Am Ufer des Ruhms (eBook)
527 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7325-2774-8 (ISBN)
Der dritte Teil der Louisianna- Trilogie beginnt kurz vor dem ersten Weltkrieg. Fred Upjohn hat es mittlerweile zu einem erfolgreichen Deichbauunternehmer geschafft und seine Tochter Eleanor ist zu einer pflichtbewussten, sparsamen Frau herangewachsen.
Kester Larne, Erbe der Ardeith-Plantage ist hingegen das genaue Gegenteil von Eleonor und doch erobert er ihr Herz im Sturm.
Nach der Hochzeit erfolgt jedoch der Schreck: Kester ist hoffnungslos verschuldet und Eleanor setzt alles daran, die einst so glorreiche Plantage zu retten, während Kester sich dem leichten Leben hingibt.
Als dann auch noch der erste Weltkrieg ausbricht wird Eleanor klar, dass sie eine Entscheidung treffen muss - für oder gegen ihr Leben mit Kester...
ERSTES KAPITEL
Der Himmel war wie blauer Samt und der Strom glitzerte in der Sonne. Es war Januar 1912.
Eleanor Upjohn, zehn Jahre älter als das Jahrhundert, saß vor ihrer Schreibmaschine im großen Verwaltungszelt des Deichbaulagers und war damit beschäftigt, die Geschäftskorrespondenz ihres Vaters zu erledigen.
Der Deichbauunternehmer Fred Upjohn war mit dem Bau des neuen Uferdammes beauftragt. Er saß an seinem Schreibtisch, las aufmerksam die Briefe durch, die seine Tochter geschrieben hatte, und unterzeichnete sie. Die Nachtischzigarre erlosch darüber; er zerdrückte sie achtlos im Aschenbecher.
Fred und Eleanor Upjohn waren nicht nur Vater und Tochter, sie waren auch sehr gute Freunde und respektierten einander in jeder Weise. Fred hatte dreißig Jahre seines Lebens damit zugebracht, Deiche zu bauen, um den Strom von den Städten und Plantagen zurückzuhalten, die er begrenzte. Als Eleanor vom College zurückkam und ankündigte, dass sie in ihrer Freizeit Stenografie erlernt habe und nun arbeiten wolle, begrüßte er sie sogleich als seine Sekretärin. Das schien völlig selbstverständlich; was hätte sie denn sonst tun sollen? Für Müßiggang irgendwelcher Art war in seiner Vorstellung kein Raum.
Eleanor, wie sie ihn so vor sich sah, den Brief lesend und nebenbei die Zigarre ausdrückend, musste daran denken, wie oft sie ihn so gesehen hatte. Sie sah sich selbst als kleines Mädchen in der Ecke hockend, das kühle ernste Gesicht des Vaters im mattgelben Lichtschein der Petroleumlampe, so wie jetzt; daneben die Mutter, ein Kind auf dem Arm und ein weiteres unter der hohen Wölbung ihres Leibes, wie sie ihn drängte, doch schlafen zu gehen, und ihm doch gleichzeitig Kaffee brachte, um ihn wach zu halten.
Eleanor war stolz auf den Vater und sie hatte wohl Grund dazu. Als Sandsackzähler hatte er dereinst begonnen, heute war er der erste Deichbauunternehmer am ganzen Mississippi. Oh, es gab nicht viele Männer, die sich eines solchen Weges rühmen durften! Heute besaßen die Upjohns ein Haus in einer der schönsten und vornehmsten Wohnstraßen von New Orleans, lebten in einer Atmosphäre weiter Behaglichkeit und brauchten sich nichts abgehen zu lassen. Und wenn Fred Upjohn den Strom hinauffuhr, zogen hunderte von Arbeitern die Mützen.
Selbst das Zelt, das sie hier draußen bewohnten, zeugte von Würde und Erfolg. Es bildete Herz und Mittelpunkt des bienenemsigen Lagerbetriebes und war zugleich mit dem gediegenen Komfort einer modernen Wohnung ausgestattet, in der sich behaglich leben ließ. Der Fußboden wurde durch drei Fuß lange kunstvoll geschnitzte Dielen gebildet, die abgenommen werden konnten, wenn die Männer das Lager abbrachen, um es an anderer Stelle wieder zu errichten. Die Zeltwände bestanden aus drei Fuß hohen hölzernen Platten, von denen aus Schirmstäbe in regelmäßigem Abstand bis zur Spitze liefen. Darüber waren imprägnierte Leinwandstreifen gespannt, die bei gutem Wetter aufgerollt und bei Regen und Kälte herabgelassen und am Fußboden festgeschnallt werden konnten.
Das Zelt teilte sich in mehrere Räume. Der Hauptraum war außer den Arbeitspulten mit Esstisch und Stühlen und einem großen Bücherschrank ausgestattet. Das Rohr des Holzbrandofens wurde mittels einer Metallstütze durch die Leinewandbespannung geführt. Schlafräume und Küche waren einfach, aber zweckmäßig und gediegen eingerichtet.
Eleanor war gern im Deichbaulager; es machte ihr Freude, mit dem Vater zu arbeiten; es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, sich ein anderes Leben zu wünschen. Dabei war sie ein frisches, natürliches Mädchen, nicht eben hübsch im landläufigen Sinne, aber von einer kühlen und herben Schönheit, so wie eine Stahlbrücke schön ist, deren edle und zugleich zweckmäßige Linienführung das Auge erfreut. Ihr Körper war von einer biegsamen Schlankheit, hart und federnd zugleich, mit den langen Beinen und den ruhigen, gleichmäßigen Bewegungen, die keine Hast zu kennen schienen. Ihre Züge ließen jede Weichheit vermissen; nein, hübsch konnte man sie wohl nicht nennen, mit der etwas zu langen Nase und dem etwas zu breiten Kinn. Zudem war da ein Zug um den Mund, der von Härte und Willenskraft sprach und nicht eben zum Küssen einlud. Und doch machte gerade die Unregelmäßigkeit der Linien dieses Gesicht in einer merkwürdigen Weise anziehend; Sauberkeit, Ehrlichkeit und Anständigkeit sprachen daraus; kein Zweifel, dies war ein Mädchen, auf das man sich verlassen konnte. Sie hatte sehr schöne Augen von einem tiefdunklen Blau mit schwarzen Wimpern und sauber gezeichneten Brauen. Ihr festgeflochtenes dunkelbraunes Haar glänzte über ihrer Stirn wie eine Adelskrone.
Eleanor hatte sich im Widerspruch zum Zeitstil niemals geschnürt. Nicht, weil sie die Mode verachtete, sondern einfach deshalb, weil sie herausgefunden hatte, dass ein straff sitzendes Korsett das Atmen erschwerte. Aber die viele Bewegung im Freien, an die sie von Kind auf gewöhnt war, hatte ihrem Körper eine natürliche Geschmeidigkeit verliehen; was immer sie trug, es stand ihr prachtvoll. So wie die glatt sitzende Hemdbluse aus blauem Satin, in der sie jetzt hinter ihrer Schreibmaschine saß, mit dem einfachen weißen Kragen, der kühl und ein wenig pedantisch den schlanken Hals umschloss, und dem glatt bis zum Spann herabfallenden bortengesäumten Rock. Immer betonte ihre Kleidung ihren durchaus eigenen, Eleganz und Freiheit verbindenden Stil. Der Kragen war gestärkt und konnte somit auf die üblichen Stäbchen verzichten, der Gürtel wirkte fest, ohne es zu sein; er behinderte sie nicht. Der Rock war unterhalb der Knie mit einer geschickt verborgenen Falte versehen, die ihr das freie Ausschreiten ermöglichte.
Der Glanz des Tages funkelte sogar im Inneren des Zeltes. Eleanor verspürte Neigung, ein wenig ins Freie zu gehen. Sie saß seit sechs Uhr morgens hinter der Schreibmaschine und hatte schon einen leichten Krampf zwischen den Schultern. Aber da waren nun noch drei ungeöffnete Briefe, und es war immerhin möglich, dass etwas dabei war, was sofortige Erledigung verlangte. Sie griff zum Falzmesser und schlitzte sie hintereinander auf. Ein Senator schrieb und wies Fred Upjohn auf die von Präsident Taft für den Herbst einberufene Wasserstraßen-Tagung hin. Upjohn hatte sein Erscheinen bereits zugesagt; der Brief konnte ohne Antwort abgelegt werden. Der nächste Brief war an sie selber gerichtet. Ihre Augen überflogen die Zeilen: »– die bemerkenswert vielen Frauen-Promotionen an amerikanischen Universitäten bestätigen nur die außerordentliche Wichtigkeit, die dem Frauenstimmrecht zukommt.« Ihre Lippen kräuselten sich, und der Brief flog in den Papierkorb. Eleanor hatte niemals besondere Schwierigkeiten gehabt, das zu erreichen, was sie wollte, und es kümmerte sie nicht, ob andere Frauen bekamen, was sie wollten; mochten sie zusehen, es war ihre Sache. Der letzte Brief erforderte eine Antwort; sie spannte einen Bogen in die Schreibmaschine.
Fred Upjohn sah flüchtig herüber: »Bald fertig?«
Sie nickte; ihre Finger glitten bereits über die Tasten: »– wenn also keine ernsthafte Behinderung, etwa durch Wetterverschlechterung, eintritt, so sind wir sicher, das neue Deichprojekt fristgemäß zum 1. März zu beenden. Mit verbindlichen Empfehlungen, ihr sehr ergebener Fred Upjohn, Regierungsbeauftragter für den Uferdammbau.«
Sie schob ihm den Brief zur Unterschrift hin; er legte die eben neu angezündete Zigarre beiseite und griff nach dem Federhalter.
»Das war der letzte heute«, sagte sie, »Gott sei Dank! Ich bin auch halb tot.«
Upjohn streifte sie mit einem flüchtigen Blick. »Du siehst nicht so aus«, sagte er gleichmütig. Er pflegte durchschnittlich vierzehn Stunden am Tag zu arbeiten und hätte nie begriffen, wieso ein anderer nicht dasselbe leisten sollte.
Eleanor schnitt ihm ein Gesicht, während sie den Umschlag in die Maschine spannte und die Adresse schrieb: »Mr. Kester Larne, Ardeith-Plantage, Dalroy, Louisiana.«
»Was hast du denn geschrieben?«, fragte Upjohn zerstreut, den Brief ergreifend.
»Mr. Larne fragte an, wann wir damit rechneten, fertig zu werden. Er hofft, dass wir verschwunden sind, wenn er mit dem Pflanzen der Baumwolle beginnt.«
»Die Pflanzer fürchten immer, dass unsere Leute einen schlechten Einfluss auf die Arbeiter ausüben.« Upjohn stieß ein trockenes Lachen aus. »Nun, unsere Männer werden ihnen keine Unannehmlichkeiten machen.« Er unterschrieb den Brief.
Eleanor erhob sich und dehnte die Glieder; sie waren ganz steif vom langen Sitzen. »Gehört das ganze Baumwollgebiet hier herum der Ardeith-Plantage?«, fragte sie.
Er nickte flüchtig, schon wieder mit anderen Dingen beschäftigt.
»Ein riesiger Bereich. Müssen an die zweitausend Morgen sein.«
Upjohn ließ ein verächtliches Knurren hören: »Vermutlich in Höhe des ganzen Wertes mit Hypotheken belastet.«
»Wie kommst du darauf?«
Er stand auf, und über sein kühnes, hartes Gesicht glitt der Anflug eines Lächelns. »Das ist eine ganz besondere Rasse, die Larnes«, sagte er. »Eine blaublütige Gesellschaft von Faulenzern und Tagedieben. Diese Leute hatten durch Jahrhunderte nichts anderes im Sinn, als Saufgelage zu veranstalten, Frauen zu verführen und melancholische Betrachtungen über den Bürgerkrieg anzustellen.«
Eleanor lachte. Sie hatte sich, nunmehr in lässiger Haltung und im beglückenden Gefühl der Freiheit, wieder an ihrem Arbeitsplatz niedergelassen. »Immerhin«, sagte sie, »die Regierung hält sie für wichtig genug, ihnen zum Schutz ihrer Ländereien einen neuen Deich zu bauen.«
»Richtig.« Fred Upjohn ging zur Tür. »Und ich täte deshalb...
| Erscheint lt. Verlag | 9.1.2017 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Die Louisiana-Trilogie | Die Louisiana-Trilogie |
| Übersetzer | Fritz Helke |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Original-Titel | This Side of Glory |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Schlagworte | Historical • Historienroman • Historische Romane • Historischer Roman • Historisches Buch • Jahrhundert Trilogie • Ken Folett • Ken Follet • Ken Follett • Kreuzzüge • Mittelalter • Rebecca Gable • Warringham |
| ISBN-10 | 3-7325-2774-3 / 3732527743 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-2774-8 / 9783732527748 |
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