Und nie sollst du vergessen sein (eBook)
416 Seiten
Edition CW Niemeyer (Verlag)
978-3-8271-8520-4 (ISBN)
Der Journalist Jörg Böhm (*1979) war nach seinem Studium der Journalistik, Soziologie und Philosophie unter anderem Chef vom Dienst der Allgemeinen Zeitung in Windhoek/Namibia. Danach arbeitete Jörg Böhm als Kommunikationsexperte und Pressesprecher für verschiedene große deutsche Unternehmen. Seit 2014 widmet er sich nur noch seinen schriftstellerischen Tätigkeiten. Neben dem 1. Kreuzfahrtkrimi 'Moffenkind', den er exklusiv in Kooperation mit der Reederei AIDA Cruises geschrieben hat, sind mittlerweile drei Krimis um seine dänisch-stämmige Kriminalhauptkommissarin Emma Hansen erschienen. Aktuell schreibt er an seinem vierten Emma-Hansen-Krimi, der im März 2017 erscheinen wird. Als bester Nachwuchsautor wurde er für seinen ersten Krimi 'Und nie sollst du vergessen sein' mit dem Krimi-Award 'Black Hat' ausgezeichnet. Mehr über Jörg Böhm und seine Aktivitäten erfahren Sie unter jörgböhm.com
Der Journalist Jörg Böhm (*1979) war nach seinem Studium der Journalistik, Soziologie und Philosophie unter anderem Chef vom Dienst der Allgemeinen Zeitung in Windhoek/Namibia. Danach arbeitete Jörg Böhm als Kommunikationsexperte und Pressesprecher für verschiedene große deutsche Unternehmen. Seit 2014 widmet er sich nur noch seinen schriftstellerischen Tätigkeiten. Neben dem 1. Kreuzfahrtkrimi „Moffenkind“, den er exklusiv in Kooperation mit der Reederei AIDA Cruises geschrieben hat, sind mittlerweile drei Krimis um seine dänisch-stämmige Kriminalhauptkommissarin Emma Hansen erschienen. Aktuell schreibt er an seinem vierten Emma-Hansen-Krimi, der im März 2017 erscheinen wird. Als bester Nachwuchsautor wurde er für seinen ersten Krimi „Und nie sollst du vergessen sein“ mit dem Krimi-Award „Black Hat“ ausgezeichnet. Mehr über Jörg Böhm und seine Aktivitäten erfahren Sie unter jörgböhm.com
Kapitel 1
15 JAHRE SPÄTER
FREITAG, 16. NOVEMBER 2012
Es war ihr erster längerer Urlaub seit ihrer Beförderung zur Kriminalkommissarin vor dreieinhalb Jahren. Endlich Ferien, Entspannung und ganz viel Ruhe, dachte Emma Hansen, als sie zum Hit „Single Ladies“ von Beyoncé fröhlich mitsingend an einem grauen Novemberfreitag über die Bundesstraße B 500 von Titisee-Neustadt kommend weiter Richtung Süden durch die Höhen des Südschwarzwaldes fuhr.
Vorbei an einzelnen Gehöften, Wiesen und Feldern, die abgemäht und kahl dalagen und von einem guten Sommer mit viel Heu für die Kühe erzählten. Kleine Waldstücke grüßten entlang der kurvigen Straße, auf der um diese Uhrzeit viel Verkehr herrschte.
Familienväter, die zu ihren Liebsten nach Hause unterwegs waren, Laster und Transporter, die noch schnell vor dem Wochenende ihre Ladung abliefern wollten, und Urlauber aus den verschiedensten Regionen Deutschlands waren genauso darunter wie Schweizer und Niederländer. Einige mit Wohnwagen, andere mit Fahrradträgern und selbst ein kleines Boot konnte sie auf einem Anhänger entdecken.
Die machen hier sogar zu dieser trostlosen Zeit Ferien, stellte Emma etwas überrascht fest, als ihr gerade ein Fahrzeug mit einem gelb leuchtenden Kennzeichen entgegenkam. Eine Zeit, die eher zu innerer Einkehr und Besinnlichkeit denn zu Spaß und Abenteuerlust einlud.
Emma faszinierte die Trostlosigkeit grauer Novembertage, auch wenn sie früher mit ihren Eltern stets in den Sommerferien für zwei Wochen nach Nöggenschwiel gefahren war und daher die besondere Schwere, die jetzt oberhalb der Baumwipfel vorherrschte, nur von Erzählungen kannte. Es war eine Schwere an einem Ort der Abgeschiedenheit, an dem sich an lauen Sommerabenden junge Paare bei einem Picknick auf den angrenzenden Wiesen verliebt in die Augen schauten oder die Dorfältesten im Rosenpavillon am Nöggenschwieler Rathaus engagiert und wortreich über die Politik der Bundesregierung diskutierten und dabei wie immer und völlig übereinstimmend feststellten, dass früher irgendwie alles besser gewesen war.
Emma erinnerte sich auch an die Grillabende des örtlichen Fußballvereins, die Vereinsmeisterschaften des Tennisclubs und vor allem an das alljährlich stattfindende Rosenfest, das sie als junges Mädchen und selbst noch als pubertierender Teenager so geliebt hatte.
An Novembertagen wie diesem jedoch zog sich die Welt in ihre tiefste Traurigkeit zurück. Eine Zeit, in der man am liebsten dieser Atmosphäre entfloh, anstatt in sie hineinzutauchen. Emma aber brauchte es, einfach mal in die bewusst gewollte Einsamkeit zu entfliehen. Ihr Job war stressig genug, bot kaum Auszeiten und Erholungsphasen, weshalb sie auch schon das für sie so wichtige Formationstanzen auf ein Minimum reduzieren musste. Daher freute sie sich jetzt auf eine Woche geplanten Nichtstuns, die mit dem 60. Geburtstag ihres ehemaligen Ferienvermieters Georg Villinger ihren krönenden Abschluss finden sollte.
Sechs Mal war sie mit ihren Eltern Knut und Marit Hansen in die Ferienwohnung der Villingers nach Nöggenschwiel gefahren. Zuletzt, als sie 17 Jahre alt gewesen war, und das lag nun schon 15 Jahre zurück.
Damals war die kleine Welt noch in Ordnung, dachte sie, während sie am Radioregler ihres Minis rumspielte, um einen besseren Empfang zu bekommen. Ihre Eltern hatten sich, wie so viele andere Eltern ihrer Freunde und Klassenkameraden auch, scheiden lassen, obwohl sie und ihr Bruder Erik alles dafür getan hatten, dass die heile Welt, die ihnen stets vorgegaukelt wurde, nicht aus den Fugen geriet.
Doch alles Bitten und Betteln, Jammern und Lamentieren hatte nichts geholfen, die Ehe war auseinandergegangen, weil ihr Vater lieber mit einer Jüngeren die Welt bereisen wollte als mit ihrer Mutter. So jedenfalls hatte es Emmas Oma Leni ihr vor einigen Jahren erzählt.
Sie fuhr langsamer und schaltete vorsichtshalber schon einmal einen Gang herunter, um die Abzweigung von der B 500 in Richtung Weilheim nicht zu verpassen. An der nur wenige Meter entfernten Tankstelle herrschte Hochbetrieb, denn erst heute Morgen hatte der Ölpreis wieder um einige Dollar nachgegeben und die hiesigen Preise waren gleich um drei Cent gefallen.
So hatte sie nach dem Verlust ihres Vaters um die Liebe ihrer Mutter gekämpft, bis sie eines Tages resigniert feststellen musste, dass es keinen Platz für sie im Herzen ihrer Mutter gab, denn für Marit Hansen zählte immer nur Emmas Bruder Erik.
Erik. Ihr drei Jahre älterer Bruder, der sich als zweifacher Familienvater mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt und das Leben so nahm, wie es kam: Am Morgen geht die Sonne auf, am Abend geht sie unter und dazwischen schauen wir, was der Tag so alles für einen bereithält. Dass ihre Eltern und vor allem ihre Mutter mit Eriks Lebenskunst nichts anfangen konnten, war das eine. Dass sie Emmas Eigenschaften lieber in ihrem Sohn vereint gesehen hätten, das stand auf einem ganz anderen Blatt. Und es war eben die Tochter, die genau das auf so unterschiedliche Arten zu verstehen bekam.
„Aber wer hört denn Muttern zu, wenn sie sich in ihrem Liebeskummer mal wieder so richtig suhlen will, und wer fährt zu ihr hin, wenn sie wieder droht, sich umzubringen, weil sie nicht mehr weiterweiß? Doch das zählt ja alles nicht. Warum auch“, sagte Emma laut zu sich.
Doch das Schlimmste ist, dass ich mir immer wieder anhören darf, was aus mir hätte werden können, wenn ich mich nur etwas mehr angestrengt hätte. Ärztin. Rechtsanwältin. Ja vielleicht sogar Professorin, dachte sie und äffte ihre Mutter nach, die keine Möglichkeit ausließ, Emmas aus ihrer Sicht falsche Berufswahl unter die Nase zu reiben.
Mein Weg war eben ein anderer. Ich wollte immer zur Polizei, zur Kripo, dachte Emma und musste bei dem Gedanken daran automatisch an ihren geliebten Opa denken, der einst Kommissar bei der Kopenhagener Mordkommission gewesen war. Sie lächelte, während sie für einen kurzen Moment in den Rückspiegel sah. Große, wache, blaue Augen strahlten sie an, die von einer fein geschnittenen Nase und einer breiten Denkerstirn eingerahmt wurden. Ihre Lippen waren voll, wenn auch heute etwas blass, wie sie sich eingestehen musste. Dafür glänzte auch an diesem tristen Novembertag ihr Haar in einem hellen und typisch nordischen Blond. Doch das auffälligste Merkmal ihres Gesichtes war ihr kleines, zart modelliertes Grübchen am Kinn, das ihr nicht nur einen frech-verträumten Gesichtsausdruck verlieh, sondern das sie auch so an ihren Großvater erinnerte, hatte doch ein ebensolches seinen charismatisch-markanten Charakterkopf geziert.
Mit einem tiefen Seufzer konzentrierte sie sich wieder auf den immer dichter werdenden Verkehr in der langsam einsetzenden Dämmerung. Sie wartete noch den Transporter einer Umzugsfirma ab, ehe sie ihren Wagen nach links lenkte, um auf die Kreisstraße in den dunklen Hain aus Fichten und Tannen abzubiegen.
Schon damals als Teenager faszinierte Emma diese Ansammlung majestätischer Bäume, die wie ein großes schmiedeeisernes Tor ein fremdes Land beschützten und erst dann Meter für Meter zur Seite wichen, wenn der Eindringling ihnen genehm war.
Vorsichtig steuerte sie ihren Wagen durch das kleine Wäldchen und meinte plötzlich von der Welt, aus der sie vor einer halben Minute noch gekommen war, völlig abgeschnitten zu sein.
Wie ein großes gefräßiges Maul hatten die Fichten und Tannen sie und ihren Wagen verschluckt, um sie erst nach knapp drei Minuten wieder aus dem schwarzen Nichts auszuspucken. Vor ihr lagen nun die ersten Äcker, die bereits zur Gemarkung Weilheim gehörten. Wie verschrumpelt und zusammengezogen ruhte die aufgewühlte Erde auf den Feldern. Ein schwacher, weißlicher Reif kündigte schon jetzt einen frostigen und eisigen Winter an.
Frostig und eisig waren auch die beiden Worte, mit denen sie die Beziehung zu ihrer Mutter am liebsten beschrieb. Selbst ein Einser-Schnitt an der Landespolizeischule konnte ihre Mutter nicht davon überzeugen, dass Emma für sich das Richtige entschieden hatte.
„Eine Frau gehört einfach nicht zur Polizei, erst recht nicht zur Mordkommission“, erinnerte sie sich an die Worte ihrer Mutter. Und gerade deshalb wollte sie es ihr zeigen und gleichzeitig das Andenken ihres Großvaters in Ehren halten. Er wäre wenigstens stolz auf mich, dachte Emma und erinnerte sich an die vergangenen vier Jahre zurück, in denen sie sich ins Studium und die praktische Ausbildung gestürzt, jeden angebotenen Lehrgang belegt und verschiedene Zusatzqualifikationen – von psychologischer Beratung bis hin zu einem Seminar zur Profilerstellung von Vergewaltigern – absolviert hatte, um dann kurz vor ihrem 29. Geburtstag endlich da zu sein, wo sie immer hin wollte. Noch heute dachte sie mit einem breiten Grinsen daran, wie Ausbildungsleiter Manfred Engel beim festlichen Empfang ihr als jahrgangsjüngster und gleichzeitig bester Frau in einer von Männern dominierten Ausbildungsklasse die Urkunde zur Kriminalkommissarin überreicht hatte. So langsam näherte sie sich der Abzweigung nach Nöggenschwiel. Fern am Horizont, Richtung Schweiz, bauten sich die ersten dunklen Wolken auf, die unmissverständlich Regen ankündigten, während Emma die Kreisstraße entlang in den abgelegenen Ort fuhr.
Vorbei am Fußballplatz und der putzig anmutenden Tennisanlage führte sie der Weg zum Ortsmittelpunkt, dem kleinen Gemischtwarenladen, den jeder hier nur das „Lädele“ nannte. Dort parkte sie ihren Wagen auf dem Kirchvorplatz, als die Uhr der St.-Stephans-Kirche gerade ein Mal schlug, und betrat den Laden. Wie sie auf ihrem Handy lesen konnte, war es kurz nach halb sechs und die früh einsetzende Nacht hatte fast das gesamte Licht des Tages geschluckt.
Da Emma...
| Erscheint lt. Verlag | 12.10.2016 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Schlagworte | Böhm • Emma Hansen • Hoffnung • Liebe • Mord • Neugierde • Nöggenschwiel • Rache • rose • Rosendorf • Schwarzwald • Sehnsucht • Verbrechen |
| ISBN-10 | 3-8271-8520-3 / 3827185203 |
| ISBN-13 | 978-3-8271-8520-4 / 9783827185204 |
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