Dr. Stefan Frank 2361 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7325-3577-4 (ISBN)
Zunächst ist Dr. Frank unschlüssig, als ihn seine Sprechstundenhilfe Marie-Luise darum bittet, eine gute Bekannte von ihr als Praktikantin einzustellen. Wie soll ihnen die zwanzigjährige Elisa helfen, wenn diese bisher keinerlei Erfahrung im medizinischen Bereich vorweisen kann? Wird sie den Praxisalltag nicht empfindlich stören?
Er bittet Elisa zu einem Vorstellungsgespräch in die Praxis und ist gleich positiv überrascht. Die Bewerberin ist nicht nur bildhübsch, sondern auch sehr klug, rücksichtsvoll und verständig. Überzeugt stimmt er schließlich zu, der interessierten jungen Frau ein Praktikum zu ermöglichen.
Dass seine langjährige Sprechstundenhilfe Martha Giesecke und selbst seine sonst so aufgeschlossene Lebensgefährtin Alexandra offenbar alles andere als begeistert sind, als sie Elisa kennenlernen, verwundert den Mediziner. Was haben die beiden nur? Er kann nichts Negatives an der neuen Praktikantin finden.
Stefan Frank ahnt ja nicht, dass Elisa keineswegs so unschuldig ist, wie sie aussieht. Sie verfolgt nämlich einen ehrgeizigen Plan, bei dem Dr. Frank eine wichtige Rolle spielt. Eine Rolle, die dem Grünwalder Arzt zum Verhängnis werden könnte ...
„Haben Sie etwas auf dem Herzen, Marie?“, fragte Dr. Stefan Frank seine Mitarbeiterin Marie-Luise Flanitzer, die vor der Mittagspause an der Tür zu seinem Sprechzimmer auftauchte und dort wartend stehen blieb.
„Ja“, antwortete die junge Frau. „Ich möchte Sie etwas fragen, Herr Dr. Frank. Wenn Sie einen Moment Zeit hätten?“
„Aber ja, nur zu, fragen Sie.“ Er wunderte sich ein bisschen. Normalerweise war Marie-Luise nicht schüchtern und auch nicht so leicht in Verlegenheit zu bringen. Jetzt jedoch suchte sie nach Worten und sah aus, als wünschte sie sich an einen anderen Ort.
„Möchten Sie kündigen?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
Sie ging auf den Scherz nicht ein.
„Nein, nein, natürlich nicht“, beteuerte sie ganz ernsthaft, während sie zögernd näher kam.
„Setzen Sie sich“, bat er. „Und dann rücken Sie endlich mit der Sprache heraus. Es macht mich ganz nervös, Ihnen zuzusehen, wie sie herumdrucksen. Haben Sie mir etwas Unangenehmes zu sagen?“
„Nein, es ist mir nur unangenehm, Sie zu fragen.“ Marie-Luise, Anfang dreißig, hübsch und blond, saß meistens vorne am Empfang und organisierte von dort die Praxisabläufe. Sie machte das sehr gut und nahezu geräuschlos. Etwa auftretende Probleme räumte sie in der Regel aus dem Weg, ohne dass ihr Chef oder ihre ältere Kollegin Martha Giesecke, die sich um die Patienten kümmerte, etwas davon mitbekamen.
Die beiden so unterschiedlichen Frauen kamen gut miteinander aus, was keineswegs selbstverständlich war, wie Stefan Frank von Kolleginnen und Kollegen wusste. Er war dankbar dafür. Sein Arbeitsalltag war auch ohne Konflikte im Team schon anstrengend genug.
„Meine etwas ältere Freundin Cora Matthäus hat eine Tochter, Elisa, die vor einem Jahr ihr Abitur gemacht und danach für ein Jahr in die Vereinigten Staaten gegangen ist. Sie wollte dort ihren Horizont erweitern und die Sprache perfekt lernen. Sie hat einen Einserdurchschnitt und schwankt noch zwischen Medizin oder Jura. Also wird sie die kommenden Monate nutzen, um sich darüber klar zu werden.“
Sie machte eine kurze Pause, bis Dr. Frank ihr auffordernd zunickte.
„Als Entscheidungshilfe braucht sie natürlich Einblick in beide Berufswelten. Mit anderen Worten: Sie sucht nach einem Praktikumsplatz – in einer Kanzlei oder in einem Krankenhaus beziehungsweise einer Praxis. Meine Freundin hat mich gebeten, Sie zu fragen, ob Sie Elisa helfen können.“
Marie-Luise sah erleichtert aus, dass sie ihr Anliegen endlich vorgebracht hatte.
„Ich weiß, wir brauchen momentan eigentlich keine Praktikantin, das habe ich ihr auch gesagt, aber sie meinte, ich könnte Sie wenigstens fragen.“
„Ich kann gerne heute Abend mit Dr. Waldner reden. In einer Klinik gibt es ja mehr zu sehen und zu lernen als in einer Praxis.“
„Da hat Elisa sich schon von sich aus beworben, aber die haben ihre Praktikumsplätze schon für zwei Jahre im Voraus vergeben, da war sie viel zu spät dran. Sie hat es auch bei anderen Krankenhäusern versucht, die haben alle abgelehnt. Eine Kanzlei hat ihr für Anfang nächsten Jahres zugesagt, das ist also geklärt. Nur jetzt hat sie nichts. Sie hat sich das offenbar einfacher vorgestellt, wegen ihrer guten Noten.“
„Aber was sollen wir mit einer ahnungslosen Praktikantin, Marie? Wir sind so ein eingespieltes Team, und dann käme jemand dazu, der die Abläufe nicht kennt und ja auch eigentlich nichts tun kann. Mit unserer letzten Praktikantin war es anders, die hat ja eine Ausbildung zur Arzthelferin gemacht und war schon entsprechend eingearbeitet. Haben Sie mit Schwester Martha darüber gesprochen?“
„Ja, sie hat gemeint, sie hätte nichts gegen eine Praktikantin, aber natürlich sei es Ihre Entscheidung.“
„Ich bin ratlos“, gestand Stefan. „Ich meine, sie soll ja auch etwas lernen. Es hat wenig Sinn, ihr zuzusagen, wenn sie dann den ganzen Tag nur dumm herumsteht, Fragen stellt, wenn sie besser still wäre, und uns bei der Arbeit stört. Das geht nicht, Marie-Luise.“
„Natürlich nicht. Ich habe darüber auch schon nachgedacht. Ich kann sie in meine Arbeit einführen, denn eine Ärztin muss ja auch über die Organisation einer Praxis Bescheid wissen. Schwester Martha könnte ihr ihren Bereich erklären, und bei Ihnen könnte sie, wenn die Patienten einverstanden sind, einfach bei Untersuchungen dabei sein und sehen, wie Sie das machen. Das ginge wahrscheinlich vor allem bei Patienten, die Sie schon lange und gut kennen.“
Marie-Luise überlegte kurz.
„Dass sie sich hier nützlich machen könnte, glaube ich allerdings auch nicht.“
„Schwester Martha?“, rief Stefan Frank.
Seine langjährige Mitarbeiterin erschien an der Tür. Martha Giesecke war schon über sechzig, aber wer sie auf die Rente ansprach, musste sich warm anziehen, denn davon wollte sie nichts hören.
Sie hatte noch immer ihr fabelhaftes Gedächtnis und merkte sich nicht nur die Krankengeschichten der Patientinnen und Patienten, sondern auch, was diese ihr beim Blutdruckmessen oder bei der Blutabnahme aus ihrem Privatleben erzählten.
Sie fragte nach Kindern und Enkeln, erkundigte sich nach alten Eltern und dem letzten Urlaub. Wenn jemand an seinem Geburtstag in die Praxis kam, was gar nicht einmal so selten vorkam, vergaß sie nicht zu gratulieren. Sie war ein Phänomen auf diesem Gebiet, und im Laufe der Zeit hatte sie überdies gelernt, Diagnosen zu stellen, die sehr oft richtig waren.
Sie war schneller entschlossen als Dr. Frank.
„Nehmen Sie die Kleine auf, Chef“, sagte sie. „Die läuft hier ein paar Monate so mit, ohne Probleme. Und wenn es ihr zu langweilig wird, kann sie ja wieder gehen. Aber wir werden sie schon herumscheuchen, was, Marie?“
Marie-Luise sah Stefan bittend an.
Er wusste, wann er verloren hatte.
„Also, von mir aus versuchen wir es“, sagte er. „Aber wenn sich herausstellt, dass es unseren Betrieb hier doch zu sehr stört, dann behalte ich mir vor, das Praktikum vorzeitig abzubrechen, Marie. Sagen Sie das Ihrer Freundin und der jungen Dame. Ich möchte nicht riskieren, dass hier alles durcheinander gerät.“
Marie-Luise strahlte über das ganze Gesicht.
„Das ist doch selbstverständlich, Herr Dr. Frank! Ach, meine Freundin und Elisa werden so froh sein. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll. Und Ihnen auch, Schwester Martha.“
„Nun mach mal nicht so einen Aufstand“, brummte ihre ältere Kollegin.
„Und wann soll das Praktikum beginnen?“, fragte Stefan Frank.
„So bald wie möglich.“
Stefan warf einen Blick auf den Kalender.
„Gut, dann nächste Woche Montag, am Ersten. Aber ich würde mir die junge Frau vorher gern einmal ansehen. Sollten wir feststellen, dass die Chemie überhaupt nicht stimmt …“
„Natürlich!“, rief Marie-Luise eifrig. „Sagen Sie nur, wann es Ihnen passt.“
„Was meinen Sie, Schwester Martha?“
„Freitag, im Anschluss an die Sprechstunde“, schlug Martha Giesecke vor, und dieser Vorschlag fand sowohl bei Stefan als auch bei Marie-Luise Zustimmung.
„Sie übernehmen es dann bitte, diesen Termin auszumachen, Marie“, bat Stefan Frank. „Und noch etwas. Was bezahlt man denn Praktikanten normalerweise?“
„Nichts“, antwortete Martha Giesecke.
Marie-Luise nickte. „Praktika werden nicht bezahlt, Chef. Jedenfalls fast nie.“
„Das gefällt mir nicht. Vielleicht haben wir ja doch etwas zu tun für die junge Dame, dann soll sie dafür auch etwas bekommen. Ich denke noch einmal darüber nach. Und jetzt hinaus mit Ihnen beiden, wir haben Mittagspause!“
Marie-Luise bedankte sich noch einmal, bevor sie überglücklich hinauseilte. Stefan hörte sie draußen mit Martha Giesecke reden.
Er machte sich noch ein paar Notizen zu seinem letzten Patienten, bevor er die Praxisräume verließ und hinauf in seine Wohnung im ersten Stock ging, um eine Kleinigkeit zu essen. Anschließend würde er sich mit einer Tasse Kaffee in seinen Rosengarten setzen, solange das Wetter dies noch zuließ.
Sein Haus stand in der Gartenstraße im Münchener Vorort Grünwald. Von Anfang an hatte er sich hier wohlgefühlt, und es hatte ihm immer gefallen, dass er, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen, nur eine Treppe hinuntergehen musste. Allerdings hatte er noch einen zweiten Arbeitsplatz, nämlich die Waldner-Klinik in Schwabing, die von seinem Freund Ulrich Waldner geleitet wurde.
Er hatte dort Belegbetten und es sich zur Gewohnheit gemacht, seinen Patienten in der Klinik jeden Tag nach der Sprechstunde einen Besuch abzustatten.
Der Weg war weit und durch den immer stärker werdenden Verkehr oft auch mühsam, aber er nutzte die Fahrten mittlerweile, um abzuschalten, den Tag in der Praxis hinter sich zu lassen und sich ganz allmählich auf den Abend vorzubereiten.
Hatte er seine Patienten besucht und ausführlich mit ihnen gesprochen, trank er mit Ulrich Waldner in dessen Büro meistens noch einen Kaffee, und bei der Gelegenheit sprachen sie über alles, was sie bewegte. Die Rückfahrt nach Grünwald ging meistens schneller, da der Verkehr dann nicht mehr so stark war.
Heute Abend würde er bei seiner Freundin Alexandra Schubert essen, sie hatte ihm ein ganz besonderes Menü versprochen. Am Samstagabend würden sie dann beide bei Waldners zum Essen sein.
Er hatte Alexandra seit zwei Tagen nicht gesehen und sehnte sich sehr nach ihr. Sie war Augenärztin und beruflich zurzeit sehr eingespannt. Ganz in der Nähe seines...
| Erscheint lt. Verlag | 20.9.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Dr. Stefan Frank |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Arzt • arzt-krimi • Arztromane • Bestseller • Bianca • Cora • der-Notarzt • Deutsch • Doktor • Dr. • dr daniel • dr laurin • dr norden • eBook • E-Book • eBooks • E-Books • Familiensaga • feelgood • Fortsetzungsroman • Frauen • für • Gefühle • Großdruck • große-schrift • Happy End • Heft-Roman • Herzschmerz • Historical • Hollywood • Julia • kaipurgay • Kindle • Klinik • Klinik-roman • Krankenhaus • Krankenschwester • Kurfürstenklinik • Landarzt • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • martin-Kelter • Medizin • Mira • Modern • Nicholas Sparks • Patient • patricia-vandenberg • PS ich liebe dich • Romance • romantisch • Romantische Komödie • Schicksalsroman • Serie • spannend • tatsächlich liebe • Tiffany • Verlag • wohlfühlen |
| ISBN-10 | 3-7325-3577-0 / 3732535770 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-3577-4 / 9783732535774 |
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