Silvia-Gold 27 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-4611-4 (ISBN)
Wie erstarrt steht Annalena Ropius vor dem Grab ihres Mannes. Warum? Immer wieder stellt sie sich diese Frage. Warum hat er das getan? War es Absicht? Eine Flucht?
Mechanisch schüttelt die junge Witwe die Hände der zahlreichen Trauergäste. Keins der mitfühlenden Worte dringt zu ihr durch. In ihr ist alles leer, wie tot ...
Erst als sie die schwangere junge Frau sieht, die schluchzend rote Rosen in Peters Grab wirft, weicht Annalena erschrocken zurück. In diesem Moment begreift sie, dass sie viel zu lange die Augen vor der Wahrheit verschlossen hat. Peter war nicht der Mann, den sie in ihm gesehen hatte. Doch seine Geliebte war nicht sein einziges Geheimnis ...
Als die dunkle Erde polternd auf den Sarg fiel, hatte Annalena das Gefühl, selbst darunter begraben zu werden. Bei jedem neuen Erdbrocken zuckte sie zusammen, als spürte sie körperliche Schmerzen.
»Wir trauern um Peter Ropius und bitten für ihn um den Frieden, den er im Leben nicht fand.« Der Pfarrer begann ein letztes Gebet, in das die Trauergemeinde leise einfiel. Es klang wie das Summen in einem Bienenstock. »Und wenn ihr nun hinausgeht in den Alltag, dann vergesst nie, dass es immer die Menschen in eurer Nähe sind, die die meiste Hilfe benötigen, auch wenn sie darüber schweigen. Habt Augen und Ohren für euren Nächsten!«
Annalena Ropius begrub ihre große Liebe, ihre Sehnsucht, ihr Glück. In ihrem Kopf überschlugen sich die Bilder ihres Lebens. Eines tat weher als das andere, festhalten konnte sie keines.
Michael Helios, ein Freund der Familie, der ihr in den letzten Tagen zur Seite gestanden hatte, sorgte sich um die zierliche junge Frau und hätte sie am liebsten vor allem Übel beschützt. Vor allem vor dem bösen Gerede von Zita Ropius. Michael wusste, dass die Mutter seines verstorbenen Freundes Annalena nie hatte leiden können und sich geweigert hatte, sie in die Familie aufzunehmen.
Der Blick der Schwiegermutter verhieß auch jetzt nichts Gutes. Wie ein Feuerschwert durchbohrte er die junge Witwe, die ihren Kindern zuliebe Haltung bewahrte.
Die zehnjährige Sandrina tat es ihrer Mutter nach und stand kerzengerade da mit verschlossenem Gesichtchen. Ihre jüngere Schwester Isabella dagegen konnte ihren Tränenfluss nicht stoppen.
»Das alles ist allein deine Schuld«, zischte Zita Ropius ihrer Schwiegertochter ins Ohr. »Nur deine Schuld! Du hast ihn umgebracht! Mörderin! Aber du wirst schon noch sehen …«
Der Pfarrer wandte sich an die Witwe, die ihren Mantel enger um sich zog.
»Gottes Wege wenden sich immer wieder zum Guten, Frau Ropius. Sie müssen fest daran glauben.«
»Danke«, erwiderte Annalena mit versteinerter Miene und trat mit den Kindern an das offene Grab. »Ciao«, flüsterte sie und ließ den kleinen Rosenstrauß fallen. In ihr war auf einmal eine unendliche bedrückende Leere.
»Ciao, Babbo«, sagte Sandrina und warf ihr Sträußchen auf den Sarg.
Das Mädchen erhielt einen leichten Stoß in den Rücken. »Das heißt Papa«, raunte ihre Großmutter an ihrem Ohr, und Sandrina spürte den Unmut, der selbst in der leisen Stimme hörbar wurde.
Isabella riss sich von der Hand ihrer Mutter los. Sie hatte mitbekommen, was die Großmutter gesagt hatte – so, wie sie in den letzten Tagen immer wieder die Vorwürfe Zitas hatte hören müssen.
»Nein«, schrie die Achtjährige, ließ ihr Sträußchen einfach fallen und rannte davon.
Die Trauergemeinde blickte erschrocken hinter der Kleinen her. Niemand schien fähig, sich zu rühren und etwas zu unternehmen. Michael entschuldigte sich bei den Nebenstehenden und eilte hinter dem Mädchen her, dessen Weinen die Herzen aller schier zerriss.
Alle schauten zu der jungen Witwe, als erwarteten sie hier und jetzt eine Erklärung, eine Handlung, wenigstens ein einziges Wort. Doch nur eine Art grollendes Schnaufen von Zita war zu hören.
Annalena schwieg und stand nun hochaufgerichtet an der Seite der Grabstätte, wo sie scheinbar unbeteiligt die Hände der Trauergäste drückte, sich von dem einen oder anderen in den Arm nehmen ließ, wobei aber nicht ein einziges Wort zu ihr durchdrang. Sie befand sich in einem eigenartigen Dämmerzustand, der auch noch anhielt, als Michael Helios ihr die kleine Isabella zurückbrachte.
»Ich bin bei dir«, raunte er ihr zu. »Ich lasse dich und die Kinder nicht allein!«
»Geh mit den Kindern«, bat Annalena tonlos.
Es war ihre Schwiegermutter, die zum Leichenschmaus bat und der Trauergesellschaft den Weg wies. Und es war Michael Helios, der sich um die beiden Mädchen kümmerte, während Annalena sich vom Grab ihres Mannes nicht trennen mochte.
»Heuchlerin!«, sagte Zita Ropius zum Abschied.
Annalena zuckte nicht einmal zusammen. Sie bemerkte kaum, dass sie fast allein im kalten Februarwind zurückblieb. Die äußere Kälte spürte sie nicht. Innerlich war sie längst zu einem Eisblock erstarrt.
»Warum?«, fragte Annalena den Toten. »Warum hast du uns das angetan? War es Absicht? Eine Flucht?«
Sie wich auch nicht, als eine junge Frau an das Grab trat, sichtlich schwanger, und schluchzend rote Rosen hineinwarf. Erst dann schien sie die Witwe zu entdecken.
Die Augen der Schwangeren weiteten sich. Schützend legte sie die Hand auf ihren Bauch. Sie begriff, wer die andere war, so wie Annalena wusste, wer ebenso wie sie selbst um Peter weinte. Es irritierte sie, dass sie keinen Hass auf diese Frau empfand.
»O mein Gott!«, rief die Fremde entsetzt und fuhr stammelnd fort: »Es … es tut mir leid, das habe ich nicht gewollt!«
Dann eilte sie hastig davon, noch ehe Annalena ein Wort sagen konnte. Dabei hätte sie so viele Fragen an die andere gehabt. Und dann wurde ihr übel, das Blut rauschte in ihrem Kopf, und sie sehnte sich nach einer gnädigen Ohnmacht, die ihr jedoch nicht zuteilwurde.
Annalenas Mutter, die auf ihre Tochter gewartet hatte, war schnell genug bei ihr, um sie aufzufangen.
»Du schaffst das, Kind«, redete sie auf Annalena ein. »Du bist stark. Denk an die Kinder …«
***
Zita Ropius hatte sich durchgesetzt. Der Leichenschmaus fand nicht im »Ristorante Colombina« statt, das Annalenas Eltern gehörte.
»Es ist unmöglich«, hatte sie sich empört. »Bei der Familie der Mörderin meines Sohnes können wir uns nicht gebührend von ihm verabschieden.«
Jeden Hinweis, dass es sich wohl um einen Unfall gehandelt hatte, überhörte sie. In ihren Augen gab es nur eine Schuldige: die ungeliebte, ja, verhasste Schwiegertochter.
Zita hatte mit großem Aufwand das »Goldene Lamm« mit Trauerflor und weißen Lilien ausstatten lassen und ein pompöses Essen bestellt.
Annalena, die sich in den Tagen nach Peters Tod schon nicht gegen die Anschuldigungen Zitas hatte wehren können, hatte der Schwiegermutter alles überlassen und sich bis zur Beerdigung nirgendwo sehen lassen. Ihre Familie, die Freunde – niemand kam an sie heran, keiner schaffte es, ihr klarzumachen, dass Peters Tod nicht ihre Schuld war.
Nein, schuldig fühlte sich Annalena nicht. Es war, als wäre zumindest ein Stück von ihr mit dem Mann gestorben, den sie so unendlich geliebt und dem sie so absolut vertraut hatte. Sie würde viel Zeit brauchen, um den Rest ihrer einst so fröhlichen Persönlichkeit zusammenzukratzen und zu begreifen, was wirklich geschehen war – mit ihr und mit Peter.
Auch nach der Beerdigung ließ sie alles geschehen und zog sich in eine Ecke zurück, in der sie vor den Blicken und den Reden der Gäste, die den Anschuldigungen Zitas lauschten, geschützt war. Hier, in dem kleinen Nebenraum, konnte sie ihren Gedanken freien Lauf lassen und Abschied nehmen von ihrem bisherigen Leben.
Peter war ihre große Liebe gewesen, der Mann, der sich gegen seine alles bestimmende Mutter durchgesetzt hatte und die »Kellnerin«, wie Zita sie genannt hatte, zum Altar führte. Viele Jahre hatte sie sich an seiner Seite unendlich glücklich gefühlt, ihm zwei bezaubernde Töchter geboren, sich seiner Familie, die sie stets fühlen ließ, dass sie unerwünscht war, angepasst und dann doch nicht gemerkt, wie ihr Glück, ihre Liebe verblasste.
Irgendwann war ihr klar geworden, dass Peter eine Geliebte hatte, eine, die seiner Mutter besser gefiel als die »Kellnerin«, die sie auf einmal wieder war.
Zita hatte auf Scheidung gedrängt, als sie von der anderen erfuhr. Sie hatte triumphiert und Annalena spüren lassen, dass es ihr zu lange dauerte, bis Peter endlich die Konsequenzen zog.
Peter hatte sich nicht scheiden lassen wollen. Auch wenn er eine andere hatte, so liebte er doch auch seine Familie. Und so hatte er versucht, alles unter einen Hut zu bringen und allen gerecht zu werden – ein Unterfangen, das von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
Annalena hatte geschwiegen. Er war der Vater ihrer Kinder, der Mann, den sie immer noch liebte. Sie hatte ihre ganze Hoffnung daraufgesetzt, dass ihr Mann irgendwann spüren musste, wohin er gehörte.
Peter hatte sich in eine Situation gebracht, aus der er allein nicht mehr herauskam. Hilfe hatte er sich nicht holen wollen, war er doch ein Mann der Tat. Irgendwann hatte er begonnen, Tabletten zu nehmen, zur Beruhigung, zum Aufputschen und wieder zur Beruhigung. Dass er abhängig wurde, war weder ihm noch seiner Familie aufgefallen. Er war sehr gut darin gewesen, sich zu verstecken und den anderen etwas vorzuspielen.
Bis zu jener Aussprache in den letzten Januartagen, als er Annalena gestanden hatte, seine Geliebte nicht verlassen zu können. Trennen wollte er sich der Kinder wegen nicht. Aber ein Haus ließ er für die andere bauen, zumal sie ja auch noch schwanger war.
Wie weh er seiner Frau mit seinem Geständnis getan hatte, schien er nicht zu gemerkt zu haben. Die Tabletten, die er in größeren Mengen als sonst geschluckt hatte, hatten ihn in ein Paket Watte gepackt, sodass ihn nichts erreichte.
Und als sie bei ihrem letzten Streit ihrem Schmerz Raum gegeben und ihn in Worte gefasst hatte, hatte er sich empört gezeigt und war mit dem Auto in einer Geschwindigkeit davongerast, dass ihr angst und bange geworden war.
Als er nach Hause gekommen war, hatte sie entsetzt...
| Erscheint lt. Verlag | 11.4.2017 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Silvia-Gold |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | feelgood • Gefühle • Happy End • Herzschmerz • Hollywood • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • Nicholas Sparks • PS ich liebe dich • Romance • romantisch • Romantische Komödie • tatsächlich liebe • wohlfühlen |
| ISBN-10 | 3-7325-4611-X / 373254611X |
| ISBN-13 | 978-3-7325-4611-4 / 9783732546114 |
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