Commander Reilly #12: Commander der Humanen Welten: Chronik der Sternenkrieger (eBook)
150 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-1156-5 (ISBN)
4
Zur gleichen Zeit dümpelte vier Lichtminuten entfernt die SOLAR DEFENDER 11 immer noch dahin.
Lieutenant Ukasi hatte inzwischen angeordnet, auch die letzten unnötigen Systeme abzuschalten, damit die Wsssarrr auf keinen Fall auf die Idee kommen konnten, dass ihnen von dem kleinen, nur mit Unterlichttriebwerken ausgestatteten Raumboot irgendeine Gefahr ausging.
Eine Explosion leuchtete plötzlich grell auf dem Panorama-Schirm auf. Für einen Moment wurde dadurch auch die Brücke des Raumbootes hell erleuchtet, auf der es schon seit Stunden fast dunkel war.
„Das ist nun bereits das fünfte Wrack, das diese Bastarde restlos zerstören, damit auch ja keiner von unseren Leuten überlebt!“, meldete sich Crewman Vitranjan zu Wort. Die Waffenkonsole war abgeschaltet, aber es hätte Vitranjan nur so in den Fingern gejuckt, auf das gewaltige, alle menschlichen Maßstäbe sprengende Raumschiff zu schießen, das die Form eines Arachnoiden besaß und wie ein Sinnbild puren Schreckens durch das All geisterte.
Vitranjan atmete tief durch. Er schloss für einen Moment die Augen, als die Explosion auf dem Schirm besonders grell wurde. Der Panorama-Schirm war ebenfalls abgeschaltet. Die Anzeige, die eigentlich auf die großformatige Bildfläche projiziert werden sollte, hatte Ukasi auf einen kleinen Nebenschirm umgeleitet, in der Hoffnung, dass dadurch geringere elektromagnetische Emissionen entstanden, die dem Feind verraten konnten, dass auf der SOLAR DEFENDER 11 noch jemand existierte.
Ukasi saß sehr konzentriert vor seiner Konsole. Crewwoman Kücük hatte die Brücke verlassen und war im Maschinentrakt verschwunden. Allerdings hatte sie von Ukasi die ausdrückliche Anweisung, den Energiefluss auf keinen Fall zu erhöhen.
„Wie soll ich die Maschinen instand bringen, wenn ich keine Energie zapfen darf! Seien wir doch froh, dass wir noch welche an Bord haben!“
„Es wäre unser Todesurteil, Crewwoman Kücük“, hatte Ukasi daraufhin erwidert. „Im Übrigen schlage ich vor, Sie sparen sich Ihre Fragen auf, bis wir wieder auf Spacedock 1 sind und Sie Zeit für ein lustiges Ratespiel finden!“
Der ehemalige Fähnrich auf der STERNENKRIEGER hatte sich vorgenommen, seine Emotionen in Zukunft besser unter Kontrolle zu bringen, wofür er auch einiges getan hatte.
„Womit beschäftigen Sie sich eigentlich die ganzer Zeit, wenn ich mal fragen darf?“, fragte Tab Clintor. „Wir anderen sind hier mehr oder minder zur völligen Untätigkeit verurteilt und müssen hier in diesem Sarg der Dinge harren, die da kommen und Sie sind die ganze Zeit über damit beschäftigt, wie ein Verrückter auf den Sensorpunkten Ihres Touchscreens herumzuhacken, als müssten Sie dessen Oberfläche mit aller Gewalt eindrücken oder wollten sicherstellen, dass sich auch ganz bestimmt irgendwelche Fingerabdrücke darauf nachweisen lassen!“ Crewman Clintor kicherte. „Dass Sie hier der Mega-Aktivposten unserer Mannschaft sind, hat sowieso niemand bestritten. Und ich glaube kaum, dass man die Trümmerteile, die von der SOLAR DEFENDER bleiben werden, wenn die Arachnoiden uns vernichtet haben, irgendwann genauer untersucht werden...“
Ukasi blickte auf.
Clintor schwitzte.
Die Innentemperatur der SOLAR DEFENDER 11 war in den letzten Stunden kontinuierlich, wenn auch noch nicht bedrohlich gestiegen. Ein traditionell auftretendes Problem der Raumfahrt war das Ableiten der Wärme, die durch Auftreffen der Strahlung des nahen Zentralgestirns verursacht wurde. Üblicherweise wurde diese Wärme in Form von Infrarotstrahlung über ein Radiatorensystem, abgeleitet. Aber Ukasi hatte dieses System weitgehend abgeschaltet, sodass es seine Funktion nur noch unzureichend erfüllte.
„Ich rechne“, sagte Ukasi lakonisch.
„Ihre Vorliebe für Mathematik ist niemandem hier an Bord verborgen geblieben. Trotzdem...“ Clintor schüttelte energisch den Kopf und fuhr sich mit einer fahrigen Geste über das Gesicht, während Ukasis Blick wieder starr und konzentriert auf seinem Display gerichtet war, dessen Leuchtanzeige seine Züge in ein bläuliches, kühles Licht tauchte. „Bewältigen Sie auf diese Weise Ihren Stress mit der Todesangst? Interessant, Sir. Sinnlose Beschäftigung gegen den Wahnsinn. Fragt sich nur, weshalb Sie diese Therapie nur sich selbst zu Gute kommen lassen und uns keine Möglichkeit geben, uns daran zu beteiligen.“
„Vielleicht hat das mit Ihren allenfalls rudimentären Kenntnissen in der Mathematik zu tun“, konterte Ukasi kühl und dachte: Im Moment tust du wirklich alles, um das Bild eines arroganten Besserwissers, dass deine minderbegabte Crew von dir hat, auch noch nach Kräften zu bestätigen. Vielleicht sind Kommandojobs einfach nichts für mich...
„Danke, Sir, Komplimente dieser Art hört man immer wieder gerne!“, versetzte Tab Clintor.
„Vielleicht könnten Sie Ihren privaten Kleinkrieg endlich aufgegeben“, mischte sich Crewwoman Rissel ein. „Das nervt ganz schön. Wir sind ohnehin alle etwas angespannt.“
„Angesichts der Tatsache, dass es ja wohl nur noch eine Frage der Zeit sein kann, wann wir entweder in die Sonne stürzen oder von einem dieser Leichenfledderer-Kommandos der Wsssarrr vernichtet werden, ist das ja wohl nur zu verständlich!“, mischte sich Vitranjan ein.
Crewwoman Kücük kehrte unterdessen auf die Brücke zurück. „Es hat keinen Sinn, dass ich unter diesen Bedingungen weitermache“, meinte sie. Sie blickte sich um, sah in die nur vom matten Schein der Displays erhellten Gesichter und fragte: „Habe ich etwas verpasst?“
„Unser Captain wollte uns gerade verraten, wie er sich mit Mathematik die Zeit vertreibt“, ätzte Clintor.
„Ich vertreibe mir nicht die Zeit damit“, widersprach Ukasi. „Ich habe einfach nur die Ortungsdaten verfolgt und eine Strukturanalyse der Oberfläche des Riesen-Arachnoiden durchgeführt.“
„Ich hoffe nur mit Verfahren, die uns nicht verraten“, sagte Crewwoman Kücük etwas säuerlich.
Ukasi verzog das Gesicht. „Keine Sorge, darauf habe ich natürlich peinlich genau geachtet. Ich hatte daher nur ein sehr beschränktes ortungstechnisches Instrumentarium zur Verfügung und vielleicht wären mir die mathematischen Beziehungen sonst eher deutlich geworden...“
„Sir, vielleicht könnten Sie uns in Ihre Gedankengänge einweihen“, hoffte Clintor.
Ukasi holte tief Luft. Er wirkte wie jemand, der gerade darüber nachdachte, ob es überhaupt Sinn hatte, seinem Gegenüber die Dinge zu erklären, über die er schon die ganze Zeit intensiv nachdachte.
„Die Oberflächenstruktur weist periodisch auftretende Strukturveränderungen auf subatomarer Ebene auf. Es kommt zu einem Austausch winziger Energiepotenziale und Ladungen – aber hinter dem steht ein so regelhaftes Muster, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es sich ein zufälliges Phänomen handelt.“
„Vielleicht ist es eine Eigenschaft des Materials“, meinte Clintor.
Aber Ukasi widersprach vehement. „Das halte ich für ausgeschlossen. Das Material ist identisch mit dem Stoff, der auch die Oberfläche der beiden Vulkanoiden bildet. Es besteht desweiteren überhaupt kein Unterschied zu den Oberflächen der Artefakte von Triple Sun und Rendezvous. Ich hatte die Vergleichsdaten bereits über das Space Army Corps Archiv angefordert, als wir noch Kontakt zur Außenwelt hatten.“
Clintor verengte die Augen. „Haben Sie eine Theorie?“
Ukasi lehnte sich in seinem Schalensitz zurück. Seine unermüdlichen Finger ruhten für ein paar Augenblicke. Er atmete tief durch und sein Blick schien nach innen gerichtet zu sein. „Es ist ein Code“, stellte er klar. „Nein, was ich gesagt habe ist nicht korrekt. Es ist kein Code, sondern nur das Resonanzphänomen eines Codes, das sich aus irgendeinem Grund auf die Oberfläche überträgt und diese winzigen Strukturveränderungen hervorruft.“
„Also kein beabsichtigtes Phänomen?“, hakte jetzt Kücük nach.
Ukasi hob die Schultern. „Ehrlich gesagt, weiß ich das noch nicht. Aber Tatsache ist, dass da drinnen, in diesem barbarisch wirkenden Riesen-Arachnoiden Kommunikationsvorgänge von enormer Komplexität vor sich gehen, von denen sich wahrscheinlich nur ein Bruchteil in den Strukturveränderungen widerspiegelt.“
Wenige Augenblicke herrschte Schweigen.
Vitranjan gähnte.
Die schlechter werdende Luft machte sich bemerkbar. Der Sauerstoffgehalt war in der letzten Stunde um zwei ganze Prozentpunkte gesunken, was weder der Stimmung an Bord noch der Leistungsfähigkeit des Einzelnen gut tat.
„Captain, was würde geschehen, wenn wir aus nächster Nähe einen Treffer in dem Ding landen würden?“, fragte der Waffenoffizier der SOLAR DEFENDER 11. „Wir hätten vielleicht die Möglichkeit, diese Schlacht zu entscheiden.“
„Sie meinen, wir hätten die Möglichkeit, uns zu opfern“, stellte Ukasi fest.
Alle Blicke waren nun zuerst auf Ukasi und anschließend auf Vitranjan...
| Erscheint lt. Verlag | 10.7.2017 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
| ISBN-10 | 3-7389-1156-1 / 3738911561 |
| ISBN-13 | 978-3-7389-1156-5 / 9783738911565 |
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