Jerry Cotton 3079 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7325-3201-8 (ISBN)
An der südwestlichen Grenze zu Mexiko, von Kalifornien über Arizona bis nach New Mexico, waren in der letzten Zeit immer wieder Aktionen gegen die Drogensyndikate fehlgeschlagen. In Washington war man alarmiert, das ging so weit, dass die Leiter der Field Operation Section Mountain und Pacific ihren eigenen Leuten nicht mehr trauten Deshalb wurden Phil und ich losgeschickt, und auch wir konnten niemandem vor Ort trauen ...
Es war ein langes Wochenende gewesen, da wir letzte Woche den vierten Juli gefeiert und uns einfach zwei Brückentage gegönnt hatten. Phil hatte sich erst kurz davor von seiner Freundin getrennt, einer AFT-Beamtin, der ihr Job über alles ging und die einen Posten in Los Angeles angenommen hatte.
Eigentlich hatte ich erwartet, den Seelentröster bei meinem Partner spielen zu müssen, als er mir ein Flugticket nach Miami in die Hand drückte, doch es kam ganz anders. Wir amüsierten uns köstlich in Florida, auch wenn ich der festen Überzeugung war, dass Phil unter der Trennung litt. Doch er tat alles, um die Sache einfach zu vergessen.
Dementsprechend gut gelaunt kamen wir am Montagmorgen ins Headquarter. Unsere gute Stimmung hielt jedoch nicht lange an, da Dorothy uns sofort in den großen Besprechungsraum schickte. Assistant Director Sheckley, Assistant Director Gardner und Mr High warteten dort auf uns.
Drei Assistant Directors in einem Raum – das hieß Ärger, großen Ärger, und wie es schien, sollten Phil und ich wieder einmal die Lösung für solche Art von Ärger finden.
»Guten Morgen, die Herren«, sagte Assistant Director Gardner, als wir eintraten, und stand auf, um uns die Hand zu schütteln. »Wie ich sehe, haben Sie den Independence Day genutzt, um ein paar Tage in der Sonne zu verbringen«, meinte er und spielte auf unsere Hauttönung an. In dem Moment wurde mir klar, dass es hier um wirklich harte Sachen gehen würde. Denn speziell Assistant Director Gardner war normalerweise sehr zurückhaltend mit irgendwelcher Art von Smalltalk und Höflichkeiten.
»Assistant Director Garner, Assistant Director Sheckley, Mister High«, sagte ich und wir setzten uns an den ovalen Besprechungstisch. Auch Phil warf mir einen selbstredenden Blick zu. Er roch den Braten, genau wie ich.
»Inspektor Cotton, Inspektor Decker, wir, John, James und ich, sitzen schon seit zwei Tagen an einem Problem, das wir zu lösen versuchen«, ergriff Assistant Director Gardner wieder das Wort.
Also doch, dachte ich in dem Moment. Wenn die drei sich das Wochenende um die Ohren geschlagen hatten, dann brannte es, und wie es schien, in drei Field Operation Sections gleichzeitig.
»Ihr Chef, Assistant Director High, konnte uns beide überzeugen«, meinte er und blickte auf Assistant Director Sheckley. »Wie er uns versicherte, hält er Sie beide für vollkommen integer und würde für Ihre Loyalität nicht nur die Hand ins Feuer legen, sondern selbst ins Feuer gehen.«
Das wurde ja immer besser, schoss es mir durch den Kopf. Wenn jemand wie er über Integrität und Loyalität sprach, dann hatten wir einen Verrat in den eigenen Reihen.
»Ich werde Ihnen jetzt etwas zeigen, das nur wenige beim FBI je gesehen haben«, fuhr er fort und der Wandbildschirm flackerte auf.
»Das sind Agent Walls und Agent Murano«, sagte er und ich betrachtete mir die Dienstfotos der beiden Männer. Ich hatte die Gesichter noch nie gesehen. »Walls ist seit zwei Jahren undercover beim mexikanischen Juárez-Kartell und Murano seit bereits vier Jahren in der Organisation des Sinaloa-Kartells tätig. Wenn das bekannt würde, wären diese Männer sofort tot. Sie leisten für uns dort unschätzbare Arbeit unter Einsatz ihres Lebens.«
»Oh Gott, wieder einmal die mexikanischen Kartelle«, entfuhr es Phil, und er sprach nur aus, was ich dachte. Es war gar nicht so lange her, da hatten wir beide mit dem Yucatán-Kartell im Süden Mexikos zu tun gehabt und ich erinnerte mich nur ungern daran.
»Unter normalen Umständen, Inspektor Decker, hätte ich Ihnen für diese Bemerkung jetzt einen tadelnden Blick zugeworfen. Doch in der Situation, in der wir uns befinden, gebe ich Ihnen recht. Oh Gott, die Kartelle, ganz richtig.« Ich schluckte, so hatte ich Assistant Director Gardner noch nie erlebt.
»Sir, was ist los?«, sagte ich, denn ich wollte, dass er endlich zum Punkt kam.
»Ich wünschte, ich wüsste, was los ist, Inspektor Cotton. Irgendetwas scheint momentan an den Grenzen von Kalifornien, Arizona und New Mexico extrem schiefzugehen. Wir hatten noch niemals so viele Misserfolge, wenn es um die Drogenbekämpfung geht«, erwiderte Assistant Director Gardner.
»Verrat?«, fragte Phil unverblümt und Mr High sah ihn an, dann nickte er.
»Ja, Phil, wir gehen davon aus«, erwiderte Mr High. »Entweder ist die Tarnexistenz unserer beiden Agents verbrannt und das Kartell füttert sie mit falschen Informationen oder wir haben einen Maulwurf.«
»Einen Maulwurf, wo?«, fragte ich sofort.
»Es kann jemand bei der DEA sein, bei der Grenzpolizei oder beim FBI. Doch wer immer es ist, er hat einen Posten, der mit einem Inspektor beim Bureau zu vergleichen ist«, brachte James Sheckley es auf den Punkt. »Jemand, der ganz genau jeden unserer Schritte kennt, vielleicht sogar genehmigt.«
»Moment, Sir – Sie glauben doch nicht, dass Ihre Inspektoren involviert sind?«, gab ich entsetzt zurück. Das konnte und wollte ich nicht glauben.
»Doch, wir müssen davon ausgehen. Nun, Sie beide arbeiten schon so lange mit John zusammen, dass wir Ihnen trauen können. Momentan können wir unsere Inspektoren nicht aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen. Wir brauchen Sie beide, um genau dies herauszufinden.«
Schon als Dorothy uns in die Besprechung schickte, wusste ich, es würde ein unangenehmer Morgen werden, doch mit solch einer Katastrophe hatte ich nicht gerechnet.
***
»Ich hasse die interne Revision. Schlimm genug, die an den Hacken zu haben, doch selbst unsere eigenen Kollegen auszuspionieren ist das Übelste von allem. Ich fühle mich einfach nur dreckig dabei«, sagte Phil. Er hatte sich auf den Bürostuhl vor meinen Schreibtisch geschmissen und schmollte regelrecht vor sich hin. Auch ich setzte mich und schüttelte missmutig den Kopf.
»Nicht nur das, schon wieder haben wir es mit den mexikanischen Kartellen zu tun. Ich verachte diese Leute zutiefst. Es gibt keine brutaleren und skrupelloseren Organisationen«, erwiderte ich und es herrschte erst einmal Stille. Wir warteten auf die Unterlagen. Nach zehn Minuten klopfte es und Assistant Director Sheckley kam in den Raum.
»Hier sind die Unterlagen zu den fehlgeschlagenen Aktionen und eine Liste aller in Frage kommenden Agents von FBI und DEA. Ich habe Ihnen auch eine Zusammenstellung von den Police Chiefs gemacht, die genug Informationen hatten, um des Verrats fähig zu sein«, sagte er in seinem üblichen ruhigen Ton. »Nehmen Sie sich Zeit, bearbeiten Sie die Unterlagen. Aber die Dokumente dürfen das Headquarter nicht verlassen, auch keine elektronischen Kopien, dafür sind die Informationen zu brisant.« Wir nickten nur. Er legte die Akten auf meinen Schreibtisch und wandte sich zur Tür.
»Es tut mir leid. Das ist keine leichte Aufgabe, doch Sie müssen wirklich jeden im Field Office in Tucson kritisch betrachten, leider auch meine Inspektoren. Viel Erfolg, und seien Sie vorsichtig!«
»Na, dann lass uns mal sehen, womit wir es zu tun haben«, sagte ich, als Sheckley gegangen war, und schleppte die Akten zu meinem kleinen Besprechungstisch. Phil seufzte und stand auf. Wir hatten uns nun gegenseitig lange genug bemitleidet. Jetzt hieß es, einen Verräter zu schnappen.
»Gut, wir haben die Probleme nur in dem Gebiet an der Grenze nach Kalifornien, Arizona und New Mexico. Texas hat keine Schwierigkeiten. Daher reden wir von einem Grenzgebiet von etwa achthundert Meilen«, fing Phil an. Er war mittlerweile im Arbeitsmodus angekommen.
»Welche Kartelle sind dort tätig? Wir müssen erst einmal aussortieren, mit welchen kriminellen Organisationen wir es zu tun haben«, meinte ich und sah auf die Landkarte, die an meiner Wand hing. »Wir haben New Mexico, wer ist da zuständig?«, fragte ich Phil, der sofort mit seinem Laptop angefangen hatte zu recherchieren.
»New Mexico ist in der Hand des Juárez-Kartells, die haben sich aber auf Menschenhandel und Entführung spezialisiert. Ihre Drogengeschäfte führen die Zeta und die BLO«, erklärte er.
»Verdammt, Los Zeta, das sind die größten Schlächter unter allen. Dann haben wir es in New Mexico mit Los Zeta und dem Beltrán-Leyva-Kartell zu tun. Wie hieß unser V-Mann dort?«
»Tim Walls, er ist bei einer Teileinheit der BLO untergekommen«, meinte Phil.
»Okay, New Mexico wird von der Zeta und BLO beliefert und Tim Walls ist unser Mann in der Organisation«, wiederholte ich, um den Überblick zu behalten. »Das Field Office New Mexico, das für die Drogenbekämpfung zuständig ist, sitzt in El Paso, auch wenn die Stadt zu Texas gehört.«
»Für Kalifornien und Arizona ist das Sinaloa-Kartell zuständig, unser Mann dort heißt Rafael Murano. Sinaloa ist das größte der Kartelle«, fuhr Phil fort.
»Gab es nicht auch noch das Tijuana-Kartell?«, fragte ich, da ich mich erinnern konnte, dass wir schon einmal mit diesen Gangstern zu tun hatten, die aber nur ein kleines Gebiet im äußersten Westen regierten.
»Gab ist der richtige Ausdruck. Sie wurden zerschlagen und das Gebiet fiel dem Sinaloa-Kartell zu. Das Gulf-Kartell können wir vernachlässigen, die arbeiten mit den Grenzen entlang des Golfs von Mexiko«, erwiderte mein Partner. »Und wie es scheint, ist Texas ja nicht betroffen.«
»Für Arizona ist das Field Office in Tucson zuständig und für Kalifornien ist es San Diego«, meinte ich. »Damit haben wir drei Field Offices, die wir näher durchleuchten müssen, und die entsprechenden DEA-Büros, die mit unseren Leuten vor Ort zusammenarbeiten.«
»Was die Police Departments angeht, können wir die Drogenabteilungen aller drei Städte...
| Erscheint lt. Verlag | 21.6.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Jerry Cotton |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Schlagworte | Dedektiv • Detektiv • Deutsche Krimis • Ermittler • Komissar • Kommisar • Kommissar • Krimi • Krimi Bestseller • Kriminalroman • Krimis • Mord • Mörder • Polizei • Polizist • Spannungsroman • Tatort • Thriller • Verbrechen |
| ISBN-10 | 3-7325-3201-1 / 3732532011 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-3201-8 / 9783732532018 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich