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Lord der Sterne (eBook)

Die Welt der tausend Ebenen, Band 3 - Roman
eBook Download: EPUB
2016
Heyne Verlag
9783641202675 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lord der Sterne - Philip José Farmer
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Meister wider Willen
Robert Wolff, Meister der Dimensionen und Herr der Welt der tausend Ebenen, ist verschwunden und hat seine Macht seinem langjährigen Freund und Begleiter Paul Janus Finnegan übertragen. Dieser weiß jedoch nichts davon und ist mehr als überrascht, sich plötzlich als Gejagter zu sehen. Denn die Schwarzen Schneller, künstliche Intelligenzen, die menschliche Gestalt annehmen können, machen sich zum Angriff bereit. Das Schicksal der ganzen Welt ruht auf Finnegans Schultern - doch als ihm das endlich klar wird, scheint es bereits zu spät ...

Philip José Farmer wurde am 26. Januar 1918 in North Terre Haute, Indiana, geboren. Die Familie siedelte nach Illinois über, wo Philips Vater einen kleinen Betrieb hatte. Als dieser Mitte der 1930er Jahre pleiteging, musste Philip sein Collegestudium abbrechen und seine Familie mit allerhand Jobs finanziell unterstützen. Er studierte später neben dem Beruf und machte 1950 seinen Bachelor of Arts in Englisch. Danach arbeitete er als technischer Journalist für verschiedene Unternehmen, ehe er 1952 mit seiner Erzählung 'Die Liebenden' schlagartig berühmt wurde. Die Story, die mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde, war zuvor von renommierten SF-Magazinen abgelehnt worden, weil sie von einer sexuellen Beziehung zwischen einem Menschen und einem Alien handelt, was im prüden Amerika der 1950er Jahre für einen Skandal sorgte. Mit Romanen wie 'Fleisch' festigte Farmer sein Image als Tabubrecher; Reihen wie der Flusswelt-Zyklus, für die er seinen zweiten Hugo Award gewann, oder die 'Welt der tausend Ebenen'-Saga befassen sich mit neomythologischen Themen. Philip José Farmer starb am 25. Februar 2009 in seinem Heim in Peoria, Illinois.

Erstes Kapitel


 

Unter grünem Himmel und gelber Sonne galoppierte Kickaha auf einem schwarzen Hengst mit karmesinrot gefärbter Mähne und blau gefärbtem Schweif dahin. Er ritt um sein Leben. Vor einhundert Tagen hatte er das Dorf der Hrowakas, des Bärenvolkes, verlassen. Zweitausend Kilometer trennten ihn nun von seinen Brüdern und Schwestern. Kickaha war der Jagd und des einfachen Lebens müde gewesen, hatte sich plötzlich nach einem Hauch Zivilisation gesehnt. Mehr noch: Er fand, dass das Messer seines Intellekts geschärft werden musste, und es gab vieles, was er über die Tishquetmoacs, die einzigen zivilisierten Menschen auf dieser Ebene, noch nicht wusste.

Also legte er seinen beiden Pferden die Sättel auf, packte Ausrüstung hinzu, verabschiedete sich von den Häuptlingen und Kriegern und küsste noch einmal seine beiden Frauen. Außerdem gab er ihnen die Erlaubnis, sich neue Ehemänner zu suchen, falls er nicht innerhalb von sechs Monaten zurückgekehrt war. Sie beteuerten, bis in alle Ewigkeit auf seine Rückkehr zu warten, und Kickaha lächelte. Das hatten sie auch zu ihren früheren Gefährten gesagt, bevor diese auf den Kriegspfad ausgeritten und niemals zurückgekehrt waren.

Einige Krieger boten an, mit ihm durch die Felsenwildnis der Berge bis zur Großen Prärie zu reiten. Er lehnte ab und ritt allein los. Fünf Tage benötigte er, um aus den Bergen herauszukommen. Ein Tag ging verloren, weil zwei junge Krieger vom Stamme der Wakangishush sich an ihn herangepirscht hatten. Möglicherweise hatten die beiden schon seit Monaten am Schwarzwiesel-Pass gewartet, weil sie wussten, dass er eines Tages hindurchreiten würde. Und ihre Geduld und Ausdauer war nur zu verständlich: Von sämtlichen heißbegehrten Skalps der hundert großen Krieger der fünfzig Nationen der Großen Prärie und der angrenzenden Gebirgszüge war sein Skalp der wertvollste. Mindestens zweihundert tapfere Krieger hatten – jeder auf eigene Faust – versucht, ihm einen tödlichen Hinterhalt zu legen, und keiner von ihnen war lebend in sein Tipi zurückgekehrt. Viele Kriegergruppen waren in die Berge gekommen, um das auf hohen Felsen liegende Palisadenfort der Hrowakas zu überfallen, hatten gehofft, das Bärenvolk zu überrumpeln und Kickahas Skalp – oder seinen Kopf – zu erbeuten. Aber nur der große Überfall der Zentauren des Oshangstawa-Stammes wäre beinahe erfolgreich verlaufen. Die Geschichte dieses Überfalles und die Vernichtung der entsetzlichen Halbpferde verbreitete sich rasch wie ein Feuer unter den einhundertneunundzwanzig Präriestämmen, und während der Blutfeste wurde in den Beratungshäusern und den Tipis der Häuptlinge davon gesungen.

Die beiden Wakangishush hielten eine respektvolle Distanz zu ihrer vermeintlichen Beute. Offenbar wollten sie ihn erst in der Nacht angreifen, wenn er sich zur Ruhe gelegt hatte. Als sie dann kamen, waren sie vorsichtig und näherten sich beinahe geräuschlos; vielleicht wären sie mit ihrem tödlichen Vorhaben auch erfolgreich gewesen, aber der rote Rabe – er war so groß wie ein Adler – warnte Kickaha. Er flog zu ihm herab, krächzte zweimal laut und schwang sich wieder auf, schwebte sekundenlang über dem Versteck eines der beiden Tapferen, kreiste zweimal und glitt weiter, über jenen Baum hinweg, hinter dem der andere hockte. Wieder kreiste der Rabe zweimal. Kickaha bereute nicht, dass er sich die Mühe gemacht hatte, den intelligenten Vogel abzurichten. Er lächelte, während er zu ihm aufsah. In eben dieser Nacht jagte er dem ersten Wakangishush-Krieger, der sich seinem Lager näherte, einen Pfeil entgegen, und drei Minuten später bohrte sich sein Dolch in das Herz des anderen.

Kickaha geriet in Versuchung, einen Umweg von achtzig Kilometern zu machen, um einen Speer mit den Skalps der beiden Mutigen in die Mitte des Wakangishush-Lagers zu schleudern. Heldentaten dieser Art hatten ihm den Namen Kickaha – »der Trickreiche« – eingebracht, und er liebte es, diesen Ruf zu nähren. Dieses Mal jedoch schien es ihm der Mühe nicht wert. Das Bildnis von Talanac, jener Stadt, die einem Berg glich, glühte wie ein Juwel über dem Feuer in seinen Gedanken.

So begnügte sich Kickaha damit, die beiden skalpierten Leichen mit den Füßen nach oben an einem Ast aufzuhängen. Dann wandte er den Kopf seines Hengstes nach Osten und rettete so einigen Wakangishush – und vielleicht auch sich selbst – das Leben. Kickaha rühmte sich seiner Gewandtheit und seiner Schnelligkeit, aber zugleich gestand er sich selbst gegenüber ein, dass er weder unbesiegbar noch unsterblich war.

Sein richtiger Name war Paul Janus Finnegan, geboren in Terre Haute Indiana in den USA – auf dem Planeten Erde, der in einem benachbarten Universum (und alle Universen lagen in direkter Nachbarschaft zueinander) existierte.

Kickaha war ein ein Meter achtzig großer, muskulöser, breitschultriger Mann, der einhundertneunzig Pfund auf die Waage brachte. Seine Haut war dunkel gebräunt und wies hier und da kupferbraune Punkte als Sommersprossen auf. Mehr als ein Dutzend hellere und dunklere Narben in seinem Gesicht und auf seinem Körper zeugten davon, dass er ein ziemlich bewegtes Leben geführt hatte. Das kupferrote Haar war dicht, leicht gewellt und schulterlang; zur Zeit war es zu zwei Zöpfen zusammengeflochten. Kickahas Gesicht mit den hellgrünen Augen, der Stupsnase, der langen Oberlippe und dem kantigen Kinn strahlte für gewöhnlich gute Laune aus.

Sein Haar wurde von einem Band aus Löwenfell zurückgehalten, das mit nach oben gerichteten Bärenzähnen besetzt war. Eine lange, rot-schwarze Schwanzfeder eines Falken steckte rechts in dem Stirnband. Von der Taille aufwärts war er unbekleidet; um seinen Hals lag eine Kette aus Bärenzähnen. Ein Gürtel aus türkisbesetzter Bärenhaut hielt eine Hose aus getupftem Rehkitzfell, und seine Mokassins waren aus Löwenfell gefertigt. Auf beiden Seiten trug der Gürtel eine Scheide. In einer steckte ein Dolch mit langer Stahlklinge, in der anderen ein kürzeres, perfekt ausgewogenes Wurfmesser.

Der Sattel war von der leichten Art, wie die Präriestämme sie erst kürzlich anstelle von Satteldecken eingeführt hatten. Kickaha hielt einen Speer in einer Hand, die Zügel in der anderen, und seine Füße steckten in Steigbügeln. Köcher und lederne Scheiden, die seitlich am Sattel befestigt waren, enthielten verschiedene Waffen. Ein kleiner, runder Schild, auf den der Schädel eines zähnefletschenden Bären gemalt war, hing an einem am Sattel angebrachten hölzernen Haken. An einem weiteren Sattelhaken baumelte ein weidenumflochtenes Tongefäß, das mit Wasser gefüllt war.

Ein zweites Pferd trabte hinterher und trug einen Sattel, Waffen und leichte Ausrüstungsgegenstände.

Kickaha nahm sich Zeit dabei, die Bergwelt hinter sich zurückzulassen. Aber wenn er auch leise Melodien dieser Welt und der Erde, seiner Heimat, pfiff, war er doch nicht sorglos. Aufmerksam ließ er seine Blicke über das vor ihm liegende Land schweifen, und in unregelmäßigen, kurzen Abständen wandte er sich im Sattel um und sah zurück.

Hoch über ihm zog die gelbe Sonne langsam ihre Bahn über den wolkenlosen hellgrünen Himmel. Die Luft war süß von den Düften der in voller Blüte stehenden weißen Blumen, der Piniennadeln und dem gelegentlichen Hauch eines Purpurbeerenstrauchs. Einmal hörte er den Schrei eines Falken, und zweimal zuckten die Pferde zusammen, weil irgendwo im Wald ein Bär brummte. Sie stellten die Ohren auf, wurden aber nicht nervös, da sie mit zahmen Bären, von den Hrowakas innerhalb der Palisaden gehalten, aufgewachsen waren.

Und so erreichte Kickaha wachsam, aber frohen Mutes die Große Prärie. Von seinem Standort aus konnte er weit über das Land blicken, denn hier befand sich der Scheitelpunkt eines zweihundertundfünfzig Kilometer langen, sanften Bogens einer Sektion der Ebene Amerindia. Etwa einhundertunddreißig Kilometer lang würde sein Weg nun so sanft bergab führen, dass die Steigung kaum zu bemerken war. Dann würde er einen Fluss oder einen See überqueren müssen, und danach ging es wieder kaum wahrnehmbar bergauf. Linker Hand, anscheinend nur knapp achtzig Kilometer entfernt (in Wirklichkeit waren es gut eintausendfünfhundert Kilometer), erhob sich der Monolith Abharhploonta. Mehr als dreißigtausend Meter ragte er in die Höhe. Auf seiner Spitze erstreckte sich ein weiteres Land, und im Zentrum dieser Weltenebene wuchs ebenfalls ein Monolith empor. Dort oben lag Drachenland, jene Welt, in der Kickaha unter dem Namen Baron Horst von Horstmann bekannt war. Seit zwei Jahren war er nicht mehr dort gewesen, und falls er zurückkehrte, so war er ein Baron ohne Schloss. Seine auf Drachenland lebende Gattin hatte sich nicht mit seinen langen Abwesenheiten abfinden können und sich von ihm scheiden lassen, um den Baron Siegfried von Listbat – einen seiner besten Freunde – zu heiraten. Kickaha hatte den beiden sein Schloss überlassen und war gegangen. Sein Ziel war die Ebene Amerindia gewesen, weil er diese von allen Weltenebenen am meisten liebte.

Während seine Pferde in kurzem Galopp dahinjagten und den Boden aufwirbelten, hielt Kickaha die Augen offen. Auf Amerindia lebten Tiere, die auf der Erde bekannt waren, aber auch solche, die dort längst ausgestorben waren. Andere wiederum stammten von Welten aus anderen Universen – oder waren von Wolff, dem Lord, der einst unter dem Namen Jadawin bekannt war, in den Biolabors seines Palastes auf dem Gipfel des allerhöchsten Monolithen, Idaquizzoorhruz, erschaffen worden. Riesige Büffelherden lebten in den Prärien von Amerindia. Tiere jener kleinwüchsigen Gattung, die es in kleiner Zahl noch heute auf dem nordamerikanischen Teil der Erde gab – aber auch jene riesengroßen Kolosse,...

Erscheint lt. Verlag 19.12.2016
Reihe/Serie Die Welt der tausend Ebenen
Die Welt der tausend Ebenen
Übersetzer Martin Baresch
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel A Private Cosmos
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Die Welt der tausend Ebenen • diezukunft.de • eBooks • Künstliche Intelligenz • Paralleluniversum • Parallelwelt • Philip José Farmer • Serien
ISBN-13 9783641202675 / 9783641202675
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