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Aurora (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2016
Heyne (Verlag)
978-3-641-17767-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Aurora - Kim Stanley Robinson
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Hundertsechzig Jahre Einsamkeit

Es ist das gewaltigste Unterfangen, dem sich die Menschheit seit Beginn der bemannten Raumfahrt je gegenübersah: die Besiedelung eines neuen Sonnensystems. Ein Raumschiff mit Kolonisten machte sich einst auf den Weg zum Tau-Ceti-System, um eine neue Heimat zu finden. Nun, Jahrzehnte später, sind sie beinahe angekommen. Doch welche Abenteuer und Gefahren werden die Menschen dort – 11,9 Lichtjahre von der Erde entfernt – erwarten? Es ist der Beginn einer neuen Zeitrechnung in der Menschheitsgeschichte …

Kim Stanley Robinson wurde 1952 in Illinois geboren, studierte Literatur an der University of California in San Diego und promovierte über die Romane von Philip K. Dick. Mitte der Siebzigerjahre veröffentlichte er seine ersten Science-Fiction-Kurzgeschichten, 1984 seinen ersten Roman. 1992 erschien mit »Roter Mars« der Auftakt der Mars-Trilogie, die ihn weltberühmt machte und für die er mit dem Hugo, dem Nebula und dem Locus Award ausgezeichnet wurde. In seinem Roman »2312« erkundet er die verschiedenen Gesellschaftsformen, die die Menschheit nach ihrem Aufbruch ins Sonnensystem erschafft. Zuletzt sind bei Heyne seine Romane »New York 2140«, der in einem vom Klimawandel gezeichneten New York der nahen Zukunft spielt, und sein Bestseller »Das Ministerium für die Zukunft« erschienen. Kim Stanley Robinson lebt mit seiner Familie in Davis, Kalifornien.

Freya und ihr Vater gehen segeln. Ihr neues Zuhause ist eine Wohnung, von der aus man direkt auf die Bucht an der Westseite des Langen Teichs blickt. Dort am Kai liegen ein paar kleine Segelboote, mit denen die Leute rausfahren können, und jeden Nachmittag geht ein steifer, anlandiger Wind. »Darum nennt man diese Stadt Windfang«, sagt Badim auf dem Weg hinunter zu den Booten. »Wir bekommen den größten Teil vom Wind ab, der nachmittags über den See weht.«

Sie müssen also das Boot, das sie nehmen, direkt vom Kai aus in den Wind schieben. Badim springt im letzten Moment an Bord und holt das Segel dicht, bis das Boot sich auf die Seite legt, um es dann auf die kleine Küstenstraße entlang der Uferbiegung auszurichten. Freya hält die Ruderpinne fest im Griff, wie er es ihr gesagt hat. Das Boot neigt sich, und sie fahren direkt auf die hohe Seemauer zu und prallen beinahe dagegen, ehe Badim ruft: »Beidrehen«, genau, wie er es angekündigt hat, worauf Freya das Ruder kräftig herumreißt und sich unter dem vorbeischwingenden Baum wegduckt, und mit einem Mal kreuzen sie in die andere Richtung, quer über den Ausläufer der Bucht. Das kleine Segelboot kann nicht allzu hart am Wind segeln, erklärt Badim, und dabei bezeichnet er es als Nussschale, was aber liebevoll klingt. Es ist gerade groß genug für sie beide, und sein eines großes Segel ist über einen Mast gezogen, der Freya höher vorkommt, als der Rumpf lang ist.

Sie müssen mehrmals kreuzen, um aus der kleinen Bucht hinaus und auf den eigentlichen Langen Teich zu kommen. Dort draußen können sie ganz Nova Scotia sehen: bewaldete Hügel um einen See. Die Aussicht reicht bis ans andere Ende des Langen Teichs, wo der Nachmittagsdunst die Ufermauer verbirgt. Die Bäume auf den Hügeln tragen bereits ihr Herbstkleid, das Grün der Kiefern mischt sich mit Gelb, Orange und leuchtendem Rot. Badim sagt, es sei die schönste Zeit des Jahres.

Ihr Segel fängt den stärkeren Wind über der Mitte des Sees ein, wo das Wasser unter den Böen silberblau glitzert. Sie lehnen sich auf der Windseite des Bootes hinaus, um die Krängung auszugleichen. Badim kennt sich mit dem Segeln aus. Immer wieder verändert sich die Windrichtung, und sie lehnen sich entsprechend in Richtung Boot oder Wasser; Badim nennt das »mit dem Wind tanzen.« »Ich bin guter Ballast«, sagt er und lässt das Boot mit seinen Bewegungen etwas schwanken. »Siehst du, der Mast soll nicht gerade nach oben zeigen, er muss ein bisschen zur Seite geneigt sein. Das Gleiche gilt für das Segel, man zieht es nicht so dicht ran wie möglich, sondern lässt es ein wenig locker, damit der Wind gut daran entlangstreichen kann. Man spürt, ob man es richtig macht.«

»Schau mal, Badim, siehst du diese Katzenpfote im Wasser?«

»Du hast einen guten Blick. Das ist eine Kapillarwelle. Mach dich bereit, wir werden nass!«

Eine spiegelglitzernde Erhebung im Wasser bewegt sich schnell auf sie zu, und als die Bö, die die Welle vor sich hertreibt, das Boot trifft, krängt es stark zur Seite. Sie müssen sich dagegenstemmen. Gurgelnd klatscht das Boot mit dem Bug voran durch die entgegenkommenden Wogen und peitscht Gischt auf, die ihnen ins Gesicht geweht wird. Badim sagt, das Wasser des Langen Teichs würde wie Pasta schmecken.

Nachdem sie vierzig Mal gekreuzt sind (Badim behauptet, dass er mitzählen würde, aber sein Lächeln dabei verrät ihr, dass das nicht stimmt), haben sie es erst etwa einen Kilometer auf den Langen Teich hinausgeschafft. Es ist an der Zeit umzukehren und in gerade Linie zurück zum Kai zu fahren. Sie drehen das Boot herum, und mit einem Mal scheint überhaupt kein Wind mehr zu wehen. Es wird still, das Segel bauscht sich seitlich nach vorne aus, als Badim ihm Spiel gibt, und die Nussschale schaukelt in kleinen Schüben voran und scheint langsamer zu werden. Wellenrücken ziehen an ihnen vorbei. Das Wasser ist jetzt blauer, und man kann tiefer hineinsehen; manchmal erhascht man einen Blick auf den Grund des Sees. Das Wasser wirft Blasen und gluckert, das Boot schwankt ungut, und alles in allem macht es den Eindruck, als kämen sie nur unter Mühen voran, und trotzdem sind sie in null Komma nichts wieder in ihrer Bucht, und daran, wie sie an den anderen Kais und der Küstenstraße vorbeiziehen, sieht man deutlich, dass sie einen Riesenzahn draufhaben. Sie können zusehen, wie ihr Kai näher rückt, und in der Bucht spüren sie auch wieder das Rauschen des Windes und hören, wie die Wellen am Rumpf entlangstreichen und glucksend zu kleinen Schaumkronen brechen.

»Oh-oh«, sagt Badim, als er sich hinausbeugt und ihr ausgebeultes Segel begutachtet. »Ich hätte das Segel für die Fahrt zum Kai auf die andere Seite holen sollen! Ob ich wohl noch umkehren kann, um den Baum umzulegen und richtig reinzukommen?«

Aber sie sind schon fast am Kai. »Haben wir die Zeit dafür?«, fragt Freya.

»Nein! Na schön, halt dich fest, nimm das Ruder und halt es genau in der jetzigen Position. Ich gehe nach vorne, springe auf den Kai und halte das Boot fest, bevor du vorbeisaust! Halt den Kopf unten, damit der Baum dich nicht trifft!«

Und dann halten sie genau auf die Ecke des Kais zu. Freya duckt sich auf die Bank und hält das Ruder fest, der Bug kracht gegen die Ecke, als Badim mitten im Sprung ist, er landet lang hingestreckt auf dem Kai, das Verbindungsstück von Baum und Mast gibt ein lautes Knirschen von sich, das Boot kippt zur Seite und schwingt mit dem Heck um den Kai herum, während das Segel straff vor dem Mast knattert und der lose Baum hin und her schwingt. Badim kommt taumelnd auf die Beine und beugt sich vor, um nach dem Bug zu greifen, den er gerade erreichen kann, und um sich halten zu können, muss er sich flach auf den Kai legen. Das Boot schwingt weiter herum und dreht sich in den Wind, das Segel flattert wild hin und her, und Freya duckt sich darunter weg, aber weil der Baum nicht am Mast befestigt ist, muss sie sich platt auf den Boden legen, um nicht von ihm getroffen zu werden.

»Hast du dir wehgetan?«, ruft Badim. Ihre Gesichter sind nur ein oder zwei Meter voneinander entfernt, und seine entsetzte Miene bringt sie zum Lachen.

»Nichts passiert«, beruhigt sie ihn. »Was soll ich machen?«

»Komm in den Bug, und spring auf den Kai. Ich halte das Boot fest.«

Was er auch muss, weil das Boot immer noch versucht, dem Wind in die seichten Gewässer zu folgen, aber jetzt rückwärts. Die Leute auf der Küstenstraße sehen ihnen zu.

Sie springt neben Badim auf den Kai. Als sie sich vom Boot abstößt, zieht es ihn beinahe ins Wasser; er stemmt das Knie gegen eine Klampe, was für Freya schmerzhaft aussieht, und tatsächlich hat er die Zähne zusammengebissen. Sie streckt die Arme aus, um ihm dabei zu helfen, das Boot heranzuziehen, und er sagt: »Klemm dir nicht die Finger zwischen Boot und Kai!«

»Ich passe auf«, sagt sie.

»Kommst du an das Seil unten im Bug heran?«

»Ich glaube schon.«

Mit Kraft zieht er das Boot heran, und sie beugt sich weit vor und greift nach dem Seil, das ganz vorne im Bug durch einen Metallring läuft. Sie zieht es aus dem Boot und wickelt es einmal um die Klampe an der gegenüberliegenden Ecke des Kais, und Badim greift es und hilft ihr dabei, es noch mehrmals herumzuschlingen.

Sie legen sich auf die Planken und sehen einander aus aufgerissenen Augen an.

»Wir haben das Boot kaputt gemacht!«, sagt Freya.

»Ich weiß. Geht es dir gut?«, fragt er.

»Ja. Und dir?«

»Mir auch. Aber peinlich ist mir das. Jetzt muss ich dabei helfen, den Baum zu reparieren. Ich muss aber auch sagen, dass das eine echte Schwachstelle ist.«

»Können wir trotzdem wieder segeln gehen?«

»Ja!« Er umarmt sie, und sie lachen. »Beim nächsten Mal machen wir es besser. Man muss einfach mit dem Segel auf der anderen Bootsseite hereinkommen, damit man im Bogen an den Kai heranfahren und sich einfach seitlich vor dem Wind herantreiben lassen kann, und in letzter Sekunde dreht man sich dann in den Wind und greift nach dem Kai, wenn man langsamer wird. Daran hätte ich vorher denken sollen.«

»Wird Devi wütend sein?«

»Nein. Sie wird froh sein, dass uns beiden nichts passiert ist. Sie wird mich auslachen. Und sicher weiß sie, wie man das Verbindungsstück zwischen Baum und Mast verstärkt. Wahrscheinlich sollte ich mal nachschlagen, wie dieses Ding heißt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es einen Namen hat.«

»Alles hat einen Namen!«

»Ja, da hast du wohl recht.«

»Und weil das Ding kaputt ist, wird sie wohl schon ein bisschen wütend sein.«

Dazu sagt Badim nichts.

In Wahrheit ist ihre Mutter immer wütend. Vor den meisten Menschen verbirgt sie es ziemlich gut, aber Freya entgeht es nie. Man merkt es daran, wie sie den Kiefer hält; außerdem stößt sie oft kleine, ungeduldige Laute aus, nur für sich, als könnten die andern sie nicht hören. »Was denn?«, fragt sie den Boden oder eine Wand, und dann geht sie einfach weiter, als hätte sie überhaupt nichts gesagt. Und sie kann ganz schnell auch nach außen hin sauer werden, von einer Sekunde auf die andere. Und wie sie dann abends zusammengesunken in ihrem Sessel...

Erscheint lt. Verlag 14.11.2016
Übersetzer Jakob Schmidt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Aurora
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Abenteuerroman • eBooks • fremde Galaxien • Fremde planeten • Kim Stanley Robinson • Science-Fiction-Epos • Weltraumabenteuer
ISBN-10 3-641-17767-7 / 3641177677
ISBN-13 978-3-641-17767-6 / 9783641177676
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