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Das Einzige, was jetzt noch zählt (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 2. Auflage
384 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-42977-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Einzige, was jetzt noch zählt -  Agnès Ledig
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Eine moderne Romeo-und-Julia-Geschichte Feuerwehrmann Romeo wird bei einem Einsatz schwer verletzt und findet sich mehr tot als lebendig auf der Intensivstation eines Krankenhauses wieder. Krankenschwester Juliette, die sich um den jungen Mann kümmern soll, hat ihn bald besonders ins Herz geschlossen und auch Romeo hat starke Gefühle für seine 'Retterin'. Als Romeo in die Reha verlegt wird, entspinnt sich eine zarte Brieffreundschaft, der durch Juliettes Freund aber ein jähes Ende gesetzt wird. Erst Jahre später treffen sich beide unter schicksalhaften Umständen wieder.

Agnès Ledig ist von Beruf Hebamme und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Obernai/Elsass. Zu schreiben begann sie 2005, als ihr kleiner Sohn an Leukämie erkrankte. Ein Arzt ermutigte sie, sich auf die Suche nach einem Verlag zu machen, so hingerissen war er von ihrer großen Begabung. Er blieb nicht der einzige begeisterte Leser: Nach ihrem berührenden Debüt >Marie d'en haut< (2011) hat sie mit ihrem preisgekrönten internationalen Bestseller >Kurz bevor das Glück beginnt< Hunderttausende Leser mitten ins Herz getroffen. >Das Einzige, was jetzt noch zählt< ist ihr dritter Roman.

Agnès Ledig ist von Beruf Hebamme und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Obernai/Elsass. Zu schreiben begann sie 2005, als ihr kleiner Sohn an Leukämie erkrankte. Ein Arzt ermutigte sie, sich auf die Suche nach einem Verlag zu machen, so hingerissen war er von ihrer großen Begabung. Er blieb nicht der einzige begeisterte Leser: Nach ihrem berührenden Debüt ›Marie d'en haut‹ (2011) hat sie mit ihrem preisgekrönten internationalen Bestseller ›Kurz bevor das Glück beginnt‹ Hunderttausende Leser mitten ins Herz getroffen. ›Das Einzige, was jetzt noch zählt‹ ist ihr dritter Roman.

Laurent weckt mich, als er so gegen sechs von der Arbeit kommt und die Wohnungstür ungebremst ins Schloss fallen lässt. Es war das erste Mal, dass ich zwischen zwei Nachtschichten so gut geschlafen habe. Anscheinend habe ich es wirklich nötig.

»Hallo, Schatz. Hast du noch geschlafen?«

»Ja.«

»Nichts zum Abendessen vorbereitet?«

»Ich hatte keine Zeit.«

»Ich habe Hunger.«

»Tut mir leid. Ich bin zurzeit so müde.«

»Na und, glaubst du, ich nicht? Eine Bankfiliale zu leiten ist kein Spaziergang! Die ganzen armen Schlucker, die uns einen Kredit aus den Rippen leiern wollen, das macht einen echt fertig. Aber ich mach es für dich. Da könntest du dich für mich auch mal ein bisschen anstrengen, oder?«

Ich habe mich unter die Dusche verzogen. Ganz unrecht hat er nicht. Er arbeitet hart. Ich hätte den Wecker etwas früher stellen können, aber ich bin in letzter Zeit dermaßen müde. Außerdem ist es gerade jetzt wichtig, dass ich mich wirklich ausruhe, um meine Chancen auf ein Kind zu verbessern. Als ich aus dem Badezimmer komme, sitzt er vor seinem Computer und in der Küche ist nichts passiert. Obwohl er den ganzen Tag im Büro vor dem Bildschirm verbringt, ist sein erster Reflex, wenn er nach Hause kommt, sich wieder vor die Kiste zu setzen. Manche Sachen kapiere ich einfach nicht.

 

Ich muss los. Ich schnappe mir aus dem Schrank etwas zum Knabbern und mache mich auf den Weg zur Arbeit, nachdem ich ihm einen Kuss auf die Wange gedrückt habe, den er, vollkommen absorbiert von seinem Bildschirm, kaum zur Kenntnis nimmt. Wenn er seine Mails liest, registriert er nichts um sich herum. Ich weiß, dass er sich in den nächsten paar Stunden mit Kriegsspielen von seinem stressigen Tag zu erholen versuchen wird. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob er etwas essen wird. Was mich angeht, so muss das fade Essen, das mich auf der Station erwartet, reichen: ein Plastikteller mit matschigen geraspelten Karotten in hundert Prozent industrieller Salatsoße, und dazu zwei Scheiben kalter Schweinebraten, die glatt als Sohlen meiner Arbeitsclogs durchgehen könnten.

Ich bin heute schon ganz gespannt auf meine Schicht, weil ich das Rätsel um Josiane lösen will. Und obendrein bin ich beruhigt, weil ich mit Guillaume zusammen Dienst habe, dem Krankenpfleger unserer Station. Er ist nett, groß und muskulös – ich meine richtig muskulös –, wodurch ich mich bei den Nachtschichten auf den schummrigen Stationsfluren gleich viel sicherer fühle. Vor allem, seit eine Kollegin letztes Jahr von einem Drogenabhängigen auf der Suche nach Methadon angegriffen wurde.

 

Guillaume, stolze vierundzwanzig und eins fünfundachtzig groß, legt eine CD von Charles Trenet in den Player im Aufenthaltsraum, und während wir seine selbst gebackenen Madeleines essen, quatschen wir über Gott und die Welt. Er war sich nicht sicher, ob er Krankenpfleger oder Konditor werden sollte. Seine Entscheidung war eindeutig die richtige. Ob für ihn, weiß ich nicht, aber jedenfalls für seine Kolleginnen. Als Krankenpfleger nebenher Kuchen zu backen klingt praktikabler als umgekehrt. Und auf diese Weise habe ich auch noch was davon.

Die erste Frage, die ich meinen Kolleginnen bei Schichtübergabe stelle, lautet, ob der Herr noch da ist, der nach Josiane sucht.

Ist er.

Meine Neugier hat also noch eine Chance auf Befriedigung!

Allerdings ist er wieder relativ klar und redet leider nicht mehr von Josiane.

Mist!

Ich werde ihn trotzdem löchern. Meine Kollegen verstehen nicht, warum ich mich mit solchen Details abgebe, aber mich interessiert nun mal der Mensch, mit dem ich es zu tun habe, nicht nur der Patient. Man kümmert sich doch nicht bloß um einen Körper, sondern auch um die Seele, die darin wohnt. Und wenn die sich mit irgendwas herumquält, wie soll dann der Körper gesund werden?

Dass er keinen Drang mehr verspürt, aus dem Bett zu springen, ist allerdings eine gute Nachricht, denn dann müssen wir ihn nicht festschnallen. Für die Nacht wird ein Neuzugang angekündigt, ein junger Mann, fünfundzwanzig, in schlimmem Zustand. Ein Feuerwehrmann, der bei einem Einsatz verunglückt ist, ein Sturz aus dem achten Stock. Im Augenblick versuchen sie im OP seinen Arm zu retten. Die Kabine auf der Intensivstation ist bereit, wir erwarten ihn. Jetzt hängt alles vom Geschick der Chirurgen ab. Manchmal grenzt es an ein Wunder. Einer aus der Ärzteriege, Doktor Merlin, ist ein echter Magier. Wenn er heute Nacht operiert, dann hat der Patient gute Chancen, mit beiden Armen hier anzukommen. Einmal hat uns Doktor Merlin bei einem Kaffee erzählt, dass er als Kind wie besessen Modellflugzeuge gebaut hat. Tagelang fügte er die winzigen Teile aneinander, bis das Flugzeug fertig war, und er gab nicht eher auf, als bis es flog. Anscheinend macht er es im OP genauso. Die Schwestern, die mit ihm zu tun haben, sagen, dass man bei ihm auf jeden Fall vor der OP noch mal aufs Klo gehen sollte, weil er nämlich, wenn es erst mal losgegangen ist, nicht mehr auf die Uhr schaut und von der ganzen Mannschaft verlangt, ohne Unterbrechung zur Verfügung zu stehen, damit er ja nicht auf ein Instrument warten muss.

Da der Neuzugang erst etwas später eintreffen wird, setze ich mich neben den älteren Herrn und frage ihn, ob er Josiane gefunden hat.

»Natürlich nicht.«

»Warum ›natürlich‹?«

»Sie ist tot.«

»Wer war sie denn?«

Er richtet den Blick einen Moment lang zum Himmel, als überlege er.

»Da ist Käse an der Decke«, sagt er schließlich.

»Ach, wirklich?«

»Ja. Man muss die Heizung runterdrehen, sonst schmilzt er.«

»Dann kümmere ich mich am besten gleich mal darum.«

Ich gehe hinaus in dem Wissen, dass ich das Geheimnis um Josiane nun wohl niemals lüften werde. Auf Intensiv sind wir das gewöhnt. Die starken Schlaf- und Schmerzmittel lassen die Patienten manchmal rosa Elefanten sehen. Trotzdem sind ihm gestern Nacht Tränen über die Wangen gekullert. Aber dann wird er seine Josiane eben für sich behalten, bis er hier wieder hinausspaziert.

Als ich im Aufenthaltsraum ankomme, summt mein Kollege vor sich hin: »Que reste-t-il de nos amours«. Er hat eine Blechdose in der Hand.

»Ich hab mich mal an Macarons versucht.«

»Im Ernst?«

»Ja, wieso?«

»Weil ich die heiß und innig liebe. Welche Sorte?«

»Erdbeere.«

»Okay, raus damit: Wie viele Dienste soll ich dir abnehmen?«

»Wie bitte?«

»Wenn du mich so verwöhnst, musst du irgendeinen Gefallen von mir wollen. Und da du zwölf Jahre jünger bist als ich, kann es wohl nicht um was Körperliches gehen.«

»Mal abgesehen von juristischen Erwägungen kommt das Alter in der Gleichung des Begehrens nicht vor.«

»Und wie sieht die aus, diese Gleichung?«

»Vorstellungsvermögen + Schwingungen + (Bedürftigkeit x Lust)² – Schuldgefühle ÷ Gefühlshaushalt + √ Angst vor Abfuhr = Begehren.«

»Das ist ja ein ganzes Programm. Und wo kommen da die Macarons vor?«

»In der Gleichung des Begehrens gar nicht, aber sie sind in der Abschlussphase nützlich.«

»Begehren + Süßigkeiten = Geschlechtsverkehr?«

»Außer bei dir«, sagt Guillaume und zieht enttäuscht eine Schnute, nur um im nächsten Augenblick fortzufahren mit: »Hey, war bloß ein Scherz! Im Ernst, ich will dir bloß eine Freude machen damit. Echt schade, dass du bald weggehst.«

»Die Unfallstation ist doch nur ein paar Stockwerke höher. Ich bin also nicht aus der Welt.«

»Mag sein, aber dann arbeiten wir nicht mehr zusammen.«

»Wir sehen uns, wenn wir Patienten austauschen.«

»Apropos, die OP‑Schwester hat angerufen. Er kommt in einer Stunde.«

»Das reicht locker für noch ein paar Macarons.«

»Wie geht’s dem Herrn von der 3

»Er sieht Käse an der Decke.«

»Das wundert mich nicht. Seit sie diese Decke mit Lochdeko eingezogen haben, habe ich das schon von mehreren Patienten zu hören bekommen.«

»Und ich werde nie erfahren, wer Josiane war.«

»Ist das denn so wichtig?«

»Ach, was.«

 

Josianes Verehrer schläft wie ein Baby. Guillaume hat sich am Aufzug postiert, um den neuen Patienten in Empfang zu nehmen. Ich warte auf dem Flur. Mir gehen seine Worte von vorhin durch den Kopf, nämlich dass der Altersunterschied für körperliche Anziehung keine Rolle spiele. Guillaume hat eine besondere Gabe, bedeutungsschwangere Sätze zu sagen und sich dann aus dem Staub zu machen, sodass man sich den Kopf darüber zerbrechen kann, was er jetzt genau damit gemeint hat.

Der Neuzugang ist schlimm dran, aber er hat beide Arme. Doktor Merlin hat wieder mal eines seiner Modellflugzeuge hinbekommen. Allerdings ist dieses hier schon durch die Luft geflogen, bevor er es in die Hände bekam.

Der Chirurg kommt auf uns zu, die OP‑Haube noch auf dem Kopf und den Mundschutz unters Kinn gezogen. Er fuchtelt nervös in Richtung des Patienten und zeigt schließlich mit dem Finger auf ihn.

»Den hüten Sie mir bitte wie Ihren Augapfel. Ich will nicht die ganze Mühe an den Arm verschwendet haben, um ihn in drei Wochen wegen einer blöden Infektion doch noch abnehmen zu müssen.«

»War es schwierig?«, fragt Guillaume.

»Ich glaube, das ist mein bis dato schönster Fall. Wenn der Arm durchkommt, gönne ich mir einen Artikel in Traumatology«, erwidert Merlin mit einem engelsgleichen Chirurgenlächeln.

Dann gibt er uns noch Anweisungen...

Erscheint lt. Verlag 22.7.2016
Übersetzer Lisa-Maria Rust
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte bücher für frauen • Elsaß • Frankreich • Frauenroman • Frauenunterhaltung • Haute-Savoie • Kinderwunsch • Liebesgeschichte • Liebesroman • Roman für Frauen • Romantische Bücher • Roman Urlaub • Romeo und Julia • Schicksalsroman • Sommerroman • Taschentuch-Alarm • Unterhaltungsroman • Urlaubsbücher • Urlaubsroman • Vergewaltigung
ISBN-10 3-423-42977-1 / 3423429771
ISBN-13 978-3-423-42977-1 / 9783423429771
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