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Dr. Stefan Frank 2393 (eBook)

Ein folgenreicher Zusammenstoß

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Aufl. 2017
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-4599-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dr. Stefan Frank 2393 - Stefan Frank
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Wie gelähmt sitzt Tabea Wagenbach auf dem Beifahrersitz. Ihr Freund hat wieder einmal getrunken und fährt viel zu schnell. Mit zittriger Stimme bittet sie ihn, den Platz mit ihr zu tauschen, aber genauso gut könnte sie gegen eine Wand reden. Kevin denkt gar nicht daran, ihr die Herrschaft über sein Auto zu überlassen. Grinsend beschleunigt er stattdessen abermals und ruckelte dabei boshaft am Lenkrad, was den Wagen leicht schlingern lässt.

Panik wallt in Tabea auf. Warum nur schafft sie es nie, sich gegen ihren rücksichtslosen Partner aufzulehnen? Das hier ist doch lebensgefährlich!

Plötzlich gibt es einen lauten Knall, etwas Großes prallt direkt auf ihre Frontscheibe, fällt seitlich auf die Gegenfahrbahn und rollt noch ein paar Meter, bevor es liegen bleibt.

'Was war das?', flüstert Tabea erschrocken, als der Wagen endlich zum Stehen kommt. Sie dreht sich um und starrt durch die Heckscheibe nach draußen. 'O Gott ... Ich glaube, das ist ein junges Mädchen! Kevin, um Himmels willen, was hast du getan?'

„So, dann hoffe ich, dass euch der Kurs gefallen hat. Mir hat er jedenfalls sehr viel Spaß gemacht. Ihr wart wirklich eine tolle Klasse!“

Mit einem herzlichen Lächeln – und bereits ein wenig Wehmut in der Stimme – blickte Tabea Wagenbach auf die Teilnehmer ihres Sprachkurses, welcher heute endete. Eben hatte sie die Zertifikate ausgeteilt, und jetzt schaute sie in fünfzehn zufriedene, teils glückliche Gesichter.

Alle ihre Schüler hatten die Abschlussprüfung bestanden, drei von ihnen sogar mit der Note „Sehr gut“. Das war nicht selbstverständlich, denn die Sprachprüfungen am Institut für Interkulturellen Austausch waren alles andere als leicht.

Tabea Wagenbach war eine hübsche, mittelgroße, schlanke Frau von zweiunddreißig Jahren, die ihr langes weizenblondes Haar gern zu einem Pferdeschwanz zusammenraffte. Ihre ungewöhnlich hellblauen Augen schauten freundlich und offen in die Welt und gaben ihrem Gesicht zusammen mit den überaus zarten Augenbrauen etwas Elfenhaftes.

Zudem hatte sie ein sehr aufgeschlossenes, freundliches und geduldiges Wesen, was sie – zusammen mit hervorragenden didaktischen Fähigkeiten und einem großen pädagogischen Feingefühl – zu einer außerordentlich talentierten Lehrerin machte, die bei ihren internationalen Kursteilnehmern sehr beliebt war.

Und auch sie liebte ihre Schüler. In jeder neuen Klasse begegneten ihr so viele interessante Menschen, solch außergewöhnliche Charaktere, so spannende Persönlichkeiten!

Tabeas Kursteilnehmer hier am Institut waren meistenteils junge Erwachsene zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die sich entweder auf ein Studium, eine Promotion oder ihren Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt vorbereiteten. Viele von ihnen waren Stipendiaten und wurden entweder von ihren Heimatuniversitäten oder dem Deutschen Akademischen Austauschdienst gefördert.

Aber auch einige sogenannte „Selbstzahler“, häufig schon etwas ältere Menschen, saßen vor allem in den Sommermonaten in ihren Kursen und bereicherten den Unterricht durch ihre Lebenserfahrung.

Ganz anders hingegen sah es in den Integrationskursen an einer kleinen Privatschule aus, wo Tabea ebenfalls stundenweise Unterricht gab. Hier waren die Klassen größer, die Kursteilnehmer hatten öfter mit Lernschwierigkeiten zu kämpfen oder in ihrem Heimatland mitunter nur die Grundschule besucht.

Zudem wurde Tabea in diesen Kursen häufig mit erschütternden Schicksalen konfrontiert. Zusammen mit dem erhöhten wöchentlichen Vorbereitungs- und Korrekturaufwand, der für diese Stunden notwendig war, aber unbezahlt blieb, drohte sie dieser Umstand allmählich auszulaugen.

Ihre Arbeitsbedingungen waren in dieser Hinsicht tatsächlich alles andere als optimal. Im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ wurden nämlich trotz des gestiegenen Bedarfs an Lehrkräften bundesweit immer noch nicht genügend feste Stellen ausgeschrieben.

Nur langsam setzte sich bei den Verantwortlichen die Einsicht durch, dass gelungene Integration auch guten Unterricht voraussetzte, für den wiederum gut ausgebildete und entsprechend fair bezahlte Lehrkräfte benötigt wurden.

Seit Jahrzehnten schlugen sich deshalb viele Deutschlehrer als Honorarkräfte durch und waren gezwungen, bei mehreren Sprachschulen gleichzeitig zu arbeiten, um sich ein einigermaßen vernünftiges Leben finanzieren zu können.

Arbeit auf Honorarbasis bedeutete, dass man nie genau wusste, ob und wann man den nächsten Kurs bekam, dass man auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten musste, ja, dass es nicht einmal eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gab. Wurde eine Stunde nicht gehalten, bekam man kein Geld, so einfach war das.

Trotzdem liebte Tabea ihre Arbeit. Deshalb brach es ihr auch jedes Mal ein bisschen das Herz, wenn ein Kurs endete, in dem das Arbeiten besonders viel Spaß gemacht hatte.

Auch jetzt schaute sie etwas beklommen auf ihre Schüler. Viele würden noch heute, spätestens aber am Wochenende, ihre Koffer packen und in eine andere Stadt entschwinden. Die meisten von ihnen würde sie nie wiedersehen.

„Wer möchte, kann ja nachher um halb zwei noch einmal kurz in die Cafeteria kommen“, hörte sie sich mit belegter Stimme sagen. „Eine knappe Stunde hätte ich noch Zeit. Dann könnten wir vielleicht noch einen letzten Kaffee zusammen trinken.“

Die meisten der Schüler nickten und begannen, ihre Materialien einzupacken. Schwatzend verließen sie dann nach und nach den Kursraum. Tabea schaltete das Whiteboard und den Computer aus und öffnete kurz noch einmal die Fenster.

Angenehm warme Luft strömte in den Raum. Obwohl der Kalender den offiziellen Sommeranfang erst in knapp zwei Monaten verkünden würde, herrschten in München schon seit Tagen recht urlaubshafte Temperaturen. Wenn es so blieb, würde der kommende Wonnemonat seinem Namen alle Ehre machen.

Tabea packte Stifte, Lehrbücher und übrig gebliebene Arbeitsblätter in ihre Tasche und schloss die Fenster wieder. Dann schaltete sie das Licht aus und verließ den Raum.

Auf dem Weg zum Lehrerzimmer quollen ihr Scharen von Teilnehmern aus den anderen Kursen entgegen. Die meisten begannen bereits, sich voneinander zu verabschieden. Es gab viele Umarmungen und hier und da auch ein paar Tränen. Der letzte Freitag eines Monats war in dieser Hinsicht immer ein trauriger Tag.

Der nächste Weg führte Tabea zum Organisationsbüro. Bereits am Montag würden nämlich neue Kursteilnehmer ankommen. Der Anreisetag wurde dabei immer gleich für die Einstufungen benutzt. Alle Neuankömmlinge mussten dann einen schriftlichen Test und ein kurzes Interview absolvieren.

Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass sich alle Teilnehmer eines neuen Kurses wirklich auf dem gleichen Sprachniveau befanden.

Vorsichtig klopfte Tabea an die Glastür des Büros und trat ein. Etwas unwillig hob die Kursorganisatorin, ihre Freundin Vreni, den Kopf. Offensichtlich hatte Tabea sie gerade bei etwas Wichtigem gestört.

„Was gibt es denn?“

„Ich wollte nur fragen, ob es im nächsten Durchgang bei meinem A1-Kurs bleibt. Und mit welchem Buch ich dann arbeiten soll“, erwiderte Tabea. Ihr war auf der letzten Planungskonferenz einer der beiden Anfängerkurse in Aussicht gestellt worden, und Tabea war das sehr recht gewesen, obwohl sie eigentlich lieber auf den höheren Sprachniveaus unterrichtete.

Aber im Moment konnte sie jeden Cent gut gebrauchen, da war die Kursstufe ihre geringste Sorge. Ihr Kontostand näherte sich nämlich schon wieder ganz bedenklich der Nulllinie.

„Ach je, der zweite A1-Kurs! Tabi, ich fürchte, ich habe eine ganz schlechte Nachricht für dich.“ Vreni holte tief Luft. „Die vierzehn chinesischen Teilnehmer, die sich angemeldet hatten, gehen jetzt doch lieber als Gruppe an ein Institut in Kassel, weil sie danach sowieso an der Musikhochschule in Hannover studieren werden. Das heißt, der Kurs kommt gar nicht zustande. Es tut mir leid.“

„Wie …“, stotterte Tabea erschrocken. „Was soll das denn heißen? Welchen Kurs kriege ich denn dann?“

Mitleidig schaute Vreni auf ihre Freundin, die jetzt völlig aufgelöst vor ihr stand. Sie konnte sich gut vorstellen, wie ihr zumute war.

„Tabi, du weißt doch, wie das funktioniert“, sagte sie leise. „Zuerst muss ich die Festangestellten bedienen, denn bei denen läuft das Gehalt ja weiter. Und eine andere Gruppenanmeldung gab es für den Mai leider nicht. Das heißt, es ist kein Kurs im A-Bereich übrig.“ Mit gerunzelter Stirn schaute sie auf den Monitor und schüttelte dann den Kopf. „Es tut mir wirklich sehr leid für dich.“

„Aber ich habe mir extra für den ganzen Mai die Vormittage freigehalten. Wo soll ich denn jetzt noch Unterrichtsstunden herkriegen? Jetzt sind doch in allen anderen Sprachschulen die Kurse auch schon vergeben.“

Vreni hob bedauernd die Schultern.

„Ich kann es wirklich nicht ändern, Tabi. Möglicherweise starten wir noch einen Medizinerkurs, es gab da ein paar Anfragen. Aber das wären dann auch nur zwei Stunden pro Nachmittag statt fünf am Vormittag. Wenn ich es irgendwie einrichten kann, bringe ich dich da noch unter. Von den Honorarkräften bist du sowieso unser bestes Pferd im Stall …“

„Nachmittags kann ich im Moment aber nicht“, wandte Tabea ein. „Da habe ich zurzeit noch einen Integrationskurs bei Interlingualis. Ich kann bei denen ja jetzt nicht einfach aussteigen und sie hängen lassen, sonst fragen die bei mir nie wieder an.“

„Verstehe. Schade. Wie gesagt, du bist – gerade für die Medizinerkurse – eigentlich unsere Favoritin. Sagt auch der Chef.“

Nun kämpfte Tabea wirklich mit den Tränen.

„Ich unterrichte sehr gern bei euch, das weißt du. Aber solange ich nirgendwo für einen längeren Zeitraum feste Zusagen habe, darf ich niemanden vor den Kopf stoßen. Habt ihr denn überhaupt eine Ahnung, wie man als Honorarkraft lebt?“

Vreni schaute sie ein bisschen verblüfft an.

„Ehrlich gesagt, habe ich mir darüber noch nie so richtig Gedanken gemacht. Meine Aufgabe ist es ja nur, die Kurse sicherzustellen und dabei die Kosten für das Institut im Auge zu behalten. Wie machen das die anderen Honorarkräfte denn?“

„Die meisten haben noch einen Mitverdiener in der Familie“, sagte Tabea verzweifelt. „Die müssen nicht allein für Miete und Lebenshaltungskosten aufkommen. Und die, die es müssen, stehen kurz vor dem Burnout. So wie ich.“

Vreni nickte verstehend.

„Ich hätte dir so gern eine positive Auskunft gegeben,...

Erscheint lt. Verlag 2.5.2017
Reihe/Serie Dr. Stefan Frank
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte alphateam • Chicago Hope • Der Bergdoktor • Der Landarzt • Die Schwarzwaldklinik • Doctor's Diary • Dr. Bruckner • Dr. Stefan Frank • Emergency Room • feelgood • Für alle Fälle Stefanie • Gefühle • General Hospital • grey • Grey's Anatomy • Hallo • Hallo, Onkel Doc • Happy End • Heftroman-Liebe • Heftroman-Romance • Heftroman-Romantik • Herzflimmern • Herzschmerz • Hollywood • In aller Freundschaft • Klinikum Berlin Mitte • Klinik unter Palmen • Leidenschaft • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • Nicholas Sparks • nikola • Onkel Doc • Private Practice • PS ich liebe dich • Romance • Romanheft-Liebe • Romanheft-Romance • Romanheft-Romantik • romantisch • Romantische Komödie • Stadtklinik • tatsächlich liebe • Tränen • wohlfühlen
ISBN-10 3-7325-4599-7 / 3732545997
ISBN-13 978-3-7325-4599-5 / 9783732545995
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