Jerry Cotton Sonder-Edition 34 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
9783732536085 (ISBN)
Ganz New York fieberte dem Kampf um die Schwergewichtsmeisterschaft zwischen dem amtierenden Champion Bill Carson und dem Herausforderer Jeff Mulligan entgegen. Doch wenige Tage vor dem großen Ereignis wurde Mulligan entführt. Sein Trainer tat sein Bestes, um die Sache geheim zu halten, während wir vom FBI im Hintergrund versuchten, Mulligan zu finden und dafür zu sorgen, dass er pünktlich im Ring stand ...
2
Ich kannte Joe Benett. Er hatte uns gelegentlich mal einen Tipp gegeben und war ein vorsichtiger Mann. Wenn die Gangster ihn erwischt hatten, dann stand das Barometer auf Orkan.
Wir sahen uns seine Leiche im Schauhaus an. Natürlich hatten die Cops bereits seine Sachen durchsucht und nichts darin gefunden, was auf irgendeine Spur schließen ließ.
Aber als ich mir seine Schuhe mit den gerippten Gummisohlen ansah, fiel mir auf, dass sich in ihnen etwas Sand festgesetzt hatte. Natürlich konnte er letztes Wochenende irgendwo am Strand gewesen sein. Aber dann hätte der Sand sich wahrscheinlich abgetreten.
Jedenfalls bildete ich mir ein, der Sand beweise, dass Benett nicht in der Bowery umgebracht worden war, sondern irgendwo an der Küste, und dass die Mörder die Leiche ganz bewusst in eine Gegend befördert hatten, die von dem Aufenthaltsort von Jeff Mulligan so weit wie möglich entfernt war.
Ich machte Phil darauf aufmerksam.
»Wir wollen seinen Anzug ansehen«, schlug er vor.
Wir brauchten kein Mikroskop, um zu erkennen, dass Hosen und Sakko von Benett überall Körnchen des gleichen Sandes aufwiesen.
***
Nach seinem Training drängten sich die Reporter um Bill Carson.
»Haben Sie schon gelesen, Billy, dass Mulligan nicht mehr öffentlich trainiert?«
Carsons Manager, der mit seinen etwas hervorquellenden Augen Ähnlichkeit mit einem Frosch hatte, drängte sich dazwischen. »Alles Mätzchen«, sagte er geringschätzig. »Ich glaube nicht an dieses geheime Training. Vielleicht ist Mulligan nicht auf dem Posten. Bei uns, Gentlemen, kann jeder sehen, wie wir arbeiten.«
»Und wenn Mulligan inzwischen einen Spezialschlag übt, von dem Sie keine Ahnung haben?«
John Harvey, der Manager, grinste. Nein, er glaubte nicht an einen solchen Spezialschlag, weil er etwas ganz anderes wusste. Aber dennoch gab er den Reportern Antwort: »Zauberei gibt es im Boxsport nicht. Carson weiß genau, was Jeff Mulligan kann. Und noch wichtiger: was er nicht kann. Schließlich ist er jetzt schon seit drei Jahren Champion und hat seinen Titel in dieser Zeit fünfmal verteidigt. Da hat man keine Angst mehr vor geheimen Spezialschlägen, was, Billy?«
Der massige Carson rang sich ein Grinsen ab. »Mulligan wird den Ringstaub schlucken, bevor er seine Spezialschläge anbringen kann.«
Harvey ergriff noch einmal das Wort. »Ich, meine Herren von der Presse, würde mich jedenfalls in Mulligans Trainingscamp nicht mit dürren Worten abspeisen lassen. Es ist Pflicht eines Herausforderers, dass die Öffentlichkeit vorher informiert bleibt, wie er in Form ist. Ich möchte wetten, dass da etwas faul ist.«
Die Reporter murmelten teils zustimmende, teils abweisende Bemerkungen. Bill Carson zog sich mit seinem Manager zurück. Während der Trainer, der kleine gerissene Pete Flanagan, den Weltmeister durchknetete, knurrte Carson missmutig: »Ich verstehe das nicht. Ihr habt mir gesagt, der Fight werde platzen, sobald Mulligan verschwunden wäre. Jetzt sind schon zwanzig Stunden vergangen, aber bisher hat niemand erfahren, dass Mulligan gekidnappt wurde.«
»Schnauze!«, zischte Harvey. »Wenn du morgen wieder so lahm im Training bist wie heute, werden die Wetten noch höher für Mulligan steigen. Es muss doch nicht jeder merken, dass du genau weißt, es wird nichts aus dem Fight!«
»Hoffentlich geht nichts schief«, klagte Carson. »Es macht mich ganz nervös, dass Quinn und Armstrong so tun, als ob nichts geschehen wäre.«
»Hauptsache, wir tun so, als ob nichts geschehen wäre. Kein Mensch darf merken, dass wir Bescheid wissen, hörst du, Bill? Schüttle mir bloß morgen deine Trainingspartner durch, dass die Fetzen fliegen. Nicht, dass einer von diesen miesen Typen Lunte riecht!«
***
Die blonde Sekretärin im Büro des Privatdetektivs Joe Benett war genau meine Kragenweite. So etwas konnte man sich also leisten, wenn man auf eigene Faust Detektiv spielte! Allerdings – Benett hatte eine Quittung bekommen, wie sie bitterer nicht sein konnte.
Das Gesicht der Frau über dem eng anliegenden Pullover sah verweint und bekümmert aus. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, nachdem ihr Chef so jäh sein Leben eingebüßt hatte. So hatte sie bis zum Abend im Büro herumgehockt und neugierigen Reportern Bescheid gesagt.
»Gehen Sie ruhig nach Hause, Darling!«, redete ich ihr zu. »Beim FBI ist das Büro in guten Händen.«
»Sie wollen noch hier bleiben?«, fragte sie überrascht.
»Warum nicht? Vielleicht findet sich in den Papieren Ihres Chefs etwas, das mich auf die Spur seiner Mörder bringt.«
»Geben Sie den Büroschlüssel beim Portier ab«, bat sie, als sie den Raum verließ.
Jetzt war ich allein in Benetts Büro, das im 17. Stockwerk eines Hochhauses lag. Ich löschte das Licht im Vorzimmer und machte mich daran, den Schreibtisch des Detektivs zu durchsuchen.
In Benetts Terminkalender stand unter dem Datum, an dem er den Auftrag von Quinn bekommen hatte, ein großes M, das ich ohne viel Fantasie als Mulligan deutete. Und dahinter ein Vermerk, der mich förmlich elektrisierte: Jones B. 2/36.
Ich brauchte nicht lange zu kombinieren, um zu erraten, dass das einzelne B. für Beach stand und dass Benett offensichtlich den Strand von Jones Beach als Aufenthaltsort von Mulligan verzeichnet hatte.
Es würde zu der Tatsache, dass wir Sand an der Kleidung des toten Privatdetektivs gefunden hatten, gut passen.
Was die Zahlen hinter dem Ort Jones Beach bedeuten sollten, ahnte ich nicht. Aber ich notierte sie mir. Jetzt wusste ich, wo wir suchen konnten. Ich hatte keine Ahnung, durch welche Verbindung zur New Yorker Unterwelt Joe Benett den Verbleib des entführten Boxers herausbekommen hatte. Genutzt hatte ihm sein Wissen nicht.
Ich trat für eine Sekunde an das hohe Glasfenster des Büros und blickte auf den tosenden Autoverkehr unter mir. Im gleichen Augenblick spürte ich so etwas wie einen leichten Luftzug im Rücken und drehte mich blitzschnell um.
Aber es war schon zu spät. Die Tür zum Vorraum hatte sich halb geöffnet, und in ihr stand ein Mann, dessen schwarze Maske über den Augen unzweideutig bewies, dass er nicht nur einen Höflichkeitsbesuch machen wollte. Zu allem Überfluss war seine Pistole genau auf mich gerichtet.
»Hands up!«, schnarrte er mit rostiger Stimme. Gehorsam hob ich die Hände.
»Was suchst du hier?«, wollte der Mann wissen.
Ich grinste. »Da Sie bestimmt nicht mit dem richtigen Schlüssel reingekommen sind, wäre es wohl besser, wenn ich die Frage an Sie richte.«
Der Kerl hatte keinerlei Humor. »Los, Schnauze auf! Was suchst du hier?«
Zum Glück hatte ich den Terminkalender längst weggesteckt und die Angaben notiert. So konnte ich in aller Harmlosigkeit behaupten: »Man darf wohl noch auf einen alten Bekannten in seinem Büro warten, oder nicht? Ich fürchte, wenn Joe Benett jetzt hereinkommt, wird es sehr ungemütlich für Sie werden.«
Der Mann rang sich etwas ab, was er vermutlich für ein Lachen hielt, das aber eher dem Kreischen einer seit Jahren nicht geölten Tür glich.
»Joe Benett wird hier nicht mehr reinkommen«, sagte er dann hart, »und du, Buddy, weißt das ganz genau. Denn wenn du es nicht schon spitzgekriegt hattest, dann hat es dir Benetts blondes Gift bestimmt als Erstes gesteckt. Und ich wette, du bist nicht halb so harmlos, wie du dich stellst. Flossen hoch!«
Seine letzten Worte galten der Tatsache, dass ich unser Gespräch dazu benutzt hatte, meine erhobenen Arme langsam wieder zu senken, um eine Gelegenheit zum Handeln zu bekommen. Aber jetzt stand er bei mir, sein Schießeisen im Anschlag.
Er befahl mir, mich zur Wand zu drehen. Er wollte mich durchsuchen. Mir blieb nichts anderes übrig, als seiner Aufforderung zu folgen. Aber ich entdeckte etwas, was seiner Aufmerksamkeit entgangen war.
Wir standen jetzt beide neben dem Schreibtisch genau dort, wo der Detektiv sein Telefon hatte. Und die Zuleitungsschnur bildete eine Schlinge, die unter meinem rechten Fuß war.
Während ich mit dem Gesicht zur Wand stand und der Kerl begann, mich zu durchsuchen, musste er den Finger vom Drücker seiner Kanone nehmen. Er hatte sie zwar noch griffbereit, aber in dieser Situation erschien ich ihm recht wehrlos.
Ehe er sich versah, hatte ich mit dem rechten Fuß die Schlinge ergriffen und das Telefon mit einem kräftigen Ruck vom Schreibtisch gezerrt. Es flog einen halben Meter durch die Luft und genau gegen den rechten Arm des Mannes, der mich durchsuchte. Es traf ihn am Ellbogen.
Das war ein glücklicher Zufall, denn so genau hatte ich nicht zielen können. Wer dort schon einmal einen Punkttreffer erhalten hat, weiß, dass er höllisch weh tut. Und das Telefon war recht hart. Kein Wunder, dass der Kerl mit einem Aufschrei die Pistole fallen ließ.
Ich benutzte seine Verblüffung, um mich umzudrehen. Aber der Kerl war nicht so schnell aus dem Konzept zu bringen. Ehe ich nach seiner Pistole greifen und die Rollen vertauschen konnte, hatte er sie mit einer hastigen Fußbewegung quer durch das ganze Zimmer zur Tür geschleudert.
Jetzt sah die Sache schon besser aus. Jedenfalls standen wir uns nun mit gleichen Waffen gegenüber, und ich knallte ihm eine Gerade gegen die Rippen, dass ihm die Luft wegblieb. Aber er konterte nicht schlecht.
Jedenfalls dauerte es keine zehn Sekunden, und wir befanden uns in einer Schlägerei, bei der keinem von uns etwas geschenkt wurde. Der Bursche war, wie ich schnell merkte, ein harter Brocken, der ebenso einsteckten, wie er austeilen konnte.
Jetzt kam ein...
| Erscheint lt. Verlag | 30.8.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Jerry Cotton Sonder-Edition | Jerry Cotton Sonder-Edition |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dedektiv • Detektiv • Deutsch • Deutsche Krimis • eBook • E-Book • eBooks • Ermittler • erste-fälle • gman • G-Man • Hamburg • Horst-Bosetzky • international • Kindle • Komissar • Kommisar • Kommissar • Krimi • Krimiautoren • Krimi Bestseller • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Krimis • krimis&thriller • letzte fälle • martin-barkawitz • Mord • Mörder • nick-carter • Polizei • Polizeiroman • Polizist • Reihe • Roman-Heft • schwerste-fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • Spannungsroman • stefan-wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • uksak • Verbrechen • Wegner |
| ISBN-13 | 9783732536085 / 9783732536085 |
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