Dr. Stefan Frank 2343 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
9783732529070 (ISBN)
Als die hübsche Kosmetikerin Nina Kramer mit ihrem Mann Peter nach Grünwald zieht, kann sie ihr Glück kaum fassen. Wie schön es hier ist! Und nette Freundinnen hat sie auch schnell gefunden. Die liebenswerte Friseurin Leonie Winter und die engagierte Ernährungsberaterin Nora Anton teilen nicht nur ihren Humor, sondern auch ihren größten Traum: Sie möchten gerne eine Schönheits-Farm eröffnen. Und da am Marktplatz gerade ein schickes Ladenlokal freigeworden ist, zögern die drei Freundinnen nicht lange, sondern wagen zusammen den Schritt in die Selbstständigkeit. Nina, Nora und Leonie sind überzeugt: Gemeinsam werden sie ihren Traum verwirklichen. Leider haben sie die Rechnung ohne ihre Männer gemacht ...
Sonja legte all ihre Kraft in den Schrei. Trotzdem entfuhr ihrer schmerzenden Brust nur ein lächerliches Röcheln, das niemand hörte. Sie versuchte, den Kopf zu heben, versuchte, aufzustehen, aber es gelang ihr nicht. Ihr Körper war ein einziger Schmerz.
Sie blickte in den sternenklaren Nachthimmel und war verwirrt. Wieso blinkten die Sterne so blau, und wieso heulten sie wie Martinshörner?
Sonja hörte Stimmen – Männerstimmen, ganz nah bei ihr. Gleich würden sie da sein. Sonja lauschte und stöhnte. Die Schritte entfernten sich. Man hatte sie wieder nicht gefunden. Jetzt würden die Männer nie mehr wiederkommen. Panik überfiel sie. Sie würde hier sterben. Sie würde nie mehr ihre Tochter in die Arme nehmen können, nie mehr neben Karsten aufwachen. Es war vorbei.
Sie merkte, wie ihre heißen Tränen eine feuchte Spur über die Wangen zogen. Angst und das brennende Gefühl von Einsamkeit und von Verlorensein schnürten ihr die Kehle zu. Wieder wollte sie schreien, und wieder wurde der Schrei nur zu einem tonlosen Röcheln.
„Hey, wach auf!“
Eine laute Stimme und ein heftiges Rütteln an ihrer Schulter rissen Sonja aus dem quälenden Albtraum.
„Es ist schon spät. Annika will ihren Kakao“, sprach die Stimme weiter.
Benommen richtete sich Sonja auf. Das grelle Licht des sonnigen Sonntagmorgens fiel durch einen Spalt der Vorhänge direkt auf ihr Gesicht. Instinktiv hob sie die Hände, um ihre Augen zu schützen. Ihre Hände zitterten, und Sonja ließ sich zurück ins Kissen fallen.
„Was ist denn los?“, fragte Rainer Wegerich ungeduldig.
„Es ist alles gut. Gib mir noch eine Minute, bitte“, brachte Sonja mit Mühe hervor.
„Beeil dich“, sagte Rainer unwirsch und verließ das Schlafzimmer.
Sonja ließ ihren Atem langsam und bewusst durch den Körper fließen, so, wie sie es in der Trauma-Therapie gelernt hatte. Als sich das Zittern gelegt hatte, stand sie auf.
Sie humpelte ins Bad und holte aus dem Medizinschränkchen ihre Schmerztabletten. Heute verzichtete sie auf die Dusche, denn Rainer und Annika warteten darauf, dass sie Frühstück machte.
Das kalte Wasser, das sie sich über die Innenseite der Unterarme laufen ließ, tat gut, aber es konnte den dunklen Schatten des Albtraumes nicht verscheuchen. Der schreckliche Unfall war nun schon fast drei Jahre her, aber immer noch träumte Sonja regelmäßig davon.
Die panische Angst, die sie empfunden hatte, als die Retter wieder und wieder an ihr vorbeigelaufen waren, ohne ihren schmerzenden Körper, den sie nicht bewegen konnte, im hohen Weizenfeld zu entdecken, war ihr täglicher Begleiter geworden.
„Mami, kriege ich jetzt endlich Kakao?“, quengelte die fünfjährige Annika, die hinter Sonja ins Bad geschlüpft war.
„Gleich, mein Schatz. Mami will sich nur noch schnell anziehen“, sagte Sonja sanft und strich ihrer Tochter zärtlich über das blonde Haar. „Komm, wir gehen zusammen ins Schlafzimmer. Erst hilfst du mir beim Anziehen, und dann helfe ich dir.“
„Ich will mich aber nicht anziehen. Ich finde meinen Schlafanzug toll“, sagte Annika und deutete auf die große orangefarbene Katze, die das Oberteil zierte.
„Wir haben doch eine Abmachung, nicht wahr?“, fragte Sonja und kniete sich vor ihre Tochter, um ihr fest in die großen blauen Kinderaugen zu sehen. „Wer nicht krank ist, frühstückt nicht im Schlafanzug. Das haben wir doch vereinbart, nicht?“
„Ja, schon. Aber Rainer hat sich auch nicht angezogen“, protestierte Annika und schob trotzig die Unterlippe vor.
„Das ist doch eine Abmachung nur zwischen uns beiden“, sagte Sonja und blinzelte ihrer Tochter verschwörerisch zu.
„Na gut“, gab das Mädchen nach. „Aber ich will den Pulli mit der weißen Katze drauf anziehen.“
Annika folgte ihrer Mutter ins Schlafzimmer und sah aufmerksam zu, wie sie sich das Nachthemd auszog. Als Sonja vor dem Kleiderschrank stand, um nach einer geeigneten Hose zu suchen, streichelte Annika erst ganz vorsichtig den rechten Oberschenkel ihrer Mutter und blies dann mit spitzem Mündchen über die langen Narben.
„Tut das noch weh?“, fragte sie mitfühlend. „Soll ich mehr pusten?“
Sonja lächelte, obwohl ihr beim Anblick ihres von zahlreichen Operationen vernarbten Beines eigentlich nicht zum Lachen war.
„Manchmal tut es weh. Aber wenn du pustest, ist es sofort besser.“
„Gut“, sagte Annika zufrieden und blies noch einmal kräftig über das Bein der Mutter.
„So, mein Engel, jetzt gehen wir in dein Zimmer und ziehen dich an“, sagte Sonja fröhlich.
„Gibt es heute eigentlich irgendwann mal Frühstück?“, rief Rainer ärgerlich aus den unteren Räumen nach oben.
„Wir sind gleich so weit“, rief Sonja zurück. „Du kannst ja schon mal den Tisch decken.“
Rainer grummelte irgendetwas, aber Sonja verstand es nicht, denn Annika hatte an ihren drei Spieluhren gleichzeitig gezogen. Eine Kakophonie aus geleierten Kinderliedern füllte ihr kleines Zimmer.
„So, mein Schatz, jetzt aber schnell rein in deinen Pulli. Wenn wir nicht bald Frühstück machen, wird Rainer ärgerlich“, drängelte Sonja.
„Rainer ist böse“, sagte Annika ernst.
„Was sagst du denn da für Sachen? Rainer ist doch nicht böse“, intervenierte Sonja.
„Er spielt aber nie mit mir und will immer nur bestimmen, dass ich ruhig bin“, beschwerte sich das Mädchen.
„Aber deshalb ist er doch nicht böse. Rainer muss sich erst daran gewöhnen, mit einem Kind zusammenzuwohnen, weißt du. Bald wird alles besser“, versprach Sonja und merkte, dass sie auch sich selbst gern davon überzeugt hätte. Wann sollte dieses „bald“ sein? Schließlich lebte das Kind nun schon seit anderthalb Jahren wieder bei ihr.
Annika schien das Interesse am Thema verloren zu haben. Noch einmal zog sie an den Bändern ihrer Spieluhren.
Sonja beobachtete lächelnd ihre Tochter, die sich zu den drei verschiedenen Melodien wie eine kleine Ballerina versonnen im Kreis drehte.
Ein so liebes Kind wie Annika muss man doch einfach gernhaben, dachte sie. Auch Rainers Herz wird sie bald erobert haben. Ganz sicher!
Annika hatte den Kakao vergessen und wollte noch ein bisschen in ihrem Zimmer spielen, also eilte Sonja allein nach unten. Sie hatte gehofft, dass Rainer schon mit den Vorbereitungen fürs Frühstück begonnen hätte. Als sie die Küche betrat, stand auf dem Tisch jedoch nur eine Batterie leerer Bierflaschen – die Reste vom gestrigen Abend, an dem Rainer sich mit zwei Freunden ein Fußballspiel angesehen hatte.
Rainer lehnte im halbgeöffneten Bademantel an der Arbeitsplatte und trank ein Glas Wasser, in dem er eine Kopfschmerztablette aufgelöst hatte. Die Tablettenschachtel lag auf dem Esstisch.
Sonja griff nach dem Medikament und verstaute die Schachtel in einem der oberen Küchenschränke.
„Bitte lass Tabletten nicht so offen rumliegen“, sagte sie. „Annika hat zwar gelernt, dass sie die nicht anrühren soll, aber wer weiß …“
„Meine Güte, stell dich nicht so an. Annika ist fünf, da schaufelt man nicht mehr aus Versehen Tabletten in sich rein“, sagte Rainer mit einer wegwischenden Handbewegung.
„Du musst das ja wissen“, sagte Sonja leise.
„Jetzt hör mir mal gut zu.“ Zornig griff Rainer nach Sonjas Oberarmen. „Du wolltest unbedingt, dass die Kleine von deinen Eltern wieder zu uns kommt. Wir haben abgesprochen, dass du dich um sie kümmerst. Ich will damit nichts zu tun haben. Und vor allen Dingen will ich mir von einem Gör nicht vorschreiben lassen, was ich wo liegen lasse. Kapiert?“
„Ist ja schon gut“, sagte Sonja. Sie drehte sich schnell um, damit Rainer ihre Tränen nicht sah.
„Ich kann mir auch eine andere Wohnung suchen“, drohte Rainer. „Dann kannst du sehen, wie du allein zurechtkommst.“
Sonja bekämpfte ihre aufkommende Panik. Rainer hatte wieder den Finger in die offene Wunde gelegt, denn er wusste genau, dass es ihre größte Angst war, allein zu sein. Allein, ohne einen erwachsenen Beschützer. So sehr sie Annika auch liebte, die Angst vor dem Verlorensein in der Welt verschwand in Gegenwart des Kindes nicht.
„Bitte, Rainer“, sagte Sonja flehend und wischte verstohlen ihre Tränen weg. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verärgern.“
Rainer schwieg demonstrativ und schaute Sonja zu, wie sie geschäftig in der Küche werkelte: Kaffeemaschine anstellen, Milch für Annikas Kakao aufsetzen, Tisch abräumen und säubern, um ihn dann für das Frühstück zu decken.
„Du humpelst heute ja wieder sehr“, sagte Rainer plötzlich in einem freundlichen und mitfühlenden Ton. „Hast du Schmerzen?“
Sonja lächelte. Ja, so konnte Rainer auch sein.
„Heute ist es ganz besonders schlimm“, sagte sie. „Morgen bespreche ich die Ergebnisse der letzten Röntgenuntersuchung mit Dr. Frank. Ich fürchte, er wird mir eine erneute Operation vorschlagen.“
„Das geht aber nicht“, protestierte Rainer. „Ich kann nicht auf Annika aufpassen, wenn du wieder wochenlang im Krankenhaus bist.“
„Lass uns abwarten, was der Doktor meint.“
„Ich wollte das nur schon mal gesagt haben“, beharrte Rainer. „Wenn du wieder in die Klinik gehst, dann ziehe ich aus. Mir reicht es langsam!“
Sonja schwieg mit zugeschnürter Kehle.
Sie war Rainer sehr dankbar, dass er sich in der dunkelsten Zeit nach dem Autounfall um sie gekümmert hatte. In der Zeit, als Annika der einzige Grund...
| Erscheint lt. Verlag | 17.5.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Dr. Stefan Frank | Dr. Stefan Frank |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Arzt • arzt-krimi • Arztromane • Bestseller • Bianca • Cora • der-Notarzt • Deutsch • Doktor • Dr. • dr daniel • dr laurin • dr norden • eBook • E-Book • eBooks • E-Books • Familiensaga • feelgood • Fortsetzungsroman • Frauen • für • Gefühle • Großdruck • große-schrift • Happy End • Heft-Roman • Herzschmerz • Historical • Hollywood • Julia • kaipurgay • Kindle • Klinik • Klinik-roman • Krankenhaus • Krankenschwester • Kurfürstenklinik • Landarzt • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • martin-Kelter • Medizin • Mira • Modern • Nicholas Sparks • Patient • patricia-vandenberg • PS ich liebe dich • Romance • romantisch • Romantische Komödie • Schicksalsroman • Serie • spannend • tatsächlich liebe • Tiffany • Verlag • wohlfühlen |
| ISBN-13 | 9783732529070 / 9783732529070 |
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