Dr. Stefan Frank 2422 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-5712-7 (ISBN)
Seit einigen Tagen hat Dr. Stefan Frank einen jungen Mann in seinem Gästezimmer untergebracht. Der fünfundzwanzigjährige Christoph hat schwere Zeiten hinter sich und möchte sich gerade ein neues Leben aufbauen. Die Hilfe des Grünwalder Arztes nimmt er daher dankbar an.
Als Christoph kurz darauf die bildschöne Finja kennenlernt, scheint sich sein Schicksal endgültig zum Positiven zu wenden: Die beiden verlieben sich auf den ersten Blick ineinander.
Dr. Frank freut sich für seinen Untermieter darüber, dass wieder das Glück in sein Leben gekehrt ist. Allerdings bedrückt es den Mediziner, dass Christoph zu seiner neuen Freundin nicht ganz offen ist. Er verschweigt ihr wesentliche Informationen über seine dunkle Vergangenheit - aus Angst, seine große Liebe zu verlieren. Eindringlich bittet er Dr. Frank, Finja nichts über ihn zu verraten.
Als seine Vermittlungsversuche erfolglos bleiben, akzeptiert Stefan Frank schweren Herzens die Entscheidung seines Gastes, vorerst mit verdeckten Karten zu spielen. Doch etwas anderes beunruhigt den Arzt zusätzlich: Christoph zeigt zunehmend Symptome einer möglicherweise ernsten Erkrankung, und auch darüber will er mit Finja auf keinen Fall sprechen ...
Martha Giesecke knöpfte ihren weißen Schwesternkittel auf und hängte ihn in den Schrank am Empfang. Gerade wollte sie in ihre geliebte rote Strickjacke mit dem aufgestickten Berliner Bären schlüpfen, da klingelte das Telefon.
Prompt verebbte Schwester Marthas Feierabendlächeln.
„Wer auch immer det ist: Er oder sie hat besser einen guten Grund“, murmelte sie drohend.
Ihre jüngere Kollegin nahm den Hörer ab.
„Praxis Dr. Frank, mein Name ist Marie-Luise Flanitzer. Was kann ich für Sie tun?“
Martha Giesecke schulterte ihre geräumige Umhängetasche, machte aber keine Anstalten, die Praxis zu verlassen. Mit ihrer resoluten Art und einer guten Portion Beharrlichkeit hatte sie es im Laufe der Jahre geschafft, auch notorisch unpünktliche Patienten auf Kurs zu bringen. Sie wollte wissen, wer da aus der Reihe tanzte und zehn Minuten nach der Sprechstunde anrief.
„Grüß Gott“, sagte Marie-Luise Flanitzer und hörte mit gerunzelter Stirn zu. „Ja, in Ordnung, bis gleich“, meinte sie schließlich und legte auf.
„Notfall?“, erkundigte sich die grauhaarige Arzthelferin gleichmütiger, als ihr zumute war. Ihr Chef hatte einen anstrengenden Beruf. Er brauchte seine Freizeit, und als langjährige Mitarbeiterin empfand sie es als ihre Pflicht, dafür zu sorgen, dass er sie auch bekam.
„Anne Baumgart kann nicht mehr tippen.“
Martha Giesecke überlegte kurz. Wenn jemand nicht mehr tippen konnte, war das gewiss kein Notfall. Hieß dieser Jemand allerdings Anne Baumgart, lag der Fall anders. Die Steuerberaterin war gut organisiert – fast so gut wie Schwester Martha. Außerdem neigte sie nicht zum Dramatisieren. Wenn sie jetzt anrief, tat sie es nicht leichtfertig.
„Gehen Sie ruhig, Schwester Martha.“ Marie-Luise Flanitzer zog einen Aktenordner aus der Registratur. „Ich wollte sowieso noch Verbandsmaterial bestellen, und Frau Baumgart ist in fünf Minuten hier.“
„Also gut. Schönen Feierabend, Marie-Luise.“
„Danke, Ihnen auch. Bis morgen!“
Als Martha Giesecke die Tür öffnete, kam eine brünette Mittvierzigerin im grauen Nadelstreifenanzug durch den Vorgarten auf sie zu. Die Absätze ihrer halbhohen schwarzen Pumps klickten im Stakkato auf die Steinplatten.
„Grüß Sie, Schwester Martha! Ich hätte nie gedacht, einmal so etwas sagen zu müssen, aber: Entschuldigen Sie bitte, dass ich nach der Sprechstunde vorbeikomme.“
„Schon in Ordnung“, erwiderte Martha Giesecke lächelnd.
Anne Baumgart hatte einen missbilligenden Blick erwartet. Stirnrunzeln. Tadelnde Worte. Schließlich kam sie aus eigener Kraft in die Praxis, noch dazu im Eilschritt, ohne sichtbare Wunden.
„Alles Gute, Frau Baumgart. Servus.“ Martha Giesecke nickte der Patientin mit dem exakt geschnittenen Pagenkopf zu und ging.
Die Steuerberaterin atmete auf. Schlimm genug, dass ihr die rechte Hand solche Scherereien bereitete. Offenbar brauchte sie sich obendrein nicht auch noch mit einem schlechten Gewissen herumzuplagen. Trotzdem hatte sie es, deshalb wiederholte sie ihre Entschuldigung Marie-Luise Flanitzer gegenüber – und noch einmal wenige Minuten später im Sprechzimmer.
„Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie von Ihrem Feierabend abhalte, Herr Dr. Frank. Regeln sind da, um befolgt zu werden, sage ich immer. Und jetzt breche ich selbst eine.“
„Seien Sie nicht so streng mit sich. Ich nehme mir gern Zeit für Sie. Außerdem bin ich nach der Sprechstunde immer noch eine Weile in meiner Praxis.“ Lächelnd schüttelte Stefan Frank ihr die Hand. „Wenn Sie mir einen Gefallen tun wollen, hängen Sie das allerdings nicht an die große Glocke.“ Er zwinkerte ihr zu.
„Selbstverständlich nicht“, versicherte Anne Baumgart.
„Setzen Sie sich doch, und erzählen Sie mir, was Sie zu mir führt.“ Der Arzt wartete, bis sie Platz genommen hatte. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch.
„Meine rechte Hand kribbelt.“ Sie verzog das Gesicht. „Ich komme mir regelrecht albern vor, wenn ich sage, dass ich deswegen hier bin. Wegen eines Kribbelns. Es klingt so harmlos, fast schon lustig.“
„Sie sind nun schon seit einigen Jahren meine Patientin, und ich weiß, dass Sie nicht wegen einer Lappalie zu mir kommen. Wann haben Sie das Kribbeln denn zuerst gespürt?“
„Vor ungefähr einer Woche. Da war es noch ganz schwach. Ich saß am Schreibtisch und dachte, mir muss die Hand eingeschlafen sein. Nachdem ich sie ausgeschüttelt hatte, ging es wieder, darum habe ich dem Ganzen keine Bedeutung beigemessen. Aber dann kribbelte es immer öfter.“
„Nur öfter oder auch stärker?“, erkundigte sich Dr. Frank.
„Auch stärker. Heute Morgen bin ich schon damit aufgewacht, und seitdem hört es nicht mehr auf. Es zieht in den Arm hoch und tut richtig weh. Ich kann mit rechts gar nicht mehr schreiben, weder einen Stift halten noch meine Computermaus bedienen. Da habe ich es mit der Angst zu tun bekommen.“
Stefan Frank nickte.
„Haben Sie sich an der Hand oder am Arm verletzt? Möglicherweise schon vor längerer Zeit?“
„Nein. Weder noch.“
„Kribbelt es ausschließlich in der rechten Hand und im rechten Arm?“
„Nirgendwo sonst“, bestätigte Anne Baumgart.
„Haben Sie abgesehen vom Kribbeln irgendwelche anderen Beschwerden?“
Seine Patientin überlegte kurz.
„Meine Schultern sind verspannt. Das sind sie immer ein bisschen, aber in letzter Zeit mehr als sonst.“
„Wie viele Stunden sitzen Sie denn pro Tag ungefähr am Computer?“
„Im Grunde die ganze Zeit, also mindestens acht Stunden.
„Auch am Wochenende?“
Anne zögerte. „Nicht acht Stunden, nein. Aber die eine oder andere Stunde kommt schon zusammen, seit meine Tochter erwachsen ist und Treffen mit anderen jungen Leuten angesagter sind als Spielenachmittage oder Ausflüge mit mir. Sie sind ja auch selbstständig, Dr. Frank. Sie kennen das bestimmt.“
Warum rechtfertigst du dich?, fragte sich Anne, die früher manche Nachtschicht eingelegt hatte, um tagsüber für Finja da zu sein. Hatte eigentlich jede alleinerziehende berufstätige Mutter ein schlechtes Gewissen?
Stefan Frank notierte sich ein paar Stichworte.
„Ich werde Sie jetzt untersuchen, Frau Baumgart. Wo tut es denn am meisten weh?“
Sie zeigte auf eine Stelle am Handrücken. Vorsichtig tastete der Arzt Arm, Hand und Schultern ab.
„Schmerzt es, wenn ich hier drücke? Oder hier?“ Er prüfte ihre Muskelkraft und die Beweglichkeit der Gelenke. „Sie haben einen Mausarm“, stellte er einige Minuten später fest. „Man sagt auch RSI-Syndrom dazu. RSI steht für Repetitive Strain Injury – eine Verletzung, die durch wiederholte Über- oder Fehlbelastung ausgelöst wird.“
„Aber ich habe die beste ergonomisch geformte Maus und Computertastatur, die es auf dem Markt gibt“, beteuerte Anne. „Darauf lege ich großen Wert, auch bei meinen drei Angestellten.“
„Dann haben Sie gewiss auch moderne Bürostühle?“
Seine Patientin antwortete nicht sofort.
„Im Frühjahr habe ich neue Stühle gekauft“, sagte sie schließlich gedehnt. „Meine Mitarbeiterinnen finden sie toll, aber ich konnte mich nicht damit anfreunden. Seit ein paar Monaten sitze ich wieder auf meinem alten Stuhl.“
„Ist der auch ergonomisch geformt?“
„Also … eher nicht. Nein. Es ist ein Erbstück, eine Art Talisman. Auf dem Stuhl hat schon mein Großvater gesessen und nach ihm mein Vater, als er die Kanzlei vor dreißig Jahren gegründet hat.“
„Das ist eine schöne Familientradition, Frau Baumgart. Sie können den Stuhl ja auch in Ihrem Büro behalten und beispielsweise bei Besprechungen darauf sitzen. Für die Arbeit am Computer rate ich Ihnen allerdings dringend, Ihren modernen Bürostuhl zu nutzen. Haben Sie ihn noch?“
„Ja, schon.“
„So ein Mausarm kann chronisch werden“, warnte Dr. Frank seine Patientin, weil Anne wenig begeistert wirkte.
Erschrocken sah sie ihn an.
„Oh. Nein, das kann ich mir nicht leisten. Ich muss schreiben, davon hängt meine Existenz ab! Einige meiner größten Kunden bestehen darauf, dass ich ihre Angelegenheiten persönlich betreue.“
„In dem Fall sollten Sie dem neuen Stuhl eine zweite Chance geben. Auch Ihren Schultern zuliebe. Investieren Sie etwas Zeit, und experimentieren Sie mit den Einstellungen. Manchmal wirkt es schon Wunder, wenn man die Sitzfläche einen Zentimeter höher oder tiefer stellt.“
Anne nickte entschlossen.
„Gut. Ich probiere es.“
„Wichtig ist auch, Ihren Muskeln und Gelenken immer mal wieder Pausen zu gönnen. Ballen Sie die Hände zu Fäusten und öffnen Sie sie langsam wieder. Stehen Sie auf, schütteln Sie die Arme aus. Drücken Sie beide Hände gegeneinander oder gegen eine Wand.“
Anne Baumgart sah den Arzt skeptisch an.
„Das ist alles? Dann geht das Kribbeln weg?“
„Ich hoffe es.“ Dr. Frank zog den Rezeptblock zu sich heran. „Da Sie akute Beschwerden haben, verschreibe ich Ihnen Schmerztabletten. Dauerhaft sollten Sie die jedoch nicht einnehmen. Treiben Sie eigentlich Sport?“
Die Steuerberaterin druckste herum.
„Na ja … Ich lasse das Auto wann immer möglich stehen und fahre stattdessen mit dem Rad oder laufe.“
„Das ist ein guter Anfang. Gerade Menschen, die beruflich viel sitzen, tut Bewegung enorm gut. Wie wäre es mit einem Sportkurs? Der Grünwalder...
| Erscheint lt. Verlag | 21.11.2017 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Dr. Stefan Frank |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Anna Basener • Arzt • arzt-geschichte • Arzt-Liebesroman • Arzt-roman • Arztromane • arztroman ebook • arztromane deutsch • arztromane kindle • arztromane kindle deutsch • arztromane kindle ebook • Arzt-Serie • Baccara • Bahnhofsroman • Bergdoktor • Bergpfarrer • Bestseller • Bianca • Cora • Der Bergdoktor • Der Bergpfarrer • Deutsch • Dr Bruckner • dr daniel • Dr. Daniel • dr laurin • Dr. Laurin • dr norden • Dr. Norden • Dr Stefan Frank • Dr. Stefan Frank • eBook • eBooks • feelgood • Frauen • für • Fürstenklinik • Groschenheft • Happy End • Hedwig Courths Mahler • Hedwig Courths-Mahler • Heft • Heftchen • Heftchen-Roman • Heftroman • Heft-Roman • Heimatroman • Historical • Julia • Kelter • Kindle • Klassiker • Klinik • Klinik-roman • Krimi • Landarzt • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • Mira • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • OP • Patient • Pulp • Pulp Ficition • Romance • Romanheft • Roman-Heft • romantisch • Schwarzwaldklinik • serial content • Serial Novel • Serial Novels • Serie • Serien • Seriennovellen • Thriller • Tiffany • Western • Wohlfühlroman • Wohlfühl-Serie |
| ISBN-10 | 3-7325-5712-X / 373255712X |
| ISBN-13 | 978-3-7325-5712-7 / 9783732557127 |
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