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Lassiter 2372 (eBook)

Die Frau, die zu viel wusste

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Aufl. 2017
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-5870-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lassiter 2372 - Jack Slade
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Die Steigung nahm kein Ende, der Zug fuhr immer langsamer. Blitze zuckten über den schwarzen Himmel, Donner hallte, Regen prasselte auf die Geröllhänge und klatschte gegen die Waggonfenster. Jane sank in ihre Polsterbank und seufzte behaglich. Von der trockenen Geborgenheit eines Luxuswaggons aus konnte man sogar ein Unwetter genießen. Selbst Jane, die sonst Angst vor Gewittern hatte, konnte das.

Bis ein Schatten am Zugfenster vorbei huschte. Jane fuhr hoch und presste die Stirn gegen das Glas. Das Rattern der Räder und das Schnaufen der Lok setzten sich für einen Moment gegen Donner und Platzregen durch. Der Zug kroch nur noch den Anstieg nach Cheyenne hinauf.

Da! Wieder ein Schatten! Blitze erleuchteten den Himmel - und einen Wimpernschlag lang sah Jane einen maskierten Reiter. Ein Schrei entfuhr ihr.

Die Männer am Spieltisch drehten sich nach ihr um. »Stimmt was nicht, Mrs. Turner?« Der bewaffnete Zugbegleiter zog die Brauen hoch.

Jane zeigte nach draußen. »Reiter …« Vor Schreck versagte ihr die Stimme.

»Bei dem Wetter?« Der Geschäftsmann aus Kansas City grinste.

»Einer war maskiert.« Jane flüsterte fast.

»Sind Sie ganz sicher, Ma’am?« Der dritte Mann, ein berufsmäßiger Spieler aus San Francisco, warf seine Karten weg und spannte den Hahn seines Revolvers.

Jane hockte kerzengerade auf der Kante der gepolsterten Sitzbank. »Ich bin ganz sicher.«

Der vierte Mann, ein Offizier der US-Army, stand vom Spieltisch auf, kam zu Jane ans Fenster und starrte in den Regen hinaus. »Fährt verflucht langsam, der Zug.«

Der Mann von der Central Pacific Railroad warf die Karten hin. »Ich warne die anderen«, sagte er und bückte sich nach seinem Gewehr, das neben ihm auf einem Sessel lag.

Er sprach von den anderen drei bewaffneten Zugbegleitern, die im Auftrag der Eisenbahngesellschaft die beiden Luxuswaggons bewachten. Die waren vor einer Stunde zum Abendessen in den vorderen der beiden Pullman-Waggons gegangen. Jane und die vier Männer am Spieltisch saßen im hinteren Pullman. Dem folgte am Zugende nur noch der Waggon für die Pferde und Maultiere.

Es gab zwei mögliche Gründe für gleich vier Mann Begleitschutz: Entweder fuhr ein hochrangiger Politiker in einem Pullman mit, oder der Zug transportierte Gold oder eine große Summe Geld. Das wusste Jane von Amry, ihrem Verlobten. Der verdiente seine Dollars ebenfalls als Begleitschutz bei einer Eisenbahngesellschaft.

Der Mann von der Central Pacific Railroad ging zur Tür, die hinaus zur Außenplattform führte. Von dort ertönten plötzlich metallene Schläge, dreimal kurz nacheinander. Jane hielt den Atem an und starrte ins Fenster. Ihr Spiegelbild blickte sie an, ein schmales Gesicht, umrahmt von rotblonden Locken.

Der Bewaffnete blieb vor der Tür zur Außenplattform stehen und hob sein Gewehr.

»Der Zug steht.« Der Offizier neben Jane griff zu seinem Revolver, und Jane starrte erschrocken aus dem Fenster. Der Mann hatte recht: Die wenigen vom Gewittersturm durchgeschüttelten Kiefern und der regennasse Geröllhang vor dem Waggonfenster bewegten sich nicht mehr. Aber nur für wenige Augenblicke – dann glitten sie wieder am Fenster vorüber. Allerdings in anderer Richtung als zuvor.

»Verflucht!« Der Offizier riss das Fenster hinunter und schaute hinaus, Regentropfen klatschten Jane ins Gesicht. »Unser Pullman hat sich selbstständig gemacht!«, schrie der Offizier. »Wir rollen die Steigung hinunter!«

Jane begriff erst, was er meinte, als das Schnaufen der Lokomotive sich langsam entfernte und Bäume und Hang immer schneller vorüberhuschten.

»Überfall!«, brüllte der Offizier. Draußen fiel ein Schuss und hallte von den Hängen wider – der Mann zuckte vom Fenster weg. Jane schlug die Hände vor den Mund. Der Offizier machte eine halbe Drehung und stürzte dann mit Brust und Gesicht voran auf Janes Schenkel.

Der Geschäftsmann warf sich unter den Spieltisch, der Mann von der Central Pacific Railroad riss die Tür zur Außenplattform auf, und der Spieler stürzte zu Jane und packte sie am Arm. »Kommen Sie, Ma’am! Schnell!«

Panik ergriff Jane und verwandelte ihren Herzschlag in wildes Getrommel, das ihr schier die Kehle zersprengte. Feuchte Wärme breitete sich über ihren Schenkeln aus, und als der Spieler den sterbenden Offizier von ihren Beinen zog, sah sie einen großen Blutfleck – erst auf ihrem Kleid, dann auf der Brust des Soldaten. Entsetzen würgte sie.

Der Spieler zerrte sie zu ihrem Abteil. Türen anderer Luxusabteile wurden aufgerissen, Männer und Frauen mit halb verschlafenen, halb erschrockenen Gesichtern beugten sich heraus. Aus dem Augenwinkel sah Jane einen Lichtblitz an der offenen Tür zur Außenplattform.

Mündungsfeuer!

Im nächsten Moment krachte wieder ein Schuss, eine Frau kreischte, und der Mann von der Central Pacific Railroad schrie auf und riss die Arme hoch.

Jane hörte erst sein Gewehr, dann ihn selbst auf dem Boden aufschlagen. Da hatte der Spieler sie schon in ihr Schlafabteil gestoßen. »Verriegeln Sie die Tür!«

Jane stürzte ans Fenster und hielt sich am Griff fest. Das grelle Licht eines Blitzes zuckte über Geröll und Kiefern. Die öde Berglandschaft flog nur so vorüber. Jane starrte hinaus und war wie gelähmt. Sie dachte an Amry, ihren Verlobten. So gefährlich war die Arbeit als bewaffneter Begleitschutz? Tödlich womöglich? Das hatte sie nicht geahnt.

Immer schneller rollte der Waggon bergab. Was, wenn die Zugräuber das Gleisbett mit Felsbrocken oder Baumstämmen blockiert hatten? Was, wenn Pullman und Viehwaggon entgleisten? Wenn sie in eine Schlucht stürzten? Wie draußen die Blitze über den Himmel, so zuckten ihr hundert Fragen durchs Hirn. Standen einige Banditen etwa schon draußen auf der Außenplattform?

Der Schusslärm riss nun nicht mehr ab. Jane warf sich auf den Boden und kroch unter ihr Bett. Sie griff nach oben, zerrte Decken und Kissen von der Matratze, bedeckte sich damit, so gut es ging.

Sie kniff die Augen zu und biss sich in die Faust. Der Schmerz dämpfte die Panik ein wenig. Sie dachte an den Tag im März zurück, als sie zuhause in Omaha den Brief jener Zeitung öffnete, einen Freudenschrei ausstieß und Freudensprünge vollführte – in einem Preisausschreiben hatte sie eine Zugfahrt nach San Francisco gewonnen. In einem Pullman.

Wieder kreischte eine Frau, ein Mann schrie wie unter großen Schmerzen. Eine Stimme brüllte einen Befehl. Der Schusslärm verstummte. Zwei Stimmen bellten Befehle. Erneut krachte ein Schuss – das Kreischen der Frau verstummte. Schritte näherten sich Janes Abteil.

Sie riss die Augen auf. Eine Eisklaue schloss sich um ihr Herz – in ihrer Panik hatte sie ihre Abteiltür nicht richtig verriegelt; die stand halb offen. Jesus Christus … Sie begann, stumm zu beten.

Sporenklirren und Schrittlärm tönten nun ganz nahe, und dann sah Jane die schmutzigen Spitzen eines Stiefelpaares auf der Schwelle ihres Abteils …

***

Der Missouri strömte auf einer Breite von dreihundert Metern dahin, sein Wasser war lehmig. Am Ufer zogen die ersten Gebäude von Kansas City vorbei, staubgraue, flache Holzhäuser und ein paar Ranchs und Farmen. Unter Deck stampften die Dampfmaschinen der Natchez.

Lassiter und der Mittelsmann der Brigade Sieben standen am Bug des Schaufelraddampfers und spähten flussaufwärts. Eine Fähre pflügte durch die Wogen dem Ostufer entgegen. Die Anlegestelle von Kansas City rückte näher.

»Eine harte Nuss, ich weiß schon, Mr. Lassiter«, sagte der Mittelsmann. »Doch nach allem, was man hört, sind Sie Spezialist für harte Nüsse.«

Der Mann hieß William Brandon und arbeitete als hochrangiger Agent der Eisenbahngesellschaft. Er war mittelgroß, hatte einen buschigen, grauen Schnauzer und trug einen schwarzen Frack und einen schwarzen Zylinder.

»Diesem Mörderpack muss um jeden Preis das Handwerk gelegt werden, und zwar schnell, sonst fährt bald kein Mensch mehr mit der Eisenbahn.« Brandon lüftete seinen Zylinder und grüßte nach links, wo der Lotse das Senkblei im Missouri versenkte.

»Von den drohenden Einbußen im Frachtgeschäft will ich gar nicht erst reden.« Brandon sprach mit gesenkter Stimme weiter. »Die wirtschaftliche Zukunft der Vereinigten Staaten hängt von der Eisenbahn ab, das weiß jeder, das wissen Sie auch. Wir müssen diesem Raubgesindel das Handwerk legen, es bleibt uns gar nichts anderes übrig.«

Er nahm seine Zigarre aus dem Mund und betrachtete die erloschene Spitze. »Außerdem warten die Gleisbauer auf ihr Geld. Wenn sie es wieder nicht pünktlich bekommen, laufen sie der Central Pacific Railroad von den Fahnen und die Eisenbahn fährt auch im nächsten Sommer noch nicht von New Orleans nach Los Angeles.«

Er sprach von der neuen Gleistrasse zwischen New Orleans und der Westküste. Die Southern Pacific Railroad, eine Tochtergesellschaft der Central Pacific Railroad, baute seit zwei Jahren an der südlichen Ost-West-Verbindung.

»Ich verstehe, Sir«, sagte Lassiter. »Jedenfalls das meiste, was Sie mir erzählt haben.« Von Überfällen auf die Eisenbahnlinie zwischen Sacramento und Kansas hatte Brandon berichtet. Mehr als zwanzig Tote und Unsummen von Beutegeldern gingen auf das Konto der Bande. »Nur eins verstehe ich nicht – wieso kümmert sich die Army nicht um die Banditen, wenn die Bahnstrecke der Regierung so wichtig ist?«

»Das tut sie, Mr. Lassiter«, sagte Brandon. »Oder besser: Das hat sie getan.« Der Mann im Frack riss ein Schwefelholz an und brachte seinen Stumpen wieder zum Glimmen. »Doch jedes Mal, wenn Soldaten mitfuhren, blieben die Überfälle aus. Die Bande arbeitet mit Informanten zusammen.«

»Innerhalb der Eisenbahngesellschaft?«, fragte Lassiter.

»Oder innerhalb der Army.« Brandon lüftete den Zylinder und grüßte einen Bekannten in der Menschenmenge an der Reling. »Wir wissen es nicht. Finden Sie es heraus.«

»Irgendwelche Anhaltspunkte, Spuren, Hinweise?« Lassiter beugte sich über die Reling. An den Anlegestellen warteten Dutzende von Menschen. Einige winkten. »Ich fische nicht gern im Trüben, sollte wenigstens wissen, wo ich ansetzen kann.«

»Das erfahren sie aus den Informationen, die ich Ihnen zusammengestellt habe.« Brandon zog ein...

Erscheint lt. Verlag 30.12.2017
Reihe/Serie Lassiter
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Geschichte • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred bekker • alfred-bekker • Anna Basener • Bahnhofsroman • Bestseller • Cassidy • Cora • Country • Cowboy • Deutsch • Die Abenteurer • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • G. F. Barner • g f unger • G. F. Unger • Groschenheft • Heft • Heftchen • Heftchen-Roman • Heftroman • Heft-Roman • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • Lassiter • Liebesroman • Männer • Mira • Nackt • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Pulp • Pulp Ficition • Reihe • Ringo • Romanheft • Roman-Heft • serial content • Serial Novel • Serial Novels • Serie • Serien • Seriennovellen • Sexy • Unger • Western • western-bestseller • western country exklusiv • western deutsch • Western ebooks deutsch • western ebooks deutsch kindle • Western-Erotik • western exklusiv • Western-reihe • Western-roman • Westernromane • Western-Serie • western serie deutsch • Wilder Westen • Winnetou • Wyatt Earp
ISBN-10 3-7325-5870-3 / 3732558703
ISBN-13 978-3-7325-5870-4 / 9783732558704
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