Jessica Bannister - Folge 003 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
9783732532704 (ISBN)
Jessica Bannister ist wieder einem unheimlichen Fall auf der Spur. Als ihr Chefredakteur Martin T. Stone sie zu der Villa eines englischen Parlamentsabgeordneten schickt, in die nachts eingebrochen wurde, sieht alles noch nach Routine aus. Aber Jessica wird seit einiger Zeit von einem grausigen Gnom verfolgt. Und dieses unheimliche Wesen erinnert sie an ein schreckliches Ereignis aus ihrer Kindheit, das sie noch immer nicht überwunden hat.
Schließlich findet sie heraus, dass der grausige Gnom im Zusammenhang mit dem Einbruch steht - und mit einem düsteren Magier, der die Menschen Londons in seinen Bann schlagen will ...
Schwarze, bedrohliche Schatten zeichneten sich im Dunkeln des Raumes ab. Konturen von Möbeln vielleicht, die ich jedoch nicht richtig erkennen konnte.
Auf jeden Fall war dies hier nicht mein Schlafzimmer in der Villa meiner Großtante. Doch wo war ich dann? Und was ging hier vor?
Ich schloss die Augen wieder und versuchte angestrengt, mich zu erinnern. Meine Gedanken waren merkwürdig träge und fast so unbeweglich wie meine Arme und Beine, die ich noch immer nicht rühren konnte.
Das gedämpfte Stimmengewirr wurde lauter, und jetzt schien es direkt über mir zu sein.
Ich riss die Augen wieder auf, starrte nach oben. Aber außer Dunkelheit war dort nichts zu sehen. Dafür jedoch stieg plötzlich eine vage Erinnerung in mir auf …
Ich hatte mit meiner Großtante Beverly Gormic eines der großen Londoner Theater besucht. Beverly hatte ihr bordeauxrotes Samtkleid angezogen, das sie nur für besondere Anlässe aus ihrem Schrank holte. Das Kleid war ein Geschenk ihres Mannes gewesen, des bekannten Archäologen Franklin Gormic. Er galt schon seit etlichen Jahren als verschollen, aber Beverly hielt alles, was sie an ihn erinnerte, in Ehren. So auch dieses Kleid.
Aber wie passte dieser Fetzen Erinnerung mit meiner jetzigen Lage zusammen? Irgendetwas Unvorhergesehenes musste geschehen sein.
Ich kam nicht mehr dazu, mir länger den Kopf darüber zu zerbrechen, denn plötzlich nahm ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr.
Rasch wandte ich den Kopf in die entsprechende Richtung und versuchte, die Dunkelheit mit meinen Blicken zu durchdringen.
Da sah ich sie. Eine merkwürdig gedrungene Gestalt huschte zwischen den Schatten in der Dunkelheit umher. Sie war kleinwüchsig und bucklig und bewegte sich sehr flink. Ich konnte nicht genau erkennen, was sie tat, aber sie schien sehr beschäftigt zu sein.
Es war seltsam, dass ich in dieser Finsternis überhaupt etwas wahrnehmen konnte. Alles war schwarz, aber die Schatten und die bucklige Gestalt schienen noch schwärzer zu sein als die Dunkelheit, die hier herrschte. Oder … bildete ich mir das nur ein?
Mein Unbehagen wuchs, und ich begann mich plötzlich zu fürchten. Verzweifelt versuchte ich mich wieder zu erheben und warf meinen Oberkörper hin und her.
Vergebens.
Der Bucklige hielt plötzlich inne. Er war auf mich aufmerksam geworden und wandte sich nun lauernd in meine Richtung.
Erschrocken hielt ich den Atem an. Die kleinwüchsige Gestalt setzte sich geräuschlos in Bewegung, näherte sich mir mit zögernden Schritten, und eine seltsame Beklommenheit presste mir den Brustkorb zusammen.
Was wollte der Gnom von mir? Und warum konnte ich mich nicht bewegen? Die Angst in mir wuchs, und ich hätte am liebsten laut aufgeschrien, doch meine Kehle war wie zugeschnürt.
Nun hatte mich die unheimliche Gestalt erreicht. Stumm blieb sie neben mir stehen. Sie war so klein, dass sie gerade über mich hinwegblicken konnte. Die tief liegenden, düsteren Augen wirkten finster und bedrohlich. Kurzes, schwarzes Haar fiel über die vorspringende, wulstige Stirn, und tiefe Furchen durchzogen das verzerrte Antlitz.
Ich konnte das Gesicht des Unheimlichen nun deutlich erkennen, denn von irgendwoher fiel ein blasser Lichtstrahl in den Raum wie der silbrige Schein des Vollmonds durch ein schmales, kleines Fenster. Es beleuchtete dieses hässliche Gesicht wie ein zu schwacher Scheinwerfer.
Abstoßend und grässlich war diese Fratze, aber ich war unfähig, meinen Blick abzuwenden, denn irgendetwas an dieser Gestalt fesselte mich auch.
In mir regte sich plötzlich eine andere Erinnerung. Sie musste tief in mir verborgen gewesen sein und ein Ereignis betreffen, das lange zurücklag. Denn es waren nur undeutliche Gedankenfetzen, die mein Gedächtnis durchstreiften, ungreifbar und vage. Und doch sehr beängstigend.
Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf, so als könnte ich dadurch diese sonderbare Erinnerung, die die hässliche Gestalt in mir hervorrief, abschütteln.
Was geschah mit mir? Und warum schrak ich so sehr vor der Erinnerung zurück?
Da trat die Gestalt plötzlich einen Schritt zurück und verschmolz nun vollständig mit der Dunkelheit.
Ich jedoch war im nächsten Moment von gleißender Helligkeit umgeben!
Ich blinzelte geblendet und fuhr erschrocken zusammen, als sich wieder ein Schatten in mein Gesichtsfeld schob. War der unheimliche Gnom zurückgekehrt?
Ich sah die Konturen eines hageren männlichen Gesichts. Es lächelte mich an, und ich erkannte dichtes, schwarzes Haar, buschige Augenbrauen, eine markante, leicht gebogene Nase und einen sauber gestutzten Vollbart.
Als ich in die stechenden dunkelbraunen Augen blickte, konnte ich mich plötzlich wieder an alles erinnern.
***
Ich befand mich auf der Bühne des Apollo-Theaters in Soho!
Und der Mann, der mir nun seine Hand darbot und mir aus der Kiste half, war niemand anderes als der amerikanische Zauberkünstler Bradford Shame!
Er war völlig in Schwarz gekleidet und trug einen weiten Umhang, der seine hagere Gestalt wie ein Schatten umspielte.
Applaus und begeisterte Rufe brandeten auf.
»Wie Sie sehen, Ladys und Gentlemen, ist Miss Jessica Bannister völlig unversehrt geblieben«, rief Bradford Shame, und seine angenehm sonore Stimme erfüllte den ganzen Saal. Dann verneigte er sich tief.
Ich blinzelte noch immer ein wenig verwirrt ins Publikum, das ich der grellen Scheinwerfer wegen kaum richtig sehen konnte. Aber die Schatten der Erinnerung verwehten bereits, und ich gewann meine gewohnte Selbstsicherheit langsam wieder zurück.
Ich drehte mich um und sah direkt hinter mir und auf einem Chromgestell den länglichen Kasten, aus dem ich gerade gestiegen war. Er war verziert mit geheimnisvollen Symbolen und Runen, den Angaben Bradford Shames zufolge handelte es sich bei dem Kasten um eine »Magische Kiste«, mit der er Menschen fortzaubern und wieder herbeiholen konnte.
Die Vorderfront des Kastens war hochgeklappt und zeigte den Hohlraum, in dem ich vor wenigen Sekunden noch gelegen hatte. Er war mit nachtblauem Samt ausgeschlagen, und es gab nichts, was mein sonderbares Erlebnis in der Magischen Kiste hätte erklären können.
Bradford Shame ergriff wieder meine Hand und sah mich mit seinen dunkelbraunen Augen durchdringend an.
»Wie fühlen Sie sich?«, fragte er sanft.
»Mir … mir geht es gut«, erwiderte ich mit einem zaghaften Lächeln, während ich noch versuchte, die Erinnerung an den sonderbaren Gnom aus meinen Gedanken zu vertreiben. Das alles war bestimmt nur ein Traum oder eine Einbildung gewesen, eine andere Erklärung gab es dafür nicht.
Bradford Shame erwiderte mein Lächeln auf charmante Weise und geleitete mich dann zum Rand der Bühne. Er ließ meine Hand los, und ich ging die schmalen Stufen in den Saal hinunter.
Vorsichtig schob ich mich an den Zuschauern vorbei und erreichte schließlich meinen Platz in der dritten Reihe. Tante Bell sah mich mit leuchtenden Augen an. Ihr freundliches, gutmütiges Gesicht war vor Aufregung ganz rot geworden und konkurrierte mit ihrem bordeauxroten Samtkleid.
Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie ihre Neugierde nur mühsam unterdrücken konnte. Am liebsten hätte sie mich sofort mit ihren Fragen gelöchert, aber sie musste Rücksicht auf die anderen Zuschauer nehmen, die in Ruhe die nächste Nummer des Zauberkünstlers verfolgen wollten.
Beverly interessierte sich für alles Übersinnliche und Okkulte. Und diesem seltsamen Hobby hatte ich auch den Besuch im Apollo-Theater zu verdanken.
»Bradford Shame ist ein bekannter Illusionist aus Las Vegas und mit seinen Zaubershows dort sehr gefragt«, hatte Beverly mir erklärt, nachdem sie mir eröffnete, dass sie für uns zwei Karten für die Vorstellung an diesem Abend erworben hatte. »Er tritt nur sehr selten in einem anderen Land auf, denn er ist in Las Vegas völlig ausgebucht. Dass er sich trotzdem dazu durchgerungen hat, in London aufzutreten, gibt mir endlich Gelegenheit, dem bekannten Illusionisten mal auf die Finger zu schauen. Das darf man sich nicht entgehen lassen!«
Ich hatte sie angelächelt und ihr versichert, dass ich sie nur allzu gerne begleiten würde. Eigentlich hätte mich Beverly zu diesem Theaterbesuch auch gar nicht erst überreden müssen. Ich unternahm gern etwas mit ihr zusammen, denn seit meine Eltern bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren, ersetzte sie mir Mutter und Vater zugleich, und sie war mir auch eine gute Freundin.
Ich war erst zwölf Jahre alt gewesen, als meine Eltern gestorben waren. Beverly hatte mich damals wie selbstverständlich in ihrer Villa in Hampstead aufgenommen. Sie hatte mir über die schwere Zeit und über den Tod meiner Eltern hinweggeholfen und es mir auch sonst an nichts fehlen lassen.
Noch heute wohne ich in dieser Villa, wo meine Großtante mir im ersten Stock eine vollständige Wohnung hat einrichten lassen.
Es gab aber noch einen zweiten Grund, warum ich die Einladung ins Apollo-Theater ohne zu zögern angenommen hatte. Ich arbeitete als Journalistin für den London City Observer, einer bekannten englischen Boulevardzeitung. Den Besuch der Zaubershow wollte ich dazu nutzen, einen Artikel über Bradford Shame zu schreiben. Ich stellte mir vor, dass die Leser bestimmt etwas über diesen geheimnisvollen Mann erfahren wollten.
Nur musste ich noch Martin T. Stone, meinen Chefredakteur, von dieser Idee begeistern …
...| Erscheint lt. Verlag | 5.7.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Die unheimlichen Abenteuer |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Angst • anne-alexander • Banshee • blutig • Clown • deborah-court • Deutsch • de-winter • eBook • E-Book • eBooks • ellen-gaber • Familien-Geheimnis • Fantasy • Fortsetzungsroman • Frauen-grusel • Frauengrusel • Furcht • Geheimnis • Geister • Geschichten • Grusel • Grusel-Krimi • Gruselroman • Hexerei • Horror • horror thriller • Jason Dark • Jessica-Bannister • Kindle • Liebe • Lovecraft • Magie • Monster • Monster,Schrecken • mooncastle • muriel-fendorf • Mysterie • Mysterien • Mystery • Nacht • pamela-menzel • Paranomal • Roman-Heft • romantic-suspense • Romantic-Thrill • Romanticthriller • Romantic-Thriller • Romantik-Thriller • Romanze • Schicksal-Roman • Schrecken • Serie • Serienroman • sharon de winter • sharon-winter • Sinclair • Slasher • spannend • Splatter • Spuk • Stephen King • Steven King • Unheimlich • Voodoo • Zombie • Zombies |
| ISBN-13 | 9783732532704 / 9783732532704 |
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