Dark Land - Folge 007 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-4344-1 (ISBN)
Eine Serie von grausamen Mordfällen hält Twilight City in Atem. Seit einigen Wochen werden an verschiedenen Orten in der Stadt immer wieder verstümmelte Männerleichen entdeckt.
Beim Twilight Evening Star wittert man bereits eine große Story. Doch es gibt etwas, was der Chefredakteur der Polizei verschweigt: Die Opfer hatten zuvor eine Kontaktanzeige in seiner Zeitung aufgegeben ...
Bei dem Gedanken lief ihm der Geifer die Mundwinkel herab. Natürlich würde er sie nicht töten. Das wagte er nicht. Die Strafe, die ihn erwarten würde, wenn man ihn schnappte, war einfach zu drastisch. Schon so begab er sich in höchste Gefahr. In Twilight City verstand man keinen Spaß, wenn Vampire wie er einem Menschen Blut abzapften …
Kurz kam ihm der Gedanke, wie verkommen und degeneriert seine Art war. Der Durst nach Blut wurde als Verbrechen geahndet. Also verzichteten die meisten darauf, auf Menschenjagd zu gehen. Dabei war es die natürlichste Sache der Welt. Zumindest für ihn, Arkholm.
Er konzentrierte sich wieder auf sein Opfer. Ihre hohen Absätze klackerten auf dem Kopfsteinpflaster. Die Frau war attraktiv, dabei war sie nicht die Jüngste. Aber sie hatte Klasse. Und aus Erfahrung wusste er, dass das Blut reiferer Menschen oft schmackhafter war als das von Jungen.
So wie mit dem Wein, der ja auch mit den Jahren der Lagerung immer besser und vollmundiger wurde.
Er kannte ihren Weg, wusste, wohin es sie zog. In den letzten Nächten war er ihr bereits hinterhergeschlichen. Ihr Ziel war ein verfallenes Haus in einer der Seitengassen.
Was sie dort trieb, hatte er nicht herausgefunden. Es interessierte ihn auch nicht.
Es interessierte ihn nur, dass sie allein war. Nacht für Nacht. Ein leichtes Opfer für ihn.
Wie in den letzten Nächten auch schlich er ihr hinterher. Doch diesmal würde er sie nicht davonziehen lassen. Diesmal war sie fällig …
Vielleicht hatte sie sogar Spaß daran, wenn er ihr Blut soff. Es gab Menschen, die diesen besonderen Kick sogar suchten und dafür bezahlten. Hatte er jedenfalls gehört.
Die Frau bog in die menschenleere Gasse ein, in der das Haus stand, in das sie jedes Mal verschwand. Sie sah sich nicht einmal um, ahnte nichts von der drohenden Gefahr.
Arkholm stürmte los, wie ein Panther, so geschmeidig und lautlos, und setzte zum Sprung an, wobei er ihren schlanken Hals anvisierte.
Noch einen Meter, und …
Da wirbelte sie plötzlich herum. Ein Fauchen drang aus ihrem Mund.
Dann begann sie sich zu verwandeln.
Arkholm wollte fliehen, doch der Anblick ließ ihn erstarren.
Erst als sie sich über ihn beugte und ihre spitzen Giftzähne in seine Brust versenkte, schrie er gellend auf vor Schmerz und Todesangst.
Sein Schrei verstummte abrupt nach wenigen Sekunden.
***
»Wo hast du dich die Nacht herumgetrieben?«, donnerte die Stimme.
»Das geht dich gar nichts an!«, schrie die andere zurück.
Wynn kannte sie beide. Die eine Stimme gehörte Sir Roger, die andere Abby.
Während er noch einen Moment auf dem unteren Treppenabsatz verharrte, begriff Wynn, dass es höchste Eile war, einzugreifen. Hoffentlich war es nicht schon zu spät!
Er hörte, wie die Tür mit einem lauten Knall zugeschlagen wurde. Dann ein Schrei. Abby! In höchster Not!
Für Wynn gab es nun kein Halten mehr. So schnell er konnte, raste er zur Haustür.
Nach nur wenigen Metern wurde sein Lauf jäh gestoppt. Er stieß mit voller Wucht mit Esrath zusammen, der ebenso wie er zur Eingangspforte hatte laufen wollen. Der dämonische Diener hatte also auch erkannt, dass Gefahr im Verzug war.
Wynn hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, während Esrath den Zusammenstoß fast stoisch hinnahm und sich dadurch kaum aufhalten ließ.
Nein! Wynn biss die Zähne zusammen. Er musste vor Esrath bei den beiden Streithähnen sein. Er war sich nicht sicher, auf welcher Seite Esrath stehen würde. Das heißt, eigentlich war er sich sicher. Esrath hatte zwar immer wieder bewiesen, dass er an Abby hing, aber trotz allem gehorchte er Sir Roger.
Mit einem fast verzweifelten Schrei sprang Wynn vorwärts. Mit beiden Händen griff er nach Esraths Livree, bekam den glatten Stoff kaum zu fassen, rutschte ab, griff noch einmal zu und krallte sich darin fest.
Mit einem Grollen wandte sich der Diener zu Wynn herum. Jeden anderen Gegner hätte allein dieser Laut genügend Angst eingeflößt, um die Flucht anzutreten. Aber Wynn ließ sich nicht einschüchtern. Er war nun lange genug in Sir Rogers Haus, um den dämonischen Diener einzuschätzen. Esrath würde nicht die Hand gegen ihn erheben.
Es sein denn, Sir Roger befahl es ihm.
Weiter, hämmerten seine Gedanken.
Abby schrie nun wie am Spieß. Vor Schmerz! Während Sir Rogers lautes Organ noch immer pausenlos Verwünschungen ausstieß.
Wynn zog sich, noch immer die Livree festhaltend, an Esrath vorbei. Er kam sich vor wie bei einem Fußballspiel. Wie jemand, der den Gegner absichtlich am Trikot festhielt, damit der am entscheidenden Torschuss gehindert wurde.
Einen Moment lang sah er in die schwarze Grimasse seines Kontrahenten. Die Augen darin blitzten vor Wut.
Dann hatte er es geschafft. Er ließ den Diener los und lief die letzten Schritte, als ginge es um sein Leben.
Als Sir Roger und Abby in sein Blickfeld gerieten, gefror für den Bruchteil einer Sekunde alles zu einer grotesken Szene. Sir Rogers zorngerötetes Gesicht war zu einer Fratze verzerrt. Er thronte wie ein Rachegott über seiner Tochter Abby, die mit einem Bein auf dem Läufer kniete, während sie mit dem anderen verzweifelt versuchte, wieder aufzuspringen. Sir Roger hatte sie fest im Griff. Er hatte ihr den Arm auf den Rücken gedreht, und an Abbys verzerrtem Gesicht erkannte Wynn, welche Schmerzen sie erlitt.
Ob nur Gast oder nicht, Wynn sah rot.
Mit einem Schrei stürzte er sich auf Sir Roger und stieß ihn beiseite. Nur einen Sekundenbruchteil später erhielt er einen Schlag im Nacken, der ihn zu Boden schleuderte. Mit voller Wucht kam er auf den Dielen auf. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen rechten Arm und durchflutete seinen gesamten Körper.
Er erwartete einen weiteren brutalen Hieb, rollte sich ächzend herum, um dem zu entgehen, und musste erkennen, dass sich Esrath längst Sir Roger zugewandt hatte und ihm auf die Beine half.
Abby dagegen war aufgesprungen. Wie eine Raubkatze stand sie da, sodass Wynn fürchtete, sie würde sich im nächsten Moment auf ihren Vater stürzen und ihm die Augen auskratzen.
Aber dann sah sie zu ihm. Ihre Blicke trafen sich. Sofort änderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie trat zu Wynn, beugte sich zu ihm herab und schrie: »Was hat Esrath dir angetan?«
Wynn standen die Tränen in den Augen. Trotzdem ebbte der Schmerz langsam ab. Er versuchte, sich mit dem gesunden Arm hochzuhieven. Abby half ihm dabei.
Das nennt man eine aus dem Ruder geratene Situation, dachte er. War hier überhaupt noch etwas zu retten? Oder würden sie sich gleich alle gegenseitig zerfleischen? Er und Abby auf der einen Seite. Sir Roger und sein allmächtiger Diener Esrath auf der anderen. Um den Ausgang eines solchen Gemetzels vorherzusagen, bedurfte es keiner Kristallkugel.
»Ich glaube, wir haben uns alle einen Augenblick lang nicht in der Gewalt gehabt.« Die Worte kamen ausgerechnet von Esrath.
Zwei, drei Sekunden herrschte bis auf die erregten Atemzüge aller Beteiligten Stille.
»Ich habe mich in der Gewalt gehabt!«, sagte Abby wütend. »Ich bin über niemanden hergefallen und habe ihm den Arm halb abgerissen!« Sie sah ihren Vater an, und ihr Blick war derart geringschätzig, dass selbst Wynn ein weiteres Donnerwetter befürchtete.
Umso verwunderter war er, als er sah, dass Sir Roger die Schultern hängen ließ. Seine ganze angespannte Haltung fiel in sich zusammen. Als hätte jemand plötzlich die Luft aus ihm gelassen. Seine eben noch vor Zorn verzerrte Fratze machte einem fast verzweifelten Gesichtsausdruck Platz.
»Ich … es tut mir leid, Abby«, stammelte er. »Aber ich …« Er suchte vergebens nach den richtigen Worten, während Wynn seinen Ohren nicht zu trauen glaubte. Sir Roger entschuldigte sich? Er hätte nie geglaubt, das zu erleben.
»Und dieses … dieses Monster hat Wynn verletzt!«, schrie Abby voller Wut.
Wynn glaubte zu sehen, wie Esrath zusammenzuckte. Das Wort Monster war für ihn ein Schimpfwort.
»Es geht schon wieder«, log Wynn. Er wollte nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. Dennoch konnte er den rechten Arm nicht bewegen. Er hing wie ein totes Ding an seiner Seite herab.
»Das sagst du nur, damit ich mich nicht aufregen soll«, erkannte Abby. Wieder funkelte sie ihren Vater an: »Wenn du mich noch einmal anfasst, ziehe ich aus!«
Sir Roger hielt den Kopf gesenkt, sagte nichts. Er mahlte mit den Zähnen, seine Gesichtsmuskeln zuckten. Wynn vermochte nicht zu sagen, ob er nach wie vor seine Tat bereute oder längst wieder vor einem neuerlichen Wutausbruch stand.
»Das Frühstück ist angerichtet«, sagte Esrath. »Wenn die Herrschaften sich zu Tisch begeben möchten.«
»Mir ist der Appetit vergangen!«, zischte Abby. Sie wandte sich um und lief zur Treppe. Nachdem sie die Stufen hinaufgerannt war, hörte man kurz darauf die Tür zu ihrem Zimmer zuschlagen.
Sir Roger bückte sich. Er hob eine Zeitung vom Boden auf. Wynn erkannte, dass es sich um den Twilight Evening Star handelte.
»Dachte ich’s mir doch«, murmelte Sir Roger.
Was er sich dachte, konnte Wynn nur ahnen.
Auf einmal war Esrath an seiner Seite. »Darf ich mir den Arm kurz ansehen?«, fragte er. Nichts in seiner Stimme und an seinem Verhalten erinnerte mehr an den Berserker, der ihm den Schlag versetzt...
| Erscheint lt. Verlag | 14.2.2017 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Anderswelt John Sinclair Spin-off |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | blutig • Clown • Gruselroman • Horror • Horror Bücher ab 18 • horror thriller • Jason Dark • Lovecraft • Paranomal • Sinclair • Slasher • Splatter • Stephen King • Steven King • Zombies |
| ISBN-10 | 3-7325-4344-7 / 3732543447 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-4344-1 / 9783732543441 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich