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Hochzeitsnacht im Winterwald (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
512 Seiten
MIRA Taschenbuch (Verlag)
978-3-95649-996-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hochzeitsnacht im Winterwald - Cindy Gerard
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Durch tiefen Schnee muss Barbara die Blockhütte von Abel Greene erreichen - einem völlig Fremden. Für eine sichere Zukunft ist Barbara seiner Heiratsanzeige gefolgt. Doch hat sie die Macht der Gefühle unterschätzt?



<p>Als Cindy Gerard anfing, ihr erstes Manuskript zu schreiben, wollte sie vor allem eins: es auch beenden. Der Gedanke, es zu verkaufen, kam ihr viel später. Und erst, als sie einen Verlag gefunden hatte, der es veröffentlichen wollte, wurde ihr klar, dass es nicht bei diesem einen Werk bleiben würde. Jetzt, 20 Bücher und etliche Auszeichnungen später, erklärt Cindy Gerard lachend, dass sie sich kaum noch an das Leben vor dem Schreiben erinnern kann. Doch trotz ihrer erstaunlichen Karriere als Autorin arbeitet sie weiterhin in ihrem alten Beruf als Sozialarbeiterin. Diese Arbeit hat sie viel über menschliche Verhaltensweisen und Verwundbarkeiten, aber auch über Stärken gelehrt. Das spürt man ganz deutlich, wenn man Cindy Gerards Bücher liest: Sie versteht es meisterhaft, Emotionen auszudrücken und ihre Leser mit der Schilderung von Hoffnung und Ärger, Zorn und Freunde und sinnlich geschilderter Lust ihrer Hauptfiguren in den Bann zu ziehen.</p>

1. Kapitel


„Vielleicht siehst du viel zu schwarz. Vielleicht hast du dich gar nicht verirrt. Ja, ja, und vielleicht geht die Sonne überhaupt nicht im Westen unter“, murmelte Barbara Kincaid mit klappernden Zähnen vor sich hin und fragte sich, womit sie das alles verdient hatte. Die Ironie des Ganzen war nicht mehr zu überbieten. Wie sonst hätte das Schicksal sie von einer lebensbedrohenden Situation mitten hinein in die nächste führen können?

„Du hast zu viel hinter dir, um dich von ein bisschen Kälte und Schnee kleinkriegen zu lassen, Kincaid“, beschwor sie sich in dem Bemühen, den eisigen Wind und den immer tiefer werdenden Schnee herunterzuspielen. Doch es war nicht zu übersehen, wie schwer ihr kleiner Bruder dagegen anzukämpfen hatte.

„Sieh es mal positiv.“ Sie klammerte sich sozusagen an ihren letzten Rest Optimismus. „Schließlich lernst du was dabei.“

In der letzten halben Stunde hatte sie zum Beispiel gelernt, dass sie eigentlich nie gewusst hatte, was Kälte war. Doch dieser Schneesturm hier in Minnesota und die frostigen Blicke ihres Bruders hatten sie eines Besseren belehrt. Wenn der kalte Wind und der Schnee, der an ihren Knöcheln und Jeans klebte, sie nicht demnächst erstarren ließen, dann würde Mark schon dafür sorgen, mit seinem vorwurfsvollen Schweigen, das nur ein schlecht gelaunter Fünfzehnjähriger so hartnäckig aufrechterhalten konnte. Lustlos stapfte er neben ihr durch Schneewehen von gut einem halben Meter.

„Muss das alles denn wirklich sein?“, murmelte sie mit Blick zum Himmel. Ihre verzweifelte Entscheidung, die sie hierhergeführt hatte, lastete schwer auf ihr, ebenso die Lüge, die sie auftischen würde. Dagegen war ihre Nylon-Reisetasche, die ihre gesamte Habe enthielt, geradezu leicht. Mark, dessen dunkles Haar schneeverkrustet war, mühte sich mit seiner eigenen Reisetasche ab. Seinen heiß geliebten Radiorekorder, den er den ganzen Weg aus L. A. mitgeschleppt hatte, drückte er schützend an die Brust wie einen kostbaren Schatz.

Barbara zog die Kapuze ihrer dünnen roten Jacke zurecht. Doch sie bot nicht viel Schutz vor dem Schnee, der ihr ins Gesicht wehte.

„Kopf hoch, Kincaid“, befahl sie sich. „Du schaffst das. Auch wenn du frierst. Auch wenn du erschöpft bist. Aber du kannst jetzt nicht aufgeben. Es steht zu viel auf dem Spiel.“

Immerhin Marks und ihr Leben.

Es schien ihr eine halbe Ewigkeit her zu sein, seit sie mit Mark in den Bus gestiegen war. Die Reise hatte sechsunddreißig Stunden gedauert und sie vom sonnigen Süd-Kalifornien durch endlose Wüste, wildes Gebirge und die winterlichen Ebenen des Mittelwestens hierhergeführt: nach Nord-Minnesota. Ihr kam es vor wie die Arktis.

Sie hatte damit gerechnet, dass ihr Ziel abgelegen sein würde. Allerdings nicht, dass sie in den Schneesturm des Jahrhunderts geraten und sich deswegen verirren würden.

„Manche Leute würden das als tolles Abenteuer ansehen“, versuchte sie Mark zähneklappernd Mut zu machen. Dabei fragte sie sich, ob ihre Lippen genauso blau waren wie die ihres Bruders.

Mark ging nicht darauf ein. Er behielt seine Meinung für sich. Zum Glück seit etwa einer Stunde – sonst hätte er noch den einzigen Menschen weit und breit vergrault, einen freundlichen Holzfäller, den sie an der kanadischen Grenze getroffen hatten und der ihnen angeboten hatte, sie in seinem Wagen mit Vierradantrieb die dreißig Meilen bis zu ihrem eigentlichen Ziel mitzunehmen.

„Sein Blockhaus liegt etwa eine halbe Meile diesen Weg hinunter“, hatte der Holzfäller erklärt, nachdem er sie am Waldrand abgesetzt hatte und sie ihm gesagt hatte, wohin sie wollten.

Blockhaus. Eine romantische Vorstellung, bis er hinzugefügt hatte: „Ich würde Sie ja hinfahren, aber der Mann ist ein klein wenig eigen, was das Betreten seines Grund und Bodens betrifft. So, und nun verliert keine Zeit. Dieser Sturm scheint sich zu einem wahren Prachtexemplar zu entwickeln.“

Na wunderbar, hatte Barbara gedacht. Wenn dieser Schneesturm sich erst noch entwickelte, dann wollte sie ihn, wenn er in vollem Gang war, bestimmt nicht erleben. Und die wiederholte Frage des Holzfällers, ob sie wirklich zu dieser Blockhütte wollten, hatte die Zweifel an der Richtigkeit ihrer Entscheidung riesengroß werden lassen.

„Aussteigen kannst du nicht mehr“, murmelte sie, während sie ihre Reisetasche auf der Schulter höher schob. „Nicht, nachdem du nun schon so weit gekommen bist.“

Und wie weit war das genau? Sie versuchte, in dem Schneetreiben etwas zu erkennen. Es war eine gute halbe Stunde her, seit der Holzfäller davongefahren war. Sie waren noch immer zu keiner Lichtung gekommen – geschweige denn auf ein Anzeichen einer menschlichen Behausung gestoßen.

„Wie auch, wenn du kaum die Hand vor Augen sehen kannst“, sagte Barbara. „Bei dem Schneegestöber würdest du nicht mal das Empire State Building bemerken.“

Es gelang ihr immer weniger, den Ernst ihrer Lage herunterzuspielen. Und ihre Hoffnung schwand zunehmend. Spätestens seit ihre Zehen vor Kälte taub waren, kämpfte sie gegen ihre Panik an. Sie fürchtete schon, den Kampf verloren zu haben, als sie die Umrisse eines Daches zwischen verschneiten Tannen und winterkahlen Birken ausmachte.

Sie stolperte weiter.

„Danke“, flüsterte sie, den Tränen nah, als ein Blockhaus sichtbar wurde.

Es war keineswegs nur ein schlichtes Holzhaus, mit dem sie zu diesem Zeitpunkt auch zufrieden gewesen wäre. Es war ein architektonisches Meisterwerk mit hohem spitzem Dach, auf dem sich der Schnee türmte. Hinter den großen vereisten Fenstern brannte gedämpftes Licht. Aus einem gewaltigen Schornstein stieg Rauch auf, der einen wunderbar warmen Empfang verhieß.

Barbara hätte wieder Hoffnung geschöpft – wenn sie in der nächsten Sekunde nicht den Wolf erspäht hätte.

„Gütiger Himmel!“, hauchte sie.

Das Tier war riesig. Und hungrig, wie sie instinktiv erfasste. Silbergraue Raubtieraugen starrten sie unverwandt an. Auf seinem schwarzgrauen Fell lag Schnee, doch die gebleckten Reißzähne waren nicht zu übersehen – und sein leises, warnendes Knurren war nicht zu überhören. Seine Schulterhöhe musste gut einen Meter betragen, und er wog bestimmt hundert Pfund. Barbara überkam die hysterische Vorstellung, dass sie in ihrer roten Jacke mit Kapuze wie Rotkäppchen aussehen musste …

Sie schob Mark hinter sich.

„Beweg dich nicht“, flüsterte sie ihm mit wild klopfendem Herzen zu. „Tu … tu gar nichts. Bleib ganz ruhig.“

Mark war wie erstarrt. „Was macht er?“

„Ich … weiß es nicht. Er beobachtet uns, nehme ich an. Vielleicht hat er genauso viel Angst vor uns wie wir vor ihm.“

Das verächtliche Schnauben ihres Bruders verriet, wie viel er von dieser Version hielt. Ihr Verstand gab ihm recht, und als der Wolf ein Stück näher schlich, verwarf sie ihre Anweisung, ruhig zu bleiben, augenblicklich.

„Lauf!“ Sie gab Mark einen kräftigen Stoß Richtung Blockhaus. Dann warf sie dem Wolf ihre Reisetasche entgegen. Er wich geschickt aus und kam noch etwas näher.

Erst jetzt bemerkte sie, dass Mark ihrer Aufforderung nicht gefolgt war, denn plötzlich stellte er sich schützend vor sie.

„Mark, nein!“

Er hörte nicht auf sie, sondern warf nun auch seine Reisetasche nach dem Wolf.

Leider verfehlte auch er sein Ziel. Das Raubtier duckte sich, sodass sein Bauch den Schnee berührte, und begann, sie beide einzukreisen.

Fast hätte Barbara verzweifelt aufgeschluchzt. Da hatte sie Mark mit aller Gewalt aus L. A. weggeschleppt, damit er nicht umgebracht wurde – und nun starben sie womöglich hier mitten im Wald. Eine schreckliche Vorstellung. Auf einmal hob Mark seinen heiß geliebten Radiorekorder über den Kopf und schleuderte ihn Richtung Wolf.

Das Radio streifte ihn an den Hinterläufen. Überrascht aufheulend suchte das Tier im nahen Wald Schutz.

„Los!“, rief sie Mark zu, ergriff seine Hand und hastete mit ihm zum Blockhaus hinüber.

Doch schon nach wenigen Schritten hielt sie abrupt inne. Mit einem Aufschrei bremste sie auch Mark – und schlug sich im nächsten Moment die Hand vor den Mund, um einen weiteren Aufschrei zu unterdrücken.

Eine riesenhafte Gestalt kam drohend auf sie zu.

Barbara war unfähig, sich zu bewegen. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen oder ihre Angst niederzukämpfen, weil Schock und Panik nur einen Schluss zuließen: Es war aus mit ihrem Leben!

Unter einer dunklen Wollmütze, die tief in die Stirn gezogen war, funkelten schwarze Augen sie wild und offenbar wütend über ihr Eindringen an. Auf einer Schulter, die so breit wie die eines Footballspielers war, trug die mächtige schneebedeckte Gestalt eine zweischneidige Axt. Und falls sie womöglich noch anzweifelte, dass er eine Gefahr für Leib und Leben darstellte, hatte er außerdem ein langes Messer in einer an einem breiten Ledergürtel befestigten Scheide bei sich.

Verglichen mit diesem schwer bewaffneten, wutschnaubenden, finster dreinblickenden Riesen erschien ihr der Wolf etwa so gefährlich wie ein Schoßhündchen.

Es dauerte eine Weile, bis Barbara begriff, dass sie einem Mann gegenüberstand, keinem Monster. Auch wenn das im Augenblick keinen Unterschied machte, so zornig und böse, wie er aussah. Während sie noch unschlüssig dastand, ergriff Mark nun die Initiative. Mit einem gellenden Aufschrei warf er sich gegen den hünenhaften Fremden.

Entsetzt rief sie Mark zurück.

Der Mann brummte nur überrascht, als Mark ihn rammte, und schubste ihn dann völlig unbeeindruckt in eine Schneewehe.

Wütend kam Mark hoch. Er war nun wirklich kein Kämpfertyp, doch in geradezu...

Erscheint lt. Verlag 5.12.2016
Übersetzer Brigitte Bumke
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Frender • Heiratsanzeige • Winter
ISBN-10 3-95649-996-4 / 3956499964
ISBN-13 978-3-95649-996-8 / 9783956499968
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