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Eden (eBook)

Thriller | Gerechtigkeit ist gut. Rache ist besser.

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1., Deutsche Erstausgabe
480 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-74842-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eden - Candice Fox
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Heinrich Archer, genannt Hades, das kriminelle Mastermind von Sydney, wird bedroht. Er ?bittet? Detective Frank Bennett, den Kollegen seiner Tochter Eden, um diskrete Hilfe, denn die Spuren könnten tief in das faszinierende, gewaltsatte Vorleben von Hades führen.
Gleichzeitig hat Eden, Top-Detective bei der Mordkommission mit dem seltenen Talent, Verbrecher aufzuspüren und zur Strecke zu bringen, einen extrem schwierigen Auftrag: Drei Mädchen sind verschwunden, und die Spur führt sie zu einer verlassenen Farm, auf der sich ein Serienkiller rumtreibt. Sie begibt sich dort undercover in eine Kommune, ein rabenschwarzes, gefährliches Paralleluniversum mit Mördern und Vergewaltigern. Sie muss all ihre erstaunlichen Fähigkeiten einsetzen, um zu überleben. Zudem ist ihre Beziehung zu ihrem Partner Bennett kompliziert, beide sind traumatisiert, und dass Bennett gerade auf Alkohol und Drogen ist, macht die Sache nicht einfacher. Aber die beiden sind auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen.
Eden ist ein düsterer, vielschichtiger Roman voller Geheimnisse. Wild, hart und ganz und gar ungewöhnlich.



<p>Candice Fox stammt aus einer eher exzentrischen Familie, die sie zu manchen ihrer literarischen Figuren inspirierte. Nach einer nicht so braven Jugend und einem kurzen Zwischenspiel bei der Royal Australian Navy widmet sie sich jetzt der Literatur, mit akademischen Weihen und sehr unakademischen Romanen. F&uuml;r den ersten und zweiten Teil ihrer Trilogie, <em>Hades</em> und<em> Eden</em>, wurde sie 2014 und 2015 mit dem Ned Kelly Award ausgezeichnet.</p>

Candice Fox stammt aus einer eher exzentrischen Familie, die sie zu manchen ihrer literarischen Figuren inspirierte. Nach einer nicht so braven Jugend und einem kurzen Zwischenspiel bei der Royal Australian Navy widmet sie sich jetzt der Literatur, mit akademischen Weihen und sehr unakademischen Romanen. Für den ersten und zweiten Teil ihrer Trilogie, Hades und Eden, wurde sie 2014 und 2015 mit dem Ned Kelly Award ausgezeichnet. Anke Burger, geboren 1964 in Darmstadt, studierte Amerikanistik, Germanistik und Publizistik in Berlin und Austen (Texas). Seit 1992 übersetzt sie Romane aus dem Englischen, u.a. von Jon McGregor, Mark Haddon und Adam Johnson. Sie lebt in Berlin und Montreal, Kanada.

In der Mordnacht war der Junge bei der Arbeit. Er lief im Feierabendgewühl über die Darlinghurst Road, bettelte, stahl und zeigte für Kleingeld Kunststückchen. Später nannte der Junge sein Leben als Straßenkind »Die Wintertage« – selbst Sydneys Sommer schien immer nasskalt und das Tageslicht zu kurz. Seine Fußsohlen waren schwarz und schwielig, und in den Mitternachtsstunden kroch ihm die Kälte des Asphalts in die nackten Füße und mageren Beine. Taunasser Morgen, drückender Nachmittag. Mit der Dunkelheit kam die Aussicht auf wildes Schreien, Lachen, rennende Füße, Sirenen.

Jahre brauchte der Junge, bis das Vergessen kam. Ein Tag fraß den nächsten und nichts als eine erstochene Hure oder eine gefundene Münze auf dem Pflaster durchbrachen die Eintönigkeit. Die Sonne ging über den Häusern auf, ging wieder unter, ein Tag. Mit gesenktem Kopf war der Junge unterwegs, geübt im Erschnüffeln verborgener Schätze in Restaurantmülltonnen. Er schlüpfte zum Hinterausgang des Minerva Theatres und des Metro Cinemas hinein, wo er Popcorn und Bonbons vom Boden auflas, kletterte an Häusern hoch, um sich an Wäscheleinen zu bedienen, die auf schmalen Balkons gespannt waren.

Manchmal hatte der Junge das Gefühl, womöglich schon viel älter zu sein. Vor der Nacht des Feuers und des Schreiens erinnerte er sich an nichts, und danach herrschte monatelang Dunkelheit in seinem Innern. Hin und wieder sah er im Schlaf das Feuer und die Gesichter des Mannes und der Frau am Fenster, die seine Eltern sein mussten, hörte, wie sie hinter den Gitterstäben gegen die Scheiben hämmerten. Sobald er sich zu erinnern versuchte, wann das Feuer gebrannt haben mochte und wer diese Leute waren und warum sie starben und er nicht, wie er sich durchgeschlagen hatte und in die Stadt gelangt war, stieß er auf nichts als Schwärze und Schweigen in seinem Kopf – eine geschlossene, unpassierbare Tür. Er wusste nicht, wie alt er damals war und bei welchem Namen ihn die schreienden Leute gerufen hatten. Als ihn die Polizisten und die Nonnen von St. Canice einfingen, hieß es, er sehe aus wie acht und sei stumm und unterernährt. Aus dem Transporter, in den sie ihn steckten, floh er und war von da an vorsichtig. Polizisten waren ihm unsympathisch. Warum, wusste er nicht.

Der Junge war ganz auf sich gestellt. Er blieb ständig in Bewegung und wollte nichts mehr von früher wissen.

In der Nacht, in der er den Franzosen kennenlernte, saß er auf einer Treppe nicht weit vom Les Girls. Dort ging es hoch her, es wurde gelacht und gerempelt, Gläser fielen um, Kronkorken klingelten auf den Bürgersteig. Die Varietédamen mit den exotischen Schlangen unten im Pink Pussy Cat’s waren noch nicht dran, und die Männer hingen wartend auf der Straße herum. Leichte Beute. Hier hielt sich der Junge am liebsten auf. Linker Hand konnte er die Kurve der Darlinghurst Road bis zur Polizeiwache überblicken und nach Schlägereien und Verhaftungen Ausschau halten, bei denen Münzen aus Taschen fallen oder Brieftaschen geklaut werden konnten. Rechter Hand konnte er Richtung Woolloomooloo hinunterschauen, von wo langbeinige Matrosen lachend und einander schubsend kamen und versuchten, entgegenkommende Mädchen anzugrapschen. Sie waren eine ausgezeichnete Kleingeldquelle für einen Jungen mit einem hübschen Gesicht, der singen und tanzen und schmutzige Witze erzählen konnte. Die meisten Witze hatte er aus Schmuddelheftchen, die er auf der Straße fand. Er musste also mal zur Schule gegangen sein – er erinnerte sich nicht mehr daran, es gelernt zu haben, aber lesen konnte er. Er sah sich die Nacktfotos und Kriegsbilder an und lernte die Witze auswendig.

Er streckte die Füße von sich und zählte die Wagen der vorbeifahrenden Straßenbahnen, voll mit Menschen auf dem Weg nach Potts Point und dem Hafenviertel, die Männer mit vollen Aktentaschen, Pomade im Haar, die Frauen mit roten Lippen. Es war noch so früh, dass die Bordsteinschwalben müßig an den Wänden lehnten, sich die Nägel feilten und einander über die Straße hinweg Scherze zuriefen. Aber bereits so spät, dass die Landstreicher aus den Parks herbeigetorkelt waren und sich für die Nacht an schmutzigen Straßenecken und vor Schaufenstern zusammenrollten. Die Striptease-Tänzerinnen standen unter den hellen Lichtern der Obergeschosse, ließen blanke Busen und Federboas blitzen, zwirbelten ihre Locken, parfümierten die Brise.

Der Franzose kam unter den riesigen Ficusbäumen den Berg herauf. Sein Zigarettenrauch umspielte die Matrosengruppe, die hinter ihm den Bürgersteig einnahm. Der Junge bemerkte ihn kaum. Er löste sich von der Treppe und ging den Matrosen entgegen, wobei er sein schmutziges Gesicht zu einem zuckersüßen Lächeln verzog. Der Franzose fasste ihn am Ellbogen und wirbelte ihn herum. Die Matrosengruppe teilte sich, um die beiden durchzulassen.

»Wohin so eilig, petit Monsieur?«

Von wem er sein Geld bekam, war dem Jungen egal. Wie ein Polizist sah der Franzose nicht aus, aber nach einem relativ einfachen Abendessen. Er hatte einen lallenden Akzent. Vielleicht hatte der Mann schon einen gehoben, unten am Hafen. Seine Kleidung wirkte, als hätte er darin geschlafen. Er roch nach Zigaretten und Wein, aber die Haare auf dem Kopf hatte er zu ordentlichen Wellen gekämmt.

»Hallo, Sir! Haben Sie mal ne Münze?«, fragte der Junge. »Ich kann tanzen, ich kann singen, ich kann Witze erzählen. Kunststücke kann ich auch!«

Der Junge machte einen Handstand und lief auf den Händen im Kreis über das schmutzige Pflaster. Seine Füße mit den schwarzen Sohlen zappelten in der Luft. Der Franzose verschränkte die Arme und lachte, und ein Ehepaar, das seinen Hund ausführte, blieb ebenfalls stehen.

»Das war ausgezeichnet, Monsieur.« Der Franzose lächelte. »Was kannst du noch?«

»Ich kann eine Münze verschwinden lassen«, grinste der Kleine.

Das Ehepaar lachte. Zwei andere Männer blieben stehen und sahen zu. Der Franzose fischte einen Penny aus der Tasche und gab ihn dem Jungen.

»Abrakadabra, Hokuspokus, drei Mal schwarzer Kater!« Der Junge wirbelte seine Arme durch die Luft. Alle schmunzelten. Er ließ die Kupfermünze in seinen Ärmel gleiten und fiel auf ein Knie.

»Ta-daa!«

»Magnifique!« Der Franzose klatschte mit seinen langen, schmalen Händen Beifall. »Und jetzt gib ihn wieder her.«

»Geht nicht.« Der Junge griente. »Er ist weggezaubert.«

Weiteres Gelächter. Der Junge machte einen weiteren Handstand, während die Passanten klatschten und weitergingen. Der Franzose blieb und beobachtete ihn, die schmale Oberlippe an einem Mundwinkel leicht hochgezogen.

»Noch eine Münze für die Vorstellung?«, fragte der Junge.

»Du hast mich ausgenommen. Jetzt bin ich leider blank. Hast du Hunger, Junge?«

»Und wie.«

»Na, dann komm. Hier lang. Ich habe heute frische Würstchen gekauft. Ich wohne nur zwei Straßen entfernt.« Der Franzose machte eine Kopfbewegung hinauf zum Kamm des Hügels. »Du bist zum Essen eingeladen, kleiner Freund. Wirklich.«

Und damit ging der Franzose einfach los, als sei es ihm egal, ob der Kleine auf der zugigen Straße zurückblieb oder mitkam. Der Junge blickte den Hügel hinunter und sah keine weiteren Matrosen kommen. Beim Gehen glitzerte am Arm des Mannes eine silberne Armbanduhr. Der Junge leckte sich die Lippen, unterdrückte die Angst und folgte ihm.

Als der Wind zwischen den riesigen Brettwurzeln der Ficusbäume an der Ithaca Road hindurchpfiff, schmiegte der Junge sich dichter an den Franzosen. Er versuchte, eine Brieftasche oder einen Geldbeutel zu ertasten, wenn er gegen die Seite des Mannes stieß. Nichts. Die Armbanduhr hatte einen langfingersicheren Metallverschluss. Der Junge umkreiste den Mann, lief manchmal vor, blieb zurück, zerbrach Zweige, ließ sie durch Eisenzäune rattern. Der Franzose lachte und fuhr ihm durch die Haare.

»Du bist mir ja wirklich ein kleines Wiesel. Dich kriegt man nicht zu fassen, so fix bist du.«

»Wie viele Würstchen haben Sie?«

»Für einen Bauch, der so klein ist wie deiner, auf jeden Fall genug. Du hast einen ausländischen Akzent, oder? Ein kleiner Kraut?«

Der Junge zuckte nur die Achseln. Er wusste, dass er komisch redete, aber nicht, warum.

Regen tropfte in silbernen Bächen vom Wellblechdach des Reihenhauses. Sie suchten Zuflucht auf der Veranda. Der Franzose klimperte mit seinen Schlüsseln. Im Haus roch es schimmlig, als vermodere etwas in den Wänden, das jeden Moment hinter der Tapete hervorbrechen könnte. Der Junge schlitterte durch den Flur zum Küchentisch, darüber war ein blindes Fenster. Auf dem Tisch standen technische Geräte – Metallteile, Ölfläschchen, Objektive, Tücher. Der ganze Tisch war mit glänzenden Gegenständen bedeckt. Ehrfürchtig betrachtete der Junge die schönen Dinge und versuchte, schnell etwas in der Tasche verschwinden zu lassen, bevor der Mann es mitbekam. Er steckte eine gleißende Linse ein. Ein Papierbeutel war mit kleinen, rechteckigen Fotos gefüllt. Der Junge sah nackte Gliedmaßen. Als er die Tüte anfassen wollte, gab ihm der Franzose einen Klaps auf die Hand.

»Was sind das für Sachen?«

»Das, mein kleiner Freund, ist die Polaroid 110B, die Pathfinder. Das Neueste, was es auf dem Markt gibt. Da kommen die fertigen Bilder sofort raus. Puff! Direkt vor...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2016
Reihe/Serie Hades-Trilogie
Hades-Trilogie
Übersetzer Anke Caroline Burger
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel Angabe fehlt
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Australien • Crimson Lake • Davitt Award 2015 • deutsche Thriller • Deutsche Thriller-Autoren • Eden • Eden deutsch • Eden-Trilogie • Frank Bennett • Hades • Hades Archer • Hades-Trilogie • Krimi • Kriminalroman • Ned Kelly Award 2015 • Ned Kelly Award 2022 • Page Turner • Serienkiller • Spannung • Spannungsroman • ST 4861 • ST4861 • suhrkamp taschenbuch 4861 • Sydney • Thriller • Thriller-Serie • Traumatisierung • undercover
ISBN-10 3-518-74842-4 / 3518748424
ISBN-13 978-3-518-74842-8 / 9783518748428
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