Dr. Karsten Fabian - Folge 178 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-4259-8 (ISBN)
Grete Roloff, die berühmt-berüchtigte Klatschbase von Altenhagen, hat einen neuen Skandal aufgedeckt. Die Haslingers, die alle für eine ehrbare und rundum glückliche Familie gehalten haben, werden angeblich erpresst.
Natürlich glauben alle Altenhagener, dass Grete sich bloß wieder wichtigmachen will, denn dazu ist ihr ja bekanntlich jedes Mittel recht. Doch ausgerechnet dieses Mal ist an ihren Behauptungen tatsächlich etwas dran, und niemand ahnt, wie sehr der kleine Holger leiden muss ...
»Was für ein bedröppeltes Gesicht machst du denn?«, fragte Kirsten Haslinger amüsiert und strich ihrem Jungen über den Kopf. »Hast du womöglich im Aufsatz nur eine Zwei geschrieben? Was für eine Katastrophe!«
»Nee, ne glatte Eins«, antwortete Holger.
Anschließend presste er seine Lippen aufeinander und starrte vor sich hin.
»Nun erzähl schon, was hat es gegeben?«
Kirsten wollte ihn in den Arm nehmen, aber das gelang ihr nicht, der Junge trat hastig einen Schritt zurück und starrte sie mit einem Blick an, der Kirsten erschreckte.
»Was ist los?«, drängte sie erneut auf eine Antwort.
»Nichts«, knurrte der Achtjährige und starrte auf seine Fußspitzen. »Bloß … dass ihr mich nicht richtig liebhabt.«
»Was sagst du da?« Kirsten glaubte, ihren Ohren nicht trauen zu dürfen. »Wie kommst du bloß auf die Idee? Du weißt doch, dass wir dich liebhaben.«
Holgers Gesicht wurde noch eine Spur verbissener. Nach wie vor starrte er auf seine Fußspitzen.
»Wie kommst du darauf, dass wir dich nicht liebhaben?«, drängte seine Mutter auf eine Antwort.
»Weil … Kevin hat gesagt, dass ich bloß ein Pflegekind bin. Wenn ihr mich wirklich liebhättet, dann hättet ihr mich adoptiert. Aber so …«
»Was für ein Unsinn!« Unwillkürlich atmete Kirsten erleichtert durch. »Es stimmt, du bist unser Pflegekind, aber deshalb haben wir dich genauso lieb, als wärst du unser eigener Sohn.«
»Ich heiße anders als ihr. Und wenn ihr wolltet, dann könnte ich auch Haslinger heißen, aber dafür bin ich euch nicht gut genug.«
Er drehte sich um und wollte fortlaufen, im letzten Moment gelang es Kirsten noch, seinen Arm zu packen und ihn festzuhalten.
»Wir müssen miteinander reden«, stellte sie energisch fest.
»Es stimmt doch. Ihr wollt mich gar nicht als richtigen Sohn. Lüg doch nicht, Mutti! Alle wissen es, nur ich … ich hab immer geglaubt …« Er versuchte tapfer das aufsteigende Schluchzen zu unterdrücken, ganz gelang es ihm nicht.
»Komm mit in die Küche.« Kirsten hatte ihren Sohn in der Diele des großen Einfamilienhauses begrüßt und zog ihn jetzt in die Küche, ohne seinen Arm dabei loszulassen. »Setz dich, Holger.«
Der Junge gehorchte wortlos. Noch immer vermied er es, seine Pflegemutter anzusehen. Bis heute hatte er sich in seiner Haut wohlgefühlt, weil er sich in der Liebe seiner Eltern sicher und geboren wähnte. Erst Kevin hatte ihm die Augen geöffnet.
»Ich hab doch richtige Eltern«, knurrte Holger undeutlich. »Aber die wollten mich nicht. Oder?«
»Du hast eine Mutter, die …« Kirsten brach ab, weil sie einfach nicht wusste, wie sie das ausdrücken sollte, was Tatsache war, ohne den Jungen zu verletzen. »Ich bin doch deine Mutter. Wir haben dich bekommen, als du klein warst, und seitdem …«
»Aber ihr habt mich nie adoptiert«, klagte Holger seine Pflegemutter an. »Weil meine Eltern mich nicht haben wollten, weil ich nicht gut genug bin, deshalb.«
»Hat Kevin das gesagt?«, wollte Kirsten entsetzt wissen.
»Es stimmt doch, oder?«
»Nein. Deine Mutter … sie konnte dich nicht behalten, weil … die Umstände … Es ist ihr bestimmt sehr schwergefallen, dich uns zu überlassen.«
»Und warum hat sie es trotzdem getan? Weil sie mich nicht wollte, deshalb!«, schleuderte er Kirsten ins Gesicht, und seine Augen funkelten sie förmlich an. »Ich bin eben nicht wie andere Kinder, die richtige Eltern haben. Ihr bekommt auch Geld für mich, damit ihr mich behaltet.«
»Das Geld zahlen wir auf ein Konto für dich ein, davon kannst du später einmal studieren.«
Der Junge presste seine Zähne tief in die Unterlippe.
»Was gibt es denn heute zu essen?«, murmelte er.
»Wir müssen erst noch miteinander sprechen. Glaub mir, Holger, wir würden dich sehr gern adoptieren. Es gibt nichts, was wir uns mehr wünschen.«
»Und weshalb tut ihr es denn nicht?«, fragte der Junge heftig.
»Für eine Adoption brauchen wir die Erlaubnis deiner … der Frau, die dich geboren hat.«
Im Zusammenhang mit Holger mochte Kirsten sie nicht als seine Mutter bezeichnen. Seine Mutter war sie, Clemens sein Vater, der beste Vater, den ein Junge sich nur wünschen konnte.
Sie stand auf, stellte sich hinter Holgers Stuhl und legte ihre Hände fest auf seine Schultern.
»Du gehörst zu uns, als wärst du unser leiblicher Sohn. Wir werden dich nie wieder hergeben.«
»Und warum habt ihr mich nicht adoptiert?«, wiederholte der Junge verbissen.
»Das habe ich doch schon gesagt. Sie … sie hat sich geweigert, ihre Ansprüche auf dich aufzugeben.«
»Warum?«, fragte der Bub wild. »Sie kennt mich doch gar nicht. Oder hat sie mich ein einziges Mal besucht? Du lügst, Mutti, ihr wollt mich bloß nicht richtig.«
Kirsten seufzte. Dieser verdammte Kevin, der Holger mit seinen dummen Reden offenbar völlig verwirrt hatte!
»Eine Adoption ist ein gesetzlicher Vorgang, der an viele Voraussetzungen gebunden ist. Unter anderem muss die leibliche Mutter damit einverstanden sein. Warum deine sich weigert, weiß ich nicht. Wie oft haben wir versucht, sie umzustimmen. Immer ohne Erfolg. Aber das ändert doch nichts daran, dass du unser Junge bist, Holger. Begreif das doch! Du trägst nicht unseren Namen, und das tut niemandem mehr leid als uns. Aber wir haben ein Testament gemacht, wenn wir sterben, wirst du einmal alles erben, was wir besitzen.«
»Aber wenn sie mich doch gar nicht kennt, weshalb will sie dann nicht, dass ihr mich adoptiert?«
Kirsten blickte vor sich hin. »Weil sie … sie ist neidisch auf unser Leben. Sie will uns wehtun, deshalb gibt sie dich nicht frei. Und würden wir ihr nicht immer wieder Geld geben …«
»Wofür?«, fragte Holger aufhorchend.
Kirsten presste die Lippen aufeinander.
»Sie ist nicht gerade wohlhabend, weißt du, und deshalb …«
Nein, so war es nicht, sie mussten Lisa Kaemena mit Geld davon abhalten, ihren Sohn zurückzuverlangen. Dieser Frau kam es nur aufs Geld an. Eine Frau ohne Charakter, die aber die Macht hatte, das Glück einer Familie zu zerstören.
»Wenn die es will, dann müsste ich also …?« Der kleine Junge brachte es nicht fertig, die furchtbare Möglichkeit in Worte zu fassen.
»Sie ist froh, dass du bei uns lebst. Sie will dich gar nicht haben. Mach dir deshalb keine Sorgen, Holger.«
»Schwörst du es mir?«
Der Blick aus Kinderaugen brannte förmlich auf dem Gesicht seiner Mutter.
»Ja, ich schwöre es.«
Kirsten war ganz sicher, keinen Meineid zu leisten. Lisa Kaemena konnte mit einem Kind nichts anfangen.
»Wenn ihr könntet … ich meine, wenn sie einverstanden wäre … Gebt ihr doch einfach mehr Geld! Vielleicht erlaubt sie dann, dass ihr mich adoptiert. Ich möchte gern so heißen wie ihr.«
»Ich werde mit deinem Vater darüber reden.«
»Wer ist denn eigentlich mein Vater? Ich meine: mein richtiger Vater?«, wollte der Junge jetzt wissen.
Bisher war ja immer nur von der Mutter die Rede gewesen.
»Ich weiß es nicht. Und … sie weiß es auch nicht. Sagt sie jedenfalls«, setzte Kirsten rasch hinzu.
Auf der Geburtsurkunde stand: Vater unbekannt, und Kirsten konnte sich schon denken, warum. Lisa Kaemena war wohl auf den Strich gegangen und hatte dabei einmal Pech gehabt. Aber das brauchte der Junge nicht zu wissen. Es würde ihn zu sehr belasten.
»Dein Vater und ich sind deine Eltern, genauso gut, als hätte ich dich geboren. Mach dir keine Sorgen, Holger. Und jetzt kümmere ich mich ums Essen, okay?«
»Was gibt es denn?«, fragte der Junge, und zum ersten Mal seit seiner Heimkehr huschte ein Abglanz seines gewohnten Lächelns über sein Gesicht.
Er strich sich durch sein dichtes, blondes Haar, das einen faszinierenden Kontrast zu seinem gebräunten Gesicht bildete. Er war wirklich ein niedliches Kind, die Mädchen schauten schon jetzt hinter ihm her, aber Holger war glücklicherweise noch in einem Alter, in dem er die Mädchen allesamt für doof hielt und es unter seiner Würde fand, sie zur Kenntnis zu nehmen.
»Heute gibt es nur Nudeln mit Bolognese-Soße.«
»Au, Mensch, prima!«
Holger strahlte, denn Nudeln waren sein absolutes Leibgericht. Es schien, als hätte er seine Traurigkeit überwunden. Das Essen schmeckte ihm jedenfalls gut.
Wir müssen noch einmal mit Frau Kaemena sprechen und ihr klarmachen, wie wichtig es ist, dass sie Holger zur Adoption freigibt, dachte Kirsten. Bisher hatte sie ja nicht gewusst, wie viel Holger daran lag. Nein, korrigierte sie sich, dieser Kevin hat ihm erst klargemacht, wie wichtig es ist, den richtigen Namen zu tragen. Wir müssen ihr einfach eine größere Summe bieten, dann wird sie schon einverstanden sein.
***
Als Clemens Haslinger abends aus seiner Firma nach Hause kam, traf er seine Frau allein an.
»Wo ist der Junge?«, fragte er, nachdem er Kirsten in die Arme genommen und mit einem liebevollen Kuss begrüßt hatte.
»Er spielt Fußball«, antwortete seine Frau lächelnd. »Du weißt doch, er ist der künftige Nationalspieler.«
Clemens, groß, schlank, dunkelhaarig, lachte verhalten.
»Von denen gibt es ein paar Hunderttausend. Aber gut, dass er kein Stubenhocker...
| Erscheint lt. Verlag | 31.1.2017 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Dr. Karsten Fabian |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | feelgood • Gefühle • Happy End • Herzschmerz • Hollywood • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • Nicholas Sparks • PS ich liebe dich • Romance • romantisch • Romantische Komödie • tatsächlich liebe • wohlfühlen |
| ISBN-10 | 3-7325-4259-9 / 3732542599 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-4259-8 / 9783732542598 |
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