Anakin Skywalker ist nur noch eine entfernte Erinnerung, Darth Vaders Aufstieg ist unaufhaltsam. Der auserwählte Schüler des Imperators hat seine Treue zur dunklen Seite schnell bewiesen. Dennoch ist die Geschichte der Sith geprägt von Täuschung, Verrat und Schülern, die mit Gewalt die Stelle ihres Meisters an sich reißen wollten – und das wahre Ausmaß von Vaders Treue daher noch unbekannt. Bis jetzt. Als er sich mit Imperator Palpatine auf eine gefährliche Mission begibt, müssen die beiden Sith endlich entscheiden, ob das grausame Band, das sie verknüpft, sie zu siegreichen Verbündeten oder tödlichen Gegenspielern macht.
Paul S. Kemp ist ein Autor bekannter Star-Wars- und Forgotten-Realms-Romane. Er arbeitet und lebt mit seiner Frau, seinen Zwillingen und mehreren Katzen in Grosse Pointe, Michigan.
1. Kapitel
Vader beendete seine Meditation und öffnete die Augen. Sein blasses, flammenvernarbtes Gesicht starrte ihn vom schwarzen, polierten Transparistahl seiner Meditationskammer entgegen. Ohne die neurale Verbindung mit seiner Rüstung konnte er seine Beinstümpfe spüren, seine verstümmelten Arme, den ewigen Schmerz in seinem Fleisch. Doch er hieß ihn willkommen, denn der Schmerz nährte seinen Hass, und der Hass schenkte ihm Kraft. Als Jedi hatte er einst meditiert, um Frieden zu finden; jetzt meditierte er, um die Klinge seines Zorns zu schärfen.
Geraume Zeit betrachtete er sein Spiegelbild. Die Verletzungen hatten seinen Körper deformiert und gebrochen, aber seinen Geist hatten sie perfektioniert, seine Verbindung mit der Macht gestärkt. Sein Leid hatte ihm zu wahrer Erkenntnis verholfen.
Ein mechanischer Metallarm hielt den Helm seiner Rüstung über seinem Kopf – wie ein Unheil, das sich bald über ihn senken würde. Die Augen der Gesichtsmaske erfüllten viele mit Furcht, aber sie waren nichts verglichen mit den Augen darunter. Sein Blick war ein Lodern kontrollierter Wut in einem Meer aus Narben. Das sekundäre Atemgerät, das noch immer mit seinem Gesicht verbunden war – das immer mit seinem Gesicht verbunden war –, verbarg die Überreste seines Mundes, und das Geräusch seiner Atemzüge hallte von den Wänden der Kammer wider.
Mithilfe der Macht aktivierte er den Arm, und der Helm umschloss seinen Kopf mit Metall und Plastahl. Dies war die Hülle, in der er nun existierte. Er genoss das schmerzhafte Stechen, als die neuralen Nadeln des Helms in seinen Schädel und seine Nackenwirbel stachen und sein Körper, sein Geist und seine Rüstung zu einem vernetzten Bewusstsein verschmolzen.
Als Mensch und Maschine eins geworden waren, fühlte er nicht länger das Fehlen seiner Beine oder Arme, die Pein seines Fleisches, aber der Hass blieb, und der Zorn brannte noch immer hell. Dies waren seine ständigen Begleiter, und die Momente, in denen seine Wut am heißesten loderte, waren auch die Momente, in denen er sich am engsten mit der Macht verbunden fühlte.
Mit einer kleinen Willensanstrengung befahl er dem Computer der Rüstung, das primäre und das sekundäre Atemgerät zu verbinden und den Helm am Nacken zu versiegeln. Nun war er völlig eingeschlossen. Nun war er zu Hause.
Einst hatte er die Rüstung gehasst, sie als kalt und fremdartig empfunden, aber inzwischen wusste er es besser. Es war schon immer sein Schicksal gewesen, sie zu tragen, wie es schon immer das Schicksal der Jedi gewesen war, ihre Prinzipien zu verraten. Es war ihm vorausbestimmt gewesen, auf Mustafar gegen Obi-Wan zu kämpfen und zu versagen – denn nur durch dieses Versagen hatte er gelernt.
Die Rüstung trennte ihn vom Rest der Galaxis, von allem. Sie befreite ihn von den Bedürfnissen des Fleisches, den Sorgen des Körpers, die ihn einst geplagt hatten, und sie erlaubte ihm, sich voll und ganz auf seine Verbindung mit der Macht zu konzentrieren.
Er wusste, dass sie andere erschreckte, und das gefiel ihm. Ihr Schrecken war ein Instrument, das er einsetzen konnte, um seine Ziele zu erreichen. Yoda hatte ihm einst erklärt, dass Furcht zu Hass führte, und Hass zu Leid. Doch Yoda hatte sich geirrt. Furcht war das Werkzeug, mit dem die Starken die Schwachen im Zaum hielten. Hass war das Tor zu wahrer Stärke. Und wenn die Starken über die Schwachen herrschten, brachte das nicht Leid hervor, sondern Ordnung. Durch ihre bloße Existenz förderte die Macht die Herrschaft der Starken; sie verlangte nach Ordnung. Die Jedi hatten das nie akzeptieren wollen – sie hatten die Macht missverstanden, und folglich waren sie vernichtet worden. Doch Vaders Meister sah die Wahrheit. Vader sah die Wahrheit. Darum waren sie stark. Darum herrschten sie.
Er erhob sich, während sein Atem in seinen Ohren und auch in der Meditationskammer laut widerhallte und sein Abbild vor ihm auf dem Transparistahl prangte.
Ein Wink seiner behandschuhten Linken ließ die schwarzen Wände durchsichtig werden. Die Kammer stand in der Mitte seiner privaten Kabine an Bord der Bedrohung, sodass er nun durch das große Aussichtsfenster zu den zahllosen Welten und Sternen der Galaxis hinausblicken konnte.
Es war seine Pflicht, sie alle zu beherrschen, das hatte er inzwischen erkannt. Die Macht wollte es so. Existenz ohne Regeln war chaotisch, unzureichend. Die Macht, diese unsichtbare, allumfassende Energie, verlangte nach Ordnung. Sie war das Werkzeug, mit dem sich Ordnung herstellen lassen konnte, lassen sollte, lassen musste, und zwar nicht durch Harmonie, nicht durch friedliche Koexistenz. Das war die Philosophie der Jedi gewesen, ein törichter, zum Scheitern verdammter Ansatz, der nur noch mehr Chaos hervorbrachte. Vader und sein Meister sorgten durch Eroberung, durch Zwang, durch völlige Unterwerfung für Ordnung, indem sie die Schwachen vor dem Willen der Starken auf die Knie zwangen.
Die Geschichte der Jedi war eine Geschichte voller Chaos gewesen, geprägt durch sporadische Kriege, die dieses Chaos erzeugten. Die Geschichte des Imperiums hingegen würde eine des erzwungenen Friedens und der eisern durchgesetzten Ordnung sein.
Eine eingehende Übertragung ließ das Interkomm summen. Vader aktivierte es, und das Hologramm von Captain Luitt, dem adlergesichtigen, grauhaarigen Kommandanten der Bedrohung erschien vor ihm in der Luft.
»Lord Vader, es gab einen Zwischenfall bei den Yaga-Minor-Schiffswerften.«
»Was für eine Art Zwischenfall, Captain?«
Die Lichter der Brückencomputer blinkten in dem Takt, den der Puls des Schiffes und die Aktivitäten der Mannschaft diktierten – jenes zusammengewürfelten Haufens von Widerstandskämpfern, die über die Konsolen gebeugt saßen. Cham stand hinter der Steuerfrau und blickte abwechselnd auf den Hauptschirm und die Scanner, während er in Gedanken die Worte aufsagte, die er vor langer, langer Zeit ins Grundgestein seines Bewusstseins gemeißelt hatte, um sie wann immer nötig hervorzukramen und sich ins Gedächtnis zu rufen:
Ich bin kein Terrorist, sondern ein Freiheitskämpfer. Kein Terrorist, sondern ein Freiheitskämpfer.
Seit beinahe zehn Standardjahren kämpfte er nun schon für sein Volk und für Ryloth – zuerst gegen die Republik, als sie versucht hatte, den Planeten zu annektieren, und nun gegen das Imperium, das versuchte, ihn auszubeuten.
Freiheit für Ryloth.
Das war der Gedanke, der Kampfschrei, das Banner, dem er sein Leben gewidmet hatte.
Denn Ryloth war nicht frei.
Es war so gekommen, wie Cham es schon während der Klonkriege befürchtet hatte: Auf einen wohlmeinenden Besatzer war der nächste, weniger wohlwollende gefolgt, und die Republik hatte sich durch die Alchemie des Ehrgeizes in das Imperium verwandelt.
Heute nannten sie Ryloth ein imperiales Protektorat; auf imperialen Sternkarten war der Planet zwar als »frei und unabhängig« aufgeführt, aber diesen Worten wohnte eine tiefe Ironie inne, denn nichts hätte weiter von der Wahrheit entfernt sein können.
Ryloth war nicht frei.
Orn Free Taa, der übergewichtige Vertreter des Planeten im imperialen Senat – jener nunmehr bedeutungslosen Ansammlung von Speichelleckern –, verriet sein Volk, indem er die lächerlichen Ansprüche des Imperiums zu rechtfertigen versuchte. Doch leider gab es viele wie ihn; Leute, die bereitwillig mit den Imperialen zusammenarbeiteten oder vor den Sturmtruppen das Knie beugten.
Und darum … war Ryloth nicht frei.
Doch eines Tages würde sich das ändern, dafür würde Cham sorgen. Im Lauf der Jahre hatte er Hunderte von Gleichgesinnten um sich geschart und ausgebildet, die meisten von ihnen – aber nicht alle – Twi’leks; er hatte ein Netz freundlich gesonnener Kontaktpersonen und Informanten im gesamten System aufgebaut; er hatte geheime Basen eingerichtet und Ausrüstung gehortet; und er hatte zahlreiche Überfälle auf die Imperialen geplant und durchgeführt – vorsichtige Überfälle, zugegeben, aber nichtsdestotrotz effektiv. Dutzende toter Sturmtruppler waren der Beweis für die zunehmende Schlagkraft seiner Bewegung »Freiheit für Ryloth«.
Kein Terrorist, sondern ein Freiheitskämpfer.
Er legte der Steuerfrau aufmunternd die Hand auf die Schulter und spürte, dass ihre Muskeln verspannt waren. Wie die meisten anderen war sie eine Twi’lek, und Cham bezweifelte, dass sie je etwas Größeres geflogen hatte als einen Schluchtenhüpfer; nichts, was sich mit einem gepanzerten Frachter wie diesem vergleichen ließ.
»Halt sie einfach nur ruhig«, sagte er. »Heute sind keine außergewöhnlichen Manöver nötig.«
»Hoffen wir’s«, murmelte Isval hinter ihm.
Die Steuerfrau atmete laut aus und nickte. Ihre Lekku, die Tentakel, die von ihrem Hinterkopf auf ihre Schultern hinabhingen, entspannten sich unmerklich. »Aye, Sir. Nichts Außergwöhnliches.«
Isval trat neben Cham und blickte auf den Hauptschirm.
»Wo sind sie bloß?«, brummte sie. Das dunkle Blau ihrer Haut und das nervöse Zucken ihrer Lekku verriet ihre Unruhe. »Wir haben seit Tagen nichts gehört.«
Wenn Isval sprach, war es eigentlich immer ein Brummen. Sie wirkte stets rastlos, wie ein Wanderer, gefangen in einem Käfig, den nur sie sehen konnte, indem sie auf und ab ging und sich gegen die Gitterstäbe stemmte. In dieser Hinsicht erinnerte sie Cham an seine Tochter, Hera, die er jedes Mal schrecklich vermisste, wenn er sich Gedanken an sie gestattete. Er schätzte...
| Erscheint lt. Verlag | 19.9.2016 |
|---|---|
| Übersetzer | Andreas Kasprzak |
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Original-Titel | Star Wars™ - Lords of the Sith |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
| Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction | |
| Schlagworte | eBooks • Fantasy • Science Fiction • Space Opera • Star Wars • Star Wars Kanon |
| ISBN-10 | 3-641-19074-6 / 3641190746 |
| ISBN-13 | 978-3-641-19074-3 / 9783641190743 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich