Dr. Stefan Frank 2449 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-6450-7 (ISBN)
Schon seit einigen Jahren versuchen Paul und Marie, ein Kind zu bekommen. Allerdings hat sich die erhoffte Schwangerschaft bislang nicht eingestellt. Woran kann das nur liegen? Marie ist jung, und Dr. Stefan Frank hat ihr nach eingehenden Untersuchungen versichert, dass sie zudem völlig gesund ist. Macht sich das Paar vielleicht zu viel Stress und ist psychisch blockiert? Aber diesen Eindruck hat Dr. Frank eigentlich auch nicht.
Einzig die Untersuchung von Paul ist bislang noch nicht erfolgt. Zwar hat der Grünwalder Arzt seiner Patientin geraten, auch ihren Ehemann einmal vorbeizuschicken, doch die ist sich ganz sicher, dass es nicht an Paul liegen kann. Immerhin hat der bereits eine Tochter aus einer früheren Beziehung.
Trotzdem sucht der beunruhigte Mann die Arztpraxis auf - allerdings ohne es seiner Frau zu verraten. Wenn er hier eine unangenehme Wahrheit erfährt, will er damit erst einmal selbst klarkommen ...
„Ich kann nur wiederholen, Frau Keller, was ich Ihnen schon vor drei Monaten gesagt habe.“ Dr. Stefan Frank betrachtete die junge Frau, die er gerade untersucht hatte, nachdenklich. „Bei Ihnen ist alles in bester Ordnung. Nichts spricht dagegen, dass Sie schwanger werden.“
Marie Keller, eine hübsche, sportliche Blondine mit schönen blauen Augen, achtundzwanzig Jahre jung, sah ihn ratlos an.
„Aber wieso klappt es dann nicht? Ich verstehe das nicht, Herr Dr. Frank. Wir …“ Sie lief rot an, beendete ihren Satz nach ein paar Sekunden des Zögerns aber trotzdem. „Wir schlafen wirklich oft miteinander, mein Mann und ich. Daran kann es nicht liegen. Und an meinem Mann liegt es bestimmt nicht.“
„Hat er sich denn auch untersuchen lassen?“
Die Röte auf den Wangen der jungen Frau vertiefte sich.
„Er … also, er hat eine Tochter aus einer früheren Beziehung. Hannah ist jetzt fünf geworden.“
„Manchmal ist es so, dass Paare sich zu sehr verkrampfen. Ich weiß natürlich nicht, ob das bei Ihnen der Fall ist, aber wenn der Wunsch nach einem Kind sehr stark ist, kann das passieren.“
„Wir fühlen uns schon unter Druck, glaube ich.“
„Das dachte ich mir. Wenn Sie können, dann versuchen Sie doch einmal, eine Weile nicht an das Kind zu denken, das Sie so gern hätten. Genießen Sie Ihre junge Ehe. Ihre Liebe. Lassen Sie, was immer passiert, auf sich zukommen.“
„Das sagt sich leicht, aber wir möchten eben sehr, sehr gern Kinder haben“, erwiderte Marie Keller mit leiser Stimme. „In zwei Jahren bin ich dreißig, mein Mann ist schon dreiunddreißig, und wir wollen eigentlich mindestens zwei, lieber noch drei Kinder. Wir müssten also allmählich anfangen.“
„Solche Gedanken verstärken den Druck“, sagte Stefan ruhig. „Ich weiß, dass es nicht einfach ist, sich davon frei zu machen, aber Sie sollten es unbedingt versuchen.“
„Und wie machen wir das? Ehrlich, ich weiß nicht, wie wir das anstellen sollen. Wir denken eigentlich beide ständig daran.“
„Dann beschließen Sie, dass Sie jetzt ein halbes Jahr lang nur noch zum Vergnügen miteinander schlafen, ohne an die mögliche Zeugung eines Kindes zu denken. Machen Sie von mir aus ein Spiel daraus. Aber hören Sie unbedingt auf, sich unter Druck zu setzen. Und, Frau Keller, vielleicht lässt auch Ihr Mann sich einmal untersuchen. Wenn seine Tochter bereits fünf Jahre alt ist, könnte sich ja in der Zwischenzeit etwas geändert haben.“
„An seiner Zeugungsfähigkeit, meinen Sie?“
„Es gibt auch Infektionen, die eine Schwangerschaft verhindern können. Wir sollten das auf jeden Fall sicher ausschließen.
„Ich sage es ihm, aber er ist keiner, der gern zu Ärzten geht. Seit ich ihn kenne, hat er noch nie einen aufgesucht.“
„Dann kann er sich glücklich schätzen, dass er offenbar keinen braucht.“
„Seine Großmutter, die mit in der Familie lebte, hat einen Großteil ihrer letzten Lebensjahre in Arztpraxen verbracht – dabei war sie bis zu ihrem Tod von ziemlich stabiler Gesundheit. Er hat mir schon oft gesagt, dass sie ihm ein warnendes Beispiel war. Sie hat ständig gejammert und sich beklagt und war fest davon überzeugt, schwer krank zu sein. Jahrelang. Nur waren die Ärzte ihrer Ansicht nach zu dumm, um ihre Krankheit richtig zu behandeln, weshalb sie ständig auf der Suche nach dem einen war, der sie endlich retten würde.“
„Das ist das andere Extrem.“ Stefan Frank lächelte. „Ich würde sagen, das Ideal liegt irgendwo in der Mitte. Wenn Ihr Mann sich nicht untersuchen lassen will, kann ihn niemand zwingen. Ich sage nur, ich hielte es für sinnvoll, aber selbstverständlich ist es seine Entscheidung.“
„Ich rede mit ihm darüber, Herr Dr. Frank. Danke, dass Sie sich so viel Zeit genommen haben. Dabei hat mir Frau Flanitzer gesagt, dass Sie unter Druck sind, weil Sie heute Morgen einen Notfall hatten – und das unmittelbar vor dem Wochenende.“
„Ja, das hat unseren Terminplan ziemlich durcheinandergebracht, aber ich kann ja deshalb meine Patientinnen und Patienten nicht mit halben Auskünften nach Hause schicken, nicht wahr? Und denken Sie bitte an meinen Rat, Frau Keller: Hören Sie auf, sich selbst Stress zu machen.“
„Wir werden es zumindest versuchen.“
Als seine Patientin gegangen war, machte Stefan sich Notizen. Der Fall beschäftigte ihn, denn wenn es jemals eine Frau gegeben hatte, deren Körper bereit war, schwanger zu werden, dann war es Marie Keller. Er konnte nur hoffen, dass er mit seiner Vermutung recht hatte, dass es also am Druck lag, unter den das junge Ehepaar sich selbst setzte.
Er wünschte sich jedenfalls sehr, ihr bei ihrem nächsten Besuch bestätigen zu können, dass sie schwanger war.
„Chef?“
Er sah zur Tür, wo Martha Giesecke stand, seine langjährige Mitarbeiterin. Sie war damals aus Berlin nach München gekommen, in eine, wie sie ihm einmal gestanden hatte, fremde Welt mit Leuten, deren Sprache sie oft genug nicht einmal verstanden hatte. Aber sie war klug und anpassungsfähig und hatte sich schnell daran gewöhnt, dass zwischen München und Berlin Welten lagen – und heutzutage verstand sie selbst Patienten aus Niederbayern ohne Probleme. Ihr Berlinerisch hatte sie sich weitgehend abgewöhnt, nur manchmal blitzte es noch durch, besonders, wenn sie sich über etwas aufregte.
„Ich weiß, wir müssen uns beeilen, Schwester Martha“, sagte er.
„Sehr sogar. Frau Keller ist nicht schwanger, oder?“
„Nein, leider nicht.“
Es wunderte ihn nicht, dass sie das sofort gesehen hatte. Martha Giesecke war eine scharfe Beobachterin, außerdem hatte sie ein geradezu phänomenales Gedächtnis, wenn es um die Patienten ging. Sie wusste deren Krankengeschichten auswendig, sie wusste aber auch, wer eine alte Mutter pflegte, gerade Liebeskummer hatte oder sich abends vor Schmerzen in den Schlaf weinte.
Er hatte sich schon öfter gefragt, wann die Patienten Zeit hatten, ihr solche Dinge anzuvertrauen, denn so lange dauerte es schließlich nicht, jemandem Blut abzunehmen oder den Puls zu messen. Aber offenbar reichten wenige Minuten aus, um ganze Lebensgeschichten zu erzählen.
Ihm war es recht, ihre Hinweise hatten ihm schon oft bei der richtigen Diagnosestellung geholfen. Denn während er mit den Patienten über die großen Fragen des Lebens sprach, über Leben und Tod, schwere Krankheiten und drohende Pflegebedürftigkeit – manchmal auch über die Einsamkeit, die sich einstellte, wenn alte Weggefährten starben –, vertrauten sie Martha eher die Beschwernisse ihres täglichen Lebens an. Beides zusammen ergab dann ein stimmiges Gesamtbild.
„Ich habe dazu geraten, dass sich auch ihr Mann noch einmal untersuchen lässt.“
Martha Giesecke nickte zufrieden.
„Die nächste ist Frau Cornelius. Ihr Fuß.“
„Sie wird ihn operieren lassen müssen“, seufzte Stefan Frank. „Sie kann schon seit Monaten keinen Schuh mehr anziehen, weil der Knochen mittlerweile so weit heraussteht. Aber sie will ja nicht. Ich weiß nicht, was ich ihr noch sagen soll, damit sie endlich einsieht, dass es keine andere Möglichkeit gibt.“
„Heute wird sie einwilligen“, erklärte Martha Giesecke gelassen.
Stefan Frank nahm an, dass sie mit dieser Vorhersage recht behalten würde, und so war es auch.
***
Hannah Ostermann hüpfte vergnügt ins Auto; ihre Mutter Klara befestigte den Sicherheitsgurt.
„Warum darf ich nie vorne sitzen, Mami?“
„Weil es zu gefährlich ist, das habe ich dir doch schon oft erklärt.“
Klara setzte sich ans Steuer und fädelte sich in den Verkehr ein. Sie war froh, dass Hannah das Wochenende bei Paul und Marie verbringen würde – sie brauchte Zeit für sich.
Sie hatte sich das Leben als alleinerziehende Mutter nicht so anstrengend vorgestellt. Oder besser: Sie hatte sich überhaupt nicht als alleinerziehende Mutter gesehen, sondern war immer davon ausgegangen, dass sie gemeinsam mit einem Mann eine Familie gründen würde. Aber dann war die Beziehung mit Paul in die Brüche gegangen, und …
Sie verdrängte diese Gedanken schnell, sie führten zu nichts. Ihr Leben war, wie es nun mal war. Sie liebte Hannah und hätte sie um nichts in der Welt missen wollen, aber manchmal wurde ihr alles schlicht zu viel. Dann träumte sie davon, wieder allein und unabhängig zu sein und sich das Leben nach ihren Wünschen einrichten zu können.
Sie war noch immer jung und attraktiv, aber die meisten Männer, die sie kennenlernte, wollten keine Frau, die schon ein Kind hatte. Das verstand sie, sie war bei getrennt lebenden Vätern auch vorsichtig.
Aber manchmal, wenn ihr die Decke auf den Kopf zu fallen drohte, fragte sie sich, ob sie ihr Leben lang allein bleiben würde. Das waren die schwarzen Tage, von denen es zum Glück nicht allzu viele gab. Aber es gab sie.
Sie war so in ihre Gedanken versunken, dass die Fahrt nach Grünwald – oft genug eine zähe und zeitraubende Angelegenheit – wie im Flug verging.
„So, da wären wir, junge Dame. Aussteigen, bitte.“
Hannah hatte den Sicherheitsgurt bereits gelöst, das konnte sie. Nur mit dem Befestigen hatte sie noch Schwierigkeiten. Sie war gerade erst fünf geworden, sehnte aber ihren sechsten Geburtstag herbei, denn dann würde sie ein Schulkind sein.
Im Augenblick gab es für sie nichts, was erstrebenswerter war. Nur die Tatsache, dass sie dann einige ihrer Kindergartenfreundinnen und -freunde nicht mehr sehen würde, bereitete ihr...
| Erscheint lt. Verlag | 29.5.2018 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Dr. Stefan Frank |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • alfred-bekker • anna-martach • Arzt • arzt-krimi • Arztromane • Bergdoktor • bergklinik • Bestseller • Bianca • Cora • der-Notarzt • Deutsch • Doktor • Dr. • dr daniel • dr laurin • dr norden • Dr Stefan Frank • eBook • E-Book • eBooks • E-Books • Familiensaga • Fortsetzungsroman • Frauen • für • für Frauen • glenn-stirling • Großdruck • große-schrift • hanna-dietz • Happy End • Hedwig Courths Mahler • Heft-Roman • Historical • Horst • Julia • kaipurgay • Kelter • Kindle • Klinik • Klinik-roman • klinik-see • Krankenhaus • Krankenschwester • Kurfürstenklinik • Landarzt • Landdoktor • laura-martens • Liebe • Liebesroman • Liebesromane • martin-Kelter • Medizin • Mira • Modern • morland • Patient • patricia-vandenberg • Romance • romantisch • Schicksalsroman • Serie • sissy-kaipurgay • spannend • Tiffany • Verlag • weymar-hübner |
| ISBN-10 | 3-7325-6450-9 / 3732564509 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-6450-7 / 9783732564507 |
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