Saubande (eBook)
315 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1530-7 (ISBN)
Tatort Schweinestall - ein 'Charakterschwein' ermittelt!
Kim hat im Moment zweifellos Schwein: Sie ist dem Tod von der Schippe gesprungen. Nun hat sie bei dem Maler Munk und seiner Muse Dörthe ein neues Zuhause gefunden. Und Kim ist verliebt. Doch dann das: Mit einem Messer im Rücken stürzt ihr Gönner tödlich getroffen zu Boden. Nur ein letztes Wort kommt über seine Lippen: 'Klee ...' Kim steht vor einem Rätsel. Und was das Ganze noch erschwert: Kim ist ein Schwein, und ihre Artgenossen sind ihr wahrlich keine Hilfe - weder Che, der große Weltveränderer, noch der gefräßige Brunst oder der altersschwache Doktor Pik. Bleibt nur der verwegene Typ, der Kim seit Tagen schöne Augen macht und von allen nur Lunke genannt wird, ein wilder Schwarzkittel, der keiner Keilerei aus dem Weg geht. Gemeinsam folgen die beiden ihrem Rüssel und wühlen dabei einen allzu menschlichen Bodensatz aus Vertuschung, Habgier, Erpressung und Mord auf ...
Ein amüsanter Kriminalroman über die Abgründe von Habsucht, Gier und anderen menschlichen Untugenden.
Arne Blum ist seit Jahren in der Verlagsbranche tätig und schreibt erfolgreiche Kriminalromane. Seine Schweinekrimireihe um die kluge Ermittlerin Kim mit der unfehlbaren Spürnase machte ihn nicht nur zu einem bekennenden Freund aller Schweine, sondern veranlasste ihn auch, ein Pseudonym für diese andere Seite in seinem kreativen Schaffen zu wählen.
2
Sie legte sich direkt vor Munk, um ihn zu beschützen. Die Neugier der anderen hatte sich schnell gelegt; jeder war kurz vorbeigekommen, hatte einen Blick auf Munk geworfen und ratlos vor sich hin gegrunzt. Nur Doktor Pik hatte nichts von sich gegeben. Kim aber saß der Schrecken noch immer in den Gliedern, und sie wusste, dass sie nicht tun konnte, als wäre nichts geschehen. Menschen starben nicht einfach so, mit einem langen Messer im Rücken, und schon gar nicht jemand wie Munk. Auch wenn Che immer etwas anderes behauptete, wusste Kim genau, dass Munk ihr Retter gewesen war. Wären er und Dörthe nicht gewesen, wären sie alle längst an jenem dunklen Ort gelandet, wo die meisten ihrer Artgenossen endeten: im Schlachthaus.
Bei dem Gedanken schüttelte sie sich und kroch noch etwas näher an den toten Munk heran. Im Mondlicht sah sie, wie er sich veränderte, wie sein Gesicht eine andere Färbung annahm. Der Blutgeruch stieg ihr in die Nase, und ihr wurde übel. Dann versuchte sie sich auf das Messer zu konzentrieren, es ragte aus seinem groben grauen Flanellhemd, das sich mittlerweile hässlich rot gefärbt hatte. Auch an dem Griff klebte ein bestimmter Geruch, doch sie konnte nicht sagen, wonach er roch.
Unvermittelt tauchte Brunst neben ihr auf. Mit seinem massigen Körper versuchte er, sie zur Seite zu drängen. »Wir könnten ihn fressen«, sagte er. »Jetzt – auf der Stelle. Das wäre mal was ganz anderes.« Er beugte sich vor und schnüffelte Munks blutige Hand ab, die er von sich gestreckt hatte, als wollte er auf etwas deuten.
»Verzieh dich!«, giftete Kim ihn an und stieß ihn in die Seite.
Brunst kicherte leise. »War nur Spaß«, sagte er und wandte sich ab. Zum Glück war er satt und müde. Sonst wäre ihm alles zuzutrauen gewesen.
Kim legte sich so, dass sie die anderen im Auge behalten konnte. Cecile war eingeschlafen und hatte sich ins Stroh gekuschelt. Che schnarchte leise und zuckte manchmal mit den Hinterläufen. Der helle Streifen auf seinem Fell, der ihn von den anderen unterschied und auf den er so stolz war, leuchtete im Mondlicht. Brunst rührte sich nicht, genauso wenig wie Doktor Pik, aber bei ihm war Kim sich nicht sicher, ob er sie nicht insgeheim beobachtete.
Gleichzeitig lauschte sie auf Geräusche aus dem Haus. Wo war der Schatten, den sie in der Tür gesehen hatte? Und wo war Dörthe? Müsste sie nicht kommen und merken, dass mit Munk etwas ganz und gar nicht in Ordnung war?
Eigentlich war Dörthe ihre Retterin. Kim erinnerte sich genau. Sie waren zwanzig gewesen, zwanzig rosige Hausschweine auf einer engen Ladefläche, die sich aneinander rieben. Sie hatten Angst gehabt, und als eines von ihnen angefangen hatte, laut zu schreien, hatten es ihm alle gleichgetan, doch es hatte nichts genutzt. Niemand kümmerte sich um sie, nicht einmal Wasser hatte man ihnen gegeben. Dann aber war der Boden unter ihnen ins Schlingern geraten. Sie wurden hin und her geworfen und stürzten übereinander. Ein lautes Krachen, das gar nicht enden wollte, folgte. Kim hatte vor Panik die Augen geschlossen und den Atem angehalten. Ihr Herz hatte so schnell geschlagen, dass es wehtat. Als sie die Augen wieder öffnete, war der Himmel über ihr gewesen, ein blauer, riesiger Himmel, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. Schnell war sie dem Himmel entgegengekrochen, vorbei an den anderen, die tot oder ohnmächtig dalagen. Was war passiert? Das riesige stinkende Gefährt, in das man sie gepfercht hatte, lag auf der Seite. Menschen liefen aufgeregt umher, Motoren heulten. Was sollte sie tun? Sie lief weiter auf den blauen Himmel zu, obwohl ihr Kopf schmerzte, sprang über einen schmalen Graben, über dem Mücken tanzten, rannte und rannte, und schließlich versteckte sie sich, als sie vor Anstrengung kaum noch Luft bekam. Dort, in dem Gebüsch, machte sie sich ganz klein und sah den Vögeln zu.
Und da hatte Dörthe sie gefunden und mitgenommen – irgendwann später. Dörthe, die Frau mit den roten Haaren und den starken Händen, hatte sie einfach in den Arm genommen und weggetragen. Ihr hatte sie auch ihren Namen zu verdanken – Kim, so wie Dörthes Lieblingspuppe geheißen hatte.
Als Kim ihre Augen wieder öffnete, war es hell. Sie lag auf der Seite, hinter ihr zwitscherten Vögel. Verdammt, sie war doch eingeschlafen. Munk hatte sich nicht gerührt. Nun aber konnte sie erkennen, dass er sie ansah – mit starren, weit aufgerissenen Augen. Ein furchtbarer Blick, irgendwie fragend und vorwurfsvoll. Sie schüttelte sich. Dann bemerkte sie etwas anderes. Noch jemand blickte sie an – dunkle, braune Augen, die über das Gatter starrten. Die Augen musterten sie unfreundlich, als wäre Kim schuld an Munks Tod, und zwischen den Augen stieg eine schmale, übel riechende Rauchsäule auf.
Haderer – er war gekommen. Wie gewöhnlich tanzte eine Zigarette zwischen seinen Lippen.
»Großer Gott«, sagte er und stieß die Luft aus. Dann schien er nachzudenken, jedenfalls rieb er sich über sein stoppliges Kinn und runzelte die Stirn unter seiner lockigen, ewig ungekämmten Mähne.
Ein Stück entfernt regte sich jemand; sie hörte Brunsts tiefes wohliges Schnauben. Die anderen schliefen noch, aber gewiss würden auch sie gleich erwachen.
»Hol mich der Teufel«, murmelte Haderer. Offenbar hatte er zu Ende gedacht. »Der Kerl liegt tot bei den Schweinen.«
Dann drehte er sich um und ging ziemlich unaufgeregt davon. Nur dass er die Tür nicht hinter sich schloss, war ungewöhnlich. Darauf hatte Munk bei Dörthe und Haderer immer Wert gelegt. »Macht die Tür hinter euch zu! Ich kann nicht arbeiten, wenn es im ganzen Haus nach Schweinen stinkt!«
Am Anfang war Kim über diesen Ausspruch beleidigt gewesen. Nun würde Munk nie wieder so etwas sagen.
Wenig später kehrte Haderer zurück. Er rauchte eine neue Zigarette und schlug mit der Faust gegen das Holz des Gatters. »He, Saubande!«, rief er. So nannte er sie immer. »Aufstehen! Gleich kommen die Bullen!«
Wieso kommen gleich Bullen? fragte Kim sich. Was sollten die hier? Sie konnte Haderer nicht leiden, aber wenn Dörthe nicht da war, kümmerte er sich um sie. Er war der Gehilfe. Er fütterte sie, mähte das Gras, arbeitete im Garten, schnitt Bäume, und sogar um Munks stinkendes Auto, das er Jeep nannte, kümmerte er sich. Nur eines durfte er nicht: auch nur einen Fuß in den Raum setzen, in dem Munk malte.
Haderer klopfte noch einmal gegen das Holz, Cecile quiekte im Schlaf auf, und dann kletterte er über das Gatter und öffnete die Tür zur Wiese.
»Raus mit euch!«, rief er. »Faule Bande.« Im Vorbeigehen versetzte er Kim einen Tritt, damit sie ja nach draußen lief, und stieß auch Doktor Pik mit dem Fuß an. Nur an Brunst traute er sich nicht ohne weiteres; ihn traktierte er am liebsten mit dem Spaten oder mit einem langen Stock. »Raus!«, wiederholte er. »Man sollte euch alle schlachten! Aber das wird man nun sowieso bald tun!« Er lachte und beugte sich über Munk. Richtig traurig schien er jedenfalls nicht zu sein, was Kim merkwürdig fand. Zu Munk war er eigentlich freundlich gewesen, meistens jedenfalls, nur hinter dessen Rücken hatte er manchmal leise geflucht.
Langsam richteten sich die anderen auf und folgten ihr auf die Wiese, erst Che, der ihr mürrisch einen Gruß zugrunzte, dann die kleine Cecile, die verschlafen blinzelte, dann Brunst, der laut gähnte. Zuletzt kam Doktor Pik, schweigsam wie immer.
»Was sollen wir tun, jetzt, wo Munk tot ist?«, fragte Kim und sah die anderen an.
Brunst gähnte wieder. »Ich suche mir erst mal was zu fressen«, sagte er uninteressiert und trabte davon. Cecile lief ihm nach. Frühmorgens war die einzige Zeit, wo sie nicht ständig vor sich hin plapperte.
»Ist mir alles egal«, meinte Che. »Ein Tierquäler weniger. Gibt immer noch mehr als genug.«
Doktor Pik schaute sie an. »Wir müssen auf der Hut sein«, sagte er geheimnisvoll.
Kim nickte. Sie spähte in den Stall hinein. Von hier aus waren nur die Füße von Munk zu sehen. Sie waren schmutzig und nackt. Das hatte sie vorher gar nicht bemerkt.
Dann hörte sie eine laute Sirene, dann noch eine, und wenig später fielen lauter Menschen auf dem kleinen Hof ein, Menschen, keine Bullen.
Während die anderen sich über die Kartoffelschalen und die alten Brotkanten hermachten, die Haderer ihnen achtlos hingeworfen hatte, verzichtete Kim auf ihr Fressen und legte sich auf die Lauer. Sie wollte den Stall nicht aus den Augen lassen. Zwei Menschen in weißen Anzügen, die nach nichts rochen, beugten sich über Munk, fotografierten ihn und stellten merkwürdige kleine Schilder auf. Sie sprachen leise und ohne jede Aufregung miteinander.
Später kam der erste Mann, der nicht weiß war. Er verscheuchte die Menschen in den weißen Anzügen und ging neben Munk in die Knie. Er flüsterte etwas in einen kleinen silbernen Apparat hinein, das Kim nicht verstehen konnte, und gelegentlich warf er ihr einen verstohlenen Blick zu, als wäre sie ein Raubtier, vor dem er sich in Acht nehmen müsste.
Ein zweiter Mann trat hinzu, der viel jünger und dünner war, und tippte dem Älteren auf die Schulter. »Hauptkommissar Ebersbach«, sagte er, dann drehte er sich um und deutete auf Kim. »Das Schwein da beobachtet Sie – irgendwie merkwürdig, oder nicht?« Er lächelte, er hatte winzige, braune Zähne und wirkte überhaupt nicht fröhlich.
»Lass mich in Ruhe, Kroll«, knurrte Ebersbach. »Habe ich schon längst bemerkt. Wieso hat der Tote eigentlich Schweine gehabt?«
»Künstler und ihre...
| Erscheint lt. Verlag | 6.11.2017 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Die Saubande ermittelt |
| Die Saubande ermittelt | Die Saubande ermittelt |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Schlagworte | Charakter • Erpressung • Gier • Gönner • Habgier • Habsucht • Liebe • Mord • Muse • Rüssel • Schweine • Schweinekrimi • Schweinestall • Tod • Vertuschung |
| ISBN-10 | 3-8412-1530-0 / 3841215300 |
| ISBN-13 | 978-3-8412-1530-7 / 9783841215307 |
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