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Luna (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016
513 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-19295-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Luna - Ian McDonald
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Kampf der Fünf Drachen
Die Zukunft: Schon lange ist der Mond den Menschen zu einer zweiten Heimat geworden. Doch auf dem Erdtrabanten geschieht nichts, ohne dass die dort ansässigen, rivalisierenden Wirtschaftsgiganten - die sogenannten Fünf Drachen - davon erfahren. Einer davon ist die Corta Helio Corporation unter dem Vorsitz der Patriarchin Adriana Corta. Als junge Frau musste sich Adriana in der brutalen Mondgesellschaft nach oben kämpfen - und hat sich dabei eine Menge Feinde gemacht. Feinde, die Adriana und ihren Clan nun zu Fall bringen wollen ...

Ian McDonald, 1960 in Manchester geboren, ist langjähriger Fernsehredakteur und Schriftsteller. Mit 22 veröffentlichte er seine erste Story, seit 1987 lebt er hauptberuflich vom Schreiben. Viele seiner Science-Fiction- und Fantasy-Romane sind mit Genre-Preisen wie dem Hugo, dem Locus und dem Nebula Award ausgezeichnet. Ian McDonald lebt in Nordirland.

2

Luna Corta, die kleine Spionin. Für ein gelangweiltes Mädchen gibt es in Boa Vista zahlreiche Verstecke. Einmal an einem endlos öden Vormittag ist Luna einem Reinigungs-Bot gefolgt und hat dabei einen Service-Stollen entdeckt. Wie alle Mondkinder fühlt sich Luna von verborgenen Gängen und Kriechräumen magisch angezogen. Ein Erwachsener würde nicht hineinpassen, und das ist gut so, weil Verstecke und Höhlen geheim bleiben müssen. Der Schacht ist eng geworden, seit Luna zum ersten Mal hineingekrabbelt ist und festgestellt hat, dass sie von dort aus in das Privatzimmer ihrer Mutter blicken und alles hören kann, wenn sie den Atem anhält. Luna windet sich bis hinter die Augen von Oxóssi, in eine Verengung in einer Nebenhöhle des Jägers und Ernährers.

»Sie haben mir ein Messer an die Kehle gehalten.«

Ihr Vater sagt etwas, das sie nicht versteht. Luna schiebt sich näher an das Lüftungsgitter heran. Staubige Lichtstrahlen kitzeln sie im Gesicht.

»Sie haben mir ein Messer an die Kehle gehalten, Rafa!«

Luna beobachtet, wie sich ihre Mutter in Erinnerung an die Berührung der Klinge mit den Fingern über den Hals streicht.

»Das waren bloß Sicherheitskräfte.«

»Und wenn sie mich umgebracht hätten?«

Luna bewegt sich erneut, damit sie beide Eltern in ihr schmales Gesichtsfeld bekommt.

Ihr Vater sitzt auf dem Bett. Er wirkt klein und gedämpft, als wären Luft und Licht aus ihm herausgeströmt. »Sie wollten uns schützen. Jeder, der kein Corta ist, war verdächtig.«

»Amanda Sun ist keine Corta. Ich habe kein Messer an ihrem Hals bemerkt.«

»Die Fliege. Alle wissen, dass deine Leute biologische Waffen benutzen.«

»Meine Leute.«

»Die Asamoahs.«

»Es waren auch andere Asamoahs auf der Party. Abena Maanu zum Beispiel. Sie wurde nicht mit einem Messer bedroht. Wen meinst du also mit meine Leute? Mein Volk oder bloß ein paar von uns?«

»Warum machst du das?«

»Weil mir deine Leute ein Messer an den Hals gehalten haben, Rafa. Und ich höre nicht von dir, dass sie mir nicht die Kehle durchgeschnitten hätten.«

»Das hätte ich nie zugelassen.«

»Hättest du sie aufgehalten, wenn deine Mutter den Befehl gegeben hätte?«

»Immerhin bin ich Bu-Hwaejang von Corta Hélio.«

»Beleidige mich nicht, Rafa.«

»Ich bin wütend, weil dich unsere Sicherheitskräfte mit einem Messer bedroht haben. Ich bin wütend, weil sie dich in Verdacht hatten. In mir kocht es, aber du weißt genau, wie wir hier leben.«

»Ja. Und vielleicht möchte ich lieber nicht mehr hier leben.«

Luna bemerkt, wie schnell Rafa aufblickt.

»Wie wir in Twé leben, weiß ich jedenfalls. Twé ist ein guter Ort. Ein sicherer Ort. Bei meinen Leuten, Rafa. Ich möchte Luna mitnehmen.«

Luna ächzt. Der Schacht ist so eng, dass sie die Hände nicht vor den Mund pressen kann, um den Laut zu unterdrücken. Vielleicht haben sie es gehört. Andererseits flüstert und seufzt es in Boa Vista ständig irgendwo.

Rafa ist aufgesprungen. Wenn er wütend ist, kommt er den Leuten nahe, so nahe, dass sie seinen Atem spüren. Und seinen Speichel. Lousika zuckt nicht mit der Wimper.

»Du nimmst sie nicht mit.«

»Hier ist sie nicht sicher.«

»Meine Kinder bleiben bei mir.«

»Deine Kinder?«

»Hast du den Nikah nicht gelesen? Vielleicht warst du ja zu scharf darauf, mit dem rechtmäßigen Erben von Corta Hélio ins Bett zu steigen?«

»Rafa, nein. Hör auf. Das ist unter deiner Würde. Das bist nicht du.«

Rafa hat sich in Rage geredet. Jähzorn ist seine Sünde. Er ist die Kehrseite der Freundlichkeit, der Offenheit, der Verspieltheit, der Liebesbereitschaft. »Was weiß ich, vielleicht haben deine Leute geplant …«

»Rafa. Schluss.« Lousika legt Rafa die Finger auf die Lippen. Sie weiß, dass sein Zorn genauso schnell abflaut, wie er ausbricht. »Ich würde niemals gegen dich intrigieren – ich nicht und meine Leute auch nicht –, um dir Luna wegzuschnappen.«

»Luna bleibt bei mir.«

»Nun gut. Aber ich nicht.«

»Ich möchte nicht, dass du gehst. Dein Zuhause ist hier. Bei mir. Bei Luna.«

»Hier bin ich nicht sicher. Und Luna auch nicht. Aber der Nikah verbietet, dass ich sie mitnehme. Hättest du dich nur ein einziges Mal dafür entschuldigt, dass mir deine Escoltas das Messer an die Kehle gesetzt haben, wäre es vielleicht anders. Du warst bloß wütend. Leid hat es dir nicht getan.«

Jetzt spricht ihr Vater, doch Luna kann seine Worte nicht mehr hören. Sie hat nur noch ein Rauschen im Kopf, weil das Schlimmste eingetroffen ist, das sie sich in ihrem Leben vorstellen kann. Ihre Mamãe geht fort. Es schnürt ihr die Brust zusammen. In ihrem Kopf ist ein furchtbares Zischen, als würden ihr Luft und Leben entweichen. Luna löst sich aus ihrer gekrümmten Haltung und kriecht heraus aus dem Versteck, in dem sie viel zu viel erfahren hat. An dem rauen Stein des Schachts hat sie sich die Schuhe zerschrammt und das Pierre-Cardin-Kleid zerrissen.

Der Regen hat die toten Schmetterlinge in Schlamm verwandelt. Ihre Flügel bilden einen azurblauen Schaum am Rand der Teiche. Luna Corta sitzt zwischen den Leichen.

»Hey, hey, hey, was ist denn?« Lousika Asamoah kauert sich neben ihre Tochter.

»Die Schmetterlinge sind tot.«

»Sie leben nicht lang. Nur einen Tag.«

»Ich hatte sie lieb. Sie waren schön. Das ist ungerecht.«

»Wir machen sie eben so.« Lousika streift die Schuhe ab und setzt sich zu ihrer Tochter auf den Stein. Sie taucht die Füße ins Wasser. Blaue Flügel heften sich an ihre dunkle Haut.

»Warum lasst ihr sie nicht einfach länger leben?«, fragt Luna.

»Das könnten wir, aber was würden sie dann essen? Wo sollen sie hin? Sie sind ein Schmuck, wie die Fahnen bei der Süßkartoffelfeier.«

»Das stimmt nicht. Sie leben.«

»Luna, was ist denn mit deinen Schuhen passiert? Und mit deinem Kleid?«

Luna fixiert die langsam davontreibende Schlacke aus Schmetterlingen. »Du gehst weg.«

»Wie kommst du darauf?«

»Ich hab euch gehört.«

Lousika merkt, dass es keinen Sinn hat, um den heißen Brei herumzureden. »Ja. Ich gehe nach Twé, zurück zu meiner Familie. Aber nur für eine Weile. Nicht für immer.«

»Wie lang?«

»Das weiß ich nicht, Liebes. Nicht länger als unbedingt nötig.«

»Und ich komme nicht mit.«

»Nein. Ich hätte dich gern bei mir – furchtbar gern. Aber es geht nicht.«

»Wird mir auch nichts passieren, Mama?«

Lousika zieht Luna an sich und küsst sie aufs Haar. »Bestimmt nicht. Papa passt auf dich auf. Er wird jedem dem Kopf abreißen, der dir ein Haar krümmen will. Aber ich muss fort, bis sich alles geklärt hat. Ich tu es nicht gern, und ich werde dich schrecklich vermissen. Papa wird sich um dich kümmern. Und Madrinha Elis. Sie wird nicht zulassen, dass dir was passiert.«

Die Worte bleiben Lousika Asamoah fast im Hals stecken. Madrinhas, Leihmütter. Gemietete Frauen, die zu Kindermädchen, dann zu inoffiziellen Tanten und Verwandten werden. Bei einer Unternehmerin wie Adriana Corta, die einen Betrieb aufbauen musste und keine Zeit für Schwangerschaft, Geburt und Kinderbetreuung hatte, kann Lousika dieses Arrangement noch verstehen. Aber nicht bei der nächsten Generation, nicht dass der Zirkel gesitteter, allgegenwärtiger Madrinhas zur festen Tradition geworden ist. Sie hat es der kräftigen Elis mit den brasilianischen Wangenknochen übel genommen, dass sie ihr Kind ausgetragen und geboren hat. Und es war ein Schock für sie, als Rafa ihr die Leihmutterschaft als unumstößliche Tatsache präsentierte: der Corta-Brauch.

Zeuge es mit mir, lass es in mir wachsen und heranreifen, bis ich es zur Welt bringen kann. Ich brauche keine lebensverheißende Madonna, damit sich dein Sperma mit meiner Eizelle verbindet. Ich will nicht zusehen, wie Gyno-Bots den Embryo in die glatte, lächelnde Elis hineinschieben und wie sie von Tag zu Tag runder und voller wird. Ich will keine Berichte, Uterus-Aufnahmen und täglichen Meldungen über den Fortschritt ihrer Schwangerschaft. Und es war nicht nötig, dass ich mich heulend in meinem Zimmer einschloss und Gegenstände zerbrach, als Elis unters Messer kam.

Ich hätte es sein müssen, Luna. Zu mir hätten sie dich bringen müssen. Mein lächelndes, erschöpftes, tränenüberströmtes Gesicht hätte das Erste sein müssen, was du erblickst. Eine Asamoah. Wir sprudeln und strömen und quellen nur so über vor Leben. Ich bin gesund und fruchtbar, alles funktioniert natürlich,...

Erscheint lt. Verlag 12.12.2016
Reihe/Serie Luna-Reihe
Luna-Reihe
Übersetzer Friedrich Mader
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Luna - New Moon
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Abenteuerroman • Der Mond • eBooks • Familiensaga • Game of Thrones auf dem Mond • Ian McDonald • Science-Fiction-Epos • Serien
ISBN-10 3-641-19295-1 / 3641192951
ISBN-13 978-3-641-19295-2 / 9783641192952
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