Die schwarzen Perlen - Folge 38 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7325-2714-4 (ISBN)
Lady Laura weiß, dass Olivia lebt. Sir Henry hat den Tod seiner Frau nur vorgetäuscht. Um aus diesem Wissen Kapital zu schlagen, fährt Laura nach Ferrymoore. Sir Henry soll sie zur Frau nehmen und sie damit zur Herrin von Ferrymoore Castle machen. Das ist Lauras Preis für ihr Schweigen.
Sir Henry erklärt sich schließlich damit einverstanden, knüpft aber eine grauenvolle Bedingung daran ...
Sir Henry Douglas sah von seinem Schreibtisch auf.
»Besuch? Für mich?«
»Es lebt sonst niemand auf Ferrymoore Castle, dem ich Besuch melden könnte, Sir Henry«, sagte der Butler Jock mit ironischem Ton in der Stimme.
»Das stimmt, Jock.«
Sir Henry stand auf. Er strich sich über den rotblonden Bart, knöpfte sein Jackett zu und sah auf die schwarzen Reitstiefel, die er zu einer dunkelgrünen Breecheshose trug. Sie waren auf Hochglanz poliert. Er konnte mit seinem Aussehen zufrieden sein.
Jock wunderte sich darüber, dass sich Sir Henry benahm, als wolle er den Besuch empfangen. In den letzten Jahren hatte er das selten getan. Meistens war er nur zu sprechen, wenn es um Belange des Guts ging. In der ganzen Umgebung sah man den Schlossherrn von Ferrymoore als menschenfeindlich an.
»Wer ist da, Jock?«, fragte Sir Henry etwas beiläufig.
»Eine Dame.«
Sir Henrys Gesicht verfinsterte sich.
»Eine Dame?« Er stockte kurz, seine Blicke wurden vorwurfsvoll.
Jock schüttelte den Kopf. »Die Dame ist nicht Lady Olivia. Ich weiß, dass Sie fürchten, sie könnte sich nach den vielen Jahren doch noch einmal nach Ferrymoore Castle wagen.«
Sir Henry zuckte zusammen. »Habe ich nicht auch dir verboten, ihren Namen jemals auszusprechen?«
»Ja, das haben Sie, Sir Henry. Ich habe mich auch daran gehalten. Aber eben meinte ich, Sie wollten von mir wissen, ob es nicht Lady Olivia ist, die Sie besuchen will.«
Sir Henry wich Jocks Blicken aus. »Und wer ist die Dame?«
»Lady Laura Haggart, Mike Hylanders Schwester.«
»Was will sie von mir?«
»Danach habe ich sie nicht gefragt, Sir Henry. Aber ich nehme an, dass Lady Laura einen Anstandsbesuch machen will. Vielleicht bleibt sie jetzt bei ihrem Bruder auf Smallhome.«
Sir Henry wurde immer ungeduldiger. »Bin ich vielleicht mit dem Gutsherrn von Smallhome befreundet, dass mir seine Schwester einen Anstandsbesuch machen will? Das ist doch Unsinn. Du hättest der Dame gleich sagen müssen, dass ich nicht zu sprechen bin. Seit wann stellst du dich so ungeschickt an, Jock?«
»Ich glaube nicht, dass sich Lady Laura von einem Butler wegschicken lässt, wenn sie vorhat, den Schlossherrn zu besuchen.«
Jock zuckte zusammen. Hinter ihm war die Tür geöffnet worden.
Auf der Schwelle stand Lady Laura in einem dezenten, grauen Reisekostüm, das braune Haar streng gescheitelt und auf dem Hinterkopf zu einem großen Knoten hochgesteckt.
Sie sah Jock an. »Sie sind ein Menschenkenner. Ich hätte mich wirklich nicht von Ihnen wegschicken lassen.« Dann ging sie auf Sir Henry zu. »Ich nehme nicht an, dass Sie so unfreundlich bleiben wollen, wie Sie jetzt aussehen, Sir Henry.« Sie lächelte. »Meinen Namen haben Sie sicher von Ihrem Butler schon erfahren. Vielleicht auch, dass ich die Schwester des Gutsherrn von Smallhome bin.«
»Ja«, sagte Sir Henry.
Selten hatte ihn jemand mehr überrumpelt als diese Frau. Er zeigte auf eine Sesselgarnitur. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
Jock verließ das Zimmer.
Lady Laura setzte sich. Dabei beobachtete sie Sir Henry aufmerksam. Als er ihr gegenüber Platz nahm, sagte sie: »Natürlich bin ich mir bewusst, dass Sie sich jetzt nur zur Höflichkeit zwingen. Ich weiß, wie zurückgezogen Sie leben und dass ich vielleicht nach Jahren die erste Frau bin, die hier bei Ihnen eingedrungen ist. Allein, dass ich die Schwester Ihres Nachbarn bin, wäre noch kein Grund, Sie zu besuchen.«
»Weshalb sind Sie dann gekommen?«
Sir Henry lehnte sich zurück. Trotzdem wirkte er steif und ablehnend.
»Ich komme aus Nizza, Sir Henry. Dort lebe ich seit vielen Jahren. Eigentlich wollte ich nie mehr in die Kälte des schottischen Hochlandes zurückkehren, aber nun musste ich es tun.« Lady Laura neigte sich etwas vor. »Ich habe Ihre Frau bei mir aufgenommen, Sir Henry.«
»Meine Frau?« Sir Henry war kaum merkbar zusammengezuckt, doch er hatte sich schnell wieder in der Gewalt. »Sie müssen das Opfer eines Irrtums geworden sein, Lady Laura. Meine Frau ist seit Jahren tot.«
Lady Laura staunte über die Sicherheit, mit der Sir Henry dies sagte. Sie lächelte. Dieses Spiel machte ihr Freude, so wie sie immer den Triumph auskostete, stärker als ein Mann zu sein. Und sie würde stärker sein als Sir Henry.
»Ich habe gehört, dass es in der Grabkapelle der Douglas eine Marmorplatte mit dem Namen Ihrer Frau gibt, Sir Henry. Ersparen Sie sich also, mir das zu sagen. Ich weiß auch, dass in der Grabkammer hinter der Marmortafel ein Sarg steht. Aber Ihre Frau liegt nicht darin, sie lebt in meinem Haus in Nizza.«
»Sie beherbergen dort leider eine Schwindlerin, falls Ihnen diese Frau vorgemacht hat, sie sei Lady Olivia Douglas.« Sir Henry stand auf. »War das alles, was Sie mir zu sagen hatten, Lady Laura?«
Seine Stimme klang gelassen. Er konnte seine Erregung gut verbergen. Oft genug hatte er das in den letzten Jahren tun müssen. Immer wieder war er in Gefahr gewesen, aufzufliegen. Olivia hatte seinen Befehl nicht befolgt, ganz aus seinem Leben zu verschwinden und ihren Namen abzulegen. Sie war sogar ins schottische Hochland gekommen, sie hatte am Rand des Hochmoors auf ihn gewartet. Damals wollte sie einen Spanier heiraten. War sie schon wieder allein, dass sie sich jetzt an der Riviera aufhielt?
»Sie denken lange nach, Sir Henry. Anscheinend sind Sie von dem, was Sie eben sagten, doch nicht ganz überzeugt.« Lady Laura erhob sich jetzt auch. Sie sah dem Schlossherrn fest und herausfordernd in die Augen. »Sie wissen, dass diese Frau, die ich unter dem Namen Lady Douglas kenne, keine Schwindlerin ist, Sir Henry.«
»Meine Frau ist tot.« Sir Henry ging zur Tür.
Lady Laura aber blieb noch stehen. »Dann muss es der Geist Ihrer Frau gewesen sein, der vor dem Internat in Lausanne verhaftet wurde. Damals wollte Ihre Frau endlich ihre Tochter Stella sehen.«
»Diese Frau nannte sich Mary Dobson. Vielleicht ist es dieselbe, die sich nun bei Ihnen eingeschlichen hat, Lady Laura.« Sir Henry hatte die Hand auf die Türklinke gelegt. »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn wir dieses Gespräch jetzt beenden könnten.«
Lady Laura lachte. Es klang sehr boshaft. »Wann wir dieses Gespräch beenden, bestimme ich, Sir Henry. Als kluger Mann sollten Sie das einsehen.«
»Was wollen Sie von mir?« Sir Henry brauste auf. Sein Gesicht wurde rot vor unterdrücktem Zorn. Noch nie hatte jemand es gewagt, so mit ihm zu reden.
Lady Laura folgte ihm an die Tür. Sie sah ihn furchtlos an. »Andere mögen vor Ihnen zittern, wenn Ihre Augen vor Zorn funkeln. Auch Ihre Frau war Ihnen dann nicht gewachsen. Aber Sie sollten mich nicht unterschätzen. Ich habe keine Angst davor, zum Staatsanwalt zu gehen und Sie anzuzeigen. Es wäre mir ein Vergnügen, die hochnoble englische und schottische Gesellschaft von dem Thron herunterzustoßen, auf dem sie noch immer so selbstherrlich sitzt.«
Aus Lady Laura sprach der große Hass, der sich in ihr aufgestaut hatte. Es war ihr Ziel gewesen, in diese Gesellschaft vorzustoßen, aber sie hatte es nicht erreicht.
»Wenn Ihr Fall bekannt wird, Sir Henry, dann purzeln mit Ihnen sicher noch einige andere, Sie sind ja kein Einzelgänger. Seit Jahrhunderten nehmen sich Leute Ihres Standes Vorrechte heraus, die zum Himmel schreien. An Ihrer Stelle würde ich die Hand von der Türklinke nehmen und mich wieder setzen. Ich bin dazu bereit, in aller Ruhe mit Ihnen zu sprechen.«
Sir Henry sah in die hasserfüllten Augen dieser Frau. Er spürte, dass sie mit ihm kämpfen wollte. Sie war anders als Olivia.
»Gut, setzen wir uns noch einmal.« Er ging zu seinem Sessel zurück.
Lady Laura hatte den ersten Sieg errungen. Und sie genoss ihn. Es dauerte geraume Zeit, bis sie Sir Henry aus seinem ungeduldigen Warten erlöste.
»Wir brauchen nicht mehr darüber zu streiten, ob Ihre Frau in der Grabkapelle von Ferrymoore Castle liegt, Sir Henry. Ihre Frau lebt. Es wäre Zeitverschwendung, wenn Sie mich vom Gegenteil überzeugen wollten. Ich meine, das hält uns nur auf.«
»Was wollen Sie also von mir?«, fragte Sir Henry wieder.
»Den Preis für mein Schweigen.«
»Glauben Sie, mich in der Hand zu haben? Ich lasse mich nicht erpressen.«
Lady Laura steckte sich eine Zigarette an. »Sie sollten nicht so voreilig sein, Sir Henry. Eigentlich hatte ich Sie mir als einen Mann vorgestellt, der kühl abwägt, was die Situation erfordert.«
»Das habe ich getan. Ich sagte schon, dass ich mich nicht erpressen lasse.«
»Das Wort ist nicht sehr fein, Sir Henry, aber Ihre Erregung gestattet Ihnen sicher keine vornehmere Ausdrucksweise.«
»Was Sie anscheinend vorhaben, ist Erpressung.«
»Wie genau Sie ein Delikt beim Namen nennen können, Sir Henry. Sie scheinen sich im Strafgesetzbuch gut auszukennen. Dann werden Sie auch wissen, was das ist, einen Menschen für tot zu erklären, der Welt und dem eigenen Kind vorzumachen, dieser Mensch sei gestorben. Die vorgetäuschte Bestattung Ihrer Frau wird auch ihren Namen im Strafgesetzbuch haben. Und sicher auch ein Strafmaß.« Lady Laura neigte sich vor. »Sie wissen, dass Sie alles verlieren, wenn ich rede – Ihren Namen, Ihre Tochter und Ihre Freiheit.«
Sir Henry konnte nicht mehr in Lady Lauras Augen sehen. Er stand auf und ging ans Fenster. Erst nach Minuten drehte er sich um. Er fragte: »Wie hoch ist der Preis für Ihr Schweigen?« Als Lady Laura nicht sofort...
| Erscheint lt. Verlag | 16.2.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Die Schwarzen Perlen | Die Schwarzen Perlen |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Abenteuer • adels-romane • Anna-basener • Bastei • Bianca • Charmed • Cora • Courths-Mahler • e Book • E-Book • e books • Ehe • exotisch-Ort • Familiensaga • feelgood • Fortsetzungsroman • Frauengrusel • Fürst • Gefühle • Geschichte • ghost • Glück • Graf • Gräfin • Großdruck • große-schrift • Grusel • Gruselserie • Happy End • Hedwig Courths Mahler • Heft • Heft-Roman • Herzschmerz • Hochzeit • Hollywood • Julia • Kindle • Klassiker • leni-behrendt • Liebe • Liebesgeschichte • Liebeskummer • Liebesroman • Liebesromane • martin-Kelter • Mira • Nicholas Sparks • Prinz • Prinzessin • PS ich liebe dich • Romance • Romantic Suspense • Romantic Thriller • Romantic-Thriller • romantisch • Romantische Komödie • Romanze • Schicksalsroman • Serie • spannend • tatsächlich liebe • wohlfühlen |
| ISBN-10 | 3-7325-2714-X / 373252714X |
| ISBN-13 | 978-3-7325-2714-4 / 9783732527144 |
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