holzfeuer, samische Musik und viel heißen Tee. Die Autorin lebt mit ihrem Mann im schwedischen Lappland, in Jokkmokk, und hat zwei Töchter.

Die Geschichte fesselt und vor allem begeistert die dichte Erzählweise von Hiltrud Baier.

Das Buch entwickelt immer mehr einen Charme, dem sich der Leser nicht entziehen kann.

Die Geschichte einer Lebenslüge besticht vor allem auch durch die überwältigend schöne Landschaft Lapplands.

Die Handlung ist eine zärtlich leise Liebesgeschichte und gewährt Einblicke in die faszinierende Kultur der Samen.

2 Mitte Mai · Frederike


Obwohl die Sonne an diesem frühen Maivormittag von einem strahlend blauen Himmel schien, war es frisch auf dem Oberdeck der Nils Holgersson. Frederike überlegte, ob sie noch einmal runter in den Laderaum gehen und sich die Daunenjacke aus ihrem VW-Bus holen sollte. Immerhin würde die Überfahrt von Rostock nach Trelleborg mehr als sechs Stunden dauern. Sie ließ es jedoch bleiben.

Mit verschränkten Armen stellte sie sich in den Windschatten einer der weißen Schiffswände und sog die Luft tief ein. Sie meinte das Salz der Ostsee riechen zu können, das sich mit dem Dieselgestank des Schiffsmotors und den Ausdünstungen des riesigen Kohlekraftwerks Rostocks vermischte. Frederike schloss die Augen. Der Wind wirbelte ihre blondgelockten schulterlangen Haare, die bereits von einzelnen grauen Strähnen durchzogen waren, wild durcheinander. Sie suchte das Stirnband in ihrer Jackentasche, aber auch das hatte sie wohl unten im Bus vergessen. Die Kapuze war ihr keine große Hilfe, da sie der Wind binnen Sekunden von ihrem Kopf riss. Vergeblich versuchte sie, die wirbelnden Locken mit dem Unterarm aus dem Gesicht zu streichen.

Ein junger Mann mit deutlichem Bauchansatz unter der Jeansjacke mühte sich zwei Meter entfernt von ihr an der Reling mit einer Zigarette ab. Er drehte sich in den Windschatten, senkte den Kopf und versuchte sein Glück immer wieder. Frederike hörte das hektische Klicken des Feuerzeugs. Schließlich gab er auf und lief mit großen Schritten Richtung Eingangstür des Oberdecks. Lautstark knallte die Metalltür hinter ihm zu.

Eine grauhaarige Frau spazierte mit einem Welpen auf dem Schiffsdeck hin und her. Neugierig schob sich die Nase des kleinen Hundes, dessen weißes, flauschiges Fell in der Sonne glänzte, über den Boden. Jetzt hob er ein Bein. Frederike sah, wie die Frau peinlich berührt auf ihn einredete und ihn schnell weiterzerrte.

Frederike schaute sich um und zog einen der blauen Plastikstühle, die kreuz und quer auf dem Deck standen, an eine windgeschützte Stelle. Als sie sich setzte, verschwanden gerade die letzten Gebäude des Rostocker Hafens aus ihrem Blickfeld. Endlich sah sie offenes Meer.

Gestern hatte sie mehr als zehn Stunden gebraucht, um von Süddeutschland nach Rostock zu fahren. Sie hatte die Autobahn über Berlin gewählt, weil sie davon ausgegangen war, dass der Verkehr auf der Ostautobahn nicht so dicht sein würde wie der über Hamburg. Aber sie hatte sich geirrt. Nach zwei Stunden Stau kurz vor Berlin war sie genervt auf die Landstraße abgebogen. Den Campingplatz vor Rostock hatte sie erst gegen 20.00 Uhr abends erreicht. Von Autoschlangen, stickiger Abgasluft und gestressten Autofahrern hatte sie erst mal genug, daher genoss sie nun die Einsamkeit auf dem Oberdeck. Die meisten Passagiere hielten sich in den geheizten Räumen im Bauch des großen Schiffes auf, doch sie war froh über die frische Brise, die ihr um die Nase wehte.

Frederike atmete tief aus. Warum nur hatte sie sich auf Annas verrückten Wunsch eingelassen?

Vielleicht, weil ihre Tante so ruhig und entschlossen gewirkt hatte, als sie ihr vor ein paar Tagen den Brief in die Hand gedrückt und sie inständig darum gebeten hatte, ihn persönlich zu übergeben. Frederike schüttelte den Kopf. Wenn sie sich die Szene vergegenwärtigte, kam sie ihr so unwirklich vor.

»Wie? Warum sollte ich nach Lappland fahren?«, hatte sie Anna gefragt und den Brief verständnislos in der Hand gehalten. »Schick ihn doch mit der Post!«

Tante Anna jedoch hatte sie ernst angeschaut und gesagt: »Bitte. Es ist wichtig. Es müssen ein paar Dinge geregelt werden.«

»Welche Dinge denn?«

»Es geht um etwas Notarielles. Ich möchte, dass alles geklärt ist, bevor ich …«

Frederike hatte das nicht hören wollen und daher nach einem kurzen Zögern schnell genickt.

Später hatte Anna noch erwähnt, es solle um eine Überschreibung gehen. Es gäbe eine Hütte in Lappland, die der Familie ihrer Mutter gehören würde.

Wegen einer Hütte sollte sie nach Lappland! Allerdings hatte Anna sie noch nie um etwas gebeten, zumindest konnte sie sich nicht daran erinnern. Sicher, früher, als Kind, als sie bei Anna wohnte. Aber dabei war es nur um alltägliche Dinge gegangen, wie: »Trag den Müll nach unten. Räum dein Zimmer auf. Mach das Radio leiser.« Und später dann: »Um Mitternacht bist du zu Hause.« Da war es keine Bitte mehr, sondern eher ein Befehl gewesen. Aber eine richtige Bitte – nein, noch nie. Und jetzt, da Anna krank war und sich Metastasen in ihrem Körper ausgebreitet hatten … Frederike schluckte. Deshalb hatte sie ja gesagt. Ihr Stuhl kippelte, sie rückte ihn zurecht und versuchte, eine bequemere Position zu finden.

Sicher, diese Reise passte nicht in ihren Zeitplan. Aber wann passte eine solche Bitte überhaupt in einen Plan? Wer fuhr heutzutage schon 3000 Kilometer, um persönlich einen Brief zu überbringen? Bescheuert! Natürlich hatte Anna ihr auch angeboten, einen Flug zu zahlen, aber das hatte sie abgelehnt. Sie liebte langsamere Arten zu reisen, und sie liebte ihren roten VW-Bus.

Frederike seufzte. Gerade erst hatte sie angefangen, sich von all den Anstrengungen der letzten Monate zu erholen. Die endlosen, nervenaufreibenden Diskussionen mit Thomas um ihre Beziehung, schließlich die Trennung von ihm und das Auseinanderdividieren der Werbeagentur. Sie war am Ende gewesen, als sie letzten Herbst endlich das gemeinsame Haus aufgelöst, ihre Möbel eingelagert und sich von einem Teil der Summe, die ihr Thomas als Anteil ausbezahlte, einen Bus gekauft hatte und in den Süden gefahren war. Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, von November bis April war sie weg gewesen. Sie hatte diesen Abstand zu Thomas und Deutschland gebraucht, hatte nichts mehr sehen, nichts mehr hören wollen. Nicht von Agnes, ihrer Freundin, die ihr ständig den Kopf wusch und sie missbilligend anschaute, weil sie, wie Agnes meinte, zu schnell aufgab und Thomas, einen so gutaussehenden, netten und intelligenten Mann einer anderen überließ. Dass dieser gutaussehende, nette und intelligente Mann, mit dem sie über zwanzig Jahre verheiratet gewesen war, sie jedoch seit zwei Jahren mit einer anderen betrog, das interessierte Agnes nicht. Und sie wollte auch nichts mehr von ihrem alten Freund Hans hören, der ihr vehement davon abriet, aus der Werbeagentur auszusteigen und Thomas das Feld alleine zu überlassen. Irgendwann hatte sie einfach genug gehabt von all den gutgemeinten Ratschlägen und war weggefahren. Und das war das Beste gewesen, was sie hatte tun können.

Frederike stand von ihrem Stuhl auf und rückte ihn ein paar Meter weiter nach rechts in die Sonne. Das tat gut. Sie legte die Füße auf einen zweiten Stuhl und machte es sich so bequem wie möglich. Die Sonnenstrahlen schienen ihr direkt ins Gesicht. Sie schloss die Augen.

Sicher, es war eine Flucht gewesen, aber warum nicht? Seit Jahren hatte sie nie länger als zwei Wochen am Stück Urlaub gemacht. Hier ein Projekt, da ein Projekt, das lukrativ war und das sie sich, wie Thomas immer meinte, nicht entgehen lassen konnten. Die Aufträge hatten den Takt vorgegeben. Dazwischen waren sie mal für eine Woche nach Ägypten geflogen, um die Pyramiden zu sehen, oder ein paar Tage nach New York, weil man den Trip mit einem Besuch bei einem Geschäftspartner verbinden konnte. Manchmal gab es auch Urlaube in China und Thailand, aber immer nur so kurz, dass es eher Stress, aber nie Erholung war. Die Länder, die sie gerne sehen wollte, zum Beispiel den Süden Europas, hatten sie nie besucht. Aix-en-Provence mit dem wunderschönen Flohmarkt und den Arkaden, unter denen sie im November stundenlang flaniert war. Barcelona, wo sie im Dezember noch gebadet und ihre spärlichen Spanischkenntnisse sechs Wochen lang aufgefrischt hatte. Lissabon im Januar, die wunderschöne Segelboottour bei Sonnenuntergang auf dem Tejo-Fluss.

Sie schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich war sie selbst daran schuld gewesen, dass sie nie an den Orten gewesen waren, die sie gerne besucht hätte. Sie hatte ihre Wünsche gegenüber Thomas nicht vehement genug formuliert.

Die letzten Monate hatten sich daher wie die Erfüllung eines langgehegten Traums angefühlt.

Und schließlich die langsame Rückfahrt. Italien im April. Die Blütenpracht, die Wärme, die sie genoss. Irgendwann auf der Reise hatte sie der Anruf einer alten Freundin erreicht. Sie wolle ein Café eröffnen und brauche eine Mitfinanziererin. Beste Lage, in der Innenstadt Stuttgarts, nicht ganz billig, aber sehr lukrativ. Sie hatten abgemacht, dass Frederike sich das Lokal Anfang Mai anschauen würde. Sie wollte dieses Mal nichts überstürzen und in Ruhe überlegen, ob sie sich auf diese Idee einlassen sollte, doch dann war der Anruf ihrer Tante gekommen.

Frederike hatte es sich gerade auf der Terrasse eines netten Cafés in Ascona, am Lago Maggiore, bequem gemacht gehabt, als ihr Handy geklingelt und sie Annas Festnetznummer auf dem Display erkannt hatte. Da war ihr sofort klar gewesen, dass etwas passiert sein musste. Vor ihrer Abfahrt hatten sie nämlich ausgemacht, dass Frederike sich sporadisch bei Anna melden würde. Alle zwei, drei Wochen und das hatte sie auch gemacht. Und jetzt hatte Anna sie im Ausland angerufen und dann noch auf Frederikes Handy. Es musste also etwas wirklich Ernstes passiert sein.

»Anna?« Sie erinnerte sich, dass ihre eigene Stimme hoch geklungen hatte, viel höher als gewöhnlich.

»Ja, ich bin’s«, war es langsam und dunkel zurückgekommen.

»Ist etwas passiert?«

Einen Moment war es still in der...

Erscheint lt. Verlag 25.7.2018
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Achtsamkeit • Alter • Altes Land • Auswandern • Bestseller • Beuren • Brief • Dorf • Dörte Hansen • Einsamkeit • Eis • Entschleunigung • Familie • Familienbande • Freiheit • Geheimnis • Gelassenheit • Hannas Töchter • Identifikation • Identität • Jokkmokk • Krebs • Lappland • leiblicher Vater • Liebe • Mariana Leky • Marianne Fredriksson • Mütter und Töchter • Natur • Ruhe • Scheidung • Schicksal • Schwaben • Schwäbische Alb • Schweden • Selbstfindung • SPIEGEL-Bestseller • Stuttgart • Süddeutschland • Wandern • Was man von hier aus sehen kann
ISBN-10 3-10-490415-4 / 3104904154
ISBN-13 978-3-10-490415-3 / 9783104904153
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