John Sinclair 2061 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-5845-2 (ISBN)
Shao hatte sich mit einer Bekannten getroffen, und die hatte eine furchtbare Nachricht für Sukos Freundin: 'Ich werde bald sterben!'
Das tat sie auch - direkt vor Shaos Augen verbrannte sie zu Asche! Vorher hatte sie noch verraten, dass sie mit der Londoner U-Bahn gefahren war - und zwar direkt in die Hölle!
Mein Freund und Partner Suko und ich wollten der Sache natürlich auf den Grund gehen. Und so lösten auch wir ein Ticket zur Hölle und zurück! Doch ob es für uns wirklich ein Zurück geben würde, war fraglich, denn am Ziel der Fahrt erwartete mich mein größter Feind!
Mit dieser Behauptung hatte sie Shao völlig überrascht. »Was hast du da gesagt? Du wirst sterben?«
»Ja, so sieht es aus. Und zwar schon sehr bald. Das spüre ich einfach in mir.«
Shao wirkte mit beiden Händen ab. »Mal langsam, Cathy, du wirst also in Kürze sterben?«
»Ja.«
»Gut. Oder nicht.« Shao blieb ernst. »Aber warum musst du bald sterben?«
»Weil es in mir ist.«
»Wer ist in dir?«
»Der Tod.« Cathy riss ihre Augen auf. »Das Ende, verstehst du das?«
»Klar. Verstanden habe ich dich. Aber nicht begriffen.«
Cathy nickte und wischte eine Haarsträhne aus der Stirn. »Es ist auch nicht leicht, das zu begreifen.« Sie deutete auf ihren Körper. »Aber ich spüre es in mir.«
»Was denn?«
Wieder weiteten sich die dunklen Augen der jungen Frau. »Die Hitze, Shao, die verdammte Hitze. Sie ist grausam. Sie kann und sie wird mich vernichten.«
»Wenn du das sagst …«
»Ha, du glaubst mir nicht.«
Shao nickte. »Ich muss zugeben, dass es mir schwerfällt. Ich habe ja schon viel erlebt und gehört, aber …«
Cathy Han unterbrach sie. »Deshalb sitze ich ja bei dir. Ich weiß, dass du schon mit Dingen konfrontiert worden bist, die anderen Menschen nicht passieren. Darüber haben wir manchmal gesprochen. Und das habe ich auf keinen Fall vergessen.«
Shao gab keine Antwort. Sie wusste auch nicht so recht, was sie sagen sollte. Aber etwas anderes kehrte zurück.
Als Shao das Lokal betreten und sich an diesen Tisch gesetzt hatte, hatte es leicht verbrannt gerochen.
Und jetzt?
Shao schnüffelte.
»Warum tust du das, Shao?«
Sie wollte nicht lügen. »Ach, nur so, Cathy.«
»Nein, das glaube ich nicht. Da ist irgendwas gewesen, das dich so hat reagieren lassen.«
»Bitte, was sollte es denn sein?«
»Du ahnst etwas!«
»Und was?«
Cathy flüsterte. »Dass ich die Wahrheit gesagt habe, verstehst du? Dass es mich bald erwischt und ich schon so gut wie tot bin.«
»Und wer soll dich töten?«
»Frag lieber, wer mich schon getötet hat. Es ist ein Wunder, dass ich noch lebe. Ich hätte eigentlich schon verbrennen müssen.«
Shao erschrak. Verbrennen! Das war es jetzt. Sie hatte etwas gerochen, doch nicht gedacht, dass es von Cathy Han hätte stammen können. Sie schob den Gedanken beiseite und kam sich vor wie eine Polizistin, als sie fragte: »Wie ist es denn dazu gekommen?«
Cathys Augen wurden groß. »Ich war da!«
»Aha. Und wo bist du gewesen?«
»In der anderen Zone. In einer Welt des Grauens und der Vernichtung.«
Shao machte das Spiel mit und fragte: »Da verrat mir mal, wie du da hineingeraten bist.«
»Gefahren bin ich.«
»Ach? Mit wem?«
»Nicht mit einem Auto, Shao. Ich bin mit der U-Bahn gefahren, und zwar in die Tageswende hinein.«
»Also um Mitternacht.«
»Ja.«
»Und was ist da passiert? Hat es in der Tube gebrannt? Kommst du deshalb auf das Feuer?« Tube – Röhre –, so nannten die Londoner ihre Subway.
»Nein, Shao, da nicht.« Cathy senkte den Kopf. »Es hat eine nächste Station gegeben, und da ist alles anders gewesen. Die Station … sie befand sich in der Hölle!«
Shao glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu dürfen. »Hast du Hölle gesagt?«
»Ja, es war eine Bahnstation in der Hölle!«
»Aha.« Das war Shaos einziger Kommentar, denn sie fürchtete, dass ihre Freundin entweder verrückt geworden war oder sie auf den Arm nehmen wollte. »Und weiter?«
»Die nächste Station hätte ich eigentlich rausgemusst, also stieg ich aus. Andere Fahrgäste auch. Sie waren standen da und schauten sich an und um. Wir befanden uns auf einem Bahnsteig, aber der war alt, wirkte irgendwie … verfallen. So, als würde er schon seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt.«
»Gut«, sagte Shao. »Und was hast du getan?«
»Nichts. Ich konnte nichts tun, denn plötzlich …« Sie stockte. Dann flüsterte sie: »Jemand war da, packte mich und zerrte mich fort.«
»Und wohin?
Cathy schloss die Augen. »Ich spürte eine wahnsinnige Hitze, als würde ich in einem Feuer stecken. Ich riss die Augen auf. Um mich herum glühte alles, und ich rechnete damit, dass ich verglühen oder verbrennen würde. Das passierte nicht. Man ließ mich gehen, und ich begab mich zu den anderen Fahrgästen.«
»Was ist mit denen passiert?«
»Nichts, glaube ich.«
»Wieso?«
»Alle anderen gaben sich normal. Schimpften über den Halt und schienen nicht zu wissen, wo sie sich befanden.«
»Aber du wusstest es – oder?«
»Ich gehe einfach davon aus, dass ich einen Teil der Hölle gesehen habe. Ich stand in der Glut, ich hätte verbrennen können, aber ich verbrannte nicht.«
»Okay. Und wie sah der Mann aus, der dich in Empfang genommen hat?«, wollte Shao wissen, die Cathy inzwischen jedes Wort glaubte. Die junge Frau sprach zu ernst, wirkte viel zu nervös und verwirrt, um sich das alles ausgedacht zu haben. Das sagte Shao ihre Menschenkenntnis, und auf die konnte sie sich zumeist verlassen.
»Ich kann es wirklich nicht sagen«, antworte Cathy. »Nicht genau. Wenn ich näher darüber nachdenke, hätte es eine Feuergestalt sein können. Eine, die glühte. Es war mehr als grausam. Ich konnte es auch nicht fassen und kann es jetzt noch nicht erklären.«
»Ja, das denke ich mir«, sagte Shao. »Und wie ist es dann weitergegangen?«
»Wir stiegen wieder ein, denn der Zug hielt noch, die Türen waren noch geöffnet. Es ging alles normal weiter.« Sie lachte kratzig. »Kannst du dir das vorstellen, Shao? Das ist doch Wahnsinn.«
Shao nickte. »Ja, das ist es, Cathy. Das ist es wirklich. Du hast auch keinen Traum gehabt, denke ich.«
»Und was sollte das alles?«
»Das kann ich dir leider nicht sagen.« Dann wollte sie wissen. »Zwischen welchen Stationen lag diese ›Station Hölle‹? Wie hieß die Linie, von wo bist du gekommen und wo bist du letztendlich ausgestiegen?«
Cathy sagte es ihr, dann schüttelte den Kopf. »Ich werde bald sterben, denn das, was in meinem Innern steckt, das wird mich vernichten.«
»Da werden wir schon was dagegen tun.«
»Und was, bitte?«
»Ich würde dich gern in Sicherheit bringen, Cathy. Du fährst erst gar nicht mehr zurück und …« Shao hörte auf zu sprechen. Sie starrte ihr Gegenüber an, und gleichzeitig durchrieselte sie ein Schauer.
Was sie sah, war furchtbar.
Cathy Hans Augen glühten in einem tiefen Rot!
***
Eine Täuschung? Ein Irrtum?
Nein, das ist es nicht!, dachte Shao. Was ich sehe, das ist echt!
Sie tat zunächst einmal nichts und blieb nur auf ihrem Stuhl sitzen. Sie war ruhig, und sie blieb ruhig. Ohne sich zu bewegen, schaute sie sich um und sah, dass sich innerhalb des Bistros nichts verändert hatte. Die Gäste saßen an den Tischen, aßen, tranken, unterhielten sich, aber niemand fürchtete sich vor den roten Augen.
Cathy Han nickte und sagte mit leiser Stimme: »Shao, es ist da. Es passiert jetzt!«
»Was denn?«
»Mein Schicksal. Es wird sich erfüllen. Ich weiß, dass ich jetzt sterben werde.«
Shao wollte dagegen sprechen und sagen, dass alles Unsinn war, aber das schaffte sie nicht. Ihre Kehle saß plötzlich zu, und sie spürte darin auch ein Kratzen.
»Bitte, Cathy, bitte«, brachte sie schließlich doch hervor. »Das darfst du nicht sagen. Du … du musst jetzt ruhig bleiben.«
»Okay. Und dann? Was ist dann?«
»Wir verlassen das Bistro hier und fahren zu jemandem, der dir helfen kann. Ehrlich.«
»Meinst du deinen Freund Suko? Von dem hast du ja oft genug erzählt. Und da gibt es doch noch einen, glaube ich. Diesen … diesen … John Sinclair. Oder?«
»Genau, das stimmt.«
»Vergiss sie. Vergiss beide. Bei mir schließt sich der Kreis des Schicksals. Ich bin den Weg gegangen und muss die Folgen tragen.«
»Was ist das für ein Weg? Hat er mit der U-Bahn zu tun?«
»Sicher. Sie transportiert. Sie ist wichtig. Aber sie tut es nicht immer. Du musst warten können.«
»Okay. Warten. Und das hast du getan?«
»Ja, das habe ich.« Cathy nickte und wollte sogar lächeln, doch das schaffte sie nicht mehr. Die Lippen bewegten sich zwar, aber daraus wurde nur ein verzweifeltes Grinsen.
Dann passierte es.
Die Augen glühten noch stärker, nur blieb es dabei nicht. Shao starrte ungläubig auf das Gesicht der Person ihr gegenüber. Die Haut veränderte sich. Sie nahm eine rötliche Farbe an, die nicht so blieb und sich immer mehr intensivierte.
Das Gesicht glühte regelrecht, was Shao als sehr schlimm empfand. Und das Glühen wurde immer stärker.
Shao saß da und tat nichts. Sie konnte nichts mehr tun. Sie kam sich vor, als säße sie selbst auf einem glühenden Stuhl, der sie nicht loslassen wollte.
Sie flüsterte den Namen der Freundin.
Die gab keine Antwort, weil sie nicht mehr in der Lage war, etwas zu sagen. Cathy kämpfte – und verlor.
Von einem Augenblick zum anderen glühte der gesamte Körper. Er fing kein Feuer, brannte nicht, und doch verbrannte die junge Frau einfach vor Shaos Augen.
Die innere Glut löste alles auf. Es gab keine normale Haut mehr. Was Shao noch zu sehen bekam, war einfach nur grau. Sie dachte dabei an Asche. Genau das war...
| Erscheint lt. Verlag | 9.1.2018 |
|---|---|
| Reihe/Serie | John Sinclair |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Anna Basener • Bahnhofsroman • Barry Belmondo • Bastei • Bestseller • Cora • Dämonenjäger • Der Geisterjäger • Deutsch • Die Abenteurer • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • Groschenheft • grusel-geschichten • Grusel-Roman • Heft • Heftchen • Heftchen-Roman • Heftroman • Heft-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Klassiker • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Mark Hellmann • Mira • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Pulp • Pulp Ficition • Romanheft • Roman-Heft • serial content • Serial Novel • Serial Novels • Serie • Serien • Seriennovellen • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead |
| ISBN-10 | 3-7325-5845-2 / 3732558452 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-5845-2 / 9783732558452 |
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