Der eiserne Gustav (eBook)
900 Seiten
Null Papier Verlag
978-3-96281-332-1 (ISBN)
Hans Fallada (21. Juli 1893-5. Februar 1947), eigentlich Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen, war ein deutscher Schriftsteller. Sein nüchterner, objektiver Stil, in dem er seine fiktionalen Berichte über meist scheiternde Gestalten verfasste, macht ihn zu einem der wichtigsten Vertreter der 'Neuen Sachlichkeit'.
Hans Fallada (21. Juli 1893–5. Februar 1947), eigentlich Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen, war ein deutscher Schriftsteller. Sein nüchterner, objektiver Stil, in dem er seine fiktionalen Berichte über meist scheiternde Gestalten verfasste, macht ihn zu einem der wichtigsten Vertreter der "Neuen Sachlichkeit".
Vorwort des Autors
Erstes Kapitel – Die gute schöne Friedenszeit
1 – Hackendahl erwacht
2 – Gespräch zwischen Eheleuten
3 – Im Schlafzimmer der Töchter
4 – Im Schlafzimmer der Söhne
5 – Der Schlüssel
6 – Der Streit mit Erich
7 – Zank der Schwestern
8 – Otto und Rabause auf der Futterkiste
9 – Strafgericht über Erich
10 – Morgen auf dem Droschkenhof
11 – Hackendahl und sein Kassenbuch
12 – Wer soll Erich befreien
13 – Wettrennen zwischen Pferd und Auto
14 – Erich wird wieder frei
15 – Der Juwelendiebstahl
16 – Zwei Hackendahls im Gymnasium
17 – Die heimliche Ehe
18 – Krach im Stall
19 – Vater sagt Bubi gute Nacht
Zweites Kapitel – Ein Krieg bricht aus
20 – Der Schutzmann vor dem Schloss
21 – Hackendahls Unter den Linden
22 – Eva trifft einen Bekannten
23 – Der Abgeordnete und Erich
24 – Abendessen bei Hackendahls
25 – Wenn ich wiederkomme …!
26 – Pferdemusterung
27 – Spionenfang
28 – Otto fährt ab
29 – Schwester Sophie will auch fort
30 – Eva lernt ihre Schwägerin kennen
31 – Hackendahl langweilt sich
32 – Gespräch im Dunkeln zu zweien
33 – Ein Zweifler und ein Gläubiger
34 – In der Klasse – Rebellion und Abbitte
35 – Vor dem Goldverkauf
36 – Mutter und Tochter
37 – Hackendahl freut sich
Drittes Kapitel – Die lange schwere Zeit
38 – Nacht einer Kriegerfrau
39 – Vor einem Fleischerladen
40 – Hackendahl wird wieder klein
41 – Vater und Tochter
42 – Eva ist willens
43 – Im Granattrichter
44 – Etappe
45 – Es wäre schön
46 – In der Munitionsfabrik
47 – Dreck zum Dreck
48 – Otto kehrt heim
49 – Ottos Aussprache mit Vater
50 – Bubi gratuliert zur Hochzeit
51 – Hamsterfahrten
52 – Im Wartezimmer des Arztes
53 – Beim Kassenarzt
54 – Abreise in den Schützengraben
55 – Tod Otto Hackendahls
Viertes Kapitel – Ein Friede bricht aus
56 – Hackendahl und seine Kriegsanleihen
57 – Die trostlose Witwe Quaas
58 – Sie schießen in der Stadt
59 – Abgerissene Achselklappen
60 – Die gestörte Volksversammlung
61 – Erste Küsse
62 – Zwei Träume
63 – Der Krieg ist nicht verloren
64 – Recht oder Unrecht, Wissen oder Gefühl
65 – Der Weg durch den Reichstag
66 – Warum wollt ihr die Macht?
67 – Gespräch unter einem Tisch
68 – Eine Hand als Aschenbecher
69 – Zwei Besuche in zwei Villen
70 – Der eiserne Gustav fasst einen Entschluss
Fünftes Kapitel – Welche Hand müsste nicht verdorren …?
71 – Hackendahl kündigt dem Heinz
72 – Waffensammeln
73 – Nicht mehr Kamerad unter Kameraden
74 – Missglückte Einkleidung
75 – Kampf um Anzüge
76 – Heimkehr von Schwester Sophie
77 – Immer größere Schmach
78 – Begleitherr einer Dame
79 – Aushebung einer Bar
80 – Besuch bei Frau Quaas
81 – Verführung zur Wollust
82 – Mahnungen eines Lehrers
83 – Heimkehr zu den Kameraden
84 – Eva wird für Heinz eine Aufgabe
85 – Die Aufgabe wird nicht gelöst
86 – Der Friede bricht aus
87 – Einzug bei Tutti
Sechstes Kapitel – Rausch der Armut
88 – Vater Hackendahl in der Inflation
89 – Der Spaßmacher beim groben Gustav
90 – Der Vater nimmt Abschied von Erich
91 – Ein Verkehrshindernis
92 – Ein ausgehobenes Lokal
93 – Nacktheit und Geschäft
94 – Streit zwischen zwei alten Freunden
95 – Besuch im Gefängnis
96 – Eugen Basts Verhaftung
97 – Streit um eine Peitsche
98 – Ein Peitschchen knallt
99 – Erbschaft und Enttäuschung
100 – Zwei Schmoller
101 – Erich Hackendahl als Börsenspekulant
102 – Abschied auf Hiddensee
103 – Heinz verlobt sich
Siebtes Kapitel – Wer Arbeit kennt und da nicht rennt
104 – Kündigung auf der Bank
105 – Nachtfahrten des eisernen Gustav
106 – Hackendahl wird Sophies Klinikfahrer
107 – Ferien und keine Angst
108 – Engagement bei Hoppe & Cie.
109 – Hoppes Plan für den kleinen Mann
110 – Die Kunden der Bank
111 – Der rätselhafte Dr. Hoppe
112 – Entlassung bei Hoppe & Cie.
5 – Der Schlüssel
Auf dem Flur hörte Hackendahl wieder den Schimmel mahnend klopfen und rasseln. Das Lieblingstier des Herrn war verwöhnt, es forderte sich sein Extrafutter. Nein, es war nicht in Ordnung mit dem Schimmel und mit dem Erich auch nicht: Es war mit dem Herrn des Hauses nicht in Ordnung! Nach außen peinliche Gerechtigkeit und Pflichttreue, aber eine halbe Stunde früher stand er auf und schüttete dem Schimmel eine Extraration, heimlich, ehe der Futtermeister Rabause kam. Alle seine Kinder galten ihm gleich, aber wenn der Erich schmeichelte und nicht abließ, so lachte er schließlich, lachend gewährte er ihm, was er den anderen brummig abschlug.
Er hatte bei sich gemeint, dies sei nicht schlimm, niemand konnte seinem Herzen befehlen, wen es lieber haben sollte. Aber es war schlimm, es war keine Ordnung, ja, es war sogar wider die Ordnung, die menschliche und die göttliche, den Beweis dessen trug er in der Hand.
Er trug ihn in der Hand, zwischen zwei spitzen Fingern trug er den Schlüssel, wie einen Zauberschlüssel, dessen Wirkung man noch nicht genau kennt, mit dem man vorsichtig umgehen muss. Es ist ein Zauberschlüssel, er schließt dem eisernen Gustav neue Erkenntnisse auf. Kein Vaterherz kann eisern sein, es ist Boden, der immer neu gepflügt wird; manche von den Pflugfurchen vergehen nie wieder.
Hackendahl steht jetzt vor seinem Schreibtisch; er weiß nicht genau, wie er hierhergekommen ist, aber nun ist er hier, und es gibt kein Zurückweichen mehr. Gibt es das überhaupt je? Ein preußischer Unteroffizier weicht nicht zurück, er sieht dem Feind ins Auge, er greift an! Hackendahl blickt auf den Schreibtisch, es ist ein großes Stück aus heller Eiche, viel geschnitzt, die gelben Messingbeschläge zeigen Löwenmäuler.
In solch ein Löwenmaul stößt er den Schlüssel, er dreht ihn im Schloss, siehe da, der Schlüssel schließt. Es überrascht ihn nicht, er hat es nie anders erwartet, als dass dieser von einem Schlosser angefertigte Schlüssel seine Schreibtischschublade schließen würde. Und er tut es nun also auch – Hackendahl sieht in die Lade. Plötzlich fällt ihm ein, dass früher, als die Kinder noch kleiner waren, rechts vorn immer ein Block aus braunrot gebranntem Zucker lag. Jeden Sonntag, nach dem Essen, traten die Kinder hier vor der Lade an. Der Vater hielt Gericht über die Woche, mit dem Messer schnitt er Stücke von dem Zuckerblock ab, je nach Artigkeit, kleinere und größere. Er hatte das für gut und gesund gehalten; in seiner Jugend war Zucker etwas Kostbares gewesen, man glaubte damals, dass er große Kräfte verlieh. Hackendahl hatte starke Kinder haben wollen …
Später hatte sich herausgestellt, dass dies falsch gewesen war. Der Zahnarzt hatte erklärt, vieles Zuckeressen verderbe den Kindern die Zähne. Hackendahl hatte es gut gemeint, hatte es aber falsch gemacht. Das war oft so im Leben: Man meinte es gut und machte es doch falsch. Vielleicht wusste man nicht genug, hatte zu wenig gelernt. Mit Erich hatte er es auch gut gemeint und hatte es falsch gemacht. Er war nicht streng genug gewesen, und nun hatte er einen Dieb zum Sohne, das Schlimmste, was es gibt: einen Hausdieb, einen Burschen, der Eltern und Geschwister bestiehlt …
Der Mann vor der Schreibtischlade stöhnt auf. Sein Stolz ist getroffen, seine Sauberkeit ist schmählich beschmutzt; wenn der Sohn stiehlt, kann der Vater nicht ohne Makel sein! Er hat, während er hier steht, ein sehr genaues Gefühl für die erbarmungslos verrinnende Zeit, er hat es vier Uhr schlagen hören. Er muss hinunter in den Stall, Füttern und Putzen der Pferde beaufsichtigen. In einer halben Stunde kommen schon die ersten Nachtdroschken von ihrer Tour zurück, er muss mit ihnen abrechnen. Er hat keine Zeit, hier tatenlos zu stehen und über einen missratenen Sohn zu grübeln.
Jawohl, er müsste jetzt das Geld in den Leinwandbeutelchen nachzählen, er müsste den Fehlbetrag feststellen und den Sohn vernehmen. Dann das Füttern beaufsichtigen und das Putzen, anspannen lassen, abrechnen … Er tut nichts von alledem, er schüttelt nachdenklich ein Leinwandbeutelchen, Sophie hat mit rotem Faden in Kreuzstich »10 Mark« darauf gestickt, das Beutelchen enthält Goldstücke, Zehnmarkstücke …
Aber er zählt den Inhalt nicht nach, er geht weder zum Sohn noch in den Stall, er ist in Erinnerungen versunken. Seine Militärzeit hat ihn zum Mann gemacht, sie hat ihm Grundsätze gegeben, alles, was er später erlebte, im tätigen bürgerlichen Dasein, es gab Beispiele dafür in der Militärzeit, Richtlinien. Er erinnerte sich so manchen Diebes in den Mannschaftsstuben, es gab unverbesserliche Kerle, die ihren Kameraden immer wieder den Tabak oder die von Haus geschickten Würste stahlen. Da gab es erst Stubenkeile, erbarmungslose Prügel mit dem Koppelschloss, in der dunklen Nacht, auf den nackten Hintern, während das Gesicht mit einem Woilach1 verdeckt wurde. Aber auch ohne das hätte kein Unteroffizier Ohren für solches Geschrei gehabt …
Half aber die Keile nicht, war der Dieb wirklich unverbesserlich, ein Feind seiner Kameraden, so gab es die Entehrung vor offener Front, die Versetzung zu einem Strafbataillon – Schande und Schmach. Kameraden, ja, ein Kamerad war etwas Gutes – aber war ein Vater nicht vielleicht doch noch mehr? War es nicht viel gemeiner, einen Vater zu bestehlen als einen Kameraden? Der alte Hackendahl steht zögernd, er sieht seinen Sohn vor sich, in drei Stunden hat der seine Schulsachen zu nehmen und ins Gymnasium zu gehen. Es ist fast unmöglich, sich auszudenken, dass der Sohn nicht ins Gymnasium gehen wird, nie wieder, dieser sein Stolz, sein Ehrgeiz! Und doch – es muss ja sein! Er sieht den Soldaten vor der Front, einen ganz bestimmten Soldaten, mit einer großen, höckrigen, bleichen Nase. Tränen liefen über seine Backen, aber erbarmungslos sprach die Stimme des Offiziers fort, das endgültige, unwiderrufliche, verdammende Urteil über den Mann und Dieb …
Es darf kein Weichsein gegen das eigene Herz geben; dass es das eigene Fleisch und Blut ist, das sündigte, ändert nichts: Ein Dieb ist ein Dieb. Sie haben ihn den eisernen Gustav getauft, wohl halb im Spott, weil er so starrköpfig sein kann. Aber man kann aus einem Spottnamen auch einen Ehrennamen machen.
Und schon zählt er, und nur, als er die Höhe der fehlenden Summe festgestellt hat, hält er einen Augenblick bestürzt inne. So viel …? Es kann doch nicht sein …! Aber es ist so – noch mehr Schande und Schmach! Das kann nicht nur vertrunken sein, siebzehn Jahre, und plötzlich sieht der Vater hinter dem blassen, beweglichen, klugen Gesicht seines Sohnes die Fratzen von Weibern, käuflichen Weibern, jedem sauberen Manne ein Ekel! Siebzehn Jahre …!
Mit einem Ruck stößt er die...
| Erscheint lt. Verlag | 1.7.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Hans Fallada bei Null Papier | Hans Fallada bei Null Papier |
| Verlagsort | Neuss |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Schlagworte | Alkohol • Alkoholismus • Armut • Berlin • Berlinerisch • Drittes Reich • Hyperinflation • Inflation • Knast • Weimarer Republik |
| ISBN-10 | 3-96281-332-2 / 3962813322 |
| ISBN-13 | 978-3-96281-332-1 / 9783962813321 |
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