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Meine Cousine Rachel (eBook)

Roman | Die große Mystery-Romanze neu entdecken
eBook Download: EPUB
2017 | 1., Originalausgabe
450 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-74934-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Meine Cousine Rachel - Daphne Du Maurier
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Ein Klassiker psychologischer Spannung

Seit dem Tod seiner Eltern lebt Philipp bei seinem wohlhabenden Vetter Ambrose in Cornwall - bis der langjährige Junggeselle auf einer Florenzreise überraschend heiratet. In Briefen erzählt Ambrose Philipp von seinem Eheglück mit Rachel. Mit der Zeit jedoch werden die Briefe seltener, die Inhalte verwirrender. Eines Tages trifft ein beunruhigender Hilferuf aus Italien ein: Ambrose ist an einem rätselhaften Leiden erkrankt und fühlt sich von Rachel bedroht. Philipp reist alarmiert nach Florenz, doch er kommt zu spät: Ambrose ist tot, und von der jungen Witwe fehlt jede Spur ... bis Rachel vor Philipps Tür in Cornwall steht. Und sie ist ganz anders, als er erwartet hätte: humorvoll, intelligent und zurückhaltend. Mehr und mehr verfällt Philipp der schönen Frau, doch plötzlich erkrankt auch er ...



<p>Daphne du Maurier wurde 1907 in London geboren und entschied sich im Alter von 19 Jahren nach einer Ferienreise an die cornische K&uuml;ste, diesen Ort fortan nicht mehr zu verlassen. Alle ihre Romane l&auml;sst sie in Cornwall spielen: <em>Jamaica Inn</em>, <em>Das Wirtshaus im Bodmin Moor</em>,<em> Meine Cousine Rachel </em>und nat&uuml;rlich <em>Rebecca</em>, 1938 erschienen und von Hitchcock verfilmt. Daphne du Maurier starb im Alter von zweiundachtzig Jahren in Kilmarth.</p>

Daphne du Maurier wurde 1907 in London geboren und entschied sich im Alter von 19 Jahren nach einer Ferienreise an die cornische Küste, diesen Ort fortan nicht mehr zu verlassen. Alle ihre Romane lässt sie in Cornwall spielen: Jamaica Inn, Das Wirtshaus im Bodmin Moor, Meine Cousine Rachel und natürlich Rebecca, 1938 erschienen und von Hitchcock verfilmt. Daphne du Maurier starb im Alter von zweiundachtzig Jahren in Kilmarth. Brigitte Heinrich, geboren 1957 am Bodensee, lebt nach Verlagstätigkeit in mehreren Häusern heute als Übersetzerin, Lektorin und Herausgeberin in Frankfurt am Main. Christel Dormagen, geboren 1943 in Hamburg, studierte Anglistik und Germanistik. Sie ist Übersetzerin für angelsächsische Literatur und außerdem als Journalistin für Rundfunk und Printmedien tätig. Christel Dormagen lebt in Berlin.

1


Früher wurden bei den Four Turnings Menschen gehenkt. Heute nicht mehr. Wenn heute ein Mörder für sein Verbrechen büßen muss, geschieht das nach einer fairen Verhandlung vor dem Schwurgericht oben in Bodmin. Das heißt, falls das Gesetz ihn verurteilt, bevor sein eigenes Gewissen ihn umbringt. So ist es besser. Wie ein chirurgischer Eingriff. Und die Leiche wird anständig beerdigt, wenn auch in einem namenlosen Grab. Als ich ein Kind war, war es noch anders. Ich kann mich erinnern, als kleiner Junge an der Stelle, wo die vier Straßen aufeinandertreffen, einen Mann in Ketten hängen gesehen zu haben. Gesicht und Körper waren zur Konservierung mit Teer geschwärzt. Er hing fünf Wochen dort, bevor sie ihn herunterschnitten. Ich sah ihn in der vierten Woche.

Er schwang zwischen Himmel und Erde an seinem Galgen oder, wie mein Cousin Ambrose es ausdrückte, zwischen Himmel und Hölle. In den Himmel würde er nicht mehr kommen, und die Hölle, durch die er gegangen war, würde ihm keine Lehre mehr sein. Ambrose stieß mit seinem Stock gegen die Leiche. Ich sehe noch vor mir, wie sie im Wind schwingt, wie eine Wetterfahne auf einer rostigen Achse, eine armselige Vogelscheuche, was einmal ein Mensch gewesen war. Der Regen hatte seine Hose zersetzt, womöglich auch seinen Körper, und Wollfetzen hingen von seinen aufgedunsenen Gliedmaßen herab wie durchweichtes Papier.

Es war Winter, und ein Spaßvogel hatte ihm als festliche Auszeichnung einen Stechpalmzweig in die zerrissene Weste gesteckt. Für mich mit meinen sieben Jahren war das irgendwie das größte Sakrileg, doch ich sagte nichts. Ambrose musste mich bewusst dorthin geführt haben, vielleicht als Mutprobe, um zu sehen, ob ich davonlaufen oder lachen oder weinen würde. Als mein Vormund, Vater, Bruder, Ratgeber, im Grunde der Mensch, der alles für mich war, prüfte er mich ständig. Wir gingen um den Galgen herum, wie ich mich erinnere, und Ambrose stieß und stupste die Leiche mit seinem Stock; dann ließ er von ihr ab, steckte sich eine Pfeife an und legte mir die Hand auf die Schulter.

»Sieh nur hin, Philip«, sagte er, »so enden wir schließlich alle. Manche auf dem Schlachtfeld, manche im Bett, jeder, wie es das Schicksal ihm bestimmt hat. Es gibt kein Entrinnen. Du kannst diese Lektion nicht früh genug lernen. Doch auf diese Weise stirbt ein Bösewicht. Eine Mahnung für dich und mich, ein rechtschaffenes Leben zu führen.« Wir standen nebeneinander und sahen der hin und her schwingenden Leiche zu, als vergnügten wir uns auf dem Jahrmarkt von Bodmin, und der Leichnam wäre der Hau-den-Lukas, auf den man schlägt, um eine Kokosnuss zu gewinnen. »Da siehst du, wohin ein unbedachter Gefühlsausbruch einen Mann führen kann«, sagte Ambrose. »Das ist Tom Jenkyn, ein ehrlicher, braver Mann, außer wenn er zu viel getrunken hatte. Es stimmt, seine Frau war ein zänkischer Drachen, aber das ist kein Grund, sie umzubringen. Wenn wir die Frauen wegen ihrer bösen Zungen umbringen wollten, wäre jeder Mann ein Mörder.«

Ich wünschte mir, er hätte den Mann nicht beim Namen genannt. Bis zu dem Moment war die Leiche ein totes Ding gewesen, ohne Identität. Jetzt würde sie, leblos und entsetzlich, meine Träume heimsuchen. Das wusste ich seit dem Moment, als mein Blick auf den Galgen gefallen war. Jetzt hatte sie eine Verbindung zur Wirklichkeit, zu dem Mann mit den wässrigen Augen, der auf der Hafenmole Hummer verkaufte. In den Sommermonaten hatte er, einen Korb neben sich, immer auf den Stufen gestanden und seine Hummer auf der Mole ausgesetzt, wo sie sich fantastische Rennen lieferten und die Kinder zum Lachen brachten. Es war noch gar nicht so lange her, dass ich ihn da gesehen hatte.

»Nun«, sagte Ambrose und betrachtete forschend mein Gesicht, »was hältst du von ihm?«

Ich zuckte die Schultern und trat gegen den Fuß des Galgens. Ambrose durfte keinesfalls merken, wie nahe es mir ging, wie elend ich mich fühlte, wie schockiert. Er würde mich verachten. Mit seinen siebenundzwanzig Jahren war Ambrose für mich der Gott aller Schöpfung, auf jeden Fall der Gott meiner kleinen Welt, und das einzige Ziel in meinem Leben bestand darin, ihm ähnlich zu sein.

»Tom schaute fröhlicher drein, als ich ihn das letzte Mal sah«, antwortete ich. »Jetzt könnte er nicht einmal mehr als Köder für seine eigenen Hummer dienen.«

Ambrose lachte und zog mich an den Ohren. »Das ist mein Junge«, sagte er. »Spricht wie ein wahrer Philosoph.« Und dann fügte er, plötzlich hellsichtig, hinzu: »Wenn dir übel ist, geh hinter die Hecke und übergib dich, und achte darauf, dass ich dich nicht sehe.«

Er kehrte dem Galgen und den vier Straßen den Rücken und ging den neuen Weg hinunter, den er damals gerade anlegen ließ; er führte durch den Wald und war als zweiter Kutschenweg zum Haus gedacht. Ich war froh, dass er ging, denn ich schaffte es nicht mehr rechtzeitig bis zur Hecke. Danach fühlte ich mich besser, auch wenn mir die Zähne klapperten und mir eiskalt war. Tom Jenkyn war jetzt wieder ein lebloses Ding, wie ein alter Sack, keine reale Person mehr. Er wurde sogar Zielscheibe eines Steins, den ich nach ihm warf. Höchst verwegen blieb ich stehen, um zu sehen, ob die Leiche sich bewegte. Doch nichts geschah. Der Stein traf mit einem dumpfen Plopp auf die durchnässten Kleider und fiel zu Boden. Beschämt rannte ich den neuen Weg hinunter und versuchte, Ambrose einzuholen.

Nun, all das war gut achtzehn Jahre her, und wenn ich mich nicht irre, habe ich seither selten daran gedacht. Bis jetzt. Seltsam, wie in Momenten großer Krisen die Gedanken in die Kindheit zurückfliegen. Aus irgendeinem Grund denke ich immerzu an den armen Tom, wie er dort in Ketten hing. Seine Geschichte habe ich nie erfahren, und nur wenige werden sich heute noch daran erinnern. Er habe seine Frau getötet, hatte Ambrose gesagt. Und das war alles. Sie sei ein Zankdrachen gewesen, doch das entschuldige keinen Mord. Zu sehr dem Alkohol zugeneigt, hatte er sie wahrscheinlich im Rausch getötet. Aber wie? Und mit welcher Waffe? Mit einem Messer, oder mit bloßen Händen? Vielleicht war Tom in jener Winternacht im Liebeswahn vom Wirtshaus am Kai nach Hause gestolpert. Es herrschte Flut, die Wellen spritzten gegen die Stufen, und der Vollmond schien aufs Wasser. Wer weiß schon, welche Fantasien, welche Eroberungsträume seinen unruhigen Geist umtrieben?

Vielleicht war er zu seinem Häuschen hinter der Kirche gestolpert, ein blasser, triefäugiger, nach Hummer stinkender Kerl, und seine Frau hatte ihn geschlagen, weil er mit nassen Füßen ins Haus getreten war. Da war sein Traum zerstoben, und er brachte sie um. Das hätte sehr wohl seine Geschichte sein können. Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, wie man uns lehrt, werde ich mich nach dem armen Tom umsehen und ihn befragen. Gemeinsam werden wir im Fegefeuer träumen. Doch er war ein Mann mittleren Alters, um die sechzig oder älter, und ich bin fünfundzwanzig. Unsere Träume würden nicht dieselben sein. Also kehre in den Schatten zurück, Tom, und lass mir einen Rest Frieden. Dieser Galgen ist seit langem verschwunden und du mit ihm. In meiner Unwissenheit habe ich einen Stein nach dir geworfen. Verzeih mir.

Es geht darum, dass das Leben ertragen und gelebt werden muss. Doch wie man es leben soll – das ist das Problem. Der Alltag bereitet keine Schwierigkeiten. Wie Ambrose werde ich Friedensrichter werden und eines Tages im Parlament sitzen. Man wird mich weiterhin so achten und ehren wie meine Familie vor mir. Ich werde das Land gut bestellen, für die Menschen sorgen. Niemand wird jemals ahnen, welch schwere Schuld ich auf meinen Schultern trage, noch wird irgendjemand erfahren, dass ich mir, von Schuldgefühlen geplagt, jeden Tag die eine Frage stelle, die ich nicht beantworten kann: War Rachel schuldig oder unschuldig? Vielleicht werde ich auch das im Fegefeuer in Erfahrung bringen.

Wie sanft und weich ihr Name klingt, wenn ich ihn flüstere. Er liegt heimtückisch und anhaltend auf der Zunge, fast wie Gift, was wirklich gut passt. Er gleitet von der Zunge auf die ausgedörrten Lippen, und von den Lippen zurück ins Herz. Und das Herz kontrolliert den Körper und auch den Geist. Werde ich eines Tages frei davon sein? In vierzig, fünfzig Jahren? Oder wird ein Teil meines Gehirns fahl und krank bleiben? Wird es irgendeiner winzigen Zelle in meinem Blutstrom nicht gelingen, mit den anderen zum Herzbrunnen zu fließen? Vielleicht werde ich mir, alles in allem, gar nicht mehr wünschen, frei zu sein. Noch kann ich das nicht sagen.

Ich halte noch immer das Haus in Ehren, wie Ambrose es sich von mir gewünscht hätte. Ich kann die Mauern neu verputzen, wo Feuchtigkeit eindringt, und alles gut instand halten. Weiterhin Bäume und Sträucher pflanzen, die kahlen Hügel aufforsten, wo der Wind von Osten hereinfegt. Wenn ich gehe, möchte ich etwas Schönes vererben, wenn auch nichts sonst. Doch ein einsamer Mann ist unnatürlich und hat etwas Ratloses. Und aus Ratlosigkeit entstehen Hirngespinste. Und aus Hirngespinsten Wahnsinn. Und so schwenke ich wieder zu Tom Jenkyn und seinen Ketten. Vielleicht hat auch er gelitten.

Ambrose lief damals, vor achtzehn Jahren, den Weg entlang und ich hinter ihm her. Gut möglich, dass er das abgewetzte Jackett angezogen hatte, das ich gerade trage. Das alte grüne Jagdjackett mit den Lederflecken auf den Ellbogen. Ich bin ihm so ähnlich geworden, dass ich sein Geist sein könnte. Meine Augen sind seine Augen, meine Gesichtszüge die seinen. Der Mann, der damals nach seinen Hunden pfiff und den vier Straßen und dem Galgen den Rücken zuwandte, könnte ich sein. Nun, das war es, was ich immer gewollt hatte. So zu sein wie er. Seine Größe wollte ich haben, seine...

Erscheint lt. Verlag 15.1.2017
Übersetzer Brigitte Heinrich, Christel Dormagen
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel My Cousin Rachel
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Adaption • Buch zum Film • Cornwall • England • Film • Frauenunterhaltung • Hochspannung • insel taschenbuch 4497 • IT 4497 • IT4497 • Kinofilm • Klassiker • Klassiker in Neuübersetzung • Literaturverfilmung • My Cousin Rachel deutsch • Mystery • Nervenkitzel • Netflix • Page Turner • psychologische Krimis • Psycho-Spannung • Psychothriller • Spannung • Thriller
ISBN-10 3-458-74934-9 / 3458749349
ISBN-13 978-3-458-74934-9 / 9783458749349
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