Alpengold 266 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-6186-5 (ISBN)
Obwohl sie sich nur heimlich lieben dürfen, glaubt die hübsche Marianne ganz fest an eine gemeinsame Zukunft mit ihrem Stefan - bis sie ihn eines Tages in zärtlicher Umarmung mit einer anderen sieht.
Die Welt bricht für Marianne zusammen, denn sie weiß inzwischen, dass sie sein Kind unter dem Herzen trägt. Gedemütigt und in ihrem Stolz tief verletzt, verlässt sie noch in derselben Nacht das Heimatdorf und nimmt in der Fremde eine Stelle als Magd an ...
Die Sonne war hinter der Karwendelspitze verschwunden. Fröstelnd zog Hans Burger die Schultern hoch. Wenn es so weiterging, mussten sie mit einem harten Winter rechnen. Für September war es schon recht kühl. Aber er konnte zufrieden sein mit dem Sommer. Die Ernte war gut gewesen wie in keinem Jahr zuvor. Schade, dass es der Vater nicht mehr erlebt hatte.
Das Gesicht des jungen Mannes verdüsterte sich bei diesem Gedanken. Ganz unerwartet war er gestorben, der alte Berghofbauer. Gewiss, er war mit seinen siebzig Jahren nicht mehr der Jüngste gewesen, aber dass der Tod so plötzlich kommen würde, damit hatte keiner gerechnet. Am wenigsten er selbst. Zu gerne hätte er noch die Hochzeit seines jüngsten Sohnes miterlebt.
Hans schritt schneller voran. Der Gedanke an Marianne erhellte seine Züge. Er konnte den Tag kaum erwarten, bis sie endlich die Seine war. Schon von Weitem sah er sie auf dem Holzstapel sitzen. Wie oft hatte sie hier schon auf ihn gewartet?
Mit wenigen Schritten war er bei ihr. Mit einem Jubelruf ließ sich das Madl in seine Arme fallen. Fest hielt er die zierliche Gestalt im geblümten Dirndl an sich gepresst, so fest, dass Marianne einen kleinen Seufzer ausstieß.
»Aber geh, Hans, du tust grad so, als hättest du mich eine Ewigkeit nicht gesehen.« Sie versuchte sich aus seiner Umarmung zu befreien.
Doch Hans lachte nur.
»Der Tag hat viele Stunden, und sie wollen net vergehen, wenn ich weiß, dass ich dich am Abend treffe.« Seine Lippen suchten ihren Mund. Sofort schlangen sich die Arme des Madls um seinen Hals.
»Der Vater will wissen, wann er das Aufgebot bestellen soll. Wir müssen uns beeilen, sonst überlegt er sich’s am Ende gar anders.«
Hans zog das Madl neben sich auf das Holz.
»Dass ich dich lieber heut als morgen heiraten tät, weißt du, Marianne. Aber ich kann den Hof net allein lassen. Die Erna und der Seppl sind alt. Schwere Arbeit ist nichts mehr für die beiden. Ich muss warten, bis der Stefan kommt.«
Stefan war der älteste Sohn und Erbe des Berghofbauern. Vor einigen Jahren war er in die Welt gezogen.
»Wenn du mich brauchst, Vater, komm ich sofort zurück. Aber bevor ich den Hof übernehme, möcht ich mir noch ein bisserl was von der Welt anschauen«, hatte er gesagt.
Der Berghofbauer war nicht begeistert von der Idee seines Ältesten gewesen, aber Stefan hatte nicht lockergelassen. Wer konnte auch ahnen, dass der Vater so schnell von ihnen gehen würde?
Marianne, das Bürgermeistertöchterchen, zog einen allerliebsten Schmollmund.
»Das hör ich schon ein gutes halbes Jahr, dass wir warten müssen. Am End warten wir in zwanzig Jahren immer noch. Aber ob du mich dann noch magst mit grauen Haaren, das ist eine andere Frage.«
Hans musste lachen. Doch dann wurde er wieder ernst. Er hob ihr Gesicht zu sich empor und sah hinein in diese lockenden blauen Augensterne.
»Mögen tu ich dich mein Leben lang, Marianne, das musst du mir glauben. Ich bete jede Nacht zu unserem Herrgott, dass er den Stefan kommen lässt. Du wirst sehen, es dauert nimmer lang.«
Nur zu gern ließ sich das junge Madl beruhigen.
»Jetzt muss ich wieder runter ins Dorf. Morgen für die Hochzeit der Berta ist noch allerlei zu tun, und ich hab der Mutter versprochen, net lang wegzubleiben.« Sie stand auf und glättete ihren Rock.
»Ich komm mit dir, es wird eh bald dunkel werden.« Hans legte den Arm um ihre Schultern.
Marianne lachte glockenhell.
»Das tät dir passen, gell! Und bei jeder Biegung möchtest du ein Busserl zur Belohnung. Nein, ich geh allein. Da bin ich geschwind unten.« Sie hob sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Bevor er jedoch die Arme um sie schlingen konnte, war sie mit einem leisen Lachen davongeeilt.
Gedankenverloren blieb Hans Burger stehen und sah ihr nach, bis ihr helles Kleid nur noch als winziges Pünktchen zu sehen war. Dann drehte er sich um und trat den Heimweg an.
Oben im letzten Häusl flammte das Licht auf. Es war der Berghof. Sicher wartete die alte Erna schon mit dem Essen auf ihn. Ein Gefühl der Rührung durchzog seine Brust. Er konnte sich die Erna aus seinem Leben nicht mehr wegdenken. Sie war ihm in all den Jahren eine Mutter gewesen. Seine eigene war bei seiner Geburt gestorben, und ans Heiraten hatte der Vater nicht mehr gedacht.
»So eine wie meine Resi find ich eh nimmer, also bleib ich allein«, waren stets seine Worte gewesen.
Hans blieb stehen und sah sinnend auf sein Vaterhaus.
Nein, ein stolzes Anwesen war er wahrhaftig nicht, der Berghof. Die Felsen, die sich unmittelbar hinter dem Haus erhoben, gaben ihm etwas Düsteres. Das Haus machte einen trostlosen Eindruck, da halfen auch die dunkelroten Geranien vor den winzigen Fenstern nichts.
»Man müsste halt alles erneuern, aber das kostet Geld, und es reicht ja eh grad zum Leben …« Hans seufzte. Stefan würde es nicht leicht haben mit dem alten Hof. Trotzdem beschlich ihn ein eigenartig trauriges Gefühl, wenn er daran dachte, das Vaterhaus bald verlassen zu müssen.
Müssen? Nein, ein Muss war es nicht. Nur konnte er der Marianne schlecht zumuten, hier zu hausen. Immerhin war sie die Tochter des Bürgermeisters, der zugleich der reichste Bauer weit und breit war.
»Ist schon genug, dass die Marianne einen heirat, der hinten und vorne nix hat, da braucht sie net auch noch in der Wildnis zu hausen«, pflegte er zu sagen.
Hans lachte bitter auf. Wildnis! Für ihn bedeutete diese Wildnis die Heimat, die er über alles liebte. Aber er hatte eben die Marianne zu lieb. Ihretwegen schwieg er.
Oben öffnete sich die Tür, und eine kleine rundliche Gestalt trat auf den Hof.
Hans legte die Hand an den Mund.
»Erna! Ich bin gleich da«, rief er so laut, dass es von den Felsen zurückkam. Die alte Magd winkte ihm zu und ging ins Haus zurück.
Hans musste sich bücken, um über die Schwelle treten zu können.
»Muss Liebe schön sein«, brummte der alte Seppl, der es sich auf der Ofenbank mit seiner Pfeife gemütlich gemacht hatte.
Hans lachte und setzte sich an den Tisch.
»Den Schmarrn wärm ich schon zum dritten Mal auf«, schimpfte die Erna vor sich hin, doch als sie in die bittenden Augen ihres Lieblings sah, musste sie lachen. »Wird Zeit, dass du deine Marianne kriegst, sonst gehst du uns noch schier drauf vor Sehnsucht.« Sie setzte sich zum Hans an den Tisch.
»Wenn mein Madl so kochen kann wie du, fehlt mir nichts zu meinem Glück«, verkündete der kauend.
Der alte Seppl blinzelte in das Licht.
»Wird Zeit fürs Bett. Morgen früh geht’s zeitig los zur Kirche.« Mit schweren Schritten schlurfte er zur Tür.
Erna sah ihm kopfschüttelnd nach.
»Er bräucht ja auch net unten zu sein bei jeder Hochzeit. Ministrieren wird ein anderer auch können. Für ihn ist der Weg doch zu weit.«
»Aber geh, Erna. Ohne Sepp geht es doch net. Aber er hat recht. Gehen wir schlafen. Morgen wird es ein langer Tag.«
Hans ging hinauf in seine Kammer. Er nahm das Bild, das auf seinem Tisch stand, in die Hand. Ein Madl mit blonden Locken und lustigen blauen Augen lachte ihn an.
»Marianne«, flüsterte der Bursche und trat an das Fenster.
Ob sie in diesem Augenblick auch so sehnsüchtig an ihn dachte? Man konnte den Hof ihrer Eltern von hier oben aus gut sehen. Überall brannte Licht.
Sicher gab es noch viel zu tun für die Hochzeit morgen. Berta, die älteste Tochter des Bürgermeisters, würde heiraten. Den Benno vom Moosbauern. Der Benno war einer der begehrtesten Junggesellen gewesen. Der Bürgermeister war stolz auf seine Tochter und den zukünftigen Schwiegersohn.
Hans dachte an die Zeit zurück, als es angefangen hatte, mit der Marianne und ihm. Lieb gehabt hatte er sie eigentlich schon immer, schon damals, als sie noch zur Schule gegangen waren.
Im Frühling hatte er ihr die ersten Schneeglöckchen geholt und im Winter die harten Schneebälle schützend abgewehrt. Dann hatten sie sich aus den Augen verloren. Die Marianne musste nach Garmisch zu ihrer Tante und eine höhere Schule besuchen.
Eines Tages war sie wieder da gewesen, und er war seitdem wie selbstverständlich wieder an ihrer Seite. Sie war schön geworden, eine richtige junge Dame, die Burschen hatten sich alle um sie gerissen. Das Glück, dass ausgerechnet er, der arme Berghofsohn, es sein sollte, den sie liebte, hatte er lange nicht fassen können. Als dann Mariannes Vater dahintergekommen war, hatte es viele böse Worte gegeben.
Doch das Madl hatte zu ihm gehalten, und schließlich musste auch der reiche Bürgermeister einsehen, dass gegen die Liebe kein Kraut gewachsen war.
Wenn nur erst der Stefan käme! Hatte er kein Heimweh nach dem kleinen Dorf am Fuß des Karwendels? Hans konnte das nicht verstehen. Wenn er nur einen Tag in der Stadt zu tun hatte, zog es ihn mit aller Gewalt wieder hierher zurück.
Jetzt wurde es auch für ihn Zeit zu schlafen, denn er musste morgen zeitig aufbrechen, schließlich rechnete die Trachtenkapelle mit seinem Einsatz.
***
Ein schöner Herbsttag war angebrochen. Fast konnte man meinen, es wäre noch Sommer, so warm schien die Sonne schon in den frühen Morgenstunden.
Erna machte große Augen, als sie Hans in der Tür stehen sah.
»Da schau einer an! Bist wirklich ein fescher Bursche. Man kann die Marianne verstehen. Es gibt weit und breit keinen, der so ausschaut wie du.«
Die alte Magd hatte...
| Erscheint lt. Verlag | 13.3.2018 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Alpengold |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Alpen-Krimi • alpen-roman • Anna Basener • Arzt • Baccara • Bahnhofsroman • Bastei • Bergdoktor • Berge • Bergpfarrer • Bergroman • Bianca • Cora • Der Bergdoktor • Der Bergpfarrer • Deutsch • Dr. Daniel • Dr. Laurin • Dr. Norden • Dr. Stefan Frank • eBook • E-Book • eBooks • Familiensaga • Groschenheft • Großdruck • große-schrift • Hans Ernst • Hedwig Courths-Mahler • Heft • Heftchen • Heftchen-Roman • Heftroman • Heft-Roman • Heimat • Heimatromane • hermann-broch • Historical • Julia • Kelter • Kindle • Klassiker • Landarzt • Liebe • Liebesromane • Mira • Modern • Pulp • Pulp Ficition • Romanheft • Roman-Heft • romantisch • Schwarzwald • serial content • Serial Novel • Serial Novels • Serie • Serien • Seriennovellen • steingruber • Tiffany • Toni-Hüttenwirt • waidacher |
| ISBN-10 | 3-7325-6186-0 / 3732561860 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-6186-5 / 9783732561865 |
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