Dr. Karsten Fabian - Folge 152 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
9783732523993 (ISBN)
Rudolf Johannsen und sein Sohn Hartwig sind völlig überrumpelt, als sie ein alter Bekannter um einen Gefallen bittet. Jürgen Weigand sucht jemanden, der für einige Monate auf seine Tochter aufpasst. Er muss auf eine Expedition und weiß sonst niemanden, der sich um Ilona kümmern könnte.
Ein Kind in dem Junggesellenhaushalt? Professor Johannsen fährt zwar sofort los und besorgt Spielsachen für die Kleine, aber freuen können er und Hartwig sich auf diesen Besuch nicht. Die beiden Akademiker haben beruflich viel zu tun und eigentlich keine Zeit für ein Kind.
Doch dann steht das Mädchen mit Sack und Pack vor der Tür, und die beiden Männer erleben eine große Überraschung: Die 'kleine' Ilona ist gar nicht so klein, wie sie dachten ...
Grete Roloff, die größte Klatschbase des Heidedorfes Altenhagen, blieb stehen, als sie sah, dass das große Auto mit dem Bremer Kennzeichen langsam fuhr und dann ganz in der Nähe anhielt.
Wo will der hin?, fragte sich Grete mit unstillbarer Neugier.
Der Fahrer ließ die Seitenscheibe herunter und beugte sich zu der hageren, spitznasigen Frau hinaus.
»Können Sie mir sagen, wie ich zur Gartenstraße komme?«
Erst einmal musterte Grete das ausdrucksvolle Gesicht des Mannes. Ein feiner Herr, lautete ihr schnelles Urteil. Einer mit Geld, der was zu sagen hat.
Solche Menschen waren der neidischen Grete zwar zutiefst unsympathisch, zugleich aber imponierten sie ihr ungeheuer.
»Da müssen Sie die nächste Straße links abbiegen, und dann die erste gleich wieder rechts. Zu wem wollen Sie denn da?«, fuhr sie fort, und ihre vogelartigen Augen glitzerten vor Spannung.
»Zu Herrn Johannsen.«
»Zu dem Gelehrten? Der wohnt ganz am Ende der Gartenstraße, da wo sie aufhört. Es ist nämlich eine Sackgasse, und er hat dort ein riesengroßes Grundstück. Was wollen Sie denn von ihm?«
»Mit ihm sprechen. Vielen Dank.« Er ließ die Scheibe wieder hoch und fuhr an.
Grete wusste, was sie jetzt zu tun hatte. So schnell es ihre dünnen Beine erlaubten, folgte sie dem Auto. Sie wusste ja, wo es hinfuhr. Und an diesem schönen Sommertag waren im Hause Johannsen die Fenster bestimmt nicht geschlossen.
Grete Roloff hatte keine Bedenken, zu lauschen. Wie sollte sie auch sonst an die vielen Neuigkeiten kommen, die sie im Heidedorf verbreitete?
Ihr Gesicht war von der Anstrengung gerötet, als sie schließlich das Ende der Gartenstraße erreicht hatte. Der vornehme Herr war schon ausgestiegen und ins Haus gegangen.
Grete rang ein bisschen nach Luft, als sie an der Pforte stehen blieb und sich witternd umsah. Kein Mensch war in Sicht, der sie beobachten konnte. Sie stieß die Pforte auf und schlich sich an die Villa heran. Sie hörte Stimmen und Lachen von der Terrasse her. Den Oberkörper vorgeneigt, ging sie am Haus entlang, bis sie hinten um die Ecke sehen konnte. Ja, da saß dieser Mann aus Bremen mit dem Professor.
Herr Johannsen war nämlich Professor an der Universität in Hamburg, und deshalb hatte Grete auch mehr Respekt vor ihm als vor anderen.
»Ich hole uns eine Kanne Saft«, hörte sie Rudolf Johannsen sagen. »Oder möchtest du lieber Wein oder Bier?«
»Nein, Saft ist mir schon recht. Komme ich ungelegen?«
»Absolut nicht. Wie lange haben wir uns eigentlich nicht gesehen? Das muss schon eine Ewigkeit her sein.«
»Mehr als zwölf Jahre, glaube ich. Wie die Zeit vergeht … Du hast dich gut gehalten, Rudolf. Du siehst keinen Tag älter aus als damals.«
Der Professor lachte. »Ich wollte, du hättest recht. Ich will mich ja nicht beklagen, im Großen und Ganzen geht es mir auch gut, nur meine Pumpe will manchmal nicht so, wie sie sollte. Hartwig weiß nichts davon, und er braucht es auch nicht zu wissen. Er arbeitet gerade an seiner Dissertation.«
»Meinen Glückwunsch zu deinem tüchtigen Sohn.« Etwas unbehaglich rieb sich Jürgen Weigand das Kinn. »Ich will nicht lange um die Sache herumreden und dich von der Arbeit abhalten. Um es kurz zu machen: Ich habe ganz überraschend das Angebot bekommen, einen erkrankten Kollegen in unserer Antarktisstation zu vertreten. Das ist für mich eine ganz tolle Chance. Ich muss mich nur sehr schnell entscheiden!«
»Das freut mich für dich. Dann kannst du endlich an Ort und Stelle deine Forschungsarbeiten vertiefen!« Und wo ist das Problem?, dachte Professor Johannsen beim Sprechen. Fragend sah er seinen ehemaligen Schulfreund an. »Brauchst du Hilfe?«, erkundigte er sich herzlich. »Wie viel? Im Rahmen meiner Möglichkeiten stehe ich dir zur Verfügung.«
»Nein, es geht nicht um Geld. Meine Tochter … Du erinnerst dich vielleicht, dass ich eine Tochter habe?«
»Ganz dunkel«, log Rudolf und lächelte unbestimmt. »Ihr habt mir damals eine Geburtsanzeige geschickt, nicht wahr?«
»Selbstverständlich. Zur Taufe konntest du leider nicht kommen. Die Kleine ist … ist sehr lieb und nett, nur … im Augenblick kommt vieles zusammen. Unsere Haushälterin hatte einen leichten Schlaganfall und liegt im Krankenhaus. Sie wird wahrscheinlich nicht mehr arbeiten können, wenn man sie entlässt. Sie will zu ihrer Schwester ziehen. Tja, ich weiß, es ist eine Zumutung …«
Rudolf Johannsen hatte auch jetzt noch keine Ahnung, wo das Problem lag, das seinen Freund bedrückte.
»Könnte das Mädchen nicht zu euch kommen, solange ich unterwegs bin? Es handelt sich nur um ein gutes halbes Jahr. Sie könnte hier zur Schule gehen, und wie gesagt, sie ist recht selbstständig und wird euch keine Arbeit machen. Nur allein zu Hause lassen kann ich sie nicht. Ein Kind in ihrem Alter … Selbstverständlich komme ich für alle Kosten auf, die sie dir verursacht. Ich bin überzeugt, dass du viel Freude an Ilona haben wirst. Sie ist wirklich sehr selbstständig«, wiederholte er nervös.
Beim Sprechen warf er einen verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr, der Rudolf Johannsen allerdings nicht entging.
»Bist du in Eile?«, fragte er freundlich.
»Ein wenig. Zum Mittagessen wollte ich gern wieder zu Hause sein, wenn Ilona aus der Schule kommt. Sie weiß nämlich nicht, dass ich hier bin, und ich will keine Pferde scheu machen, bevor … Es ist ja gut möglich, dass du sie nicht aufnehmen kannst. Mir ist klar, dass meine Bitte eine Zumutung ist.«
»Absolut nicht. Von mir aus kannst du sie gern herbringen. Wir werden schon miteinander auskommen, denke ich.«
»Du glaubst nicht, was für ein Stein mir vom Herzen fällt«, beteuerte Jürgen Weigand und stand auf. »Darf ich sie euch dann am Sonntag bringen?«
»Wann immer es dir passt. Jetzt, in den Semesterferien, bin ich zu Hause. Willst du schon wieder fahren?«
»Ich muss. Im Augenblick sind die Straßen überall verstopft. Erst einmal vielen herzlichen Dank, Rudolf.«
***
Grete Roloff beeilte sich, ihren Lauschposten zu verlassen, bevor sie hier entdeckt wurde. Sie hatte wieder etwas zu erzählen und machte sich schnurstracks auf den Weg zur Löwenvilla, wie das Haus der beiden Landärzte in Altenhagen allgemein genannt wurde.
Gerlinde Semmelweiß, die Haushälterin, würde ihr bestimmt ein gutes Frühstück anbieten, wenn sie hörte, dass die Johannsens ein Kind bekamen. Ein kleines Mädchen.
»Wie alt?«, fragte die füllige Gerlinde prompt.
Sie hob den Kopf und blickte über den Tisch hinweg auf die Roloff.
»Das haben sie gar nicht gesagt. Es muss ja wohl noch ein kleines Kind sein, denn es geht noch zur Schule.«
»Und dann zu zwei Junggesellen ins Haus … Was hat der sich bloß dabei gedacht?«
»Das ist auch ein Professor, die denken zwar viel, aber gesunden Menschenverstand haben die allesamt nicht. Der ist bloß wild darauf, seine Deern loszuwerden.«
»Ja, wenn Frau Johannsen noch lebte … Wie lange ist die eigentlich schon tot?«
»So fünf oder sechs Jahre. Dass der Professor sich noch keine neue Frau gesucht hat, wo er doch laufend mit Studentinnen zu tun hat …
»Die sind viel zu jung für ihn.«
»Für einen Mann in seinem Alter kann eine Frau gar nicht jung genug sein«, belehrte Grete die Haushälterin.
Sie beeilte sich mit dem Frühstück, denn sie musste ja noch vielen anderen erzählen, was sich im Hause Johannsen tat.
Die beiden Männer, Vater und Sohn, hielten sich sehr zurück und pflegten keinen freundschaftlichen Verkehr mit den Altenhagenern. Man sah sie bei keiner Hochzeit, selten nur bei einer Beerdigung und nie auf einem örtlichen Fest. Dabei konnte selbst Grete nicht sagen, dass die beiden Gelehrten eingebildet wären.
»Irgendwie sind die nicht ganz von dieser Welt«, fasste sie ihren Eindruck in einem Satz treffend zusammen. »Und dann sollen die für ein kleines Mädchen sorgen? Ich weiß nicht. Aber Gott sei Dank ist das ja nicht meine Sache.«
***
Der Mann, über den in Altenhagen so viel geredet wurde, saß an seinem Schreibtisch und starrte vor sich hin, ohne zu arbeiten.
Was hätte ich sonst tun sollen?, überlegte er.
Ein kleines Mädchen würde in ihrem Haushalt sehr stören, das stand fest. Wahrscheinlich wollte es beschäftigt werden, womöglich abends eine Gutenachtgeschichte hören, und ständig musste man die Kleine beaufsichtigen.
Aber abschlagen konnte ich Jürgen die Bitte auch nicht, machte sich Rudolf klar. Dafür sind wir zu alte und zu gute Freunde.
Er stand etwas schwerfällig auf und ging in das angrenzende Zimmer, in dem sein Sohn an einem riesigen Schreibtisch saß, der vollgepackt war mit Büchern und Manuskripten.
Unmutig hob Hartwig seinen Kopf.
»Schon Essenszeit?«, fragte er, mit seinen Gedanken noch ganz bei seiner Arbeit.
Sein Vater zog sich einen Stuhl heran und nahm umständlich Platz.
»Ein alter Schulfreund war eben da«, begann er. Und dann erzählte er, dass sie Besuch eines kleinen Mädchens bekommen würden. »Für ein gutes halbes Jahr. Frau Borchert wird sich hauptsächlich um sie kümmern. Ich denke, die Kleine wird uns überhaupt nicht stören.«
»Ein Kind bei uns?«, fragte Hartwig entsetzt und schüttelte den Kopf.
So ein kleines quirliges Wesen, das überall herumtobte und Unordnung...
| Erscheint lt. Verlag | 2.2.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Dr. Karsten Fabian | Dr. Karsten Fabian |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | feelgood • Gefühle • Happy End • Herzschmerz • Hollywood • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebesromane • Nicholas Sparks • PS ich liebe dich • Romance • romantisch • Romantische Komödie • tatsächlich liebe • wohlfühlen |
| ISBN-13 | 9783732523993 / 9783732523993 |
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