Zum Hauptinhalt springen
Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Allerfeinste Merkwürdigkeiten (eBook)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
251 Seiten
GOLKONDA VERLAG
978-3-944720-93-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Allerfeinste Merkwürdigkeiten -  Christian von Aster
Systemvoraussetzungen
6,99 inkl. MwSt
(CHF 6,80)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Dieses wunderschöne Buch vereint die besten Kurzgeschichten des mehrfach preisgekrönten Autors und lädt den Leser zu einer verwegenen Reise ein ? einer Reise durch die Niederungen der Satire zu den wilden Weiten des Märchens, durch die klammen Keller des Horrors, vorbei an den Werkstätten des Weihnachtsmannes, bis in die sterngesäumten Weiten der Science Fiction und selbst zu den Ursprüngen des legendären Stirnhirnhinterzimmers. Zwischen diesen Seiten finden sich neben der Zukunft der Mediengesellschaft, schlechten Clowns und einem fast vegetarischen Verbrechen nicht nur Einhörner, Drachen, Lesebühnen und Große Alte, sondern auch die Wahrheit über Jack the Ripper, das Schäfchenzählen und die Buchdruckkunst. Dementsprechend ist dies nicht bloß ein Buch mit den lustigsten, seltsamsten und schönsten Geschichten Christian von Asters, sondern darüber hinaus eine Hommage an die Vorstellungskraft und ein vergnüglicher Streifzug durch die grenzenlose Welt der Phantastik. Willkommen inmitten der allerfeinsten Merkwürdigkeiten. Besser, Sie halten sich fest.

Sich selbst als literarischen Hedonisten bezeichnend, anderweitig auch als Genregrenzensaboteur, literarischer Bonbononkel oder satirisches Gesamtkunstwerk bezeichnet, hat Christian von Aster im Lauf seiner Tätigkeit inzwischen mehr als zwei Dutzend Bücher verfasst, an zahlreichen Anthologien mitgewirkt, Hörbücher eingesprochen und produziert, Drehbücher verfasst, Filme gedreht und mehrere hundert Lesungen vor Publikümmern von einem bis zu 2000 Zuhörern absolviert. In den meisten dieser Bereiche hat er verschiedene Preise gewonnen und gedenkt all das unabhängig von etwaigen Gewinnen exzessiv weiterzuführen. Seinem Schaffen ist dabei grundsätzlich eine ausgeprägte Freude an Sprache und hintersinnigem Witz gemein, die sich selbst in seine sonderbarsten Märchen, seine merkwürdigsten Glossen und seine obskursten Romane einschleichen und erklärten Freunden der gepflegten Ausdrucksweise und verwegener Gedanken regelmäßig zur Freude gereichen.

Sich selbst als literarischen Hedonisten bezeichnend, anderweitig auch als Genregrenzensaboteur, literarischer Bonbononkel oder satirisches Gesamtkunstwerk bezeichnet, hat Christian von Aster im Lauf seiner Tätigkeit inzwischen mehr als zwei Dutzend Bücher verfasst, an zahlreichen Anthologien mitgewirkt, Hörbücher eingesprochen und produziert, Drehbücher verfasst, Filme gedreht und mehrere hundert Lesungen vor Publikümmern von einem bis zu 2000 Zuhörern absolviert. In den meisten dieser Bereiche hat er verschiedene Preise gewonnen und gedenkt all das unabhängig von etwaigen Gewinnen exzessiv weiterzuführen. Seinem Schaffen ist dabei grundsätzlich eine ausgeprägte Freude an Sprache und hintersinnigem Witz gemein, die sich selbst in seine sonderbarsten Märchen, seine merkwürdigsten Glossen und seine obskursten Romane einschleichen und erklärten Freunden der gepflegten Ausdrucksweise und verwegener Gedanken regelmäßig zur Freude gereichen.

Eine englische Nachtmusik

Eine Gemeinschaft wie jene, die sich in unregelmäßigen Abständen im Londoner Stadtsitz der Familie Mortonborrough zusammenfand, hätte man im übrigen England des ausgehenden 19. Jahrhunderts vergeblich gesucht.

Neben großen Geistern wie Tennyson trafen dort namhafte Männer wie Wilde und Craven aufeinander, und im Grunde waren es Zusammenkünfte dieser Art, die Wildes Salome oder Cravens dritte Sinfonie begründeten. Laudanum und Literatur hatten ein lange Tradition in Mortonborrough Hall, und Partituren und Texte verfassten sich während dieser Nächte beinahe wie von selbst. Bereits der Großvater Lady Mortonborroughs hatte zu Treffen dieser Art geladen, und angeblich waren in einem der hiesigen Kaminzimmer sogar Fragmente von Blakes Hochzeit von Himmel und Hölle entstanden.

Und während sich die Blütezeit des englischen Empire dem Ende zuneigte, bestand besagte Gemeinschaft aus einem guten Dutzend Teilnehmer, die sich, derweil das Personal vollständig Urlaub bekam, im Verlauf ihrer Zusammenkünfte in kleinere Gruppen aufteilten und vom Musiksalon bis zur Küche allmählich das gesamte Haus belegten, um sich in ihren Fachgebieten zu ergehen.

Zu Beginn des Jahres 1888 stieß ein überaus begabter junger Mann zu der illustren Menge, und bereits an seinem ersten Abend bekam Henry Walford Davies, ein Wunderknabe ohnegleichen, sich mit einem der eingeschworenen Teilnehmer über die Tiefe der Musik und die Subtilität ihrer Mittel in die Haare.

Michael Maybrick war Komponist.

Er arbeitete vornehmlich unter dem Pseudonym Stephen Adams, unter dem er Serenaden und Menuette veröffentlichte. Abgesehen davon war er – was allerdings die wenigsten wussten – ein begnadeter Pianist. Er verstand es, jede Atmosphäre auf eine Art in Kompositionen umzusetzen, denen man sich nur schwer entziehen konnte. Maybrick experimentierte mit Disharmonien und atonaler Musik, er reihte Tempi- und Metrenwechsel derart aneinander, dass der Herzschlag seines Zuhörers dem Takt der Musik wie der Flöte eines Schlangenbeschwörers folgen musste.

Davies mochte begabt sein, doch ein Visionär wie Maybrick war er nicht.

Der schicksalhafte Disput der beiden Männer schien beinahe vorherbestimmt.

Seine überaus eigenwillige Auffassung von Musik bewog Maybrick kaum einen Monat später, Davies, der bis zu diesem Zeitpunkt jede nur erdenkliche musikalische Förderung erfahren hatte, zu einem Wettstreit herauszufordern.

Davies, mit jeglicher Art von Musik herangewachsen, zeigte sich erfreut ob dieser Herausforderung, und noch am selben Abend legte man in Gegenwart solcher Männer wie dem jungen Lord Dunsany die Bedingungen fest: Beide Teilnehmer sollten eine Komposition erstellen, dessen Inhalt ein konkretes Ereignis darstellte, über das sie jedoch Schweigen bewahrten. Ihrem Publikum sollte das Ereignis einzig durch Hören der Musik zu erschließen sein.

Dies war ein Duell ganz nach dem Geschmack der feingeistigen Runde, und sie alle fieberten dem nächsten Treffen entgegen.

Am 24. Februar fand die Gesellschaft wieder zusammen. Und als Höhepunkt des Abends präsentierten die beiden Kontrahenten ihre Stücke.

Davies machte den Anfang.

Sein Stück war ein durchweg fröhliches, das eine seltsam ergreifende Heiterkeit auf dem barocken Flügel erzeugte. Zwei irritierende Generalpausen mündeten in jener vereinigenden Melodie, die ausklang, als ob sie noch einige Fragen offenlassen wollte.

Kaum dass es verklungen war, lehnte der alte Lord Sudbuttom sich vor: »Mein Gott, Davies! Ich weiß, was das war!«

Fragend blickten alle auf den betagten Operettenliebhaber.

»Die Duranthochzeit, vorigen Sonntag in Whitechapel, Claire Belmont und Jaques Durant.«

Algernon Blackwood schaltete sich ein: »Natürlich, eine Jahrhunderthochzeit! Während eines tausend Pfund schweren Festes geben sich der erste Playboy von Paris und das leichteste Mädchen des Londoner Westends das Jawort, und die gesamte High Society fragt sich, was aus dieser Ehe werden soll.«

Sogar Davies war erstaunt. »Ganz genau, Blackwood, aber wie haben Sie …?«

»Ich war da, mein Gott, ich habe eben sogar gehört, wie Judge Lovett auf dem Reis ausrutschte und die O’Dourys sturztrunken der Kapelle verwiesen wurden!«

Sudbuttom nickte anerkennend. »Eine erstaunliche Leistung.«

Thornton Ward, ein Autor sonderbarer Märchen, schien ebenfalls beeindruckt, allerdings noch nicht befriedigt. »Warten Sie, meine Herren. Ich denke, wir haben ein weiteres derartiges Kunststück zu erwarten. Nicht wahr, Maybrick?«

Der Angesprochene hatte während des gesamten Stückes – selbst als man darüber zu reden begonnen hatte – mit stummem Lächeln am Fenster ausgeharrt und schweigend hinausgeblickt. Auf Wards Aufforderung hin begab er sich nun an den Flügel, gebot dem jungen Davies wortlos, sich zu erheben, und ließ sich selbst auf dem Hocker nieder. Davies griff nach seiner Partitur, um der Maybricks Platz zu schaffen. Dieser aber bedurfte keiner Noten und begann im nächsten Augenblick bereits sein Spiel.

Die Musik vibrierte in tieferen Tonlagen, einem dunklen Moll, von einigen wenigen Duren durchbrochen. Mit einem Mal begann ein brachiales Tongewitter, durch das sich ganz allmählich eine Melodie nach vorne kämpfte, unter der ein düsteres Bass-Ostinato mitschwang. Dieses jedoch war einzig ein Element, das langsam von einer ungleich dunkleren Melodie überlagert wurde, welche die ursprüngliche verschüttete. Im Gegensatz zu Davies’ Stück fand dieses ein abruptes Ende, das in jedem Zuhörer das Bewusstsein hinterließ, dass hier ein weiteres, unspielbares Stück begann.

Kaum dass der letzte Ton verklungen war, legte sich eine unangenehme Stille über den Raum.

Bloß vom Flur drang ein leises Schluchzen.

Als Erstes bemerkte Doktor Emerald Phibes, dass der Dichter Roald Finley fehlte. Er musste den Raum im Verlauf des Stückes unbemerkt verlassen haben.

Maybrick wandte sich um und lächelte der kleinen Gruppe triumphierend entgegen. »Wenn Mister Finley uns verlassen hat, ist das Stück gut.«

Auf ihm ruhten die verständnislosen Blicke aller.

Dann führte Lady Mortonborrough den jammernden Finley wieder herein. Sie musste ihn stützen, denn er schien am Ende seiner Kräfte zu sein, und aus seinem Gejammer heraus meinten die Umstehenden beinahe einen Namen zu vernehmen.

»Bernard. Bernard Finley. Gottverdammt, Maybrick, was haben Sie sich dabei gedacht?«

Erstaunt wandte Wilde sich an Blackwood. »Sie meinen, Maybrick hat tatsächlich das Begräbnis von Finleys Bruder vertont?«

Sudbuttom fuhr den Komponisten entrüstet an. »Ist das wahr, Maybrick?«

Maybrick zeigte sich unbeeindruckt. »Ich bitte Sie, Gentlemen« – in seinen Anreden pflegte er die anwesenden Damen stets auszulassen – »wir befinden uns hier nicht in einer moralischen Diskussion, vielmehr geht es um Noten, den Transport von Gefühl durch Musik, was mir zweifelsohne gelungen ist.«

Wieder begann ein Schweigen, während dem das Gejammer Finleys abschwoll. Er war ein Mann gesetzteren Alters, hegte Aggressionen gegen nichts und niemanden, und wenn er sich gefangen hatte, würde womöglich er es sein, der Maybrick seinen Erfolg am ehesten bescheinigte.

Dass Michael Maybrick hier ein kleines Meisterstück vollbracht hatte (allein die Darstellung des Begräbnisses aus Sicht des Toten, das allmähliche Zudecken des Sarges mit seiner Fuge, war ein faszinierendes Moment), daran zweifelte keiner. Das Gewitter am Tag der Beisetzung war den meisten ebenso noch in den Ohren wie die Rede des mittelklassigen Shakespearemimen Edward Lionheart. All dies hatte die ungewöhnliche Komposition Maybricks wieder heraufbeschworen. Es war, als müssten die Zuhörer den Regen aus ihren schweren Mänteln schütteln, als befände sich der Sarg Bernard Finleys direkt hinter dem Flügel.

Mit einer Mischung aus Trauer und verhaltenem Vorwurf sah Roald Finley hinüber zu Maybrick, der unruhig umherschaute, um endlich eine Würdigung zu erfahren.

Davies kümmerte das wenig, er saß derweil zwischen Algernon Blackwood und Doktor Phibes, füllte sein Bourbonglas zum dritten Mal und debattierte eifrig über den möglichen Fortgang der Ehe der Durants.

Die Zusammenkunft erholte sich an diesem Abend nicht mehr, und auch Maybricks Drängen auf einen Entscheid blieb fruchtlos. Das einzige Urteil der Befragten war, dass beiden Stücken eine ungewöhnliche Intensität innegewohnt habe.

So beschloss man, einen zweiten Teil dieses Wettbewerbes auszuschreiben. Ein weiteres Stück, das während einer der folgenden Zusammenkünfte dargeboten werden sollte.

Auch wenn man es nicht zugab, hatte die Vertonung von Bernard Finleys Begräbnis an diesem Abenden den größeren Eindruck hinterlassen – und abgesehen von Maybrick verließen alle das Haus unangenehm tief berührt.

Zwei Wochen darauf, noch bevor eine weitere Zusammenkunft stattgefunden hatte, überschattete ein trauriges Ereignis das Umfeld von Mortonborrough Hall, ein Ereignis, für das nicht wenige Michael Maybrick die Schuld gaben.

Roald Finley hatte sich – was auch an seinem Alter liegen mochte – nicht von dem Verlust seines Bruders erholt. Andere jedoch, eben jene, die vorwurfsvoll auf Maybrick wiesen, meinten, dass es einzig der Schrecken jenes Abends gewesen wäre: Im März desselben Jahres lag Roald Finley im Sterben.

Von seinem Hausdiener hatte er – soweit möglich – die gesamte Gruppe...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2016
Illustrationen benSwerk
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction
Schlagworte BEST OF • Drachen • Einhörner • Erzählungen • Horror • Humor • Illustrationen • illustriert • Jack the Ripper • Kurzgeschichten • Märchen • Phantastik • Satire • Science Fiction • Weihnachtsmann
ISBN-10 3-944720-93-8 / 3944720938
ISBN-13 978-3-944720-93-7 / 9783944720937
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von B. M. Bower; Rafat Allam

eBook Download (2025)
Arabookverse Ltd (Verlag)
CHF 6,30