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Amerika der Männer (eBook)

Native Tongue, Band 1 - Roman
eBook Download: EPUB
2016
Heyne (Verlag)
9783641188474 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Amerika der Männer - Suzette Haden Elgin
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Für Frauen verboten

Die USA im 23. Jahrhundert: Den Frauen wurden alle Rechte entzogen, die sie sich im 20. Jahrhundert erkämpft hatten. Es ist ihnen untersagt, gehobene Berufe auszuüben, ohne Einwilligung der Ehemänner Geldgeschäfte zu tätigen oder sich einer ärztlichen Behandlung zu unterziehen. Sie werden von den Familienoberhäuptern wie Haustiere gehalten und eingesetzt. Den Frauen der sogenannten Linguisten-Dynastie ergeht es nicht anders. Doch ihnen und ihren Kleinkindern kommt eine besondere Aufgabe zu: Sie sollen Kontakt zu den verschiedenen raumfahrenden Völkern herstellen, denn nur das Gehirn von kleinen Kindern im vorsprachlichen Alter ist noch formbar genug, um die fremdartigen Sprachmuster zu erlernen, sodass sie später als Dolmetscher arbeiten können. Diese mühselige und frustrierende Arbeit ist zugleich die größte Chance der Frauen, sich eine eigene Geheimsprache zu schaffen, um sich so ein winziges Stück Freiheit und Unabhängigkeit zu erkämpfen.

Suzette Haden Elgin wurde am 18. November 1936 in Jefferson City, Missouri, als Patricia Anne Wilkins geboren. Um sich ihr Linguistikstudium an der University of California zu finanzieren, begann sie in den späten Sechzigerjahren mit dem Schreiben von Science-Fiction-Romanen und -Stories, die sich vor allem mit Themen wie Feminismus und Sprache auseinandersetzen. Elgin wurde schnell zu einer der prominentesten Vertreterinnern für feministische Science-Fiction, denn ihrer Ansicht nach könnten Schriftsteller nur in diesem Genre wirklich ausloten, wie eine Welt aussähe, in der die Frauen den Männern gleichgestellt wären. 1973 machte sie ihren Doktor in Linguistik und war die erste Studentin, die ihre Dissertation sowohl auf Englisch als auch auf Navajo schrieb. Sie konstruierte eigens für ihr Science-Fiction-Universum Native Tongue, zu dem die beiden Romane Amerika der Männer und Die Judasrose gehören, die künstliche Sprache Láadan, um den Frauenfiguren eine eigene, feministische Ausdrucksform zu geben. 1985 veröffentlichte sie eine Láadan-Grammatik, die unter http://www.sfwa.org/members/elgin abgerufen werden kann. Elgin nahm 1972 eine Professur für Linguistik an der San Diego State University an, die sie bis zu ihrer Emeritierung 1980 innehatte. 1978 gründete sie die Science Fiction Poetry Association, um SF-Gedichte zu promoten. Mit ihrem zweiten Ehemann George Elgin lebte sie in Arkansas, wo sie am 27. Januar 2015 im Alter von 78 Jahren starb.

Kapitel 1


 

ARTIKEL XXIV

§ 1

Artikel XXIV der Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika wird hiermit aufgehoben.

 

§ 2

Dieser Artikel ist ungültig, wenn er nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem Zeitpunkt seiner Vorlage als Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika durch die Gesetzgebung eines Dreiviertels der Bundesländer ratifiziert wird.

(In Kraft getreten am 11. März 1991)

 

ARTIKEL XXV

§ 1

Kein weiblicher Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika darf in irgendein Amt gewählt oder berufen werden, in irgendeiner Funktion (offiziell oder inoffiziell) einen akademischen oder wissenschaftlichen Beruf ausüben, ohne schriftliche Erlaubnis ihres Ehemannes oder (im Falle sie unverheiratet ist) eines anderen geschäftsfähigen Mannes, der mit ihr verwandt oder rechtmäßig zu ihrem Vormund ernannt worden ist, außerhalb des Hauses einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder ohne eine derartige schriftliche Erlaubnis die Verwaltung von Geld bzw. sonstigem Eigen- oder Besitztum wahrnehmen.

 

§2

Angesichts der Tatsache, dass die natürlichen Beschränktheiten der Frau eine unverkennbare, aktuelle Gefahr für das nationale Wohl sind, wenn ihre Folgen nicht durch die ununterbrochene, wachsame Aufsicht eines geschäftsfähigen männlichen Bürgers gemindert werden, gelten sämtliche Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika weiblichen Geschlechts juristisch als Minderjährige, ungeachtet ihres chronologischen Alters; hiervon gilt die Ausnahme, dass sie, falls sie achtzehn Jahre oder älter sind, vor Gericht Erwachsenen gleichgestellt werden.

 

§3

Insofern die in § 2 erwähnten natürlichen Beschränktheiten der Frau erblicher Natur sind und ihnen daher kein schuldhafter Charakter beizumessen ist, rechtfertigt Artikel XXV in keiner Weise die Misshandlung oder den Missbrauch der Frau.

 

§4

Der Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika besitzt die Vollmacht, Artikel XXV durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen den erforderlichen Nachdruck zu verleihen.

 

§ 5

Dieser Artikel ist ungültig, wenn er nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem Zeitpunkt seiner Vorlage als Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika durch die Gesetzgebung eines Dreiviertels der Bundesländer ratifiziert wird.

(In Kraft getreten am 11. März 1991)

 

 

SOMMER 2205

 

Nur acht von ihnen nahmen am Meeting teil; das war nicht die günstigste Zahl. Es war nicht allein eine ziemlich kleine Anzahl, um die Geschäfte effizient zu regeln, sondern zudem eine gerade Zahl – und das bedeutete, im Fall einer Stimmengleichheit musste man Thomas Blair Chornyak eine Zweitstimme zubilligen, und das war ihm stets zuwider. Es hatte den Anschein von Elitedenken, das völlig im Gegensatz zur Philosophie der Linien stand.

Paul John Chornyak war da, mischte mit 94 Jahren noch immer mit, während es Thomas hätte möglich sein dürfen, die Arbeit ohne das dauernde Eingreifen des Alten zu erledigen. Aaron war zur Stelle, musste in Anbetracht des letzten Tagesordnungspunkts, der ihn direkt betraf, anwesend sein. Man hatte es geschafft, zwei der älteren Mitglieder per ComSet aufzuscheuchen, so dass die Gesichter James Nathan Chornyaks und Thomas' Schwager Giles' nunmehr sozusagen in verschwommener Gereiztheit zugegen waren. Adam hatte sich eingefunden, lediglich zwei Jahre jünger als Thomas und mit voller Berechtigung Mitglied der Gruppe; Thomas verließ sich in mancherlei Hinsicht auf seinen jüngeren Bruder, nicht zuletzt auf dessen Fähigkeit, die Einsprüche ihres Vaters abzuwenden und Paul John dahingehend zu überzeugen, dass man auf seine – Thomas' – Worte hören sollte. Kenneth war gekommen, weil er kein Linguist war und sich jedes Mal zeitlich für Meetings freimachen konnte. Jason war da, weil sich die Verhandlungen, an denen er gegenwärtig teilnahm, an einer Verfahrensfrage festgefahren hatten, auf deren Lösung er keinen Einfluss nehmen konnte, so dass er abwarten musste – und darum gerade Zeit hatte –, bis das Außenministerium die Sache zu bereinigen vermochte.

Jeder der beiden Letztgenannten hätte das Problem der geraden Zahl beheben können, indem er sich höflich entschuldigte und ging – aber keiner von beiden wollte es tun. Jason hegte die Auffassung, es sei an Kenneth, weil er bloß Schwiegersohn war und kein Angehöriger der Linien durch Geburt, zu verschwinden und sich mit dem, was er eigentlich zu betreiben hatte, zu beschäftigen, statt sich hier einzumischen. Und Kenneth vertrat die Meinung, soviel Recht zur Teilnahme am Meeting wie Jason zu haben, weil er für nichts und wieder nichts auf den eigenen Familiennamen verzichtet und Mary Sarah Chornyaks Nachnamen angenommen hatte. Dadurch fühlte er sich genauso gut als Chornyak wie jeder andere in der Familie, und er wusste sehr wohl, dass es zu jenen Dingen zählte, auf die er zu achten hatte, diese Tatsache bei jeder Gelegenheit zu unterstreichen, denn andernfalls würden die jüngeren Männer ihn ganz ans untere Ende der Hackordnung drängen. Folglich hatte er keineswegs vor zu gehen.

Die Situation war peinlich, und flüchtig zog Thomas in Erwägung, James um Rücktritt von der Teilnahme zu bitten; aber sie hatten ihn extra für dieses Meeting geweckt, und er war darüber gar nicht erfreut gewesen. Die gesamte vorangegangene Nacht – bis lange nach der üblichen Frühstückszeit in den Morgen hinein – hatte es ihn beansprucht, im Zusammenhang mit einer der Krisen um die Dritte Kolonie zu dolmetschen, mit denen es kein Ende zu nehmen schien, und die Tätigkeit hatte ihn offensichtlich erschöpft. Nun war er geweckt worden, und es wäre alles andere als taktvoll gewesen, ihm vorzuschlagen, sich einfach wieder ins Bett zu legen: Tut uns leid, dass wir dich gestört haben, aber wir dachten, wir brauchen dich … Nein. So etwas gehörte sich nicht, und Thomas verwarf den Gedanken. Wenn es sich nicht anders einrichten ließ, als dass er doppelt abstimmte, dann musste es eben sein; sie würden es alle überleben. Und seit einiger Zeit fielen die Meetings des Chornyak-Haushalts immer klein aus, abgesehen von den Halbjahres-Versammlungen, die zur festen Terminplanung gehörten und für die sich jeder den betreffenden Tag im Kalender freihielt. Bei der Art und Weise, wie die Regierung neuerdings in den Weltraum vorstieß, jede Etappe des Vordringens Verhandlungen um den ganzen Komplex von Verträgen, Handelsabkommen und die Herstellung formeller Beziehungen begleiteten, war es schwierig, irgendeinen Linguisten unter 60 Jahren ausfindig zu machen, der von seiner Zeit bloß eine Stunde für die Angelegenheiten des Haushalts abzweigen konnte.

Thomas beschloss, sich in die Lage, so wie sie stand, zu fügen und froh zu sein, dass nicht nur er, der alte Paul John und Aaron hier saßen. Sie drei allein am Tisch hätten eine jämmerliche Besetzung abgegeben. Die Form des Tischs, ein A mit stumpfer Spitze und ohne Querbalken, war ideal für die Halbjahres-Versammlungen; die Männer vermochten dicht nebeneinander daran Platz zu nehmen, und es blieb trotzdem auf der dreieckigen Platte genügend Stellfläche für 3Ds und Hologramme. Mit lediglich einem halben Dutzend Teilnehmern dagegen verteilte man sich entweder so um den Tisch, dass jeder einen beliebigen Punkt der Sitzordnung ausfüllte, oder man setzte sich an einem Ende als kleines Häuflein zusammen und fühlte sich kümmerlich. Heute hatten sie sich fürs weiträumige Verteilen entschieden. Sein Vater saß rechts von Thomas, die ComSets befanden sich im Hintergrund, so dass keine Köpfe die Bildflächen verdeckten, und die vier anderen Männer bewahrten Abstand, als wären sie Kompassstriche. Blödsinniges Verhalten.

Er bekam die ersten sieben Tagesordnungspunkte ohne Aufregung und ohne Stimmengleichheit durchgezogen. Der eine Punkt, in Bezug auf den er ein wenig unsicher gewesen war – er betraf den Vertrag für REM 80-4-801 –, stieß auf keinerlei Widerstand. Bisweilen hatten auch Meetings mit einem wesentlichen Prozentsatz an unerfahrenen, jüngeren Teilnehmern ihre Vorteile. Für alle Fälle hatte er Argumente vorbereitet gehabt; aber entweder sah niemand die bedenkliche Lücke in Unterabschnitt 11, oder niemand erachtete sie als so bedenklich, dass er Zeit dafür zu opfern geneigt gewesen wäre, darüber zu diskutieren. Die anderen Punkte waren Routine; sie konnten fast die ganze Tagesordnung in etwas über zwölf Minuten abhaken.

Und dann mussten sie sich dem letzten Punkt widmen. Und zwar vorsichtig. Thomas las ihn vor, hielt seinen Tonfall sachlich und fügte keinen Kommentar hinzu; dann wartete er. Wie er es vorausgesehen hatte, legte Aaron Wert darauf, eine nachgerade untragbar gelangweilte Miene aufzusetzen; er beherrschte sein Mienenspiel mit aller Geschicklichkeit der Adiness-Linie, und dazu gesellte sich durch lange Übung erworbene Ungezwungenheit, so dass es ihm gelang, unerträglich desinteressiert zu wirken. »Die Sache steht zur Diskussion«, sagte Thomas. »Irgendwelche Stellungnahmen?«

»Offen gestanden, ich weiß keinen Anlass zur Diskussion«, meldete sich Aaron sofort zu Wort. »Nach meiner Ansicht hätten wir den ganzen Kram schriftlich abwickeln können, ich verstehe weiß Gott was Besseres mit meiner Zeit anzufangen. So verhält es sich doch bei uns allen. Thomas – ich bin sicher, ich bin hier nicht der einzige, dem vor lauter Regierungsterminen die Luft wegbleibt.« Thomas war noch nicht bereit, sich zu äußern; er hob die Brauen just das winzige Stück weit, wie er es als angemessen empfand, rieb sich mit...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2016
Übersetzer Horst Pukallus
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Native Tongue
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte diezukunft.de • eBooks • Feminismus • Gender • Native Tongue Reihe • Sprache • Suzette Haden Elgin
ISBN-13 9783641188474 / 9783641188474
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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